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Regeste

Diese Zusammenfassung existiert nur auf Französisch.

SUISSE: Art. 14 combiné avec l'art. 8 CEDH. Suppression de la rente de veuf du requérant à la majorité de son dernier enfant, la LAVS prévoyant l'extinction du droit à la rente de veuf lorsque le dernier enfant atteint l'âge de 18 ans, ce qu'elle ne prévoit pas à l'égard d'une veuve.

Selon la Cour l'inégalité de traitement dont le requérant a été victime ne saurait passer pour reposer sur une justification raisonnable et objective. Bien que se trouvant dans une situation analogue pour ce qui est de son besoin d'assurer sa subsistance, le requérant n'a pas été traité de la même façon qu'une femme/veuve. Il a donc subi une inégalité de traitement. Le gouvernement n'a pas démontré qu'il existe des considérations très fortes ou des raisons particulièrement solides et convaincantes propres à justifier cette différence de traitement fondée sur le sexe. Pour la Cour, le gouvernement ne peut se prévaloir de la présomption selon laquelle l'époux entretient financièrement son épouse (concept du "mari pourvoyeur") afin de justifier une différence de traitement défavorisant les veufs par rapport aux veuves. À ses yeux, cette législation contribue plutôt à perpétuer des préjugés et des stéréotypes concernant la nature ou le rôle des femmes au sein de la société et constitue un désavantage tant pour la carrière des femmes que pour la vie familiale des hommes (ch. 93-116).
Conclusion: violation de l'art. 14 combiné avec l'art. 8 CEDH.
N.B. Cet arrêt de la Grande Chambre fait suite à celui du 20.10.2020 d'une chambre.
Affaire phare.

Inhaltsangabe des BJ


(4. Quartalsbericht 2022)

Diskriminierungsverbot (Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK); Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG), das das Erlöschen des Anspruchs von Witwern auf Witwerrente mit Volljährigkeit des jüngsten Kindes vorsieht, nicht aber von Witwen.

Der Fall betrifft die Aufhebung der Witwerrente des Beschwerdeführers mit Volljährigkeit seines jüngsten Kindes. Das AHVG sieht nämlich vor, dass der Anspruch auf eine Witwerrente erlischt, wenn das letzte Kind das 18. Altersjahr vollendet, was es bei einer Witwe nicht vorsieht. Vor dem Gerichtshof berief sich der Beschwerdeführer auf Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und beschwerte sich, dass er im Vergleich zu verwitweten Müttern, die in der gleichen Situation ihren Rentenanspruch nicht verloren hätten, diskriminiert worden sei. Die Grosse Kammer nahm zunächst Stellung zur Frage der Anwendbarkeit der Artikel 8 und 14 der Konvention. Sie erläuterte ihre Rechtsprechung und die künftig zu befolgende Vorgehensweise bei der Feststellung, ob Rügen betreffend Sozialleistungen unter Artikel 8 der Konvention fallen. Sie stellte fest, dass Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention zur Anwendung kommt, wenn die fraglichen Massnahmen das Familienleben fördern sollen und zwangsläufig Auswirkungen auf seine Organisation haben. Sie befand, dass die Witwerrente das Familienleben des überlebenden Ehemannes fördern solle; sie ermögliche es ihm, sich ganz um seine Kinder zu kümmern, wenn dies zuvor die Rolle der verstorbenen Ehefrau gewesen sei, oder sich in jedem Fall mehr den Kindern zu widmen, ohne sich finanziellen Schwierigkeiten gegenüberzusehen, die ihn zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zwingen würden. Im Fall des Beschwerdeführers berücksichtigte die Grosse Kammer insbesondere die Tatsache, dass die Töchter des Paares zum Zeitpunkt des Todes der Ehefrau 1994 ein Jahr und neun Monate bzw. vier Jahre alt gewesen sind und dass der Beschwerdeführer seine Arbeitsstelle aufgegeben hat, um sich ganz seiner Familie zu widmen. Der Gerichtshof stellte fest, dass die fragliche Rente das Familienleben des überlebenden Ehepartners fördern soll. Daher gelangte der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der vorliegende Sachverhalt unter Artikel 8 der Konvention fällt. In der Sache selbst, d. h. der Frage eines Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot, befand die Grosse Kammer, dass der Beschwerdeführer, obwohl er sich in einer vergleichbaren Situation hinsichtlich der Notwendigkeit befand, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht auf die gleiche Weise wie eine Witwe behandelt wurde. Er erlitt somit eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts. Die Kammer befand, dass die Regierung keine gewichtigen oder „besonders ernsten und überzeugenden Gründe“ nachgewiesen hat, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Nach Ansicht des Gerichtshofs kann sich die Regierung, um eine Benachteiligung von Witwern gegenüber Witwen zu rechtfertigen, nicht auf die Vermutung berufen, dass der Ehemann seine Ehefrau finanziell unterstütze. Er befand, dass diese Gesetzgebung vielmehr zur Aufrechterhaltung von Vorurteilen und Stereotypen bezüglich der Natur oder der Rolle von Frauen in der Gesellschaft beiträgt und eine Benachteiligung sowohl für die Berufstätigkeit von Frauen als auch für das Familienleben von Männern darstellt. Verstoss gegen Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention (12 zu 5 Stimmen).

Inhalt

Ganzes EMRK Urteil
Regeste (deutsch)

Referenzen

Artikel: art. 8 CEDH