4A_553/2022 15.03.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_553/2022  
 
 
Urteil vom 15. März 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Hohl, Kiss, 
Gerichtsschreiber Gross. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Läuffer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sandra Mäder, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Kündigungsfrist, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, 
vom 20. Oktober 2022 (ZVE.2022.31). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ (Arbeitnehmer, Beschwerdegegner) arbeitete ab dem 1. September 2010 bei der A.________ AG (Arbeitgeberin, Beschwerdeführerin) als Applikationsentwickler und Entwicklungsleiter. Am 26. August 2019 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis per 31. Oktober 2019. Vom 28. August 2019 bis und mit dem 8. November 2019 war der Arbeitnehmer krankgeschrieben. Als er am 11. November 2019 wieder am Arbeitsplatz erschien, wurde ihm der Eintritt verwehrt. In der Folge verrichtete er für die Arbeitgeberin keine Arbeit mehr. 
Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, das Arbeitsverhältnis sei infolge Krankheit bis Ende Januar 2020 verlängert worden. Die Arbeitgeberin stellt sich hingegen auf den Standpunkt, dieses sei mangels Nachweises einer Arbeitsunfähigkeit per 31. Oktober 2019 aufgelöst worden. 
 
B.  
Mit Klage vom 9. Juni 2020 (präzisiert in der Replik vom 22. Oktober 2020) beantragte der Arbeitnehmer beim Bezirksgericht Brugg (Arbeitsgericht), die Arbeitgeberin sei zu verpflichten, ihm Fr. 30'000.-- brutto nebst Zins zu bezahlen. Mit Entscheid vom 14. April 2021 hiess das Bezirksgericht die Klage gut und verpflichtete die Arbeitgeberin, dem Arbeitnehmer brutto Fr. 30'000.-- nebst Zins zu bezahlen. 
Eine dagegen gerichtete Berufung der Arbeitgeberin wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. Oktober 2022 ab (Ziff. 1.1). Weiter hob es die Dispositivziffer 1 des erstinstanzlichen Entscheids von Amtes wegen auf und fasste diese neu wie folgt (Ziff. 1.2) : 
 
"Die Beklagte [Arbeitgeberin] wird verpflichtet, dem Kläger [Arbeitnehmer] Lohn in der Höhe von brutto F r. 30'000.00 nebst Zins zu 5 % seit 1. Februar 2020 zu bezahlen. Die Beklagte ist berechtigt, die auf dieser Lohnforderung gesetzlich geschuldete (n) Sozialversicherungsbeiträge bzw. Quellensteuer in Abzug zu bringen, soweit sie sich urkundlich über deren Bezahlung an die Versicherungseinrichtungen bzw. die Steuerbehörde ausweist." 
 
Das Obergericht erachtete es als erstellt, dass zufolge des durch die Kündigung ausgelösten Stresses die Blutzuckerwerte des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise ausser Kontrolle gerieten und sich erst nach der Konsultation bei Dr. med. C.________ am 22. Oktober 2019 wieder normalisierten. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Arbeitgeberin dem Bundesgericht, die Ziff. 1.1 und 1.2 des Entscheids des Obergerichts seien kostenfällig aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens und zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen. Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Beschwerdeführerin hat unaufgefordert repliziert. 
Mit Präsidialverfügung vom 7. Dezember 2022 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der aufschiebenden Wirkung einstweilen abgewiesen und das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Entscheid des Obergerichts über das bei ihm hängige Berichtigungsgesuch der Beschwerdeführerin sistiert. 
Mit Entscheid vom 14. Dezember 2022 berichtigte das Obergericht die Dispositivziffer 1.2 seines Entscheids wie folgt: 
 
" Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Lohn in der Höhe von brutto Fr. 30'0 00.00 nebst Zins zu 5 % seit 1. Februar 2020 zu bezahlen. Die Beklagte ist berechtigt, die auf dieser Lohnforderung gesetzlich geschuldeten Sozialv ersicherungsbeiträge und die Quellensteuer in Abzug zu bringen, soweit sie sich urkundlich über deren Bezahlung an die Versicherungseinrichtungen bzw. die Steuerbehörde ausweist. " 
 
Mit Präsidialverfügung vom 1. Februar 2023 wurde das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung (definitiv) abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2). Die Beschwerde ist dabei hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1). 
 
2.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2, 264 E. 2.3). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG). 
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die genannten Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). 
 
3.  
Soweit die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Beweiswürdigung kritisiert, ist zu beachten, dass das Bundesgericht in diese nur eingreift, wenn sie willkürlich ist. Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; 135 II 356 E. 4.2.1). Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 III 226 E. 4.2; 136 III 552 E. 4.2). 
Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 140 III 264 E. 2.3; 134 II 244 E. 2.2). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3). 
 
4.  
Soweit ein Entscheid auf mehreren selbstständigen alternativen Begründungen beruht, ist für jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt; denn soweit nicht beanstandete Begründungen das angefochtene Urteil selbstständig stützen, fehlt das Rechtsschutzinteresse an der Beurteilung der gehörig begründeten Rügen (BGE 133 IV 119 E. 6.3; vgl. auch BGE 132 III 555 E. 3.2; je mit Hinweisen). 
 
5.  
Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass die Vorinstanz das erstinstanzliche Dispositiv von Amtes wegen berichtigt hat. Sie erachtet dieses Vorgehen als unzulässig. 
Die Beschwerdeführerin tut nicht hinreichend dar, inwiefern sie durch die Änderung des erstinstanzlichen Dispositivs belastet sein soll (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. BGE 143 III 578 E. 3.2.2.2). Sie verweist pauschal auf die vorinstanzliche Begründung, in der festgehalten wurde, die Änderung erfolge mit Blick auf eine mögliche Urteilsvollstreckung. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der berichtigten Dispositivziffer unterbleibt. Damit vermag sie nicht darzutun, dass bzw. inwiefern sie durch die abgeänderte Dispositivziffer belastet sein soll. Allein der Verweis auf den Umstand, dass sich eine allfällige Urteilsvollstreckung gegen sie richten wird, genügt nicht, zumal die abgeänderte Dispositivziffer 1.2 sie berechtigt, die auf der Lohnforderung gesetzlich geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge und die Quellensteuer in Abzug zu bringen. Auf die Rüge ist somit mangels eines Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten.  
 
6.  
Umstritten ist, ob der Beschwerdegegner ab dem 28. August 2019 bis zum 8. November 2019 arbeitsunfähig gewesen ist, was entsprechend eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Januar 2020 zur Folge gehabt hätte (Art. 336c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 lit. b OR). 
 
6.1.  
 
6.1.1. Die Vorinstanz erwog, der von der Erstinstanz per Skype befragte Zeuge Dr. med. D.________ habe seinen Wohnsitz in Deutschland, womit die Erstinstanz mit dessen Einvernahme eine hoheitliche Handlung vorgenommen habe. Damit sei dessen Aussage nicht verwertbar. Dies betreffe aber nicht auch die von ihm ausgestellten ärztlichen Zeugnisse. Von einer Rückweisung zwecks Wiederholung der Einvernahme könne abgesehen werden, weil die Zeugenaussage für die Frage entbehrlich sei, ob der Beschwerdegegner ab dem 28. August 2019 arbeitsunfähig gewesen sei.  
 
6.1.2. Zentral sei, dass der Beschwerdegegner unbestritten seit Jahren an Diabetes mellitus des Typs 1 (nachfolgend: Diabetes 1) leide. Dr. med. C.________, Facharzt für Diabetologie, der ihn offenbar seit 2007 betreue, habe ausgeführt, Diabetes 1 sei nicht vergleichbar mit dem Typ 2. Bei Diabetes 1 produziere die Bauchspeicheldrüse kein einziges Tröpfchen Insulin, sodass der betroffene Patient innert 24 Stunden tot sei, wenn nichts dagegen gemacht werde. Nur durch eine "externe Zugabe von Insulin, Zuverlässigkeit des Patienten, Therapie und gute Schulung [sei] man 100 % einsatzfähig und nicht eingeschränkt". Vor diesem medizinischen Hintergrund habe Dr. med. C.________ ausgesagt, der Beschwerdegegner sei bei der Konsultation am 22. Oktober 2019 "aussergewöhnlich emotional aufgewühlt" gewesen und habe sich in einem "deutlich reduzierten Allgemeinzustand" bzw. "in einer absoluten emotionalen Belastungssituation" befunden. Der Beschwerdegegner habe über viele Jahre eine sehr gute und stabile Einstellung der Blutzuckerwerte gehabt. Anlässlich der Konsultation seien die Blutzuckerwerte einem Auf und Ab unterworfen gewesen. Damit sei eine Arbeitstätigkeit nicht vereinbar gewesen. Weiter hätten die am 22. Oktober 2019 erhobenen Blutzuckerwerte nahe an der Grenze gelegen, bei deren Erreichung eine Bewusstlosigkeit drohe, und das Auslesen der Werte habe gezeigt, dass dieser Zustand seit Längerem vorgelegen habe.  
In der Berufung werde nichts ausgeführt, das Zweifel an dieser Einschätzung zu wecken vermöge. Die Beschwerdeführerin trage nichts vor, das darauf hindeute, dass das Unter-Kontrolle-Bringen des Blutzuckers einem Facharzt grundsätzlich nur bei interdisziplinärer Zusammenarbeit (mit einem Hausarzt) gelingen könnte. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner am 22. Oktober 2019 und damit fast zwei Monate nach der Kündigung bei Dr. med. C.________ mit einem Krankheitsbild vorstellig geworden sei, bei dem er nach Beurteilung des Spezialisten nicht mehr klar habe denken können und das seit Längerem vorgelegen haben müsse. Die Ehefrau des Beschwerdegegners habe glaubwürdig ausgesagt, sie habe ihn nach der Kündigung mehrfach bewusstlos im Bett angetroffen. Es sei kein anderer Umstand als die Kündigung ersichtlich, der für die ab dem 28. August 2019 durch die Arztzeugnisse bescheinigte Arbeitsunfähigkeit ursächlich gewesen sein könnte. 
Zusammenfassend könne als erstellt gelten, dass die Blutzuckerwerte in schwerwiegender Weise ausser Kontrolle gerieten und sich erst nach der Konsultation bei Dr. med. C.________ am 22. Oktober 2019 wieder normalisierten. Dass dies innert etwas mehr als zwei Wochen geschah, sei ohne Belang, nachdem Dr. med. C.________ in der Zeugenbefragung die Ergänzungsfrage der Beschwerdeführerin bejaht habe, ob es vorstellbar sei, dass ein Diabetiker, der unter Diabetes 1 leide, für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zehn Wochen benötige. 
 
6.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche (antizipierte) Beweiswürdigung, weil sich die Vorinstanz weigere, den Zeugen Dr. med. D.________ erneut zu befragen. Dies falle umso stärker ins Gewicht, als sie dessen Arztzeugnisse explizit als Beweismittel zulasse.  
 
6.2.1. Aus den Ausführungen der Vorinstanz (vgl. hiervor E. 6.1.2) ergibt sich, dass sie hauptsächlich auf die Zeugenbefragung von Dr. med. C.________ abgestellt hat. Sie erachtete die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners im strittigen Zeitraum primär gestützt auf die Befragung von Dr. med. C.________ als erstellt. Auf die Arztzeugnisse von Dr. med. D.________ (die den Zeitraum vom 28. August 2019 bis zum 22. Oktober 2019 abdecken) hat sie bloss ergänzend verwiesen. Bereits vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfallen sein soll, indem sie in antizipierter Beweiswürdigung auf eine erneute Befragung von Dr. med. D.________ verzichtete. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Figur der antizipierten Beweiswürdigung setze nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung namentlich voraus, dass unterstellt werden müsse, dass das Beweismittel zugunsten der Partei ausfalle, die es angerufen habe (mit Verweis auf das Urteil 4A_640/2020 vom 9. September 2021 E. 3.1.1), übergeht sie zudem, dass es gerade der Beschwerdegegner war, der in seiner Replik Dr. med. D.________ als Zeugen für seine Arbeitsunfähigkeit angerufen hat. Die Beschwerdeführerin tut nicht dar, dass sie selbst Dr. med. D.________ als Zeugen aufgerufen hätte.  
 
6.2.2. Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz trotz der zu Recht angenommenen Unverwertbarkeit der Zeugenaussage von Dr. med. D.________ (ergänzend) auf dessen Arztzeugnisse abgestellt hat. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe im vorinstanzlichen Verfahren dargelegt, dass die von Dr. med. D.________ ausgestellten Zeugnisse einzig auf den Schilderungen des Beschwerdegegners beruhten, weshalb es wichtig gewesen wäre, ihn mit den widersprüchlichen Arztzeugnissen zu konfrontieren. Gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen machte die Beschwerdeführerin sowohl betreffend Dr. med. D.________ als auch betreffend Dr. med. C.________ geltend, sie hätten unreflektiert alle Schilderungen des Beschwerdegegners übernommen, nichts hinterfragt, diesem unkritisch vertraut und so nachlässig zu Ungunsten der Beschwerdeführerin gehandelt. Es ist nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin tut auch nicht dar, inwiefern (betreffend Dr. med. D.________) diese pauschalen Vorwürfe mittels einer Zeugenbefragung hätten bestätigt werden können. Sie begnügt sich denn auch im Wesentlichen mit der pauschalen Behauptung, es hätte eine Konfrontation mit Dr. med. D.________ stattfinden sollen. Dies genügt nicht.  
 
6.2.3. Soweit sich die Beschwerdeführerin im Übrigen gegen die Berücksichtigung der Aussagen der Ehefrau des Beschwerdegegners wendet, weil diese (wie Dr. med. D.________) ebenfalls nicht richtig vorgeladen worden sei, zeigt sie bereits nicht auf, dass sie diesen Einwand bereits vor der Vorinstanz vorgebracht hat (vgl. BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen). Zudem ist die Situation diesbezüglich auch nicht vergleichbar mit der Befragung von Dr. med. D.________. Die Ehefrau des Beschwerdegegners ist in der Schweiz vor Gericht erschienen und auch hier befragt worden. Aus der Berücksichtigung der Aussagen der Ehefrau des Beschwerdegegners lässt sich - entgegen der Beschwerdeführerin - jedenfalls nicht ableiten, dass Dr. med. D.________ (erneut) zu befragen wäre.  
 
6.3. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung vor. Sie macht geltend, es könne keine Rede davon sein, dass die tiefen Blutzuckerwerte bereits seit Längerem vorgelegen haben müssen. Blutzuckerwerte würden eine Momentaufnahme darstellen, die sich innerhalb weniger Stunden wieder ändern könnten. Es sei unhaltbar, aus der Messung des Blutzuckerwertes am 22. Oktober 2019 ohne jeglichen Beweis bzw. medizinische Anhaltspunkte darauf zu schliessen, dass dieser tiefe Wert bereits seit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses andauere.  
 
6.3.1. Die Beschwerdeführerin genügt den Anforderungen an eine Willkürrüge (vgl. hiervor E. 3) über weite Strecken nicht, sondern übt appellatorische Kritik. Sie übergeht, dass es sehr wohl Anhaltspunkte dafür gab, dass die tiefen Blutzuckerwerte bereits seit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestanden haben. Dr. med. D.________, dessen Zeugnisse verwertbar bleiben (vgl. hiervor E. 6.2), schrieb den Beschwerdegegner vom 28. August 2019 bis zum 22. Oktober 2019 krank. Zudem hat die Ehefrau des Beschwerdegegners ausgesagt, sie habe diesen mehrfach bewusstlos im Bett vorgefunden. Auch erwog bereits die Erstinstanz, auf welche die Vorinstanz Bezug nimmt, die Problematik der tiefen Blutzuckerwerte sei aufgrund der Auswertung der Insulinpumpe durch Dr. med. C.________ (immerhin) in den zwei bis vier Wochen vor der Konsultation am 22. Oktober 2019 bereits vorhanden gewesen. Schliesslich hat Dr. med. C.________ die Ergänzungsfrage der Beschwerdeführerin bejaht, ob es vorstellbar sei, dass ein unter Diabetes 1 leidender Patient für die Wiederherstellbarkeit der Arbeitsfähigkeit zehn Wochen benötige. Damit ist der Vorwurf unbegründet, die Vorinstanz habe die Blutzuckerwerte am 22. Oktober 2019 ohne jegliche Anhaltspunkte auf den Zeitpunkt der Kündigung zurückbezogen. Erst recht vermag die Beschwerdeführerin keine willkürliche Beweiswürdigung darzutun.  
 
6.3.2. Eine willkürliche Beweiswürdigung lässt sich ferner auch nicht damit begründen, dass die Vorinstanz nicht beanstandete, dass der Beschwerdegegner zuerst seinen Hausarzt konsultierte und erst später seinen Facharzt aufsuchte, zumal die Erstinstanz (deren Erwägungen die Vorinstanz ausführlich wiedergibt) erwog, Dr. med. C.________ habe bestätigt, dass für eine Konsultation längere Wartezeiten bestünden und der Beschwerdegegner im Umgang mit seiner Erkrankung zuverlässig sei, weshalb dieser habe erwarten dürfen, seinen Insulinspiegel wieder stabilisieren zu können.  
 
6.4. Die Beschwerdeführerin rügt zudem eine willkürliche Beweiswürdigung betreffend die Frage, ob der Beschwerdegegner einen Tag nach der Kündigung, d.h. am 27. August 2019, einer Tätigkeit für seine eigene Einzelfirma nachgegangen ist. Dies würde zeigen, dass es sich bei der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit bloss um eine Schutzbehauptung handle.  
 
6.4.1. Die Vorinstanz erwog, es sei festzuhalten, dass es sich bei den insgesamt erbrachten 21 Stunden (davon gemäss Rechnung an E.________ vom 28. Januar 2020 8 Stunden am Tag nach der Kündigung) um " eine bloss geringfügige Tätigkeit " gehandelt habe. Zudem habe der Beschwerdegegner vor der Erstinstanz dargelegt, dass er die unter dem 27. August 2019 verbuchte Arbeit (Erstellung der von E.________ angeforderten zusätzlichen Auswertungslisten) schon vor der Kündigung in seinen Ferien erbracht habe, die Verbuchung aber erst nach Testung der Listen und dem Einchecken durch seine Ehefrau (die in seiner Einzelfirma angestellt gewesen sei) erfolgte. Die übrigen Arbeiten seien ferner allein von seiner Ehefrau vorgenommen worden. Da die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung keine Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen vornehme, habe sie keine Veranlassung zu prüfen, ob die vom Beschwerdegegner (bzw. seiner Einzelfirma) in Rechnung gestellten Stunden von diesem erbracht worden seien und deshalb als (allfälliges) Indiz gegen dessen Arbeitsunfähigkeit gewertet werden könnten.  
 
6.4.2. Die Vorinstanz hat in ihrer Begründung einleitend (wie bereits die Erstinstanz) darauf abgestellt, dass es sich bei den erbrachten Leistungen von insgesamt 21 Stunden ohnehin bloss um geringfügige Leistungen gehandelt habe. Damit setzt sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nicht hinreichend auseinander, womit bereits nicht alle vorinstanzlichen Begründungen angefochten sind (vgl. hiervor E. 4).  
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Rüge im Wesentlichen geltend, sie habe sich - entgegen der Vorinstanz - bereits in Rz. 32 ihrer Berufung mit den Behauptungen des Beschwerdegegners auseinandergesetzt, dass die am 27. August 2019 verbuchte Arbeitsleistung schon vor der Kündigung in seinen Ferien erbracht worden sein soll, die Verbuchung aber erst nach der Testung der Listen und dem Einchecken durch seine Ehefrau erfolgt sei. Damit seien ihre Ausführungen in der Berufungsreplik nicht nachgeschoben. In der Berufungsreplik führte die Beschwerdeführerin insbesondere aus, es sei offensichtlich, dass das Abrechnungssystem des Beschwerdegegners nicht wie vorgetragen funktioniere. Dies würde nämlich bedeuten, dass am sog. Auslieferungstag mehr Arbeitsstunden zusammen kämen, als der Tag Stunden hat. Diese Ausführungen zum Abrechnungssystem finden sich in Rz. 32 der Berufung jedenfalls nicht. Der Beschwerdegegner hat sich aber bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf den Standpunkt gestellt, für die erbrachten Leistungen gelte erst der Zeitpunkt des Check-ins als Auslieferungstag. Entsprechend hätte sich die Beschwerdeführerin bereits in ihrer Berufung mit dem Abrechnungssystem des Beschwerdegegners auseinandersetzen müssen. Damit verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz die Ausführungen in der Berufungsreplik als verspätet erachtet. 
 
6.4.3. Selbst wenn im Übrigen mit der Beschwerdeführerin davon ausgegangen würde, der Beschwerdegegner habe am 27. August 2019 8 Stunden für das E.________-Projekt gearbeitet, wäre es dennoch nicht unhaltbar, wenn die Vorinstanz eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners aufgrund der übrigen Beweismittel (namentlich der Befragung von Dr. med. C.________) für den strittigen Zeitraum dennoch als erstellt erachtet bzw. nicht von einer blossen Schutzbehauptung ausgeht.  
 
7.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ergebnis wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. März 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Gross