1C_553/2022 28.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_553/2022  
 
 
Urteil vom 28. November 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gian Sandro Genna, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Mauerhofer, 
 
Einwohnergemeinde U.________, 
Baubewilligungsbehörde, 
Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3013 Bern. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung; Neubau eines Geräteunterstands 
mit Laufstall und Güllegrube, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
vom 19. September 2022 (100.2021.285U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ betreibt in U.________, auf Parzelle Nr. 53, zusammen mit seiner Ehefrau den Bauernhof "C.________". Diesen hat er am 1. Januar 2020 von seinen Eltern D.D.________ und E.D.________ übernommen. Die Parzelle Nr. 53 befindet sich in der Landwirtschaftszone und im kommunalen Landschaftsschutzgebiet "V.________"; die Parzelle Nr. 53 gehört zur kantonalen Fruchtfolgefläche. 
Am 18. Juni 2020 reichte B.________ ein Baugesuch für den Neubau eines Ökonomiegebäudes mit einer Grundfläche von 720 m2 ein. Davon sollen 630 m2 als Geräte-/Futtermittelunterstand und 90 m2 als Jungviehstall genutzt werden; daran grenzt ein unüberdachter Laufhof. 
Gegen das Bauvorhaben erhob unter anderem A.________ Einsprache. Nachdem das Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern (AGR) mit Verfügung vom 27. November 2020 festgestellt hatte, dass das Bauvorhaben zonenkonform sei, erteilte die Gemeinde U.________ am 19. Januar 2021 die Baubewilligung und wies die Einsprachen ab. 
 
B.  
Dagegen erhob A.________ Beschwerde an die Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern (BVD). Diese holte ein überarbeitetes Betriebskonzept vom 30. April 2021, die Jahresrechnung 2020, die Erfolgsrechnung 2021 inkl. Finanzplan sowie diverse Grundrisspläne der Gebäude ein. Mit Fachbericht vom 9. Juni 2021 nahm das kantonale Amt für Landwirtschaft und Natur (LANAT) gestützt auf die neu eingereichten Unterlagen nochmals zum Vorhaben Stellung und bestätigte die Zonenkonformität des Vorhabens. Am 26. August 2021 wies die BVD die Beschwerde ab. 
Dagegen gelangte A.________ mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde am 19. September 2022 ab. 
 
C.  
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 17. Oktober 2022 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und dem Bauvorhaben des Beschwerdegegners sei der Bauabschlag zu erteilen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. 
 
D.  
Der Beschwerdegegner beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht und die BVD schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Einwohnergemeinde U.________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
Das Bundesamt für Raumentwicklung verweist auf die Begründung des angefochtenen Entscheids und verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
E.  
Es wurde keine Replik eingereicht. 
 
F.  
Mit Verfügung vom 7. November 2022 hat das Bundesgericht der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). 
Die Beschwerdeführerin ist (als Mitglied einer Erbengemeinschaft) Gesamteigentümerin des unmittelbar an die Bauparzelle angrenzenden Grundstücks Nr. 475. Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft stehen kraft Zivilrechts (Art. 602 ZGB) in einer Rechtsgemeinschaft, aufgrund derer sie grundsätzlich nur zu gemeinsamem Handeln befugt sind. Dies gilt auch für die Erhebung von Beschwerden (sog. notwendige Streitgenossenschaft). Allerdings kann der oder die Einzelne einen Entscheid mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten selbstständig anfechten, wenn das Rechtsmittel darauf ausgelegt ist, eine belastende oder pflichtbegründende Anordnung abzuwenden, und die Durchsetzung des Rechtsstandpunkts Einzelner die Interessen der Gemeinschaft oder der übrigen Mitglieder nicht zu beeinträchtigen vermag (vgl. BGE 131 I 156; Urteil 1C_278/2011 vom 17. April 2012 E. 1.2 mit Hinweisen, betreffend die Verhinderung eines Winterwanderwegs an der Parzellengrenze). 
Dies ist vorliegend zu bejahen. Mit der Beschwerde soll die Erstellung einer grossen (40 x 18 m), potentiell mit Immissionen verbundenen landwirtschaftlichen Baute in geringer Entfernung (12.8 m) von der Parzelle Nr. 475 und dem dortigen Wohngebäude verhindert werden. Die beantragte Aufhebung der Baubewilligung würde die Interessen der Erbengemeinschaft bzw. deren übrigen Mitglieder nicht beeinträchtigen. 
Ist die Beschwerdeführerin daher schon als Gesamteigentümerin zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG), kommt es (entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners) nicht darauf an, ob diese die Parzelle selbst bewohnt und daher auch als Anwohnerin beschwerdebefugt wäre. 
Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher einzutreten. 
 
2.  
In der Landwirtschaftszone zonenkonform sind insbesondere Bauten und Anlagen, die zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder für den produzierenden Gartenbau nötig sind (Art. 16a Abs. 1 RPG [SR 700] und Art. 34 Abs. 1 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV; SR 700.1]). Bauten und Anlagen für die Freizeitlandwirtschaft gelten als nicht zonenkonform (Art. 34 Abs. 5 RPV). Die Bewilligung darf nach Art. 34 Abs. 4 RPV nur erteilt werden, wenn die Baute oder Anlage für die in Frage stehende Bewirtschaftung nötig ist (lit. a), ihr am vorgesehenen Standort keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b) und der Betrieb voraussichtlich längerfristig bestehen kann (lit. c). 
Vorliegend bestreitet die Beschwerdeführerin in erster Linie die Zonenkonformität des Bauvorhabens, weil es sich um Freizeitlandwirtschaft handle (unten E. 3). Im Übrigen seien auch die Bewilligungsvoraussetzungen gemäss Art. 34 Abs. 4 lit. a-c RPV nicht erfüllt: Es sei zu Unrecht keine Standortevaluation vorgenommen worden; dem Bauprojekt stünden gewichtige Interessen des Ortsbild- und Landschaftsschutzes, des Erhalts von Fruchtfolgeflächen und des Immissionsschutzes entgegen (unten E. 5), und der Nachweis des längerfristigen Bestehens des Betriebs sei nicht erbracht (unten E. 4). 
 
3.  
Streitig ist in erster Linie, ob der Betrieb als Freizeitlandwirtschaft zu qualifizieren ist. 
 
3.1. Das Verwaltungsgericht verneinte dies. Es hielt fest, die landwirtschaftliche Nutzfläche betrage 17.8 ha, davon 8.95 ha offene Ackerfläche, auf der Weizen, Gerste und Mais angepflanzt werden. Auf 1,3 ha werde eine Deponie geführt, welche voraussichtlich ab dem Jahr 2022/2023 wieder zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bereitstehe. Auf der restlichen Fläche werde Gras produziert. Die Bewirtschaftung erfolge mit eigenen Maschinen; die Erntearbeiten sowie die Futterkonservierung (z.B. Ballen pressen) würden mit Lohnunternehmungen erledigt. Der Maschinenpark setze sich zusammen aus Geräten und Maschinen zur allgemeinen Betriebsbewirtschaftung, zur Futterproduktion und für die Tierhaltung. Der Betrieb verfüge über 25 Milchkühe sowie die eigene Nachzucht. Davon würden am Betriebsstandort "C.________" lediglich die Melkkühe und Tränkekälber gehalten; das restliche Rindvieh (derzeit 3 Kühe und 15 Jungvieh) werde auf anderen Betrieben zur Galt bzw. zur Aufzucht gegeben. Der Betrieb weise derzeit 1,372 Standardarbeitskräfte (SAK) auf. Die Grösse (Fläche und Tierbestand), der Bestand an landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, der SAK-Wert sowie der landwirtschaftliche Betriebsertrag sprächen für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Ein Jahresgewinn von rund Fr. 10'000.-- sei zwar verhältnismässig gering. Der in der Jahresrechnung für das Steuerjahr 2020 ausgewiesene Gewinn sei jedoch lediglich eine Momentaufnahme der finanziellen Situation nach der Betriebsübernahme per 1. Januar 2020. Der Beschwerdegegner habe in seinem Betriebskonzept dargelegt, wie die Einnahmen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb - ohne das Bauvorhaben - gesteigert werden könnten (Ziff. 2.5). Die für den Finanzplan verwendete Berechnung des voraussichtlichen Ertrags 2021 weise entsprechend einen höheren Gewinn aus (Fr. 19'013.--). Das LANAT erachte den Finanzplan als realistisch. Schliesslich gehe aus dem Betriebskonzept hervor, dass das Betriebsleiterehepaar derzeit noch massgeblich von den Eltern des Beschwerdegegners durch Mitarbeit unterstützt werde (Ziff. 1.5). Der Personalaufwand sei in der Erfolgsrechnung 2020 ausgewiesen (Fr. 6'000,-). Sobald die Eltern nicht mehr im Betrieb mitarbeiteten, wollten der Beschwerdegegner und seine Ehefrau die Arbeitspensen ihrer unselbstständigen Erwerbstätigkeit reduzieren und diese Arbeiten selbst übernehmen. Der entsprechende Personalaufwand entfalle dann bzw. sei dem Betriebsleiterehepaar im gesamten Umfang als Erwerbseinkommen anzurechnen. Zusätzlich könne ab diesem Zeitpunkt auch der Aufwand für Arbeiten durch Dritte reduziert werden. Der Wert des Tierbestands in der Jahresrechnung 2020, der während des Bilanzjahres auf Fr. 65'040.-- angestiegen sei, stelle ebenfalls ein Indiz für den zukünftigen Gewinn dar. Insgesamt sei davon auszugehen, dass aus dem Landwirtschaftsbetrieb bereits aufgrund der aktuellen Betriebsstruktur ein ins Gewicht fallendes Erwerbseinkommen erzielt werden könne. Es sei daher von einem gewinnorientierten Betrieb auszugehen.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, der Betrieb des Beschwerdegegners sei als Freizeitlandwirtschaft zu qualifizieren. Nach den Feststellungen der Vorinstanz erziele der Beschwerdegegner einen Jahresgewinn von nur rund Fr. 10'000.-- aus der Landwirtschaft. Er und seine Ehefrau seien denn auch beide ausserbetrieblich unselbstständig erwerbstätig, der Beschwerdeführer im Umfang von 80-100 %. Er betreibe somit die Landwirtschaft offensichtlich nur in der Freizeit; diese habe praktisch keinen Einfluss auf seine wirtschaftliche Situation. Auf das bäuerliche Einkommen seien er und seine Familie nicht angewiesen. Bei den vom Beschwerdegegner geltend gemachten zukünftigen Gewinnen handle es sich um blosse Planspiele. Dem vorgelegten Betriebskonzept sei lediglich zu entnehmen, dass das Betriebsleiterpaar den Betrieb weiterentwickeln möchte. Diese pauschale Absichtserklärung genüge nicht. So fehlten z.B. mittelfristige Ziele, und es werde auch nicht dargelegt, wie die prognostizierten Zahlen konkret erzielt werden sollten. Ein Betriebskonzept, das Auskunft über die konkrete Bewirtschaftungsziele und die Finanzierung ihrer Umsetzung gebe (BGE 133 II 370 E. 5), liege nicht vor. Es sei auch unklar, auf welcher Grundlage der Finanzplan beruhe. Im Übrigen seien die geplanten Entwicklungen an die Erstellung der strittigen Baute gebunden, was unzulässig sei: Der Betrieb müsse auch ohne die geplante Baute bereits ein Haupt- oder zumindest ein Nebenerwerbsbetrieb und nicht ein Freizeitlandwirtschaftsbetrieb sein.  
Hinzu komme, dass der Beschwerdegegner in W.________, in rund 80 km Entfernung, Landwirtschaftsland pachte. Er habe nicht schlüssig darlegen können, wie dieses in den Stammbetrieb in U.________ eingegliedert werden solle. Es würden damit erhebliche Zweifel geweckt, ob der Betrieb in U.________ längerfristig überlebensfähig sei (Art. 34 Abs. 4 lit. c RPV), selbst mit dem Neubau. Vielmehr werde der Verdacht erhärtet, dass der Beschwerdegegner den geplanten, gross dimensionierten Neubau für landwirtschaftsfremde Zwecke (Lohnunternehmen, Forst, Geräteunterstand für Dritte etc.) verwenden wolle. 
 
3.3. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung im Sinne von Art. 16a RPG unterscheidet sich von der Freizeitlandwirtschaft insbesondere durch einen dauernden, auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten und organisierten Einsatz von Kapital und Arbeitskraft in einem wirtschaftlich bedeutsamen Umfang (Urteile 1C_516/2016 vom 5. Dezember 2017 E. 5.2; 1C_8/2010 vom 29. September 2010 E. 2.2 mit Hinweisen). Bei der Beurteilung, ob es sich um einen Betrieb mit zonenwidriger Freizeitlandwirtschaft oder einen zonenkonformen landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb handelt, ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen.  
Indizien für das Vorliegen eines Freizeitlandwirtschaftsbetriebs sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung etwa die fehlende Gewinn- und Ertragsorientierung, das Nichterreichen einer gewissen Mindestgrösse oder der marginale Arbeitsbedarf auf dem Betrieb. Auf starre Grenzwerte wurde bewusst verzichtet. Nicht allein ausschlaggebend für die Bejahung eines landwirtschaftlichen Betriebs ist der Arbeits- bzw. Zeitaufwand; dieser kann auch für Freizeitbeschäftigungen durchaus beträchtlich sein, ohne dass bereits eine berufliche Tätigkeit vorliegt (Urteile 1C_8/2010 vom 29. September 2010 E. 2.3.1; 1A.134/2002 vom 17. Juli 2003 E. 3.3, in: ZBl 106/2005 S. 158 ff.; 1A.64/2006 vom 7. November 2006 E. 3.2). 
In erster Linie stellt die bundesgerichtliche Rechtsprechung darauf ab, ob ein namhafter Beitrag an den Existenzbedarf der Bewirtschafterfamilie geleistet wird. Das ARE erachtete bei Vorhaben, die keine bedeutenden räumlichen Auswirkungen haben, einen Beitrag von rund einem Drittel als sachgerecht; das Bundesgericht hat sich bisher auf keinen Anteil festgelegt (Urteile 1C_516/2016 vom 5. Dezember 2017 E. 5.8; 1C_8/2010 vom 29. September 2010 E. 2.3.3 und 1A.64/2006 vom 7. November 2006 E. 5.3). Einzelne defizitäre Betriebsjahre ändern jedoch nichts an einer vorhandenen Gewinnorientierung (Urteil 1A.134/2002 vom 17. Juli 2003 E. 3.3). 
Im zitierten Urteil 1C_8/2010 (E. 2.3.2) wurde eine Freizeitbewirtschaftung von Obstbäumen bei einem erzielten Gewinn von Fr. 10'755.-- bejaht. Im Urteil 1A.64/2006 vom 7. November 2006 E. 4.2 und 4.3 wurde bei einem monatlichen Einkommen von Fr. 1'360.-- die längerfristige Existenzfähigkeit im Sinne von Art. 34 Abs. 4 lit. c RPV verneint, selbst wenn der Betrieb als gewinnorientiert zu bezeichnen wäre. Im Urteil 1A.134/2002 vom 17. Juli 2003 E. 3.3 ging das Bundesgericht von einer hobbymässig betriebenen Tierhaltung aus, unter Berücksichtigung des geringen Tierbestands und des Umstands, dass damit auch in Zukunft bestenfalls ein kleines Nebeneinkommen erwirtschaftet werden könne. 
 
3.4. Der Betrieb "C.________" wird bereits in der zweiten Generation von der Familie des Beschwerdegegners betrieben. Von seiner Fläche, der Art der Nutzung (Milchwirtschaft und Ackerbau) sowie seines Tier- und Maschinenbestands unterscheidet er sich nicht von zahlreichen anderen Familienbetrieben der Region. Die landwirtschaftliche Fläche liegt mit rund 19.1 ha (samt Deponie) nur wenig unter dem schweizerischen Durchschnitt (21 ha). Vom Arbeitsbedarf her (SAK-Wert von 1.372) erfüllt der Betrieb sogar die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Gewerbes. Zwar arbeiten der Beschwerdegegner und seine Frau bisher hauptsächlich auswärts (80 % bzw. 60 %); dennoch leisten sie erhebliche jährliche Arbeitskraftstunden (Akh) im eigenen Betrieb (2600 bzw. 2000 Akh) und werden zudem durch die abtretende Generation unterstützt. Dies alles spricht für einen zonenkonformen, ertragsorientierten Landwirtschaftsbetrieb.  
 
3.5. Allerdings ist der in der Jahresrechnung 2020 ausgewiesene landwirtschaftliche Ertrag sehr gering und liegt weit unter dem damaligen schweizerischen Durchschnittsertrag von Fr. 79'200.-- pro Betrieb für 2020 (vgl. Agroscope Transfer | Nr. 409/2021). Im Wesentlichen wird der Lebensbedarf der Bewirtschafterfamilie durch das Einkommen aus unselbstständiger Arbeit gedeckt. Dieses beträgt Fr. 105'000.--.  
Es erscheint fraglich, ob es mit der aktuellen Betriebsstruktur, ohne die neue Baute, möglich ist, ein ins Gewicht fallendes Erwerbseinkommen zu erzielen, wie vom Verwaltungsgericht angenommen: Dem Betriebskonzept vom 30. April 2021 lässt sich entnehmen, dass die bestehenden Strukturen klein und arbeitsintensiv sind und die Bewirtschaftung erschweren. Um längerfristig auf dem Betrieb Landwirtschaft betreiben zu können, sei eine Strukturbereinigung nötig. Dabei komme dem Neubau zentrale Bedeutung zu, um die Transportwege zu minimieren, die Arbeitsabläufe zu vereinfachen sowie Witterungsschäden an Maschinen und Mehrkosten in der Futterkonservierung und -lagerung zu vermeiden. 
 
3.6. Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass grundsätzlich auf die aktuelle Betriebsstruktur abzustellen ist. Beabsichtigte Erweiterungen und Änderungen können aber insoweit berücksichtigt werden, als sie sowie der dadurch zu erwartende zusätzliche wirtschaftliche Ertrag hinreichend gesichert erscheinen. Dies muss aufgrund gesicherter Fakten und einer vertieften Prüfung der Wirtschaftlichkeit bejaht werden können (Urteile 1C_516/2016 vom 5. Dezember 2017 E. 5.8 1C_8/2010 vom 29. September 2010 E. 2.3.3; 1A.134/2002 vom 17. Juli 2003 E. 3.3).  
Die Jahresrechnung 2020 stammt aus dem ersten Jahr nach der Betriebsübernahme. Der Beschwerdegegner legt im Betriebskonzept dar, dass der landwirtschaftliche Gewinn in den künftigen Jahren sukzessive gesteigert werden soll. Der voraussichtliche Ertrag mit geplantem Neubau wird auf knapp 20'000.-- geschätzt, wobei dies als "Worst-Case-Szenario" bezeichnet wird; die Erfolgsrechnung des Finanzplans 2021 geht von einem Ertrag von Fr. 19'013.-- aus). Weitere Projekte seien die Anmeldung Cremo-Milch, um den Milchpreis um Fr. 0.10/kg zu erhöhen (mit einem Mehrertrag von Fr. 15'600.--) und die Anmeldung der Kühe am Standort "C.________" für das Programm "RAUS" (mit einem Mehrertrag von Fr. 3'838.--). Damit nennt der Beschwerdegegner durchaus konkrete Projekte, die zu einer Ertragssteigerung führen würden. Allerdings gibt es keine gesicherten Fakten zu deren Realisierbarkeit. So liegt beispielsweise für die Anmeldung Cremo-Milch keine konkrete Offerte im Dossier, sondern lediglich eine Preisliste. 
 
3.7. Zusammenfassend ergibt sich Folgendes: Es handelt sich um einen traditionellen Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb, der erst vor kurzem vom Beschwerdegegner und seiner Frau übernommen wurde. Diese beabsichtigen, in den Betrieb zu investieren, dessen Strukturen zu verbessern und mit neuen Projekten die Ertragslage zu verbessern. Dies spricht für einen ertragsorientierten Landwirtschaftsbetrieb und gegen Freizeitlandwirtschaft. Ob es allerdings mit dem Neubau gelingt, den Ertrag auf Dauer so erheblich zu steigern, dass er einen namhaften Beitrag an den Existenzbedarf der Bewirtschafterfamilie leistet und es dieser erlaubt, ihr ausserbetriebliches Arbeitspensum zu reduzieren und die Arbeitskraft der abtretenden Generation zu ersetzen, erscheint zum heutigen Zeitpunkt ungewiss.  
 
4.  
Damit stellt sich die Frage des längerfristigen Bestands des Landwirtschaftsbetriebs. 
 
4.1. Gemäss Art. 34 Abs. 4 lit. c RPV darf die Bewilligung für eine zonenkonforme landwirtschaftliche Baute nur erteilt werden, wenn der Betrieb voraussichtlich längerfristig bestehen kann. Damit soll verhindert werden, dass Neubauten in der Landwirtschaftszone realisiert werden, die schon nach kurzer Zeit leerstehen oder landwirtschaftsfremd verwendet werden. Erhöhte Anforderungen sind an den Nachweis der längerfristigen Existenzfähigkeit zu stellen, wenn - wie vorliegend - Ökonomiebauten auf Fruchtfolgeflächen und an landschaftlich besonders schutzwürdigen Standorten (hier: Landschaftsschutzgebiet V.________) errichtet werden sollen.  
 
4.2. In Zweifelsfällen besteht die Möglichkeit, die Bewilligung für die neue Baute gemäss Art. 16b Abs. 2 RPG mit einem Beseitigungsrevers zu verbinden, d.h. mit einer Resolutivbedingung, für den Fall, dass die zonenkonforme landwirtschaftliche Nutzung wegfällt, sei es durch Aufgabe der Landwirtschaft, sei es, dass diese nur noch freizeitmässig betrieben wird (vgl. dazu Urteil 1C_587/2018 vom 18. September 2019 E. 3.4; RUCH/MUGGLI, in: Praxiskommentar RPG: Bauen ausserhalb der Bauzone, 2017, N. 10 zu Art. 16b; CHRISTOPH JÄGER, Beseitigungsrevers bei landwirtschaftlichen Ökonomiebauten, ZBl 115/2014 115 ff., insbes. S. 124 f.). Eine solche Resolutivbedingung drängt sich auf, wenn (zusätzlich zum Trennungsgrundsatz) besondere Gründe des Landschafts-, Umwelt- oder Naturschutzes für den Rückbau des Gebäudes nach Wegfall der Nutzung sprechen (JÄGER, a.a.O., S. 130). Dies ist vorliegend der Fall (oben lit. A und E. 4.1).  
 
4.3. Bisher wurde die Möglichkeit eines Beseitigungsrevers nicht thematisiert, weshalb die Parteien keine Veranlassung hatten, sich dazu zu äussern. Es rechtfertigt sich daher, die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, um den Parteien insoweit das rechtliche Gehör zu gewähren. Das Verwaltungsgericht kann - soweit erforderlich - ergänzende Auskünfte oder Unterlagen einholen, z.B. zur Ertragsentwicklung seit 2020. Anschliessend wird es neu entscheiden müssen, ob die Bewilligung - mit oder ohne Beseitigungsrevers - erteilt werden kann. Es kann die Sache auch zur Gehörsgewährung und neuem Entscheid an eine untere Instanz weiterverweisen.  
 
5.  
Die übrigen Rügen der Beschwerdeführerin erweisen sich dagegen als unbegründet. 
 
5.1. Zwar trifft es zu, dass bei landwirtschaftlichen Bauten, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen, deren Notwendigkeit, Dimensionierung und Standort im Einzelfall besonders sorgfältig abgeklärt werden müssen (Urteil 1C_429/2015 vom 28. September 2016 E. 3 mit Hinweisen, in: ZBl 118/2017 500; RDAF, 2018 I 368). Die Vorinstanz hat jedoch ausführlich, gestützt auf den Fachbericht der zuständigen kantonalen Fachstelle, dargelegt, weshalb das Bauvorhaben am vorgesehenen Standort und in der vorgesehenen Grösse, notwendig sei. Dabei wurde auch die Möglichkeit des Umbaus bestehender Bauten geprüft und alternative Standorte evaluiert, aber aufgrund der Eigentumsverhältnisse, des Konzentrationsprinzips oder des grösseren Landverbrauchs verworfen. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern diese Erwägungen auf offensichtlich unrichtigen Tatsachen beruhen oder Bundesrecht verletzen; dies ist auch nicht ersichtlich.  
 
5.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich zwar auf den öffentlich-rechtlichen Immissionsschutz, macht aber selbst nicht geltend, dass die massgebenden Grenzwerte oder Mindestabstände verletzt wären, oder die Immissionen mit verhältnismässigen zusätzlichen Massnahmen vorsorglich vermindert werden könnten.  
 
6.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Damit wird der Beschwerdegegner kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 19. September 2022 aufgehoben. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde U.________, der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. November 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber