7B_475/2023 06.09.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_475/2023  
 
 
Urteil vom 6. September 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Schmid, Rechtsanwalt Marc Schmid GmbH, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Zweigstelle Flughafen, Prime Center 1, 7. Stock, Postfach, 8058 Zürich. 
 
Gegenstand 
Haftbeschwerde, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 17. Juli 2023 (UB230101-O/U/BEE). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Dielsdorf sprach A.________ am 9. März 2023 erstinstanzlich des Betrugs, der Urkundenfälschung, der Drohung, der Fälschung von Ausweisen, der rechtswidrigen Einreise, des mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts, des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz, des mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung, der missbräuchlichen Verwendung von Ausweisen und/oder Kontrollschildern sowie der vorsätzlichen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Es verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 32 Monaten, unter Anrechnung der bereits ausgestandenen Haft, sowie zur Bezahlung einer Busse von Fr. 300.--. Ferner verwies es ihn für 5 Jahre des Landes. 
Gegen dieses Urteil meldete A.________ Berufung an. Ein begründetes Urteil liegt noch nicht vor. 
 
B.  
A.________ wurde am 10. Oktober 2021 verhaftet und befand sich in der Folge in Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Am 25. November 2022 wurde ihm der vorzeitige Strafantritt bewilligt. 
Am 19. Juni 2023 stellte A.________ ein Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug, welches vom Bezirksgericht Dielsdorf am 28. Juni 2023 abgewiesen wurde. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 17. Juli 2023 ab (Dispositiv-Ziffer 1) und auferlegte A.________ die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren (Dispositiv-Ziffer 2). Die noch mit separatem Beschluss zu bestimmenden Kosten für die amtliche Verteidigung nahm es unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO einstweilen auf die Staatskasse (Dispositiv-Ziffern 3 und 4). 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, Dispositiv-Ziffern 1 und 2 des Beschlusses des Obergerichts Zürich vom 17. Juli 2023 seien aufzuheben. Weiter sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
Das Obergericht des Kantons Zürich und die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Haftentlassung. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich nach wie vor in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und ist somit gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Der Beschwerdeführer stellt keinen materiellen Antrag in der Sache. Aus der Begründung der Beschwerde, die zur Interpretation des Rechtsbegehrens beigezogen werden kann (vgl. BGE 137 II 313 E. 1.3 mit Hinweisen), ist jedoch ersichtlich, dass er in erster Linie die Entlassung aus der Haft anstrebt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten ist.  
 
1.2. Nicht Verfahrensgegenstand bildet indessen die vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht aufgeworfene Kritik zur konkreten Haftausgestaltung (kein Hafturlaub, kein Kontakt zur Familie im privaten Rahmen). Diese Rügen stellen Vollzugsfragen dar, die vor den kantonalen Behörden zunächst mittels sog. Haftvollzugsbeschwerde nach Art. 235 Abs. 5 StPO zu rügen sind (vgl. hierzu BGE 143 I 241 E. 1). Insofern ist darauf nicht einzugehen.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt in prozessualer Hinsicht zunächst vor, er habe in seiner Beschwerde vor Vorinstanz verlangt, dass seine Angelegenheit von Richtern beurteilt werde, die mit dem Fall nicht vorbefasst seien. Der angefochtene Beschluss äussere sich nicht dazu, weshalb seinem Begehren nicht entsprochen wurde. Oberrichter A. Flury sowie Oberrichterin Gerwig seien nach Art. 56 lit. b StPO in unzulässiger Weise vorbefasst.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt wird, wurde ihm im Nachgang an seine Beschwerde mit Verfügung vom 10. Juli 2023 die voraussichtliche Gerichtsbesetzung mit dem Hinweis mitgeteilt, dass er ein formelles Ausstandsgesuch zu stellen habe, sollte er den Ausstand eines Gerichtsmitglieds verlangen wollen (vgl. angefochtener Beschluss S. 3). Inwiefern dieses vorinstanzliche Vorgehen rechtlich unhaltbar und überspitzt formalistisch sein sollte, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht erkennbar. Da es der Beschwerdeführer im Nachgang der vorinstanzlichen Verfügung unterliess, ein entsprechendes Ausstandsgesuch zu stellen, musste sich die Vorinstanz zur Gerichtsbesetzung nicht äussern. Eine Gehörsverletzung, wie sie der Beschwerdeführer zumindest sinngemäss geltend macht, ist demnach zu verneinen.  
 
2.2.2. Im Übrigen ist ohnehin nicht ersichtlich, inwiefern in Bezug auf die vom Beschwerdeführer genannten Oberrichter ein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. b StPO vorliegen sollte. Dieser betrifft die sogenannte Vorbefassung und setzt voraus, dass die vom Ausstandsgesuch betroffene Person in einer anderen Stellung in der gleichen Sache tätig war (vgl. BGE 148 IV 137 E. 5.4; 143 IV 69 E. 3.1). Bei einem Richter der Beschwerdeinstanz, der in dieser Funktion mehrere Entscheide betreffend die Haftentlassung in Bezug auf den gleichen Beschuldigten trifft, ist diese Konstellation offensichtlich nicht gegeben. In einem solchen Fall liegt vielmehr eine Mehrfachbefassung vor, welche allenfalls unter dem Gesichtswinkel von Art. 56 lit. f StPO Bedeutung erlangen kann (vgl. BGE 148 IV 137 E. 5.4 mit Hinweis). Der Beschwerdeführer bringt vorliegend indes nichts vor, was darauf hinweisen würde, dass die von ihm genannten Richter im Sinne dieser Bestimmung befangen sein könnten. Dass diese im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer mehrfach dessen Rechtsmittel zu beurteilen hatten und diese Entscheide möglicherweise nicht im Sinne des Beschwerdeführers ausfielen, vermag für sich allein jedenfalls noch keinen Anschein der Befangenheit zu erwecken und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen.  
 
3.  
 
3.1. Auf ein Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug hin ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft (weiterhin) erfüllt sind (BGE 143 IV 160 E. 2.3 mit Hinweisen).  
Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (allgemeiner Haftgrund) und Fluchtgefahr, Kollusionsgefahr oder Wiederholungsgefahr besteht (besonderer Haftgrund). Überdies muss die Haft verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). 
 
3.2. Die Vorinstanz erachtet den dringenden Tatverdacht als gegeben und bejaht den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr. Ausserdem stuft sie die Fortführung des vorzeitigen Strafvollzugs als verhältnismässig ein. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts nicht. Er ist jedoch der Auffassung, die Vorinstanz habe zu Unrecht Fluchtgefahr angenommen. Zudem bestreitet er die Verhältnismässigkeit der Haft.  
 
4.  
 
4.1. Zu prüfen ist folglich, ob die Vorinstanz den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr bejahen durfte.  
 
4.2. Die Annahme von Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte (siehe Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Fluchtgefahr darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Es braucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Ob Fluchtgefahr besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Charakter der beschuldigten Person, ihre moralische Integrität, ihre finanziellen Mittel, ihre Verbindungen zur Schweiz, ihre Beziehungen zum Ausland und die Höhe der ihr drohenden Strafe. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2; BGE 143 IV 160 E. 4.3; je mit Hinweisen). Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Länge des allenfalls noch zu absolvierenden Strafvollzugs mit der bereits erstandenen prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweis). Bei der Beurteilung der konkret drohenden (Rest-) Strafe ist im Haftprüfungsverfahren auch allfälligen bereits vorliegenden Gerichtsentscheiden über das Strafmass bzw. weitere Sanktionen Rechnung zu tragen (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2).  
 
4.3. Die Vorinstanz verweist im Zusammenhang mit der Fluchtgefahr auf das Urteil des Bundesgerichts 1B_458/2022 vom 23. September 2022 sowie auf verschiedene Beschlüsse der III. Strafkammer des Obergerichts Zürich, in welchen das Vorliegen dieses besonderen Haftgrundes beim Beschwerdeführer bejaht wurde. Sodann führt sie zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer zwar zwei Drittel der erstinstanzlich ausgesprochenen Strafe verbüsst habe, indes nicht von einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers auszugehen sei. Die derzeit verbleibende Reststrafe vermöge durchaus einen Fluchtanreiz darzustellen. Desgleichen gelte für die im Raum stehende, erstinstanzlich angeordnete Landesverweisung. Das hängige Asylgesuch des Beschwerdeführers vermöge daran nichts zu ändern. Vorliegend sei nach wie vor von einer ausgeprägten Fluchtgefahr auszugehen (vgl. angefochtener Beschluss Ziff. 3 S. 4 f.).  
 
4.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen:  
Ausgehend von der erstinstanzlichen Verurteilung hat der Beschwerdeführer bei Erfolglosigkeit seiner Berufung mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 32 Monaten und einer Landesverweisung zu rechnen. Ausserdem steht grundsätzlich noch die Möglichkeit einer Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft im Raum (vgl. angefochtener Beschluss Ziff. 4.2 S. 6). Zwar mag die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer dem Vollzug der zu erwartenden Reststrafe durch Flucht entziehen könnte, mit der Fortdauer der Haft gesunken sein. Unter Berücksichtigung des strafprozessual erstandenen Freiheitsentzugs drohte dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses jedoch immer noch eine Reststrafe von 10,8 Monaten, wobei die Vorinstanz bei der Beurteilung der Fluchtgefahr berücksichtigen durfte, dass mit einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers aufgrund von dessen schlechter Legalprognose nicht ohne Weiteres zu rechnen ist (vgl. E. 5.5 hiernach). Dabei handelt es sich um einen Strafrest, der unter Mitberücksichtigung der erstinstanzlich ausgesprochenen Landesverweisung durchaus noch zur Flucht bzw. zu einem Untertauchen motivieren könnte. 
Im Weiteren sind die Vorinstanz und das Bundesgericht in früheren Entscheiden, auf welche im angefochtenen Beschluss verwiesen wird, zum Schluss gelangt, dass neben der Schwere der drohenden Strafe auch die konkreten Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers für eine ausgeprägte Fluchtgefahr sprechen würden. Eine wesentliche Veränderung dieser Lebensumstände, welche heute eine andere Beurteilung erfordern könnten, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Inwiefern sich die zwischenzeitliche Durchführung der Hauptverhandlung auf die Beurteilung der Fluchtgefahr auswirken könnte, erschliesst sich nicht. 
Dass der Beschwerdeführer ein Asylgesuch eingereicht hat, ihm ein Ausweis N ausgestellt wird und er sich gegenwärtig in der Schweiz aufhalten kann, vermag die Gefahr einer Flucht im Übrigen nicht zu relativieren. Seine Aufenthaltssituation erweist sich nach wie vor als unklar, was von der Vorinstanz - wie das Bundesgericht bereits im Urteil 6B_458/2022 vom 23. September 2022 festgehalten hat - als die Fluchtgefahr zusätzlich erhöhendes Indiz gewertet werden durfte. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob der Beschwerdeführer aufgrund seines in der Schweiz eingereichten Asylgesuchs in keinem anderen europäischen Land einen Asylantrag stellen könnte und ob er jederzeit in die Schweiz zurückgebracht werden würde, zumal dadurch die Gefahr eines Untertauchens nicht gebannt ist. 
Schliesslich durfte die Vorinstanz im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage der Zuständigkeit auf BGE 143 IV 168 verweisen, wonach die Strafbehörden Sicherheitshaft auch zur Sicherstellung des Vollzugs einer erstinstanzlich ausgesprochenen Landesverweisung anordnen dürfen, soweit die entsprechenden strafprozessualen Voraussetzungen gegeben sind. Dass die Zuständigkeit der Strafbehörden, welche bis zum Ende des Strafverfahrens besteht, die Verwaltungsbehörde nicht daran hindert, bereits vor diesem Zeitpunkt einzugreifen und Administrativhaft anzuordnen, lässt den Verweis nicht als unpassend erscheinen. Ebensowenig ist ersichtlich, inwiefern sich der Umstand, dass vorliegend - anders als in BGE 143 IV 168 - erstinstanzlich eine unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde, auf die Frage der Zuständigkeit des Strafgerichts auswirken sollte. 
Die Rüge, wonach die Vorinstanz zu Unrecht von Fluchtgefahr ausgegangen ist und in diesem Zusammenhang Bundesrecht verletzt habe, erweist sich als unbegründet. 
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer bestreitet sodann die Verhältnismässigkeit der Haft.  
 
5.2. Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Nach Art. 212 Abs. 3 StPO dürfen deshalb Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe, wobei nach ständiger Praxis bereits zu vermeiden ist, dass die Haftdauer in grosse Nähe zur zu erwartenden Freiheitsstrafe rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1; 143 IV 168 E. 5.1 mit Hinweisen).  
Liegt bereits ein richterlicher Entscheid über das Strafmass vor, stellt dieser ein wichtiges Indiz für die mutmassliche Dauer der tatsächlich zu verbüssenden Strafe dar (BGE 145 IV 179 E. 3.4; 143 IV 160 E. 4.1). Droht neben einer freiheitsentziehenden Sanktion zusätzlich eine Landesverweisung, darf auch noch ein angemessener behördlicher Zeitbedarf für die Vorbereitung des Vollzugs der Landesverweisung (vgl. Art. 66c-d StGB) bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer mitberücksichtigt werden (Urteil 1B_586/2021 vom 11. November 2021 E. 2.3 mit Hinweisen). 
Nach der Rechtsprechung ist bei der Prüfung der zulässigen Haftdauer der Umstand, dass die in Aussicht stehende Freiheitsstrafe bedingt oder teilbedingt ausgesprochen werden kann, wie auch die Möglichkeit einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug im Grundsatz nicht zu berücksichtigen (BGE 145 IV 179 E. 3.4; 143 IV 168 E. 5.1; je mit Hinweisen). Vom Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Möglichkeit einer bedingten Entlassung ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn es die konkreten Umstände des Einzelfalls gebieten, insbesondere wenn absehbar ist, dass eine bedingte Entlassung mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgen dürfte (BGE 143 IV 160 E. 4.2 mit Hinweisen). 
Die Gewährung der bedingten Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe hängt vom Verhalten der gefangenen Person im Strafvollzug und von der Prognose hinsichtlich ihres zukünftigen Verhaltens in Freiheit ab (Art. 86 Abs. 1 StGB). Wenn die gefangene Person bereits zwei Drittel der erst- oder zweitinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft verbracht hat und die Strafe im Rechtsmittelverfahren noch verkürzt, nicht aber erhöht werden kann, hat das Haftgericht eine Prognose über die Anwendbarkeit von Art. 86 Abs. 1 StGB anzustellen. Fällt diese positiv aus, muss dem Haftentlassungsgesuch stattgegeben werden, zumal die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug die Regel darstellt, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf (vgl. BGE 133 IV 201 E. 2.2 f.; Urteil 1B_9/2023 vom 26. Januar 2023 E. 5.2.1; je mit Hinweisen). 
Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen werden und an ihrer Stelle müssen solche Ersatzmassnahmen verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2). 
 
5.3. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer befinde sich seit dem 10. Oktober 2021 in Haft und sei erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten sowie einer Landesverweisung von fünf Jahren verurteilt worden. Angesichts dessen erweise sich eine Weiterführung der Haft grundsätzlich als verhältnismässig. Gegenwärtig stehe die Möglichkeit einer Anschlussberufung seitens der Staatsanwaltschaft noch im Raum. Des Weiteren könne aufgrund der ungünstigen Legalprognose nicht davon ausgegangen werden, dass eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers nach Art. 86 Abs. 1 StGB mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgen dürfte. Insofern bestehe kein Anlass, vom Grundsatz der Nichtberücksichtigung einer möglichen bedingten Entlassung abzuweichen (vgl. angefochtener Beschluss Ziff. 4.2 S. 6 f.).  
 
5.4. Der Beschwerdeführer erachtet die Weiterführung der Haft als unverhältnismässig. Zusammengefasst macht er geltend, dass er mittlerweile zwei Drittel der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe erstanden habe und ihm ein positiver Führungsbericht ausgestellt worden sei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz könne nicht von einer negativen Legalprognose ausgegangen werden, weshalb er mit grosser Wahrscheinlichkeit bedingt zu entlassen wäre. Eine allfällige Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft bewege sich angesichts der in der Anklage verlangten Freiheitsstrafe von 35 Monaten und der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 32 Monaten "in einem theoretischen Kleinstbereich" und sei nicht gewichtig für die Beurteilung der bedingten Entlassung. Weiter ergebe sich aus BGE 143 IV 168, dass die Verwaltungsbehörde die Möglichkeit habe, bereits vor dem Ende des Strafverfahrens einzugreifen. So könne sie eine Person in Administrativhaft nehmen, wenn für diese Person eine noch nicht rechtskräftige Landesverweisung vorgesehen sei. Aus diesem Grund sei es nicht erforderlich, ihn im vorzeitigen Strafvollzug bzw. in Sicherheitshaft zu behalten. Vielmehr könne man es dem Migrationsamt des Kantons Zürich überlassen, zu entscheiden, wie eine allfällige Ausschaffung sicherzustellen sei. Folglich sei das Verhältnismässigkeitsprinzip nach Art. 36 Abs. 3 BV verletzt.  
 
5.5. Die Rügen des Beschwerdeführers erweisen sich als unbegründet.  
Aufgrund des erstinstanzlichen Urteils muss der Beschwerdeführer mit einer Freiheitsstrafe von 32 Jahren rechnen. Im Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses hatte er 21,2 Monate in Haft oder im vorzeitigen Strafvollzug verbracht, im jetzigen Zeitpunkt sind es 22,9 Monate. Die Haft ist damit - auch wenn man die Möglichkeit einer Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ausser Acht lässt - noch nicht in grosse zeitliche Nähe der dem Beschwerdeführer drohenden Freiheitsstrafe gerückt. Im Weiteren kann nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz nicht gesagt werden, dass eine bedingte Entlassung aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgen dürfte. Zwar hat der Beschwerdeführer am 20. Juli 2023 zwei Drittel der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe durch strafprozessuale Haft erstanden, womit die zeitliche Voraussetzung von Art. 86 Abs. 1 StGB für eine bedingte Entlassung erfüllt ist. Ebenso ist dem Beschwerdeführer gestützt auf den Führungsbericht des Gefängnisses Affoltern vom 23. Juni 2023 ein korrektes Verhalten im Strafvollzug zu attestieren. Indessen ist die vorinstanzliche Auffassung, wonach ihm im Haftprüfungsverfahren eine ungünstige Legalprognose gestellt werden müsse, nicht zu beanstanden: Wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt wird, weist der Beschwerdeführer mehrere Vorstrafen auf. So wurde er am 4. April 2012 wegen mehrfachen Betrugs etc. zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Im Jahr 2018 erfolgte am 23. Januar und am 30. August jeweils ein Schuldspruch wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG) und am 10. August eine Verurteilung wegen unrechtmässigem Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 1 StGB), wobei der Beschwerdeführer jedes Mal mit einer unbedingten Geldstrafe bestraft wurde. Diese erneute Strafbarkeit ist nicht zu bagatellisieren, handelt es sich dabei doch immerhin um Vergehen und nicht etwa um blosse Übertretungen. Von den in der Vergangenheit ausgesprochenen Strafen, insbesondere der vom Beschwerdeführer verbüssten Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wäre ein nachhaltiger Warneffekt zu erwarten gewesen. Der Beschwerdeführer liess sich dadurch jedoch nicht beeindrucken und von neuer Delinquenz abhalten. Damit offenbart er eine beachtliche Renitenz und Gleichgültigkeit der schweizerischen Rechtsordnung gegenüber, was von der Vorinstanz klarerweise als negativ bewertet werden durfte. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Zeitspanne von mehr als 6 Jahren zwischen den dem Urteil vom 4. April 2012 unter anderem zugrunde liegenden Betrugshandlungen und dem ihm im laufenden Verfahren angelasteten Betrug vermag die Einschätzung der Vorinstanz nicht zu relativieren. Ebensowenig ist zu beanstanden, wenn die Vorinstanz den fehlenden Aufenthaltstitel für einen dauerhaften Verbleib in der Schweiz, die schlechten finanziellen Verhältnisse und die fehlenden Zukunftsaussichten im Zusammenhang mit der Legalprognose als negativ wertet. Dass es dem Beschwerdeführer aufgrund seines aufenthaltsrechtlichen Status nicht erlaubt ist, in Freiheit zu arbeiten, spielt dabei keine Rolle. Angesichts der dargelegten Umstände durfte die Vorinstanz im Haftverfahren ohne Weiteres von einer Schlechtprognose ausgehen und die Möglichkeit der bedingten Entlassung unberücksichtigt lassen. Ein Verstoss gegen Art. 212 Abs. 3 StPO und Art. 86 Abs. 1 StGB ist nicht auszumachen. 
Dem Beschwerdeführer ist sodann beizupflichten, dass gemäss BGE 143 IV 168 E. 3 sowohl die Gerichte wie auch die Verwaltungsbehörden zur Sicherung des Vollzugs einer Landesverweisung Haft anordnen können. Indessen ist nicht erkennbar, inwiefern die im genannten Urteil umschriebene Häufung der Zuständigkeiten vorliegend zu einer unverhältnismässigen Haft führen und Art. 36 Abs. 3 BV verletzen sollte. Dass die Anordnung einer Administrativhaft im vorliegenden Fall eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme darstellen sollte, um den Vollzug der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe und der Landesverweisung sicherzustellen, ist weder dargetan noch ersichtlich. 
Die angeordnete Haft erweist sich damit nicht als unverhältnismässig. 
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (vgl. Art. 64 BGG). Damit sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben und ist der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen. Der Beschwerdeführer wird allerdings darauf hingewiesen, dass er der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er aufgrund einer Verbesserung seiner finanziellen Situation dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Rechtsanwalt Marc Schmid wird für das bundesgerichtliche Verfahren als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzt und mit Fr. 1'500.-- aus der Gerichtskasse entschädigt.  
 
2.2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. September 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer