C 128/04 20.09.2005
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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 128/04 
 
Urteil vom 20. September 2005 
I. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
B.________, 1973, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Unia Arbeitslosenkasse, Weltpoststrasse 20, 3015 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 28. Mai 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1973 geborene B.________ kündigte infolge Schwangerschaft am 16. September 2003 ihre Arbeitsstelle als medizinische Praxisangestellte auf den 31. Oktober 2003; am 1. November 2003 kam ihre Tochter zur Welt. Im Januar 2004 meldete sie sich zur Arbeitsvermittlung und zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Mit Verfügung vom 24. Februar 2004 stellte die Arbeitslosenkasse SMUV B.________ wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit ab dem 1. November 2003 für die Dauer von 25 Tagen in der Anspruchsberechtigung ein und hielt mit Einspracheentscheid vom 6. April 2004 daran fest. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Mai 2004 ab. 
C. 
B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, infolge Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs seien der vorinstanzliche Entscheid sowie der Einspracheentscheid aufzuheben und die Sache an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, eventualiter seien maximal 18 Einstelltage zu verfügen. Ferner beantragt sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Zu prüfen ist vorab die Frage, ob die Verwaltung den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV verletzte, indem sie die Versicherte entgegen ihrem Antrag im Verwaltungsverfahren nicht mündlich anhörte. 
1.1 Der in Art. 29 Abs. 2 BV verankerte Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt er ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheids zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 127 I 56 Erw. 2b; Urteil R. vom 4. Mai 2004, P 38/02). Gemäss Art. 42 ATSG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör; sie müssen jedoch nicht vor Verfügungen angehört werden, die durch Einsprache anfechtbar sind. 
 
Um den rechtserheblichen Sachverhalt genügend abklären zu können, hat die Verwaltung der Versicherten vor Verfügungserlass die Möglichkeit eingeräumt, sich schriftlich zu äussern; dies hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Januar 2004 denn auch getan. Im Rahmen des Einspracheverfahrens äusserte sie sich nochmals zur Sache. Damit wurde das rechtliche Gehör im Sinne des Anhörungsrechts gewährt. Streitig und zu prüfen ist deshalb allein, ob die Versicherte im Verwaltungsverfahren hätte mündlich angehört werden müssen. 
1.2 Art. 29 Abs. 2 BV räumt kein Recht auf mündliche Anhörung ein, sondern beschränkt den Gehörsanspruch auf schriftliche Stellungnahmen (Pra 2003 Nr. 97 S. 520 Erw. 2.6; Urteil W. des Bundesgerichts vom 13. November 2002, 4P.195/2002; vgl. BGE 125 I 219 Erw. 9b sowie AHI 1993 S. 41 Erw. 3b betreffend Art. 4 aBV), es sei denn, ein Erlass gäbe ausdrücklich das Recht auf eine mündliche Anhörung (vgl. Pra 2003 Nr. 97 S. 520 Erw. 2.6). Art. 42 ATSG sieht mündliche Anhörungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht ausdrücklich vor und auch aufgrund des VwVG oder des AVIG ergibt sich kein explizit erwähntes Recht auf eine mündliche Anhörung. 
 
Anhand der Akten ist ersichtlich, dass die Versicherte ausreichend Gelegenheit hatte, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen (vgl. Erw. 1.1 hievor). Es sind hier auch keine Umstände gegeben, die zu einer Ausnahme vom Regelfall der Möglichkeit, schriftlich Stellung zu nehmen, führen würden, sodass das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin nicht verletzt wurde, indem sie nicht mündlich angehört wurde. 
2. 
Die Rechtmässigkeit der Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG) ist zu Recht nicht streitig, da der Beschwerdeführerin das Verbleiben an der Arbeitsstelle unzweifelhaft zugemutet werden konnte. Eventualiter beantragt die Beschwerdeführerin aber eine Reduktion der Einstelldauer von 25 auf 18 Einstelltage. 
2.1 Gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG bemisst sich die Dauer der Einstellung nach dem Grad des Verschuldens und beträgt nach Art. 45 Abs. 2 AVIV 1 bis 15 Tage bei leichtem, 16 bis 30 Tage bei mittelschwerem und 31 bis 60 Tage bei schwerem Verschulden. 
2.2 Die Vorinstanz ist der Auffassung, dass infolge der Selbstkündigung die Versicherte sich selbst dem gesetzlichen Schutz für schwangere Arbeitnehmerinnen (Art. 336c Abs. 1 lit. c OR) entzogen habe, der ihr den Verbleib beim damaligen Arbeitgeber gesichert hätte. Das Verschulden sei aber als mittelschwer zu gewichten, da die Beschwerdeführerin sich erst zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung angemeldet habe. Die Versicherte ist hingegen der Ansicht, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Betreuungssituation für die Kinder nicht klar war, und sie deswegen aus Rücksicht auf den Arbeitgeber freiwillig kündigte. Mit dieser Kündigung erhoffte sie sich, nach der Geburt besser auf den Arbeitsmarkt reagieren zu können, um eine Anstellung zu finden, welche betreffend Organisation der Kinderbetreuung vorteilhafter wäre als die bisherige. Infolge dieser ungewissen Situation sei das Verschulden eher als leicht zu erachten und die Einstelldauer demzufolge auf 18 Tage zu reduzieren. Im weiteren sei es nicht zutreffend, dass das kantonale Gericht angenommen habe, sie hätte beim Arbeitgeber die Stelle beibehalten können. 
2.3 Bei der Unangemessenheit (Art. 132 lit. a OG) geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als näher liegend erscheinen lassen (BGE 123 V 152 Erw. 2). Dies ist im Folgenden zu prüfen. 
 
Der Gesetzgeber wollte mittels der Sperrfrist des Art. 336c Abs.1 lit. c OR die Arbeitnehmerinnen vor Kündigung während der Schwangerschaft schützen, damit diese 16 Wochen nach der Geburt des Kindes ihre Arbeit wieder im gewohnten Rahmen aufnehmen können. Der Zweck dieser Sperrfrist ist der Schutz der werdenden Mutter vor Arbeitslosigkeit, da die Arbeitnehmerin infolge der Pflege des Säuglings am Auffinden einer neuen Stelle behindert wird (vgl. Staehelin Adrian in Gauch Peter/Schmid Jörg, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Teilband V 2c, Zürich 1996, N 12 zu Art. 336c OR). Offensichtlich kannte die Beschwerdeführerin die rechtliche Situation, denn in der Einsprache schreibt sie: "Man wollte daher beidseits nicht auf 'gesetzlichen' Rechten und Pflichten beharren." Auch im Hinblick auf die ungewisse Betreuungssituation der Kinder war die Versicherte nicht gezwungen, ihre Teilzeitanstellung von 30 % per 31. Oktober 2003 zu kündigen, denn gemäss ihren eigenen Angaben können die Kinder in einer Kinderkrippe erst definitiv angemeldet werden, wenn die Mutter eine Arbeitsstelle hat. Somit wäre es für die Versicherte einfacher gewesen, einen Krippenplatz zu finden, wenn sie die bisherige Anstellung beibehalten hätte. Für die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Arbeitsstelle hätte nicht fortgeführt werden können, gibt es nicht den geringsten Hinweis in den Akten. 
 
Art. 45 Abs. 3 AVIV sieht vor, dass die Aufgabe einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen ein schweres Verschulden darstellt und eine Einstelldauer von 31 bis 60 Tagen (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV) zur Folge hat. Jedoch hat das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden, dass im konkreten Fall Gründe vorliegen können, die das Verschulden allenfalls als leichter erscheinen lassen (BGE 130 V 130 Erw. 3.4.3). Der Verbleib am Arbeitsplatz und die Stelle als solche wären der Versicherten im Sinne von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV zumutbar gewesen, zumal sie selber das Arbeitsverhältnis als sehr gut bezeichnete und von Anfang an beabsichtigte, nach Ablauf der Sperrfrist wieder im gleichen Umfang wie bisher zu arbeiten. Gemäss Aussage der Beschwerdeführerin war im Zeitpunkt der Kündigung die Betreuungssituation der Kinder nicht klar. Abgesehen davon, dass sich die Mutter der Beschwerdeführerin bereit erklärte (und offenbar auch dazu in der Lage gewesen ist), die Kinder zu betreuen, wäre es der Versicherten ohne weiteres zumutbar gewesen, sich bereits vor der Kündigung bei der Kinderkrippe zu informieren; die Versicherte hätte diesfalls erfahren, dass es für den Erhalt eines - hier offen stehenden - Krippenplatzes vorteilhafter ist, wenn sie eine Arbeitsstelle hat. Diese Information hätte ihr Sicherheit in Bezug auf die Betreuung der Kinder gegeben, sodass die Kündigung sowie die anschliessende Arbeitslosigkeit hätten vermieden werden können. Die Rücksicht auf den Arbeitgeber sowie das Argument, die Versicherte könne infolge der Kündigung flexibler auf den Arbeitsmarkt reagieren, stellen ebenfalls keine triftigen Gründe dar, die das Verschulden mindern. 
Demnach ist in casu von einem schweren Verschulden im Sinne von Art. 45 Abs. 3 AVIV auszugehen, welches jedoch infolge der späteren Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung gemildert wird (vgl. ARV 1992 Nr. 17 S. 154 Erw. 2c; Chopard Jacqueline, Die Einstellung in der Arbeitsberechtigung, Zürich 1998, S. 167). Demzufolge hat die Vorinstanz das Verschulden der Versicherten zu Recht milder beurteilt im Sinne von BGE 130 V 130 Erw.3.4.3. Die Einstellungsdauer von 25 Tagen ist im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 OG) nicht zu beanstanden; die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erwähnten finanziellen Probleme haben keinen Einfluss auf das Verschulden (vgl. Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG) und demzufolge auch nicht auf die Einstelldauer (Urteil M. vom 16. April 2003, C 224/02; a.M. - jedoch ohne Begründung - Chopard, a.a.O., S. 167, welche missliche finanzielle Verhältnisse als einen verschuldensmindernden Umstand sieht). 
3. 
Im vorliegenden Verfahren geht es um Versicherungsleistungen, so dass gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben sind. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Zürich, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 20. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber: