1B_506/2022 10.03.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_506/2022  
 
 
Urteil vom 10. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Geronimo Gallarotti, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, 
Büro A-4, Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, vom 19. August 2022 (GT220074-L/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts auf Einbruchdiebstähle. Ihm wird vorgeworfen, am 12. April 2022 mittels eines Vorschlaghammers oder eines ähnlichen Werkzeugs ein Loch in das Schaufenster eines Geschäfts geschlagen (Sachschaden ca. Fr. 2'000.--), in die Schaufensterauslage gegriffen und Schmuck im Wert von insgesamt ca. Fr. 73'400.-- gestohlen zu haben. Weiter soll er am 14. Juni 2022 mit der gleichen Vorgehensweise (Sachschaden von Fr. 10'000.--) Schmuck im Wert von insgesamt ca. Fr. 340'410.-- aus der Schaufensterauslage eines anderen Geschäfts gestohlen haben. 
Anlässlich der Verhaftung von A.________ im Rahmen einer Polizeikontrolle vom 28. Juni 2022 konnten aus seinem Koffer sowie aus seinem Rucksack mehrere elektronische Geräte sichergestellt werden (zwei Mobiltelefone, ein Laptop, drei USB-Sticks). In der polizeilichen Einvernahme vom 29. Juni 2022 verlangte er die Siegelung dieser Geräte. 
Die Staatsanwaltschaft stellte am 18. Juli 2022 Antrag auf Entsiegelung und Durchsuchung der sichergestellten Geräte. Das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, hiess das Entsiegelungsgesuch mit Urteil vom 19. August 2022 gut. 
 
B.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 22. September 2022 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, auf die Beschwerde sei einzutreten und das Beschwerdeverfahren sei bis zur rechtskräftigen Erledigung des beim Obergericht des Kantons Zürich hängigen Beschwerdeverfahrens betreffend Erstellen eines DNA-Profils zu sistieren. Eventualiter sei das Urteil des Zwangsmassnahmengerichts vom 19. August 2022 aufzuheben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Entsiegelung und Durchsuchung abzuweisen. Subeventualiter sei das Urteil des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben, der Antrag der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Tatzeitraum vom 12. April 2022 bis zum 28. Juni 2022 gutzuheissen und die Sache an das Zwangsmassnahmengericht zurückzuweisen, verbunden mit der Anweisung zur Vornahme einer entsprechenden Triage. In prozessualer Hinsicht ersucht der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
C.  
Das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts erkannte der Beschwerde mit Verfügung vom 19. Oktober 2022 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zu und wies das Sistierungsgesuch ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 333 E. 1 mit Hinweis). 
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entsiegelungsentscheid (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO). Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen.  
 
1.2. Das angefochtene Urteil schliesst das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren (Art. 92 BGG). Es handelt sich um einen anderen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Als solcher ist er mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. BGE 144 IV 127 E. 1.3; Urteil 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 3.2 mit Hinweisen). Im Bereich der Beschwerde in Strafsachen muss es sich dabei um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 147 III 159 E. 4.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil liegt sodann vor, wenn er auch durch einen für die beschwerdeführende Person günstigen späteren Entscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 147 IV 188 E. 1.3.2; 141 IV 289 E. 1.2 mit Hinweis). Die beschwerdeführende Person muss, wenn es nicht offensichtlich ist, im Einzelnen darlegen, inwiefern ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur drohen soll. Andernfalls kann auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nicht eingetreten werden (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 147 III 159 E. 4.1; je mit Hinweisen; Urteil 1B_216/2022 vom 8. August 2022 E. 2.1).  
Im Entsiegelungsverfahren droht rechtsprechungsgemäss ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, wenn ausreichend substanziiert geltend gemacht wird, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen (BGE 143 IV 462 E. 1; Urteile 1B_603/2022 vom 22. Februar 2023 E. 1.3.1; 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.1; je mit Hinweis). Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie insbesondere ein mangelnder Deliktskonnex vorgebracht, fehlt es regelmässig an einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteile 1B_40/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 2.1; 1B_401/2021 vom 19. April 2022 E. 1.2; 1B_662/2020 vom 20. Oktober 2021 E. 1.3; 1B_260/2019 vom 17. Oktober 2019 E. 1; 1B_273/2015 vom 21. Januar 2016 E. 1.3; je mit Hinweisen). 
 
1.3.  
 
1.3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe die Entsiegelung und Durchsuchung nicht auf den mutmasslichen Tatzeitraum beschränkt. Stattdessen habe sie den Entsiegelungs- und Durchsuchungsantrag der Staatsanwaltschaft trotz Fehlens eines entsprechenden Tatverdachts auch für die vor dem fraglichen Tatzeitraum gesicherten Daten gutgeheissen und dieser die sichergestellten Geräte zur Durchsuchung und weiteren Verwendung freigegeben. Einblicke der Strafverfolgungsbehörden in seine gesicherten Daten (Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnis, Privat- und Intimsphäre), ohne dass dafür ein Tatverdacht vorliegen würde, seien unrechtmässig und unverhältnismässig und verletzten seine Grundrechte (Wirtschaftsfreiheit und Persönlichkeitsrechte). Da diese Einblicke der Strafverfolgungsbehörden in geschützte Daten nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, drohe ihm ein nicht wieder gutzumachender Nachteil.  
 
1.3.2. Mit dieser blossen Aufzählung der angeblich einer Entsiegelung entgegenstehenden geschützten Geheimhaltungsinteressen kommt der Beschwerdeführer seinen oben dargelegten Substanziierungsobliegenheiten nicht nach. Es ist auch nicht offensichtlich, inwiefern die Entsiegelung der Geräte zu einem Eingriff in seine geschützten Geheimnisinteressen führen würde. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil (E. 5.4) erwogen, der Beschwerdeführer mache lediglich pauschal, ohne konkreten Bezug auf Kunden oder Aufträge, geltend, dass er auf das Erstellen von Plattformen für den online-Versandhandel spezialisiert sei. Soweit er sich auf spezielles Know-how berufe, werde ebenfalls nicht genauer ausgeführt, um was für Geschäftsgeheimnisse es sich handeln und wem gegenüber er zur Verschwiegenheit verpflichtet sein solle. Ebenso wenig führe der Beschwerdeführer aus, gegenüber welchen Gemeinwesen er an ein Amtsgeheimnis gebunden sei. Insgesamt sei er durch die lediglich pauschale Anrufung eines Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisses seiner Substanziierungsobliegenheit nicht nachgekommen. Mit diesen Ausführungen der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer auch im materiellen Teil seiner Beschwerde nicht auseinander; sie bleiben unbestritten.  
 
1.3.3. Soweit der Beschwerdeführer den fehlenden Tatverdacht sowie den Umfang der zu entsiegelnden und durchsuchenden Daten rügt, macht er lediglich andere Beschlagnahmehindernisse geltend, womit er das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht zu begründen vermag (vgl. oben E. 1.2).  
 
1.4. Zusammenfassend kann mangels ausreichend substanziierter Anrufung rechtlich geschützter Geheimnisinteressen nicht auf einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG geschlossen werden. Auf die Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden.  
Daran vermag nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer (auch) eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz und damit seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend macht. Anders als bei Rügen hinsichtlich einer formellen Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) rechtfertigt sich diesfalls kein Verzicht auf das Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils (Urteile 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.3; 1B_18/2021 vom 23. Februar 2021 E. 1.4; 1C_595/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.2; je mit Hinweisen). 
 
2.  
Nach diesen Erwägungen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zwar beantragt dieser die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Jedoch setzt dies insbesondere voraus, dass die gestellten Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheinen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Da vorliegend bereits die Sachurteilsvoraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt sind, ist die Beschwerde als aussichtslos zu qualifizieren und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen. Weshalb vorliegend - wie vom Beschwerdeführer beantragt - gemäss Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG auf die Kostenerhebung verzichtet werden soll, wird nicht begründet und ist auch nicht ersichtlich. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck