138 I 356
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Chapeau

138 I 356


32. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Universitätsspital Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_844/2011 vom 23. August 2012

Regeste

Art. 9 al. 1 let. b, art. 13 et 71 let. b LTr; §§ 2 et 10 de la loi du canton de Zurich sur les honoraires complémentaires des médecins (loi sur les honoraires); force dérogatoire du droit fédéral.
Les indemnités qu'un médecin en chef de l'Hôpital universitaire de Zurich, soumis à la LTr, a perçu de pools d'honoraires selon la loi sur les honoraires et l'arrêté du conseil exécutif 4094/1990, ne doivent pas être imputées sur le salaire pour les heures supplémentaires accomplies (c'est-à-dire en plus du temps de travail de 50 heures selon l'art. 9 al. 1 let. b LTr). L'opinion opposée de l'Hôpital et du Tribunal administratif cantonal est contraire aux art. 13 et 71 let. b LTr et, partant, viole le principe de la force dérogatoire du droit fédéral (consid. 5).

Faits à partir de page 357

BGE 138 I 356 S. 357

A.

A.a X. war bis 31. Mai 2009 als Oberarzt am Universitätsspital Zürich (USZ) in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis angestellt. Das USZ wurde per 1. Januar 2007 in eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt umgewandelt. Gleichzeitig stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich in einer Verfügung vom 24. Januar 2007 zuhanden des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte fest, das USZ sei mit der Verselbstständigung den Arbeits- und Ruhezeitvorschriften des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11) unterworfen, unter Vorbehalt von Art. 71 lit. b ArG. Diese Feststellungsverfügung wurde von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. März 2008 bestätigt, nachdem das USZ dagegen Rekurs erhoben hatte. Damit galt für die Oberärzte ab 1. Januar 2007 eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b ArG von 50 Stunden.
BGE 138 I 356 S. 358

A.b X. leistete in den Jahren 2007 und 2008 unbestrittenermassen 2002 Stunden Überzeit. Dies entspricht einem Überzeitlohn, einschliesslich des Zuschlags von 25 % gemäss Art. 13 Abs. 1 ArG, von Fr. 131'957.-.
Im gleichen Zeitraum erhielt X. Entschädigungen von Fr. 157'785.- aus den Honorarpools ausbezahlt.

A.c Am 1. Januar 2008 trat das kantonalzürcherische Gesetz vom 12. Juni 2006 über die ärztlichen Zusatzhonorare (LS 813.14; nachfolgend: Honorargesetz) in Kraft. Gestützt darauf - und für die Zeit bis Ende 2007 gestützt auf einen Beschluss des Regierungsrates vom 19. Dezember 1990 (RRB 4094/1990) - verfügte die Spitaldirektion des USZ am 9. Oktober 2009, der Betrag von Fr. 157'785.- werde an die Entschädigung für geleistete Überzeit angerechnet.

A.d Hiegegen rekurrierte X. - wie 26 weitere Oberärzte und Oberärztinnen als Adressaten vergleichbarer Verfügungen - an den Spitalrat des USZ. Dieser fällte am 20. Oktober 2010 folgenden Grundsatzentscheid:
"1. Oberärztinnen und Oberärzten mit Bewilligung zur privatärztlichen
Tätigkeit wird das Überzeitguthaben der Jahre 2007 und 2008 unter Anrechnung der in derselben Zeitperiode ausbezahlten Honorare bzw. Leistungsprämien aus den Honorarpools ausbezahlt. Vom anrechenbaren Betrag ist das von der Spitalleitung für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzte und gemäss Anstellungsgrad und -dauer berechnete Minimal-Honorar gemäss Beschluss über die Verwendung des Oberarzt-Gemeinschaftspools vom 27.8.2003, Ziffer 2b, abzuziehen.
2. Oberärztinnen und Oberärzten ohne Bewilligung zur privatärztlichen Tätigkeit, welche als Honorare ausschliesslich das Minimal-Honorar aus dem Oberarzt-Gemeinschaftspool gemäss Beschluss über die Verwendung des Oberarzt-Gemeinschaftspools vom 27.8.2003, Ziffer 2b, erhalten haben, wird das Überzeitguthaben der Jahre 2007 und 2008 ohne Anrechnung von Honoraren ausbezahlt.
3. Dieser Beschluss ist den Rekursentscheiden betreffend Abrechnung Mehrzeitguthaben und Anrechnung der Honorarauszahlungen als Begründung beizulegen."
Mit Entscheid vom gleichen Tag und unter Hinweis auf den oben genannten Grundsatzentscheid wies der Spitalrat den Rekurs von X. im Grundsatz ab und wies die Sache zur Neuberechnung der Minimal-Honorare an die Vorinstanz zurück.

B. X. reichte Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ein mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Spitalrats vom
BGE 138 I 356 S. 359
20. Oktober 2010 aufzuheben und das USZ zur Zahlung von Fr. 131'957.- nebst Zins zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 7. Oktober 2011 ab.

C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt X. - unter Aufrechterhaltung seiner vorinstanzlichen Rechtsbegehren - die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2011 beantragen. Eventuell sei die Sache zur Abnahme weiterer Beweise und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das USZ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, soweit darauf eingetreten werden könne.

D. Am 23. August 2012 hat das Bundesgericht eine publikumsöffentliche Beratung durchgeführt.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Considérants

Aus den Erwägungen:

5.

5.1 Der Beschwerdeführer rügt sodann einen Verstoss gegen Art. 13 und 71 lit. b ArG und damit eine Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV).
Gemäss Art. 13 ArG hat der Arbeitgeber für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 % auszurichten (...) (Abs. 1); wird Überzeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, ist kein Zuschlag geschuldet (Abs. 2). Art 71 lit. b ArG enthält einen allgemeinen Vorbehalt zugunsten der Vorschriften des Bundes, der Kantone und der Gemeinden über das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis; von den Vorschriften über den Gesundheitsschutz und über die Arbeits- und Ruhezeit dürfen aber auch diese nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen.

5.2 Die Vorinstanz prüfte aufgrund des Vorbehaltes von Art. 71 lit. b ArG, ob die Regelungen gemäss Honorargesetz und RRB 4094/1990 gleichwertig zur Lösung des Arbeitsgesetzes sind. Sie hat dies bejaht, denn das Arbeitsgesetz regle nicht, auf welche Weise die von Art. 13 ArG verlangte Entschädigung zu erfolgen habe. Erforderlich sei lediglich eine Zahlung, welche erkennbar der Entschädigung der geleisteten Überzeit diene. Der kantonale Gesetzgeber sei daher frei zu bestimmen, ob mit den Honoraren für privatärztliche Tätigkeit
BGE 138 I 356 S. 360
- auf die von Bundesrechts wegen kein Anspruch bestehe - die über der Höchstarbeitszeit liegende Arbeitsleistung abgegolten werden sollte.

5.3 Nach Auffassung des Beschwerdeführers widerspricht diese Auslegung dem Zweck von Art. 13 ArG. Diese Bestimmung wolle, dass die Überzeitarbeit den Arbeitgeber teurer zu stehen komme als die im Rahmen der normalen Höchstarbeitszeit geleistete Arbeit. Die Mehrarbeit müsse die Ausnahme bleiben, solle der Schutzzweck der Norm eingehalten werden. Angesichts dieses Zwecks sei eine Verrechnung oder Anrechnung mit anderen Forderungen, die dem Arbeitnehmer aus anderen Titeln zustünden, absolut unzulässig. Art. 13 ArG lasse also zum Beispiel eine Verrechnung mit einem Anteil am Geschäftsergebnis (Art. 322a OR), einer Gratifikation (Art. 322d OR) oder einem Bonus nicht zu. Genau solches sei jedoch das Ergebnis der vorinstanzlichen Vorgehensweise. Nach dem Willen des Gesetzgebers hätten die Zahlungen an die Ärzte aus den Honorarpools verschiedene Zwecke erfüllen sollen. Die Leistung von Überzeit sei jedoch kein für die Auszahlung massgebliches Kriterium gewesen. Vielmehr seien die Honorarauszahlungen als Leistungsprämie konzipiert. Eine Gleichwertigkeit kantonaler Lösungen gegenüber den Vorschriften von Art. 13 ArG müsse zudem für alle Personen in allen denkbaren Fällen eine Gleichwertigkeit beinhalten. Dies sei aber hier nicht der Fall. Indem der Beschwerdegegner die Abgeltung der Überzeit durch Kompensation mit den Honorarentschädigungen gewählt habe, sei er schlechtergestellt, als er es im Fall einer zeitlichen Kompensation gewesen wäre.

5.4

5.4.1 Im vorinstanzlichen Verfahren präzisierte der Beschwerdeführer, seine Überzeit sei nicht durch privatärztliche Tätigkeit entstanden, sondern durch Einhaltung des Dienstplanes. Dies blieb unbestritten. Entsprechend hielt die Vorinstanz fest, die privatärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei während der durch den Klinikbetrieb notwendigen Präsenzzeit entstanden. Von diesem unbestrittenen Sachverhalt ist auszugehen.

5.4.2 Der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine Rechtssetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht
BGE 138 I 356 S. 361
beeinträchtigen oder vereiteln. Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden. Das Bundesgericht prüft mit freier Kognition, ob die kantonale Norm mit dem Bundesrecht im Einklang steht (BGE 137 I 31 E. 4.1 S. 40 mit Hinweis; vgl. auch BGE 133 I 110 E. 4 S. 115 ff.; BGE 133 II 64 E. 5.3 S. 67; BGE 130 I 279 E. 2.2 S. 283; BGE 129 I 346 E. 3.1 S. 350; Urteil 2C_804/2010 vom 17. Mai 2011 E. 5.3.3; ALEXANDER RUCH, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 17 zu Art. 49 BV; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. I, 2. Aufl. 2006, Rz. 1064).
Um zu entscheiden, ob ein Konflikt zwischen einer bundesrechtlichen Bestimmung und einer kantonalen Norm vorliegt, sind diese Regeln vorerst auszulegen (vgl. AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., Rz. 1056).

5.4.3 Gemäss Honorargesetz findet keine direkte Entschädigung von Überzeit statt. Grundgedanke des Gesetzes war vielmehr das Entfallen des Anspruchs auf finanzielle oder zeitliche Kompensation von Überzeit als Bedingung für eine Bewilligungserteilung beziehungsweise als Folge von Bezügen aus den Honorarpools. Entsprechend diesem grundsätzlichen Konnex unterscheidet die Arbeitszeitregelung zwischen Bewilligungsinhabern und sonstigen Bezügern von Poolgeldern einerseits und den übrigen Ärzten anderseits (§ 10 Honorargesetz; vgl. auch Antrag des Regierungsrates vom 18. August 2004 zum "Gesetz über die ärztlichen Zusatzhonorare" [ABl 2004 871 ff.]S. 875 ff., S. 882 zu § 2 und S. 884 zu § 9). Dieser vom Gesetzgeber gewollte Konnex wurde durch das Unterstellen der Oberärzte unter das Arbeitsgesetz - als systemfremder Faktor, der den Verzicht auf Überzeitentschädigung nicht zulässt - gestört (Schreiben der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 12. Februar 2010 an den Spitalrat, lit. A.c). Entsprechend dieser Konzeption des Gesetzes wurde auch nicht vorgesehen, dass die in den Pool fallenden Honorare direkt entsprechend den geleisteten Überzeitenverteilt werden. Vielmehr sollte das Poolsystem der leistungsorientierten Verteilung der Honorareinnahmen dienen (Antrag des Regierungsrates, a.a.O., S. 884 zu § 8). Gemäss § 5 Honorargesetz werden solche Leistungsprämien namentlich an Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber ausgerichtet (Abs. 1), wobei insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen sind: Einsatzbereitschaft, Mitwirkung bei der Erbringung von Mehrleistungen für Patientinnen und Patienten im Privatpatientenstatus, Übernahme von Aufgaben im übergeordneten
BGE 138 I 356 S. 362
Klinik- oder Institutsinteresse sowie Erfüllung von qualitativen und quantitativen Leistungsvorgaben (Abs. 2). Die Mitwirkung bei der Honorargenerierung ist damit ein leistungsbezogener Faktor; daneben sind aber noch andere massgeblich. Die Honorarpools sollten daher als Führungsinstrument eingesetzt werden (Antrag des Regierungsrates, a.a.O., S. 883 zu §§ 4 und 5).
Gemäss Wortlaut sowie Systematik des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers ist es also nicht so, dass ein Entschädigungsanspruch für Überzeit entsteht, der dann durch einen anderen Anspruch getilgt wird. Vielmehr soll gar kein Entschädigungsanspruch entstehen, weil gleichzeitig ein anderer Anspruch eingeräumt wird. Dem entspricht, dass das Honorargesetz keinen Mindestanspruch auf Leistungsprämien in Höhe der Überzeitentschädigung gewährt.

5.4.4 Die Regelung gemäss RRB 4094/1990 entspricht in der Systematik jener des Honorargesetzes. Zwar kann Überzeit über 70 Wochenstunden in Ausnahmefällen entschädigt werden. Grundsätzlich entfällt aber gegenüber honorar- und gebührenberechtigten Oberärzten für die Überzeit bis 70 Stunden ein Entschädigungsanspruch.
Die im RRB getroffene Regelung ist im Übrigen nur rudimentär. Wie aber bereits der Spitalrat im Entscheid vom 20. Oktober 2010 festgehalten hat, galten auch bei Auszahlungen von Poolgeldern aus dem Oberarzt-Klinikpool gemäss Beschluss des Regierungsrates von 1999 über die Oberarztpools als massgebliche Kriterien in erster Linie die Einsatz- und Leistungsbereitschaft für allgemeine Interessen und Aufgaben der Klinik, zweitens das von den Oberärzten tatsächlich erzielte Honorar und drittens die Obergrenze von indexiert Fr. 50'000.- gemäss RRB 4094/1990. Schliesslich diente gemäss dem spitalrätlichen Entscheid vom 20. Oktober 2010 der Oberarzt-Gemeinschaftspool der Weiterbildung und für Aufwendungen, welche der Attraktivität des USZ im Allgemeinen zugutekommen sollten. Auch diesbezüglich lässt sich somit festhalten, dass die Mitwirkung bei der Honorargenerierung ein leistungsbezogener Faktor war, aber nicht der einzige. Unter der Regelung des RRB gab es zudem auch noch die Möglichkeit, dass die Honorareinnahmen nicht in die Pools flossen, sondern vom privat tätigen Arzt direkt in Rechnung gestellt wurden und teilweise an das Spital weiterzugeben waren. Der Beschwerdeführer selber erhielt aber unbestrittenermassen die ganzen hier zur Diskussion stehenden Entschädigungen von Fr. 157'785.- aus Pools ausbezahlt. Im Übrigen waren aber auch solche Honorareinnahmen
BGE 138 I 356 S. 363
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Pra 1999 Nr. 3 S. 11, 2P.158/1997) als Leistungslohn mit Gewinnbeteiligung zu qualifizieren, worauf der Regierungsrat in seinem Antrag zum Honorargesetz (a.a.O., S. 877) zu Recht hingewiesen hat.
Zusammenfassend war es somit im Geltungsbereich des RRB ebenfalls so, dass keine direkte Entschädigung von Überzeit stattfand resp. stattfinden sollte. Vielmehr wurde, wie der Beschwerdegegner in der Beschwerdeantwort auch selber anführt, ein Anspruch auf Leistungsprämien "unter Berücksichtigung der Mehrleistungen und der weiteren Kriterien" eingeräumt.

5.4.5 Die entscheidende Frage ist deshalb, ob das Arbeitsgesetz zulässt, dass in öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen nach kantonalem Recht Überzeit nicht direkt entschädigt, dafür aber ein zusätzlicher (Leistungs-)Lohnanspruch gewährt wird. Dies hängt vorerst davon ab, ob eine Entschädigung im Sinn von Art. 13 ArG auch dann vorliegt, wenn diese nur in Form eines pauschalen Leistungslohns erfolgt (nachfolgend E. 5.4.5.1). Ist dies zu verneinen, stellt sich zweitens die Frage, ob die kantonale Regelung aufgrund des Vorbehalts von Art. 71 lit. b ArG trotzdem zulässig ist (nachfolgend E. 5.4.5.2).

5.4.5.1 Die Vorinstanz begründete ihre Auffassung damit, das Arbeitsgesetz regle nicht, auf welche Weise die Überzeit zu entschädigen sei. Erforderlich sei lediglich eine Zahlung, welche erkennbar der Entschädigung der geleisteten Überzeit dienen solle. Dies sei mit den Zahlungen aus dem Honorarpool der Fall. Das kantonale Gericht übernahm damit die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegegners in dessen vorinstanzlicher Vernehmlassung, welche sich ihrerseits auf STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 6. Aufl. 2006, N. 10 zu Art. 321c OR, sowie einen kantonalen Entscheid stützte.
Dem ist nicht zu folgen. Die zitierte Lehrmeinung bezieht sich - zu Recht - nur auf die Entschädigung von Überstunden. Art. 321c Abs. 3 OR sieht ausdrücklich vor, dass von der (gesonderten) Überstundenentschädigung abweichende Vereinbarungen getroffen werden dürfen. Neben dem schlichten Verzicht ist die wohl häufigste Abweichung die Pauschalierung beziehungsweise die Vertragsbestimmung, Überstunden seien im Lohn inbegriffen (STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 5 zu Art. 321c OR; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 321c
BGE 138 I 356 S. 364
OR
; REHBINDER/STÖCKLI, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2010, N. 11 zu Art. 321c OR). Wieweit solche Abreden im Hinblick auf Überstunden zulässig sind (vgl. zu den kontroversen Lehrmeinungen, insbesondere zum vollständigen Verzicht: STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 5 zu Art. 321c OR), ist hier nicht zu entscheiden. Nachdem jedoch mit BGE 126 III 337 anerkannt wurde, dass Art. 13 Abs. 1 ArG zwingend ist, schliesst dies jede abweichende Vereinbarung betreffend Überzeit aus, auch eine solche, wonach die Überzeit im Lohn inbegriffen sei oder durch andere Sonderleistungen abgegolten werde. Das entspricht auch dem Zweck des Arbeitsgesetzes. Wäre es zulässig zu vereinbaren, die Entschädigung für Überzeitarbeit sei im Lohn bereits enthalten oder durch gewisse Sonderleistungen pauschal entschädigt, bestünde für den Arbeitgeber keinerlei Anreiz, auf Überzeitarbeit zu verzichten oder die geleistete Überzeit mit Freizeit auszugleichen (BGE 136 III 539 E. 2.5.3 S. 543). Dem Beschwerdeführer ist somit zuzustimmen, wenn er im Hinblick auf den privatrechtlichen Arbeitsvertrag geltend macht, Abreden, mit denen Überzeitansprüche mit einem Anteil am Geschäftsergebnis, einer Gratifikation oder einem Bonus abgegolten oder verrechnet würden, seien nach Art. 13 Abs. 1 ArG nicht zulässig.

5.4.5.2 Zu prüfen ist somit weiter, nach welchen Kriterien sich die Gleichwertigkeit im Sinn von Art. 71 lit. b ArG bestimmt. Es geht mit anderen Worten darum, ob der kantonale öffentlich-rechtliche Arbeitgeber im Rahmen dieser Bestimmung eine Pauschalentschädigung vorsehen kann, obwohl diese allgemein nach Art. 13 ArG nicht zulässig wäre.
Zweifellos ging der kantonale Gesetzgeber davon aus, indem er einerseits von den Oberärzten einen Verzicht auf Überstundenentschädigung verlangte, ihnen aber gleichzeitig die Möglichkeitzur privatärztlichen Tätigkeit zugestand, habe er eine gleichwertige Lösung getroffen. Gemäss dem Wortlaut des Art. 71 lit. b ArG darf "von den Bestimmungen über den Gesundheitsschutz und über die Arbeits- und Ruhezeit (...) nur zu Gunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden" ("toutefois, les prescriptions en matière de protection de la santé, de temps de travail et de repos ne peuvent faire l'objet de dérogations qu'en faveur des travailleurs"; "le prescrizioni in materia di protezione della salute e sulla durata del lavoroe del riposo possono tuttavia essere oggetto di deroghe solo nell'interesse dei lavoratori"). Art. 13 ArG gehört zu den Bestimmungen über die Arbeits- und Ruhezeit. Art. 71 lit. b ArG wurde mit der Änderung des Arbeitsgesetzes vom 22. März
BGE 138 I 356 S. 365
2002 (in Kraft seit 1. Januar 2005; AS 2002 2547) eingeführt. Die Gleichwertigkeit bezieht sich nach dem klaren Wortlaut auf die Bereiche Gesundheitsschutz sowie Arbeits- und Ruhezeit. Das kantonale Recht darf daher in diesen Bereichen mehr, aber nicht weniger als das Arbeitsgesetz bieten. In der Lehre ist unklar, wie weit der Vergleich innerhalb dieser Bereiche gezogen werden darf. Es fragt sich beispielsweise, ob die in Art. 71 lit. b ArG erwähnten beiden Bereiche Gesundheitsschutz resp. Arbeits- und Ruhezeiten isoliert voneinander zu betrachten sind oder ob etwa mit grosszügigeren Vorschriften zum Gesundheitsschutz eine nachteiligere Arbeitszeitregelung kompensiert werden kann. Aufgrund des Wortlauts, der Systematik und auch des Zweckes des Arbeitsgesetzes ist aber zu schliessen, dass jedenfalls eine Kompensation mit anderen Leistungen, die im Arbeitsgesetz nicht geregelt sind, nicht zulässig ist (MAHON/BENOÎT [MICHÈLE TIEGERMANN], in: Arbeitsgesetz, Geiser/von Kaenel/Wyler [Hrsg.], 2005, N. 15 zu Art. 71 ArG; CHRISTOPH SENTI, Arbeitsrechtliche Vorschriften für Pflegeberufe in öffentlichen Spitälern, Mitteilungen des Instituts für Schweizerisches Arbeitsrecht [ArbR] 2005S. 67 ff., 81, 84), zumal der Gestaltungsspielraum, der den Kantonen im Arbeitsschutzrecht gemäss Art. 110 Abs. 1 lit. a BV bleibt, ohnehin nicht zu weit interpretiert werden darf (THOMAS GÄCHTER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2.Aufl. 2008, N. 21 zu Art. 110 BV). Das Arbeitsgesetz regelt die Entlöhnung nicht resp. nur marginal. Ein Ausgleich mit Leistungsprämien ist daher auch gestützt auf Art. 71 lit. b ArG nicht zulässig.

5.4.6 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die kantonalen Bestimmungen, nach welchen bei Überzeit kein Anspruch auf Überzeitentschädigung besteht, gegen Bundesrecht verstossen. Zu prüfen bleibt, welche Rechtsfolge dies hat.
Der Spitalrat hat im Entscheid vom 20. Oktober 2010 festgehalten, bei Einführung der hier umstrittenen Regelung habe das ausbezahlte Honorar - unabhängig von seiner Höhe - eine Art "Pauschalentschädigung für erbrachte Mehrleistungen" und damit nichts anderes als eine Form Überzeitlohn dargestellt. Mit der Unterstellung unter das Arbeitsgesetz sei diese "doppelte" Pauschalierung, bestehend darin, dass "jegliche Ansprüche aus Mehrleistungen, unabhängig der Höhe der Mehrleistung und unabhängig der Höhe der Honorareinnahmen, ausgeschlossen" worden seien, nicht mehr tragbar. Das ist insoweit richtig. Der Spitalrat zog dann aber den Schluss, es
BGE 138 I 356 S. 366
genüge, wenn nun anstelle der allgemeinen Pauschalierung konkret im Einzelfall die Überzeit ausgerechnet und der entsprechende Überzeitlohn dann mit den ausbezahlten Poolgeldern verrechnet werde. Das kantonale Gericht hat dies bestätigt und erwogen, § 10 Honorargesetz verstosse nur insofern gegen Art. 13 ArG, als die Bestimmung nach ihrem Wortlaut auch finanzielle Kompensationen von Überzeit wegbedinge, die im Einzelfall nicht durch die Höhe der erhaltenen Honorare gedeckt sei.
Dem ist nicht zu folgen. Die Bundesrechtswidrigkeit kantonaler Normen hat deren Nichtanwendbarkeit im Einzelfall zur Folge (AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., Rz. 1070; ARNOLD MARTI, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 273 Vorb. Art. 5 und 6 ZGB; GIOVANNI BIAGGINI, in: Staatsrecht, Biaggini/Gächter/Kiener [Hrsg.], 2011, S. 108; BGE 135 V 134 E. 4.5 S. 140; BGE 129 I 346 E. 3.1 S. 350). Es bleibt daher beim bundesrechtlichen Anspruch auf Überzeitentschädigung. Eine Kompensation dieses Anspruchs im Einzelfall durch andersartige Entschädigungen schliesst das Arbeitsgesetz wie dargelegt aus. Der Beschwerdeführer hat somit Anspruch auf den geltend gemachten Überzeitlohn von Fr. 131'957.- zusätzlich zu den erhaltenen Poolgeldern.

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Etat de fait

Considérants 5

références

ATF: 129 I 346, 137 I 31, 133 I 110, 133 II 64 suite...

Article: art. 13 et 71 let. b LTr, Art. 71 lit. b ArG, Art. 321c OR, Art. 13 Abs. 1 ArG suite...