4A_636/2023 08.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_636/2023  
 
 
Urteil vom 8. März 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Gehring, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Stoll und/oder Rechtsanwalt Roger Steiner, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 12. April 2023 (RT230044-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gestützt auf ein Scheidungsurteil vom 24. März 1993 erteilte das Bezirksgericht Zürich am 24. Februar 2023 B.________ (Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin) in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Zürich 7 gegen A.________ (Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin) definitive Rechtsöffnung für Fr. 41'593.50 nebst Zins zu 5 % seit 25. Oktober 2022. Im Übrigen wies es das Gesuch ab. 
 
B.  
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Gesuchsgegnerin wies das Obergericht des Kantons Zürich am 12. April 2023 ab. 
 
C.  
Die Gesuchsgegnerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen sinngemäss, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch vollumfänglich abzuweisen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine vermögensrechtliche Schuldbetreibungs- und Konkurssache geurteilt hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 75 und Art. 90 BGG). Die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen.  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amts wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Mit Blick auf die Begründungspflicht der beschwerdeführenden Partei (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 115 E. 2; 137 III 580 E. 1.3; 135 III 397 E. 1.4). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Macht die beschwerdeführende Partei beispielsweise eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich; sie hat vielmehr im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1, 167 E. 2.1; je mit Hinweisen). Stützt sich der angefochtene Entscheid auf mehrere selbstständige Begründungen, so muss sich die Beschwerde zudem mit jeder einzelnen auseinandersetzen, sonst wird darauf nicht eingetreten (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 143 IV 40 E. 3.4).  
Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im vorinstanzlichen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2). Die Begründung hat ferner in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen und der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 143 II 283 E. 1.2.3; 140 III 115 E. 2). 
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 145 V 188 E. 2; 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt ebenfalls das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). 
 
2.  
Eine gerichtlich genehmigte Vereinbarung berechtigt wie ein gerichtlicher Entscheid zur definitiven Rechtsöffnung (Art. 80 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG), sofern sie den Schuldner zur definitiven Zahlung einer bestimmten Geldleistung verpflichtet (vgl. BGE 138 III 583 E. 6.1.1; 135 III 315 E. 2.3). Das Rechtsöffnungsgericht darf eine Vereinbarung vom Grundsatz her nicht auslegen. Indessen hat es zu prüfen, ob sie den Schuldner in klarer und endgültiger Weise zur Bezahlung einer bestimmten Geldsumme verpflichtet und einen definitiven Rechtsöffnungstitel darstellen kann (BGE 143 III 564 E. 4.2 und 4.4.4). 
 
3.  
Die Erstinstanz hatte im Wesentlichen erwogen, die Beschwerdegegnerin stütze sich auf das Scheidungsurteil vom 24. März 1993. Damals habe das Bezirksgericht Meilen eine Vereinbarung genehmigt, worin sich C.________ verpflichtet habe, der Beschwerdegegnerin indexierte Unterhaltsbeiträge von Fr. 12'000.-- pro Monat zu bezahlen. Gemäss Vereinbarung seien diese Unterhaltsansprüche passiv vererblich, was die Rechtslage im Jahr 1993 gestattet habe. Deshalb falle eine Nichtigkeit der Vereinbarung ausser Betracht. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin sei die Vereinbarung auch ohne Einhaltung der erbrechtlichen Formvorschriften als gültig anzusehen. Der Wortlaut der Vereinbarung sei unmissverständlich. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Vereinbarung nicht dem Willen des verstorbenen C.________ entsprochen habe. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, inwiefern die erbrechtlichen Formvorschriften einzuhalten gewesen wären und worin der Mehrwert bestanden hätte. Die Vereinbarung über die passive Vererblichkeit der Unterhaltspflicht sei gültig. 
Gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 30. August 2022 sei die Beschwerdeführerin Alleinerbin des verstorbenen C.________. Damit sei sie passivlegitimiert. Scheidungsurteile seien Gestaltungsurteile, wofür grundsätzlich keine Rechtsöffnung erteilt werden könne. Allerdings treffe dies nur für den Scheidungspunkt zu, nicht jedoch für die Unterhaltspflicht. Insofern stelle das Scheidungsurteil vom 24. März 1993 einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar. Die Schuld sei nicht getilgt, gestundet oder verjährt. Aufgrund der Indexierung resultiere ein Unterhaltsbeitrag von Fr. 13'864.50 pro Monat. Dies ergebe für die Monate Juli bis September 2022 Fr. 41'593.50. Dafür sei definitive Rechtsöffnung zu erteilen. 
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin rügte vor Vorinstanz, die passive Vererblichkeit sei ungültig. Das Bezirksgericht Meilen habe dieser Klausel damals nicht die nötige Beachtung geschenkt. Das Bundesgericht betrachte die Formbestimmungen als Gültigkeitsvorschriften. Lehre und Rechtsprechung würden davon ausgehen, dass die Vereinbarung einer passiven Vererblichkeit einer Scheidungsrente den Nachlass des Verpflichteten belaste und daher öffentlich beurkundet werden müsse. Diese Regeln seien vorliegend verletzt worden, weshalb kein definitiver Rechtsöffnungstitel bestehe.  
Dazu erwog die Vorinstanz, die Vorbringen gingen ins Leere, denn das Rechtsöffnungsverfahren sei ein reines Vollstreckungsverfahren. Das Scheidungsurteil vom 24. März 1993 dürfe nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Entscheidend sei einzig, dass die Vereinbarung rechtskräftig genehmigt und damit Teil des Scheidungsurteils vom 24. März 1993 geworden sei. Dieses sei unabhängig von allfälligen Formmängeln der Vereinbarung zu vollstrecken. Nichtig sei das Scheidungsurteil vom 24. März 1993 sicher nicht. 
 
4.2. Weiter machte die Beschwerdeführerin vor Vorinstanz geltend, die betriebene Forderung sei entstanden, nachdem C.________ gestorben sei. Damit habe sie nie gegen den aus dem Rechtsöffnungstitel Verpflichteten bestanden. Somit müsse zuerst in einem ordentlichen Verfahren die Gültigkeit der passiven Vererblichkeit der Unterhaltsbeiträge festgestellt werden, was bislang nicht geschehen sei. Es fehle an der Identität des aus dem Rechtsöffnungstitel Verpflichteten mit der Beschwerdeführerin.  
Dem hielt die Vorinstanz entgegen, die Unterhaltspflicht sei passiv vererblich gemäss den Regelungen des Scheidungsurteils vom 24. März 1993, welche im Rechtsöffnungsverfahren, wie bereits erwähnt, nicht mehr überprüft werden könnten. Die Beschwerdeführerin sei unbestritten Alleinerbin des verstorbenen C.________. Als Universalsukzessorin habe sie dessen Unterhaltspflicht übernommen. Einer besonderen gerichtlichen Feststellung hierüber bedürfe es nicht. Damit sei die Beschwerdeführerin ohne weiteres passivlegitimiert. 
 
4.3. Schliesslich rügte die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren, das Scheidungsurteil vom 24. März 1993 sei nicht nur im Scheidungspunkt, sondern auch hinsichtlich der Genehmigung der Vereinbarung ein Gestaltungsurteil, für welches keine Rechtsöffnung erteilt werden könne.  
Dieses Vorbringen hielt die Vorinstanz für nicht nachvollziehbar. Denn mit dieser Argumentation wäre das Scheidungsurteil schon gegen C.________ nicht vollstreckbar gewesen, was die Beschwerdeführerin nicht ernsthaft vortragen könne. Die mit der genehmigten Vereinbarung zum Urteil erhobene Unterhaltspflicht stelle ohne weiteres eine vollstreckbare Leistungspflicht dar. 
 
5.  
Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, verfängt nicht. 
 
5.1. Zunächst wirft sie der Vorinstanz vor, sie habe Art. 80 Abs. 1 SchKG verletzt, weil sie nicht geprüft habe, ob ein vollstreckbarer gerichtlicher Entscheid vorliegt. Die Rechtskraft und Formgültigkeit des Scheidungsurteils sei nicht streitig, wohl aber die Formgültigkeit der Vereinbarung über die passive Vererblichkeit der Unterhaltsbeiträge. Die Erstinstanz habe sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und zutreffend von Amts wegen die Formgültigkeit des Rechtsöffnungstitels geprüft. Demgegenüber habe die Vorinstanz Art. 80 Abs. 1 SchKG verletzt, indem sie das Scheidungsurteil vom 24. März 1993 nicht auf dessen inhaltliche Richtigkeit überprüft habe.  
Die Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz wies schlüssig darauf hin, dass das Rechtsöffnungsverfahren ein reines Vollstreckungsverfahren ist. Die Vorinstanz durfte sich nicht mit der materiellen Richtigkeit des Scheidungsurteils vom 24. März 1993 befassen (BGE 142 III 78 E. 3.1; 138 III 583 E. 6.1.1; BGE 135 III 315 E. 2.3; BGE 134 III 656 E. 5.3.2). 
 
5.2. Sodann macht die Beschwerdeführerin der Vorinstanz zum Vorwurf, sie habe ohne weiteres ihre Passivlegitimation angenommen. Die Beschwerdeführerin trägt vor, bei der Universalsukzession betreffend eine durch Urteil festgestellte Forderung sei die Rechtslage umstritten, wenn definitive Rechtsöffnung verlangt werde. Zur Bekräftigung ihrer Position verweist sie auf eine Lehrmeinung (DANIEL STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl., 2021, N. 35 zu Art. 80 SchKG).  
Allerdings übersieht die Beschwerdeführerin, dass sich die erwähnte Lehrstimme auf die Universalsukzession auf Gläubigerseite bezieht. Hier geht es demgegenüber um die Universalsukzession auf Schuldnerseite. Ohnehin anerkennt die Beschwerdeführerin selbst, dass sie Alleinerbin des verstorbenen C.________ ist. Nachdem die Vorinstanz zutreffend erwog, dass die materielle Richtigkeit des Scheidungsurteils vom 24. März 1993 im Rechtsöffnungsverfahren nicht überprüft werden kann, durfte sie auf die Position der Beschwerdeführerin als Alleinerbin abstellen und deren Passivlegitimation ohne weiteres bejahen. 
 
5.3. Nach dem Gesagten wurde der Beschwerdegegnerin zu Recht definitive Rechtsöffnung erteilt. Auf die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin unter dem Titel "Hauptantrag/Eventualantrag" ist bei diesem Ausgang nicht einzugehen.  
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, da keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. März 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt