5A_873/2023 06.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_873/2023  
 
 
Urteil vom 6. Dezember 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Karin Caviezel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Weiterführung des Verfahrens (Abänderung des Scheidungsurteils), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Zivilkammer, vom 10. Oktober 2023 (ZK1 23 48). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien sind die geschiedenen Eltern des 2005 geborenen C.________, der mit Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Meilen vom 19. April 2012 sowie mit Berufungsurteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. November 2012 unter die elterliche Sorge des Vaters gestellt wurde; eine Beschwerde an das Bundesgericht blieb erfolglos (Urteil 5A_917/2012 vom 3. Mai 2013). 
Nachdem im Herbst 2013 die Vorbereitungen für die Umplatzierung des Sohnes zum Vater in die Wege geleitet worden waren, setzte sich die Mutter mit dem Kind nach Dubai ab, wo sie bis zur Rückkehr in die Schweiz am 18. August 2017 mit diesem lebte. 
 
B.  
Am 15. August 2017 reichte die Mutter beim Regionalgericht Imboden eine Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils ein; u.a. beantragte sie die alleinige Sorge und Obhut für das Kind sowie die Verpflichtung des Vaters zu Unterhaltszahlungen. 
Gleichentags reichte sie beim Regionalgericht ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen ein, worin sie die Obhutszuteilung für die Dauer des Abänderungsverfahrens beantragte. Diesem Begehren entsprach das Regionalgericht am 16. August 2017 superprovisorisch und am 11. Dezember 2017 vorsorglich. Dagegen erhob der Vater Berufung. 
 
C.  
Mit prozessleitender Verfügung vom 8. Juni 2018 sistierte das Regionalgericht das Hauptverfahren bis zum Vorliegen eines vollstreckbaren Entscheides im Massnahmeverfahren, weil das betreffende Berufungsverfahren Auswirkungen auf die (vom Vater generell bestrittene) Zuständigkeit im Hauptverfahren haben könnte. Am 19. Dezember 2018 wies das Kantonsgericht Graubünden die Berufung betreffend vorsorgliche Obhutszuteilung ab und das Bundesgericht trat auf eine dagegen erhobene Beschwerde nicht ein (Urteil 5A_191/2019 vom 26. Juli 2019). 
Auf strafrechtlicher Ebene wurde die Mutter mit regionalgerichtlichem Urteil vom 26. Februar 2019 wegen qualifizierter Entführung sowie Entziehens von Minderjährigen zu 42 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Kantonsgericht sprach mit Urteil vom 16. August 2021 eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 27 Monaten, wovon 10 vollziehbar, sowie eine bedingte Geldstrafe von 320 Tagessätzen und eine Verbindungsbusse von Fr. 10'000.-- aus, was das Bundesgericht mit Urteil 6B_784/2022 vom 5. Oktober 2022 schützte. 
Im Zuge eines Wechsels der Verfahrensleitung im Hauptverfahren (Abänderung des Scheidungsurteils) wurde die Sistierung mit Verfügung vom 9. März 2023 aufgehoben mit der Begründung, sämtliche konnexen Verfahren seien mittlerweile entschieden. Gleichzeitig wurde den Parteien die Durchführung einer Einigungsverhandlung angekündigt. 
Gegen die Verfügung vom 9. März 2023 gelangte der Vater an das Kantonsgericht mit dem Anliegen, auf die Abänderungsbegehren der Mutter vom 15. August 2017 sei mangels örtlicher und sachlicher Zuständigkeit des Regionalgerichtes Imboden und zufolge Erreichen der Volljährigkeit des Kindes nicht einzutreten. 
Mit Entscheid vom 10. Oktober 2023 trat das Kantonsgericht auf die Beschwerde nicht ein. 
 
D.  
Mit Beschwerde vom 16. November 2023 wendet sich der Beschwerdeführer an das Bundesgericht, zusammengefasst mit den Begehren um Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheides und um Feststellung der fehlenden Entscheidzuständigkeit des Regionalgerichts Imboden bzw. um Nichteintreten auf die Abänderungsklage. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid über die Aufhebung einer Verfahrenssistierung in einem Zivilverfahren und die Ankündigung einer Einigungsverhandlung (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG). Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG anfechtbar ist, wobei diese in der Beschwerde darzutun sind (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 III 80 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3). Der Beschwerdeführer macht geltend, dass mit der erstinstanzlichen Verfügung faktisch die Zuständigkeit des Regionalgerichts anerkannt worden sei und dass er gezwungen werde, gewissermassen noch im Rahmen der Abänderung eines Scheidungsurteils einen Prozess auszufechten, obwohl sein Sohn zwischenzeitlich volljährig sei. Inwiefern diese Vorbringen einen Nachteil rechtlicher Natur begründen, der sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt (BGE 144 III 475 E. 1.2; 143 III 416 E. 1.3; 141 III 80 E. 1.2), kann dahingestellt bleiben, weil die Beschwerde in der Sache ohnehin offensichtlich unbegründet ist (dazu nachfolgend). 
 
2.  
In Bezug auf die Aufhebung der Sistierung hat das Kantonsgericht im Kern erwogen, diese sei im Rahmen einer instruktionsrichterlichen Verfügung erfolgt und damit sei nichts über die Entscheidzuständigkeit gesagt; dies bleibe dem Regionalgericht vorbehalten und ebenso wenig könne das Kantonsgericht im Rahmen einer gegen die Instruktionsverfügung erhobenen Beschwerde über die Hauptsachezuständigkeit befinden. 
In Bezug auf die Einigungsverhandlung hat das Kantonsgericht zusammengefasst erwogen, es sei fraglich, ob die blosse Ankündigung einer solchen überhaupt schon anfechtbar sei. Im Übrigen sehe die ZPO für die tatsächliche Anordnung kein Rechtsmittel vor, weshalb nur dann Beschwerde erhoben werden könnte, wenn ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinn von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO drohe. Ein solcher werde nicht dargelegt und es sei nicht Sache der Rechtsmittelinstanz, danach zu suchen. Einzig in Bezug auf die (seinerzeitige) vorsorgliche Unterstellung des Kindes unter die Obhut der Mutter werde der damit geschaffene Zustand beklagt, was aber keinen Nachteil in Bezug auf das Ankündigen einer Einigungsverhandlung schaffe; die Art und Weise, wie das Hauptverfahren nach der Aufhebung der Sistierung weitergeführt werde, ändere an den bereits eingetretenen Nachteilen der vorsorglichen Obhutszuteilung nichts mehr. 
 
3.  
Was der Beschwerdeführer vorträgt, vermag keine Rechtsverletzung zu begründen. Soweit er eine Verletzung von Art. 59 und 60 ZPO geltend macht und festhält, die sachliche Zuständigkeit sei als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen, setzt er sich nicht mit der Erwägung des angefochtenen Entscheides auseinander, wonach nicht die Verfahrensleitung im Rahmen der Aufhebung einer Verfahrenssistierung über die Zuständigkeit befinden könne und dass es im Rahmen einer Beschwerde gegen diese Verfügung auch der Rechtsmittelbehörde verwehrt sei, darüber zu entscheiden, weil der Anfechtungsgegenstand nicht ausgedehnt werden könne. Die in der Beschwerde angeführten Literatur- und Rechtsprechungshinweise zur Prüfung der Prozessvoraussetzungen im Rechtsmittelverfahren beziehen sich auf die Konstellation, dass die Hauptsache angefochten ist; sie sind mithin nicht topisch. 
Sodann ist kein Verstoss gegen Art. 8 und Art. 29 Abs. 1 BV bzw. gegen das Gleichbehandlungsgebot ersichtlich. Der im Zusammenhang mit dem Vorbringen, über die Zuständigkeit sei seit über 6 Jahren nie entschieden worden, geäusserte Unmut des Beschwerdeführers mag verständlich erscheinen. Indes tut dies nichts zur Sache, denn die Verfahrensleitung ist offenkundig nicht kompetent, im Rahmen der Aufhebung der Sistierung über die Zuständigkeit des Regionalgerichtes zu entscheiden. Zwar hätte über die Aufhebung seit langem entschieden werden können, ist doch das Berufungsverfahren betreffend die vorsorgliche Massnahme - mit welchem die Sistierung begründet worden war - seit dem 19. Dezember 2018 abgeschlossen. Indes bringt der Beschwerdeführer nicht vor, dass er anschliessend die Wiederaufnahme des Verfahrens gefordert oder gegen einen abweisenden Entscheid ein Rechtsmittel ergriffen oder bei gänzlicher Untätigkeit eine Rechtsverzögerungsbeschwerde erhoben hätte. 
Ähnliches gilt sodann für das - im Übrigen offenkundig neue - Vorbringen, das Kantonsgericht hätte die Tatsache, dass das Kind zwischenzeitlich volljährig sei, von Amtes wegen berücksichtigen und daraus ableiten müssen, dass die Mutter nicht mehr vertretungsberechtigt sei und deshalb der Prozess nicht als Abänderungsverfahren in Bezug auf ein Scheidungsurteil weitergeführt werden könne. Dies beschlägt eine im Rahmen der Hauptsache und nicht in einer durch die Verfahrensleitung erlassenen Verfügung betreffend Aufhebung der Sistierung bzw. Ankündigung einer Einigungsverhandlung zu klärende Frage. 
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli