149 III 351
Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
Chapeau

149 III 351


42. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. GmbH (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_421/2022 vom 11. April 2023

Regeste

Art. 1 al. 1, art. 7 al. 1 et 2 et art. 35 al. 1 LBI; droit des tiers dérivé d'un usage antérieur et nouveauté.
Les utilisations professionnelles ou les préparatifs spéciaux dans ce but effectués avant la date du dépôt de la demande de brevet ou celle de la priorité au sens de l'art. 35 al. 1 LBI doivent avoir été exécutés d'une manière qui n'ait pas entraîné la divulgation de l'enseignement découlant de l'invention utilisée. À défaut, la nouveauté de l'invention serait mise à néant à la suite d'un usage antérieur public, de sorte que le droit des tiers dérivé d'un usage antérieur au sens de l'art. 35 al. 1 LBI serait d'emblée exclu (consid. 3.1 et 3.2).

Faits à partir de page 352

BGE 149 III 351 S. 352

A.

A.a Die B. GmbH (Klägerin, Beschwerdegegnerin) ist eine Gesellschaft mit Sitz in U., Deutschland.
Die A. AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) ist eine Gesellschaft mit Sitz in V., Schweiz.

A.b Die Klägerin ist Inhaberin der beiden europäischen Patente EP x und EP y.
Das Klagepatent EP x wurde am 12. Juli 2011 angemeldet und beansprucht die Priorität einer Anmeldung vom 19. November 2010. Der Hinweis auf die Erteilung erfolgte am 10. September 2014.
Das Klagepatent EP y wurde am 11. Oktober 2011 angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung erfolgte am 26. März 2014.
Bei keinem der Klagepatente wurde ein Einspruch eingelegt.

A.c Das Klagepatent EP x stellt sich die Aufgabe, ein Verbindungselement für gegossene Bauteile (vor allem Betonböden und -wände) bereitzustellen, das Kältebrücken weitgehend eliminiert und in der Lage ist, grosse Druckkräfte und grosse Querkräfte abzufangen. Das Verbindungselement soll erlauben, mit geringem finanziellem und technischem Aufwand Energiestandards zu erfüllen und soll so ausgestaltet sein, dass eine möglichst grosse Freiheit hinsichtlich der Auswahl des Materials für den Isolationskörper besteht, ohne übermässig hinsichtlich der Höhe der Frischbetonierung oberhalb des erfindungsgemässen Anschlusselements eingeschränkt zu sein.
Die Klägerin stützte sich im Rahmen des Zivilprozesses eventualiter auf inter partes eingeschränkte Anspruchsfassungen von EP x,
BGE 149 III 351 S. 353
nämlich auf eine Eventualeinschränkung, auf eine Subeventualeinschränkung sowie auf eine Subsubeventualeinschränkung.

B. Am 16. Dezember 2020 reichte die Klägerin gestützt auf die Schweizer Teile der beiden Klagepatente EP x und EP y beim Bundespatentgericht Klage ein, mit der sie insbesondere die Anordnung verschiedener Verbote sowie Auskunft und Rechnungslegung verlangte.
Mit Teilurteil vom 17. August 2022 stellte das Bundespatentgericht fest, dass die Beklagte ein Mitbenützungsrecht im Sinne von Art. 35 Abs. 1 PatG am schweizerischen Teil von EP x hat. Zudem sprach es verschiedene Verbote bzw. weitere Anordnungen gegen die Beklagte aus und verpflichtete sie zur Auskunft und Rechnungslegung. Im weiteren Umfang wies es die Rechtsbegehren der Klägerin ab, soweit es darauf eintrat.

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es sei das Teilurteil des Bundespatentgerichts vom 17. August 2022 aufzuheben und es seien die Klagebegehren abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht hebt das angefochtene Teilurteil in teilweiser Gutheissung der Beschwerde auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)

Considérants

Aus den Erwägungen:

3. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz habe Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 und 2 PatG in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 PatG verletzt, indem sie ihr (nur) ein Mitbenützungsrecht einräumte, anstatt von der Nichtigkeit des gemäss Eventualantrag eingeschränkten Anspruchs 1 des Klagepatents EP x mangels Neuheit gegenüber dem "Flyer C." auszugehen.

3.1 Europäische Patente werden nach Art. 52 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973, revidiert in München am 29. November 2000 (EPÜ 2000; SR 0.232.142.2) für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente [Patentgesetz, PatG; SR 232.14]). Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört
BGE 149 III 351 S. 354
(Art. 54 Abs. 1 EPÜ 2000 und Art. 7 Abs. 1 PatG). Stand der Technik bildet nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000 alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 PatG).
Nach Art. 35 Abs. 1 PatG ("Mitbenützungsrecht") kann das Patent demjenigen nicht entgegengehalten werden, der bereits vor dem Anmelde- oder Prioritätsdatum die Erfindung im guten Glauben im Inland gewerbsmässig benützt oder besondere Anstalten dazu getroffen hat.

3.2 Die Beschwerdeführerin bringt zutreffend vor, dass sich mit dem von der Vorinstanz bejahten Mitbenützungsrecht die Frage nach der Abgrenzung von Art. 35 Abs. 1 PatG einerseits und Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 PatG andererseits stellt, d.h. unter welchen Voraussetzungen die Vorbenützung zwar nicht die Neuheit ausschliesst, aber immerhin zu einem Mitbenützungsrecht führt. In der Lehre wird in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass gewerbsmässige Benützungen oder besondere Anstalten dazu vor dem Anmelde- bzw. Prioritätsdatum im Sinne von Art. 35 Abs. 1 PatG in einer Weise erfolgt sein müssen, z.B. im Rahmen einer geheimen Offerte oder vertraulichen Zusammenarbeit, die nicht zu einer Veröffentlichung der eingesetzten erfindungsgemässen Lehre führt. Ansonsten wäre nämlich die Neuheit der Erfindung infolge offenkundiger Vorbenützung (Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000 bzw. Art. 7 Abs. 2 PatG) zerstört, womit sich das Mitbenützungsrecht nach Art. 35 Abs. 1 PatG erübrigen würde (CHRISTOPH GASSER, in: Patentgesetz [PatG], Schweizer/Zech [Hrsg.], 2019, N. 3 zu Art. 35 PatG; vgl. auch HILTI/ KÖPF/STAUBER/CARREIRA, Schweizerisches und europäisches Patent- und Patentprozessrecht, 4. Aufl. 2021, S. 293; PETER HEINRICH, PatG/ EPÜ, 3. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 35 PatG; WERNER STIEGER, Die Schranken des Rechts aus dem Patent, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, Bertschinger/Münch/Geiser [Hrsg.], 2002, Rz. 12.264; PHILIPPE GILLIÉRON, in: Commentaire romand, Propriété intellectuelle, 2013, N. 21 zu Art. 35 PatG).
Die Vorinstanz hat diesem Verhältnis zwischen Mitbenützungsrecht und Neuheit der Erfindung keine Beachtung geschenkt. Sie ist von einem Mitbenützungsrecht ausgegangen, obwohl sie feststellte, die Beschwerdeführerin habe bereits 2005, also fünf Jahre vor dem Anmelde- bzw. Prioritätsdatum, ein Anschlusselement angeboten,
BGE 149 III 351 S. 355
das alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 des Klagepatents EP x verwirkliche. Mit ihrer Produktbroschüre "Flyer C." habe sie dieses Anschlusselement auch zum "vertikalen" Einbau zwischen einer Betondecke und einer Tragwand aus Beton angepriesen und habe diese Anschlusselemente auch hergestellt. Im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit stellte die Vorinstanz ausserdem ausdrücklich fest, dass der fragliche "Flyer C." vor dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Aufgrund dieser tatsächlichen Feststellungen erscheint naheliegend, dass die strittige Erfindung vor dem Anmelde- oder Prioritätsdatum nicht nur im guten Glauben gewerbsmässig benützt (Art. 35 Abs. 1 PatG), sondern darüber hinaus der Öffentlichkeit durch schriftliche Beschreibung bzw. durch Benützung zugänglich gemacht worden war (Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000 bzw. Art. 7 Abs. 2 PatG).

contenu

document entier
regeste: allemand français italien

Etat de fait

Considérants 3

références

Article: art. 35 al. 1 LBI, Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000, Art. 7 Abs. 2 PatG, Art. 35 PatG suite...