148 V 348
Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
Urteilskopf

148 V 348


31. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. SA gegen Bundesamt für Gesundheit (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_400/2021 vom 20. April 2022

Regeste

Art. 32 Abs. 1 und 2 KVG; Art. 65b Abs. 2 lit. a, Art. 65d Abs. 1 und 2 KVV; Art. 34abis, 34d und 34e KLV; dreijährliche Überprüfung der Aufnahmebedingungen eines Medikaments in die Spezialitätenliste; Auslandpreisvergleich (APV).
Bei dem im Rahmen der dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen eines Medikaments mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitskriterium vorzunehmenden Auslandpreisvergleich ist ein ausländisches Erzeugnis pharmazeutisch identischer (Wirkstoff-)Zusammensetzung, Darreichungsform und Anwendung heranzuziehen (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 349

BGE 148 V 348 S. 349

A.

A.a Die A. SA (nachfolgend: A.) ist Zulassungsinhaberin des vom Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) zugelassenen Arzneimittels B., welches seit 15. März 1995 in zwei Packungsgrössen (B. Creme Tb u g und B. Creme Tb u g) auf der Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste, SL) figuriert. Es dient der Prophylaxe und Behandlung von (...) sowie der medizinischen Behandlung von (...).

A.b Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) teilte der A. mit Rundschreiben vom 13. Dezember 2017 mit, dass B. der dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen der in der SL gelisteten Präparate unterzogen werde, und ersuchte um Eingabe der dafür erforderlichen Daten in die bereitgestellte Internet-Applikation bis 15. Februar 2018. Insbesondere wurden Angaben zur Wirksamkeit und Zweckmässigkeit sowie mit Blick auf das Kriterium der Wirtschaftlichkeit zu den Grundlagen des von der Zulassungsinhaberin vorgenommenen therapeutischen Quervergleichs (TQV) und Auslandpreisvergleichs (APV) gefordert. Die A. machte daraufhin bezüglich des APV geltend, das Arzneimittel befinde sich in den Referenzländern nicht im Handel. Das BAG hielt dem entgegen, dass in Frankreich C.B. Creme u g zu Euro v gelistet sei; allein die Tatsache, dass C.B. in Frankreich als Medizinprodukt und nicht als Arzneimittel zugelassen sei, spreche nicht gegen dessen Verwendung als Vergleichspräparat von B., da es sich pharmazeutisch um das identische Produkt handle. Mit Verfügung vom 9. April 2019 nahm das BAG den APV in diesem Sinne vor und setzte die ab w geltenden Preise wie folgt fest: B. Creme/Creme Tb u g neu Fr. x (Publikumspreis [PP]; bisher Fr. x) bzw. B. Creme/Creme Tb u g neu Fr. x (PP; bisher Fr. x).

B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Mai 2021 ab.

C. Die A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und sinngemäss beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Verfügung des BAG vom 9. April 2019 seien die bisherigen PP von B. beizubehalten und weiterhin wie folgt festzulegen: Creme Tb u g zu Fr. x und Creme Tb u g zu Fr. x; eventuell sei die Sache an das BAG zurückzuweisen. Ferner sei der Beschwerde die - superprovisorisch anzuordnende - aufschiebende Wirkung zu gewähren.
BGE 148 V 348 S. 350
Das BAG verzichtet unter Hinweis auf das vorinstanzliche Urteil und seine vorangegangenen Ausführungen auf eine Stellungnahme.

D. Mit Verfügung vom 29. Juli 2021 ordnete die Instruktionsrichterin bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung einen Vollzugsstopp an.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Im Streit steht die Frage, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die vom Beschwerdegegner am 9. April 2019 auf w verfügte Senkung der Preise des Medikaments B. bestätigt hat.
(...)

4.

4.1 Anlässlich des APV wird mit dem gleichen Arzneimittel in den Referenzländern verglichen, unabhängig von der Bezeichnung des Arzneimittels im Referenzland, der Zulassungsinhaberin im Referenzland, der Vergütung im Referenzland und unabhängig davon, ob die Schweizer Zulassungsinhaberin einen Einfluss auf den Fabrikabgabepreis (FAP) im Referenzland hat. Als gleiche Arzneimittel gelten Originalpräparate mit gleichem Wirkstoff und derselben Darreichungsform (Art. 34abis Abs. 2 KLV [SR 832.112.31]). Abs. 3der gleichen Norm hält fest, dass unterschiedliche Indikationen in der Schweiz und in den Referenzländern nicht berücksichtigt werden.

4.2

4.2.1 Das BAG führt in dem von ihm herausgegebenen Handbuch betreffend die Spezialitätenliste (SL), Ausgabe 2017 (fortan: SL-Handbuch, abrufbar unter www.bag.admin.ch; zum rechtlichen Stellenwert vgl. BGE 145 V 289 E. 5.4.2 mit Hinweisen), zum APV erläuternd aus, verglichen werde grundsätzlich mit dem gleichen Arzneimittel in den Referenzländern, unabhängig von der Bezeichnung des Arzneimittels im Referenzland, der Zulassungsinhaberin im Referenzland, der Vergütung im Referenzland und unabhängig davon, ob die Schweizer Zulassungsinhaberin einen Einfluss auf den FAP im Referenzland habe. Das massgebliche Unternehmen könne also beispielsweise auch eine Tochtergesellschaft, eine Lizenznehmerin oder eine Rechtsnachfolgerin (etwa durch Fusion oder den Verkauf der Vertriebsrechte) sein. Als gleiche Arzneimittel
BGE 148 V 348 S. 351
gälten Präparate mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung und derselben Darreichungsform (Ziff. C.3.7). Ferner würden - so Ziff. C.3.8 SL-Handbuch - unterschiedliche Indikationen in der Schweiz und in den Referenzländern nicht berücksichtigt, wenn die Zulassung der Arzneimittel in der Schweiz und in den Referenzländern auf denselben klinischen Studien beruhten. Der APV werde unabhängig von der Breite der Anwendung in den Referenzländern herangezogen. Im Gegenzug werde darauf verzichtet, den APV nur eingeschränkt zu berücksichtigen, wenn die Indikation in der Schweiz breiter sei.

4.2.2 In den "Änderungen und Kommentar im Wortlaut" zu den KVV- und KLV-Änderungen per 1. Juni 2015, ebenfalls vom BAG erstellt (nachfolgend: Kommentar BAG, abrufbar unter www.bag.admin.ch; zum rechtlichen Stellenwert entsprechender bundesamtlicher Kommentierungen siehe BGE 145 V 289 E. 5.4.2 mit Hinweisen), wird unter Ziff. 2.2 "Andere Vertriebsgesellschaften und Indikationen in den Referenzländern (Art. 34a KLV)" folgendes ausgeführt:
"Grosse, weltweit tätige Pharma-Unternehmen vertreiben ihre Arzneimittel in sämtlichen Ländern der Welt selber. Insbesondere bei kleineren Unternehmen oder bei älteren Arzneimitteln kommt es jedoch vor, dass die Arzneimittel oder zumindest die Vertriebslizenzen an unterschiedliche Vertriebsgesellschaften verkauft werden. Bisher war auf der Stufe des Handbuches betreffend die SL geregelt, dass der FAP eines Referenzlandes auch dann zu berücksichtigen ist, wenn die Zulassungsinhaberin in der Schweiz und die Zulassungsinhaberin in einem Referenzland nicht zum selben Unternehmen gehören. Dies hat insbesondere im Rahmen der Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre, die seit dem Jahr 2012 durchgeführt wird, zu Unklarheiten geführt. Das BAG hat festgestellt, dass einzelne Zulassungsinhaberinnen in der Schweiz dem BAG die FAP der Referenzländer nicht bekannt gegeben haben, da sie die Arzneimittel in den Referenzländern nicht (mehr) selber vertreiben. Die Zulassungsinhaberinnen haben ihr Vorgehen damit begründet, dass sie diesfalls keinen Einfluss auf die Preisbildung der Referenzländer hätten. Entscheidend für die Durchführung des APV ist jedoch nicht, ob eine Zulassungsinhaberin die Preisbildung in den Referenzländern beeinflussen kann, sondern was ein Arzneimittel in den Referenzländern effektiv kostet. Entsprechend soll nun auf Verordnungsstufe eindeutig geregelt werden, dass der FAP eines
BGE 148 V 348 S. 352
Arzneimittels in einem Referenzland in jedem Fall zu berücksichtigen ist, unabhängig davon, von wem das Arzneimittel im Referenzland vertrieben wird. Zudem wird geregelt, wie das BAG die FAP aus den Referenzländern von Amtes wegen bestimmen kann, wenn eine Zulassungsinhaberin diese nicht einreichen will oder kann. Auf Verordnungsstufe werden dazu für Länder, die keinen FAP, sondern nur den Grosshandelspreis oder Apothekeneinstandspreis publizieren, Grosshandelsmargen festgelegt (vgl. Kap. II, Ziff. 2.1). Das BAG wird im Handbuch betreffend die SL die von ihm verwendeten Quellen (Homepages) für die Preise der Referenzländer festlegen. Arzneimittel können sich zudem hinsichtlich ihrer Zulassung in der Schweiz und den Referenzländern unterscheiden. So kann ein Arzneimittel in der Schweiz zu einer breiteren Anwendung zugelassen sein als in den Referenzländern oder umgekehrt. Dies führt bei der Durchführung des APV zur Frage, ob der Preis eines solchen Arzneimittels vollumfänglich berücksichtigt werden kann, wenn sich aufgrund der unterschiedlichen Zulassung in den Ländern unterschiedliche Patientenpopulationen ergeben. Bisher war diese Frage nicht explizit geregelt. Das BAG wird künftig den FAP vollumfänglich berücksichtigen, unabhängig davon, ob sich die Indikationen des Originalpräparates in der Schweiz von den Indikationen desselben Originalpräparates in den Referenzländern unterscheiden. Dies gilt sowohl dann, wenn die Patientenpopulation in der Schweiz grösser ist als in den Referenzländern als auch im umgekehrten Fall."

5.

5.1 B. enthält, wie die Vorinstanz bereits festgestellt hat, gemäss Fachinformation pro 1 Gramm Creme y Milligramm D. und y Milligramm E. Das als Referenzprodukt beigezogene C.B. beinhaltet laut Angaben der Herstellerin z Prozent D. und z Prozent E. (abrufbar unter [...]). Ersteres Produkt dient der Prophylaxe und Behandlung von (...) sowie - auf ärztliche Verschreibung hin - der Behandlung von (...). C.B. gelangt als Salbe für (...) zur Anwendung. Während B. in der Schweiz als Arzneimittel zugelassen ist, befindet sich C.B. auf der französischen "Liste des Produits et Prestations", welche - so die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend - Parallelen zur schweizerischen Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL; vgl. Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 KVG in Verbindung mit Art. 20a KLV und Anhang 2 KLV) aufweist.

5.2 Unstrittig verfügen beide Präparate über die gleiche Wirkstoffzusammensetzung (gleiche Inhaltsstoffe in gleicher Konzentration)
BGE 148 V 348 S. 353
und dieselbe Darreichungsform (Salbe). Es handelt sich daher, wie im angefochtenen Urteil rechtsfehlerfrei gefolgert, aus pharmazeutischer Sicht um identische Produkte. Dieser Umstand legt den Beizug von C.B. im Lichte der vorstehend zitierten rechtlichen Grundlagen zum APV nahe. Dass in Bezug auf die Bezeichnung der beiden Präparate ("B.", "C.B.") ein Unterschied besteht, vermag daran nichts zu ändern, spielt die Namensgebung doch - so Art. 34abis Abs. 2 Satz 1 KLV unmissverständlich - bei der Wahl der jeweiligen ausländischen Referenzprodukte keine Rolle. Dies hat hier umso mehr zu gelten, als deren Benennung eine gewisse Ähnlichkeit ohnehin nicht abzusprechen ist. Was sodann die von der Beschwerdeführerin auch letztinstanzlich herausgestrichene Unterschiedlichkeit des Anwendungsgebiets anbelangt, ist dem mit Vorinstanz und Beschwerdegegner entgegenzuhalten, dass die Hauptindikation (Behandlung von [...]) weitgehend deckungsgleich ausfällt. Soweit in der Beschwerde auf die bei B. zusätzlich erwähnte verschreibungspflichtige Anwendung bei (...) - und damit auf die grössere Patientenpopulation in der Schweiz - hingewiesen wird, kann die Beschwerdeführerin daraus ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten. Beim APV werden, wie sich Art. 34abis Abs. 3 KLV explizit entnehmen lässt (in diesem Sinne auch E. 4.2.1 und 4.2.2 hiervor), unterschiedliche Indikationen nicht berücksichtigt bzw. es wird darauf verzichtet, den FAP nur eingeschränkt zu berücksichtigen, wenn die Indikation hierzulande breiter ist. Ferner spricht auch die differierende Preisgestaltung der beiden Präparate nicht gegen einen Vergleich mit C.B. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut von Art. 34abis Abs. 2 KLV als auch aus den hiervor wiedergegebenen eingehenden Erläuterungen des BAG zu diesem Punkt. Schliesslich wird C.B. von einem Unternehmen in Frankreich vertrieben (F.), das mit der Beschwerdeführerin gemäss eigener Aussage "verbunden" ist.
Diese Faktoren lassen mit Vorinstanz und Beschwerdegegner den Schluss zu, dass sich C.B. als Referenzprodukt im Rahmen des APV von B. eignet.

6.

6.1 Näher zu beleuchten ist nachfolgend jedoch die in der Beschwerde im Weiteren hervorgehobene Tatsache, dass B. in der Schweiz als Arzneimittel zugelassen ist, wohingegen C.B. in Frankreich lediglich den Status eines - nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht als Vergleichspräparat zulässigen - Medizinprodukts besitzt. Die zudem herausgestrichenen Punkte hinsichtlich des Anpreisens
BGE 148 V 348 S. 354
und Bewerbens von Heilwirkungen, der Einschränkungen der Abgabe- und Vertriebswege sowie der Publikumswerbung und der Notwendigkeit der vorgängigen ärztlichen Diagnose bzw. Überwachung sind unmittelbar Ausfluss dieser Unterscheidung.

6.2 Wie hiervor dargelegt, wird laut Art. 34abis Abs. 2 Satz 1 KLV beim APV mit dem gleichen Arzneimittel in den Referenzländern verglichen. Als gleiche Arzneimittel gelten gemäss Satz 2 der Bestimmung Originalpräparate mit gleichem Wirkstoff und derselben Darreichungsform. Ziff. C.3.7 des SL-Handbuchs enthält den Vermerk, verglichen werde grundsätzlich mit dem gleichen Arzneimittel in den Referenzländern, wobei als gleiche Arzneimittel Präparate mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung und derselben Darreichungsform gälten.

6.2.1 Gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) gelten als Arzneimittel Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden, insbesondere zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen; zu den Arzneimitteln gehören auch Blut und Blutprodukte. Medizinprodukte stellen demgegenüber Produkte dar, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird (Art. 4 Abs. 1 lit. b HMG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Medizinprodukteverordnung vom 17. Oktober 2001 [in Kraft bis 25. Mai 2021], heute Art. 3 der Medizinprodukteverordnung vom 1. Juli 2020 [MepV; SR 812.213]).

6.2.2 Als Originalpräparat gilt nach Art. 64a Abs. 1 KVV (SR 832. 102) ein von Swissmedic als erstes mit einem bestimmten Wirkstoff zugelassenes Arzneimittel, einschliesslich aller zum gleichen Zeitpunkt oder später zugelassenen Darreichungsformen (vgl. auch Art. 4 Abs. 1 lit. asexies HMG). Als Generikum gilt ein vom Institut zugelassenes Arzneimittel, das im Wesentlichen gleich ist wie ein Originalpräparat und das mit diesem auf Grund identischer Wirkstoffe sowie seiner Darreichungsform und Dosierung austauschbar ist (Art. 64a Abs. 2 KVV, Art. 4 Abs. 1 lit. asepties HMG).

6.3 Im Zentrum des APV steht nach Art. 34abis Abs. 2 und 3 KLV der Vergleich des schweizerischen Arzneimittels mit einem
BGE 148 V 348 S. 355
ausländischen Erzeugnis pharmazeutisch identischer (Wirkstoff-)Zusammensetzung, Darreichungsform und Anwendung. Beide Präparate haben somit die - qualitativ identischen - Eigenschaften gemäss den in Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG umschriebenen Produkten aufzuweisen. Bejahendenfalls ist es von untergeordneter Bedeutung respektive für die Frage des Beizugs im Rahmen des APV nicht entscheidwesentlich, ob ein Präparat im Referenzland über das Prädikat "Arzneimittel" verfügt, d.h. von der zuständigen ausländischen Zulassungsbehörde formell nach Massgabe der dortigen Legaldefinition damit versehen wurde. Das "gleiche Arzneimittel" im Sinne von Art. 34abis Abs. 2 und 3 KLV ist vielmehr auf Grund eines materiellen Verständnisses zu bestimmen.

6.3.1 Daran ändert nichts, dass in Satz 2 von Art. 34abis Abs. 2 KLV von "Originalpräparaten" die Rede ist (anders Ziff. C.3.7 SL-Handbuch: "Präparate"), kann ein ausländisches Referenzprodukt diesem Begriff - im Sinne der in Art. 64a Abs. 1 KVV enthaltenen Definition - doch ohnehin nur sinngemäss entsprechen, was die Beschwerdeführerin denn auch selber einräumt. Zudem sieht die betreffende KLV-Bestimmung ausdrücklich vor, beim APV Arzneimittel "mit gleichem Wirkstoff und derselben Darreichungsform" gegenüberzustellen. Diese Umschreibung trifft auch auf die Generika gemäss Art. 64a Abs. 2 KVV (und Art. 4 Abs. 1 lit. asepties HMG) zu, welcher Umstand ebenfalls nicht auf eine unmittelbare Bezugnahme des in Art. 34abis Abs. 2 Satz 2 KLV verwendeten Begriffs "Originalpräparate" auf Art. 64a Abs. 1 KVV (und Art. 4 Abs. 1 lit. asexies HMG) hindeutet. Die vom Beschwerdegegner im SL-Handbuch mit der Bezeichnung "Präparate mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung und derselben Darreichungsform" vorgenommene Präzisierung erscheint damit in allen Teilen sachgerecht.

6.3.2 Nichts Gegenteiliges lässt sich schliesslich den in der Beschwerde angeführten europarechtlichen Grundsätzen entnehmen, zumal diese ohnehin im Rahmen des APV nicht unmittelbar anwendbar sind. Vielmehr erfolgt die Entscheidung, ob ein Erzeugnis als Arzneimittel anzusehen ist oder nicht, ebenfalls länderautonom. Zwar seien - so etwa das von der Beschwerdeführerin zitierte Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2019 (3 C 19.18, E. 13) - die Massstäbe für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen ein Produkt als Arzneimittel einzuordnen sei, unionsrechtlich und damit einheitlich vorgegeben. Die Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Gefahren für die
BGE 148 V 348 S. 356
menschliche Gesundheit durch die jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten könne beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts aber zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Daraus lässt sich folgern, dass ein Produkt trotz identischer Wirkstoffzusammensetzung und gleichem Anwendungsgebiet in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich eingestuft werden kann. Dieser Ansatz unterstreicht die hier vertretene Betrachtungsweise, wonach für die Vergleichbarkeit von Produkten im Rahmen von Art. 34abis Abs. 2 und 3 KLV nicht deren jeweilige formelle Zulassung, sondern die qualitative Ähnlichkeit massgeblich ist.

6.4 Zusammenfassend ist somit die naturwissenschaftliche Sicht stärker zu gewichten als ein allenfalls divergierender Zulassungsstatus des Referenzprodukts im Vergleichsland.

contenu

document entier
regeste: allemand français italien

Etat de fait

Considérants 2 4 5 6

références

ATF: 145 V 289

Article: Art. 34abis Abs. 2 KLV, Art. 64a Abs. 1 KVV, Art. 34abis Abs. 2 und 3 KLV, Art. 34abis Abs. 2 Satz 1 KLV suite...