2D_11/2023 21.06.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_11/2023  
 
 
Urteil vom 21. Juni 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwältin Tanja Kamber, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Lanter, 
Beschwerdegegnerin, 
 
eGovernment St. Gallen digital., 
Rosenbergstrasse 38, 9000 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Vergabe Beschaffung technische 
Geodateninfrastruktur tGDI; aufschiebende Wirkung 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, 
Abteilung I, vom 6. Juni 2023 (B 2023/106). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Verfügung vom 3. Mai 2023 erteilte die eGovernment St. Gallen digital. den Zuschlag für die Beschaffung einer technischen Geodateninfrastruktur (tGDI) für den Kanton St. Gallen und die St. Galler Gemeinden (Los 1: Geoportal, Los 2: Fachanwendung kommunale Infrastruktur) an die B.________ AG (nachfolgend: Zuschlagsempfängerin).  
Dagegen erhob die A.________ AG mit Eingabe vom 13. Mai 2023 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und stellte unter anderem ein Begehren um aufschiebende Wirkung. 
Mit Präsidialverfügung vom 6. Juni 2023 wies das Verwaltungsgericht, Abteilung I, das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab. 
 
1.2. Die A.________ AG gelangt mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 16. Juni 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es sei die Verfügung vom 6. Juni 2023 aufzuheben und es sei ihrer Beschwerde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Angelegenheit zur Erteilung der aufschiebenden Wirkung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung, vorab superprovisorisch, für das bundesgerichtliche Verfahren.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Die angefochtene Verfügung stellt einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über vorsorgliche Massnahmen dar (Art. 93 Abs. 1 BGG). Solche Zwischenentscheide können vor Bundesgericht unter anderem angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, welcher gemäss Art. 117 BGG auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde anwendbar ist). Diese Voraussetzung ist vorliegend rechtsprechungsgemäss erfüllt, kann doch die Vergabestelle, wenn der angefochtene Zwischenentscheid Bestand hat und damit der Beschwerde vor Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung versagt wird, den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin abschliessen. Der Beschwerdeführerin würde dann voraussichtlich nur noch die Aussicht auf Schadenersatz (Sekundärrechtsschutz) verbleiben (vgl. Urteile 2C_327/2022 vom 26. Juli 2022 E. 2.2 mit Hinweisen; 2C_718/2020 vom 11. Januar 2021 E. 1.2).  
 
2.2. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (vgl. BGE 143 II 425 E. 1.3; 138 II 501 E. 1.1; 134 V 138 E. 3) folgt der Rechtsweg bei Zwischenentscheiden demjenigen der Hauptsache (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1).  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 83 lit. f BGG - abgesehen von hier nicht massgebenden Ausnahmen - unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Ziff. 1) und wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Art. 52 Abs. 1 i.V.m. Anhang 4 Ziff. 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) nicht erreicht (Ziff. 2). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (vgl. BGE 140 I 285 E. 1.1; 134 II 192 E. 1.2; 133 II 396 E. 2.1). Ansonsten steht im Bereich des kantonalen öffentlichen Beschaffungswesens die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff.) zur Verfügung. 
Vorliegend behauptet die Beschwerdeführerin nicht, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stelle und eine solche springt auch nicht ins Auge (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 141 II 353 E. 1.2). Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit Blick auf Art. 83 lit. f BGG ausgeschlossen, so dass zu Recht subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben wurde. 
 
2.3. Mit dem Rechtsmittel der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (vgl. Art. 116 BGG; vgl. bereits Art. 98 BGG betreffend Entscheide über vorsorgliche Massnahmen). Das Bundesgericht prüft Rügen wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht; vgl. Art. 106 Abs. 2 und Art. 117 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 146 III 303 E. 2; 142 III 364 E. 2.4; 135 III 232 E. 1.2). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3; 133 II 396 E. 3.2).  
 
 
2.4. Entscheidet eine Behörde über eine vorsorgliche Massnahme, tut sie dies anhand der ihr bis dahin zur Verfügung stehenden Akten aufgrund einer bloss summarischen Prüfung, ohne sich bereits vertieft mit den sich stellenden Sach- und Rechtsfragen auseinanderzusetzen (BGE 139 III 86 E. 4.2; 131 III 473 E. 2.3). Das Bundesgericht legt sich seinerseits bei der Überprüfung von Entscheiden einer verwaltungsunabhängigen richterlichen Behörde über vorsorgliche Massnahmen besondere Zurückhaltung auf: Es hebt deren Entscheid nur auf, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, oder wenn sie wesentliche Tatsachen völlig übersehen und Interessen ausser Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hat (BGE 129 II 286 E. 3; für das Submissionsrecht vgl. u.a. Urteile 2C_951/2019 vom 16. Juli 2020 E. 4.2; 2D_31/2016 vom 2. Februar 2017 E. 2.3; jeweils mit Hinweisen).  
 
2.5. Die Vorinstanz hat gestützt auf das vorliegend anwendbare kantonale und interkantonale Recht zunächst festgehalten, dass die aufschiebende Wirkung erteilt werde, wenn die Beschwerde ausreichend begründet erscheine und keine öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstünden (Art. 5 des [alten] Einführungsgesetzes vom 2. April 1988 zur Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen [nGS/SG 37-98] i.V.m. Art. 17 Abs. 2 der Interkantonalen Vereinbarung vom 15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen [IVöB; sGS/SG 841.21]). Sie hat sodann die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen (ungenügende Begründung der Zuschlagsverfügung, Ausschluss des Angebots der Zuschlagsempfängerin zufolge Unterangebot, Ausschluss der Zuschlagsempfängerin mangels Eignung und Erfüllung der technischen Spezifikationen) summarisch geprüft und ist im Ergebnis zum Schluss gelangt, dass die Beschwerde nicht als ausreichend begründet i.S.v. Art. 17 Abs. 2 IVöB erscheine. Insbesondere hat sie unter anderem gestützt auf die Ausschreibungsunterlagen, das Protokoll der Offertpräsentation und die Antworten der in Fragen des E-Government spezialisierten Vergabestelle erwogen, dass die Beurteilung des Angebots der Zuschlagsempfängerin durch die Vergabestelle hinsichtlich der Erfüllung der Sicherheitsanforderungen aufgrund der summarischen Prüfung nicht als vergaberechtswidrig erscheine. In der Folge hat das Verwaltungsgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.  
 
2.6. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die angefochtene Verfügung sei willkürlich (Art. 9 BV). Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Zuschlagsempfängerin erfülle die technischen Spezifikationen nicht, weil sie kein offizielles Zertifikat eines anerkannten Informationssicherheits-Managementsystems vorweisen könne. Dieses Erfordernis gelte gemäss Ausschreibung für das gesamte Sicherheitsmanagement und nicht nur für den Betrieb des Rechenzentrums. Indem die Vorinstanz vom klaren Wortlaut der Ausschreibung abgewichen sei, habe sie willkürlich entschieden und ihre Begründungspflicht verletzt.  
Die Begründung der Beschwerdeführerin betrifft primär die Hauptsache bzw. das Hauptverfahren. Damit vermag sie nicht in einer den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Willkür- bzw. Verfassungsrügen genügenden Weise (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. auch E. 2.3 und 2.4 hiervor) darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid über vorsorgliche Massnahmen bzw. die dort vorgenommene Interessenabwägung offensichtlich unhaltbar sein soll. Sodann ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht substanziiert dargetan, inwiefern die Vorinstanz, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie lediglich eine summarische Prüfung der Beschwerde vorzunehmen hatte, ihre Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt haben soll (zu Umfang und Trageweite der Begründungspflicht vgl. u.a. BGE 143 III 65 E. 5.2; 141 IV 244 E. 1.2.1; 133 I 270 E. 3.1). Der Umstand, dass die Auffassung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Frage, ob die Zuschlagsempfängerin die Sicherheitsanforderungen erfülle, von der summarischen Würdigung dieser Frage durch die Vorinstanz abweicht, reicht nicht aus, um den angefochtenen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen als willkürlich oder sonstwie bundesverfassungswidrig erscheinen zu lassen. 
Insgesamt genügen die Ausführungen der Beschwerdeführerin den qualifizierten Rüge- und Substanziierungsanforderungen für Verfassungsrügen in Bezug auf den angefochtenen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen, welcher alleiniger Verfahrensgegenstand bildet, nicht. Die Beschwerde enthält somit keine hinreichende Begründung (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Auf die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten. Mit dem vorliegenden Entscheid wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren gegenstandslos.  
 
3.2. Bei diesem Verfahrensausgang werden die reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der Zuschlagsempfängerin, die nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, sind keine entschädigungspflichtigen Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren entstanden. Entsprechend ist sie auch nicht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Vergabestelle hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Juni 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov