9C_633/2022 22.06.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_633/2022  
 
 
Urteil vom 22. Juni 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Beusch, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Weber, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Rheinfelden, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lukas Pfisterer, 
 
Gegenstand 
Anschlussgebühren der Gemeinde Rheinfelden/AG, Abgabeperiode 2016, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. September 2022 (WBE.2021.377). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Gemeinderat der Stadt Rheinfelden erteilte der A.________ AG am 5. November 2012 die Baubewilligung für die Überbauung "B.________" (1. Etappe) mit den Baufeldern A1 (Geschäftshaus), A2 ("C.________center"), B (D.________), C (E.________), D (F.________), E1 (G.________) sowie für eine zweigeschossige unterirdische Autoeinstellhalle und eine öffentliche Unterflur-Wertstoffsammelstelle. Auf den Baufeldern A1 und A2 wurden Verkaufs- und Dienstleistungsflächen, Pflege- und Alterswohnungen, ein Restaurant, Büros und Mietwohnungen erstellt. Auf den Baufeldern B, C, D und E1 wurden Eigentums- und Mietwohnungen realisiert. 
In der Baubewilligung vom 5. November 2012 verfügte der Gemeinderat auch die provisorischen Wasser- und Kanalisationsanschlussgebühren: Die Wasseranschlussgebühren setzte er auf Fr. 575'564.- fest, wovon 80 % (Fr. 460'451.20 zzgl. Mehrwertsteuer von Fr. 11'511.30, total Fr. 471'962.50) der A.________ AG als Bauherrin in Rechnung gestellt wurden. Die Kanalisationsanschlussgebühren beliefen sich auf Fr. 729'250.-, wovon der Gemeinderat wiederum 80 % (Fr. 583'640.- zzgl. Mehrwertsteuer von Fr. 46'691.20, total Fr. 630'331.20) der Bauherrin belastete. Die Bauherrin bezahlte diese Rechnungen. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 22. November 2016 setzte die Gemeinde Rheinfelden die definitiven Anschlussgebühren (Wasser und Abwasser) fest, wobei sie der Bauherrin zusätzliche Wasseranschlussgebühren von Fr. 175'740.15 (inkl. Mehrwertsteuer) und zusätzliche Kanalisationsanschlussgebühren von Fr. 493'057.- (inkl. Mehrwertsteuer) auferlegte. Eine Einsprache hiergegen wies der Gemeinderat mit Beschluss vom 22. Januar 2018 ab. Weil dieser Beschluss nur die noch offenen Beträge statt die gesamten Wasser- und Kanalisationsanschlussgebühren nannte, stellte die A.________ AG am 28. Februar 2018 ein Berichtigungsgesuch, das der Gemeinderat schliesslich guthiess. Parallel hierzu gelangte die A.________ AG mit Beschwerde vom 28. Februar 2018 an das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen. Dieses erkannte mit Urteil vom 18. August 2021, dass auf der Wasseranschlussgebühr keine Mehrwertsteuer geschuldet sei. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Die Kosten verlegte es je hälftig auf die A.________ AG und die Gemeinde Rheinfelden. Eine Beschwerde gegen dieses Urteil wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 12. September 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten "mit konkreter Normenkontrolle" vom 24. Oktober 2022 beantragt die A.________ AG die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. September 2022 und die Festsetzung der Wasseranschlussgebühren auf Fr. 250'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) und der Abwasseranschlussgebühren auf Fr. 200'000.- (inkl. Mehrwertsteuer). Zudem seien ihr Fr. 221'962.50 (Wasseranschlussgebühren) bzw. Fr. 430'331.20 (Abwasseranschlussgebühren) an provisorisch zu viel bezahlten Gebühren zurückzubezahlen. 
Die Gemeinde Rheinfelden beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind erfüllt (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Anträge der Beschwerdeführerin sind zulässig. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht allerdings nur, wenn eine konkrete Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht gem. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6). 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie, dass das angefochtene Urteil das verfassungsmässige Kostendeckungsprinzip verletze. Inzident macht sie geltend, die kantonalrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften ermöglichten eine Vermischung und Querfinanzierung und liessen keine wirksame Überprüfung zu, ob das Kostendeckungsprinzip eingehalten sei. 
 
3.1. Wie bereits vor der Vorinstanz (vgl. angefochtenes Urteil E. II.1) bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass für die erhobenen Gebühren eine genügende gesetzliche Grundlage besteht.  
 
3.1.1. Die einschlägigen Bestimmungen (Art. 29 sowie Anhang Gebührenordnung) im Abwasserreglement der Einwohnergemeinde Rheinfelden vom 11. Dezember 2002 (Abwasserreglement/ Rheinfelden) lauten wie folgt:  
 
"Art. 29 Abwasserreglement/Rheinfelden 
1 Folgende Abgaben werden von den Grundeigentümern erhoben: 
Einmalige Abgaben 
a) Anschlussgebühren entsprechend den Anschlusseinheiten (Sanitär, Dach + Platz), sofern in die Kanalisation eingeleitet wird. 
Wiederkehrende Abgaben 
b) Benützungsgebühren 
c) Klärgebühren 
2 Die einmaligen und die wiederkehrenden Abgaben dürfen den Gesamtaufwand der Gemeinde für Erstellung, Erneuerung, Änderung, Betrieb und Unterhalt der öffentlichen Abwasseranlagen sowie die Verzinsung der Schulden nicht übersteigen. 
3 Der Bereich Abwasserbeseitigung wird als Eigenwirtschaftsbetrieb geführt." 
"VIII. Gebührenordnung [Abwasserreglement/Rheinfelden] 
Grundgebühr: Sie ist zu entrichten für noch nicht angeschlossene Gebäude sowie sämtliche Neu-, Um- und Abbauten und beträgt Fr. 300.- 
Anschlussgebühr: 
Pro Anschlusseinheit (AE) Fr. 125.- 
Dach- und Platzflächen (6 m2 = 1 AE) Fr. 125.- 
Diese Gebühr kommt auch zur Anwendung bei Um-, und Anbauten von Gebäuden (Baujahr 1970 und früher) bei denen noch nie Anschlussgebühren verrechnet wurden." 
 
3.1.2. Die einschlägigen Bestimmungen (Art. 45 und Anhang II) im Wasserreglement der Einwohnergemeinde Rheinfelden vom 10. April 1991 (Wasserreglement/Rheinfelden) lauten wie folgt:  
 
"Art. 45 Wasserreglement/Rheinfelden 
Die Anschlussgebühren werden aufgrund der installierten Belastungswerte berechnet. Die Berechnungsgrundlagen und die Gebühren sind im Anhang I zum Wasserreglement festgelegt. 
Bei Um-, Erweiterungs- und Ersatzbauten einer angeschlossenen Liegenschaft sind die zusätzlichen Anschlusswerte gebührenpflichtig. 
Als Basis für die Berechnung der Anschlusswerte gilt die Einheitssumme zum Zeitpunkt der Baueingabe." 
"Anhang II: Tarif zum Wasserreglement 
1. Anschlussgebühr 
Die einmalige Anschlussgebühr richtet sich nach den Anschlusswerten. Es zählen die Wasserbezugsapparate. 
Die Gebühr (exkl. MWSt) beträgt pro Anschlusswert Fr. 103.- 
Dieser Ansatz basiert auf dem Zürcher Baukostenindex Stand 1. April 1991 (120.4 Punkte) 
Die Anschlussgebühren werden alle 2 Jahre durch den Gemeinderat nach Baukostenindex überprüft und neu festgelegt." 
 
3.2. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der Gebührenertrag die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen soll (BGE 145 I 52 E. 5.2.2; 143 I 227 E. 4.2.2; 141 V 509 E. 7.1.2). Zum Gesamtaufwand sind nicht nur die laufenden Ausgaben des betreffenden Verwaltungszweigs, sondern auch angemessene Rückstellungen, Abschreibungen und Reserven hinzuzurechnen (BGE 141 V 509 E. 7.1.2; 126 I 180 E. 3a/aa). Zusammen mit dem Äquivalenzprinzip kann das Kostendeckungsprinzip betreffend Bemessungsgrundlage als Surrogat für eine formellgesetzliche Grundlage fungieren (BGE 124 I 11 E. 6d; 122 I 279 E. 6a; 121 I 230 E. 3e; Urteile 2C_992/2020 vom 23. September 2021 E. 3.2; 2C_160/2014 vom 7. Oktober 2014 E. 6.2.1).  
 
3.3. Das Kostendeckungsprinzip kommt mithin zum Tragen, wenn der strenge Gesetzmässigkeitsgrundsatz nicht bzw. nicht vollständig eingehalten ist, namentlich wenn das formelle Gesetz die Bemessung einer Abgabe nicht hinreichend bestimmt regelt. Im Unterschied zu anderen Rechtsgebieten, wo das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) nur den Rang eines verfassungsmässigen Prinzips innehat (BGE 146 II 56 E. 6.2.1), ist es für das Abgaberecht in Art. 127 Abs. 1 BV als selbständiges verfassungsmässiges Recht speziell normiert (BGE 148 II 121 E. 5.1; 147 I 16 E. 3.4.2; 143 I 227 E. 4.2). Ob die aus diesem Individualrecht folgenden Anforderungen an die Ausgestaltung und Bestimmtheit der formellgesetzlichen Vorgaben und die damit zusammenhängenden Delegationsschranken eingehalten sind, prüft das Bundesgericht frei. Zu diesen Delegationsschranken gehört insbesondere die Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips, wo diese Prinzipien die formell-gesetzliche Grundlage ersetzen sollen. Ob die einer kantonalen Gesetzesvorschrift gegebene Auslegung zulässig ist, beurteilt das Bundesgericht aber auch bei Anrufung des speziellen abgaberechtlichen Legalitätsprinzips nur unter dem Blickwinkel der Willkür (BGE 143 I 227 E. 4.2.1; 143 I 220 E. 5.1.2; 132 I 157 E. 2.2; Urteile 2C_761/2019 vom 4. Februar 2020 E. 5.3; 2C_1092/2017 vom 28. August 2018 E. 3.2; 2C_339/2017 vom 24. Mai 2018 E. 1.5; 2C_958/2015 vom 6. Juni 2016 E. 2.1).  
 
3.4. Wie das Legalitätsprinzip ausserhalb des Abgaberechts oder den Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2 BV; vgl. dazu BGE 148 II 475 E. 5; 135 V 172 E. 7.3.2; 134 I 153 E. 4.1) bezeichnet das Bundesgericht auch das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip in ständiger Praxis als verfassungsrechtliche Prinzipien bzw. Grundsätze (vgl. statt vieler BGE 145 I 52 E. 5.2.1; 125 I 173 E. 9a; 121 I 230 E. 3e; 99 Ia 697 E. 3b). Während das Bundesgericht das Äquivalenzprinzip primär aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 139 I 138 E. 3.2; 135 I 130 E. 2; 126 I 180 E. 3a/aa; 109 Ib 308 E. 5b; 103 Ia 85 E. 5b) und seltener zusätzlich auch aus dem Willkürverbot (Art. 9 BV; BGE 140 I 176 E. 5.2) abgeleitet hat, ist die verfassungsrechtliche Grundlage des Kostendeckungsprinzips in der Rechtsprechung bislang unklar geblieben. Im Schrifttum werden als mögliche Grundlagen ebenfalls das Verhältnismässigkeitsprinzip und das Willkürverbot, ferner die Gebote der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) und der Rechtssicherheit genannt (DANIELA WYSS, Kausalabgaben, 2009, S. 98 ff.; vgl. auch LUC JANSEN, in: Hettich/Jansen/Norer [Hrsg.], Kommentar zum Gewässerschutzgesetz und zum Wasserbaugesetz / Commentaire de la loi sur la protection des eaux et de la loi sur l'aménagement des cours d'eau, 2016, N. 43 zu Art. 60a GSchG; MALINVERNI/HOTTELIER/HERTIG RANDALL/FLÜCKIGER, Droit constitutionnel suisse, Bd. 1, 4. Aufl. 2021, N. 1872; LUKAS WIDMER, Das Legalitätsprinzip im Abgaberecht, 1988, S. 56). Während gewisse Autoren im Kostendeckungsprinzip sogar ein Grundrecht respektive ein selbständiges verfassungsmässiges Recht sehen (BENOÎT REVAZ, Financement de l'élimination des déchets: Principes et couverture des taxes d'élimination, URP 1999 S. 311; RENÉ WIEDERKEHR, Bemessungsgrundsätze des Kausalabgaberechts, recht 2019 S. 67 f.), sprechen andere dem Kostendeckungsprinzip die Verfassungsgrundlage ab und leiten es stattdessen aus dem Wesen der Kausalabgaben ab (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, N. 2778; in diese Richtung auch BGE 52 I 44 E. 3; 33 I 127 E. 3; 29 I 37 E. 3). Zuweilen wird nicht nur die verfassungsrechtliche Grundlage, sondern das Kostendeckungsprinzip als solches ganz grundsätzlich infrage gestellt (BERNHARD STAEHELIN, Erschliessungsbeiträge, 1979, S. 67 ff. mit kritischen Hinweisen auf die Ursprünge des Kostendeckungsprinzips in der Rechtsprechung).  
 
3.5. Angesichts der fehlenden Grundlage des Kostendeckungsprinzips im geschriebenen Verfassungsrecht kann man sich zwar mit den letztgenannten Autoren fragen, ob diesem Grundsatz wirklich Verfassungsrang zukommen kann oder es nicht nur dazu dienen sollte, kostenabhängige Kausalabgaben von Steuern zu unterscheiden (so noch BGE 52 I 44 E. 3; 33 I 127 E. 3; 29 I 37 E. 3). Die Frage braucht hier aber nicht vertieft zu werden. Denn jedenfalls gibt es keinen überzeugenden Grund dafür, im Kostendeckungsprinzip ein selbständiges verfassungsmässiges Recht zu sehen, auf das sich Rechtsuchende unabhängig vom abgaberechtlichen Gesetzmässigkeitsgrundsatz berufen könnten. Dies erhellt bereits daraus, dass es dem Gesetzgeber unbenommen ist, Abgaben zu erheben, die einen Mehrertrag abwerfen, soweit dafür eine entsprechende formellgesetzliche Grundlage besteht (vgl. BGE 124 I 11 E. 6d; 122 I 279 E. 6a und 6b; 9C_215/2023 vom 27. April 2023 E. 4.2). Sofern man im Kostendeckungsprinzip überhaupt ein verfassungsmässiges Prinzip erblicken kann, lässt es sich jedenfalls vom Gesetzmässigkeitsgrundsatz nicht trennen; seine verfassungsmässige Funktion besteht dann alleine darin, die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts zu lockern, wo die Natur der Abgabe eine solche Lockerung zulässt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht verhalten sich der Gesetzesvorbehalt und das Kostendeckungsprinzip insoweit alternativ zueinander, als die konkrete Bemessung einer Abgabe verfassungskonform ist, wenn sie entweder hinreichend bestimmt im formellen Gesetz geregelt ist oder wenn das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip ihre Funktion als Surrogate erfüllen (vgl. WIDMER, a.a.O., S. 59; vgl. auch ALAIN GRIFFEL, Allgemeines Verwaltungsrecht im Spiegel der Rechtsprechung, 2. Aufl. 2022, S. 313 f.). Wenn die Bemessung der Abgabe im formellen Gesetz also hinreichend bestimmt geregelt ist, braucht das Kostendeckungsprinzip zumindest von Verfassungs wegen nicht mehr geprüft zu werden; diesfalls kann sich nur noch die Frage stellen, ob das formelle Gesetz mit übergeordnetem oder gleichrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BGE 122 I 279 E. 6a und 6b).  
 
3.6. Zu diesem übergeordneten oder gleichrangigen Recht kann insbesondere die ausdrückliche oder sinngemässe Anordnung desselben oder eines übergeordneten Gesetzgebers gehören, wonach eine Abgabe - ungeachtet der formellgesetzlichen Regelung der Bemessung - kostenabhängig sein soll. Wie das Bundesgericht schon mehrmals erwogen hat, eröffnet nicht nur eine fehlende (genügend bestimmte) formellgesetzliche Grundlage, sondern auch eine solche gesetzliche Anordnung den Geltungsbereich des Kostendeckungsprinzips (BGE 141 V 509 E. 7.1.2; 121 I 230 E. 3e). Zu präzisieren ist die bisherige Praxis an dieser Stelle indessen insofern, als das Kostendeckungsprinzip in diesem Fall nicht bereits von Verfassungs wegen, sondern erst kraft der gesetzlichen Anordnung zu beachten ist. Die Einhaltung eines gesetzlichen Kostendeckungsprinzips kann das Bundesgericht deshalb nur überprüfen, soweit es dem Bundesgesetzes-, dem Bundesverordnungsrecht oder einer der anderen in Art. 95 BGG genannten Rechtsquellen entspringt. Vorliegend bedeutet dies insbesondere, dass das Bundesgericht jedenfalls nicht frei überprüfen kann, ob Art. 29 Abs. 2 Abwasserreglement/Rheinfelden eingehalten ist (vgl. E. 3.9 hiernach).  
 
3.7. Während sich die Beschwerdeführerin auch noch in ihrer Replik ausdrücklich nur auf das verfassungsmässige Kostendeckungsprinzip beruft, weist die Beschwerdegegnerin auf Art. 60a des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20) hin. Diese Bestimmung schreibt in Abs. 1 die Finanzierung der öffentlichen Abwasseranlagen nach dem Verursacherprinzip vor, indem sie die Kantone anweist, die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der Abwasseranlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, mit Gebühren oder anderen Abgaben den Verursachern zu überbinden (vgl. BGE 128 I 46 E. 1a/cc; Urteil 1C_130/2018 vom 10. Juli 2019 E. 2.2.3). Von vornherein nicht anwendbar ist Art. 60a GSchG allerdings auf Anschlussabgaben für Frischwasser (vgl. Urteile 2C_160/2014 vom 7. Oktober 2014 E. 6.3; 2C_356/2013 vom 17. März 2014 E. 5.2.1; 2C_995/2012 vom 16. Dezember 2013 E. 7.2; 2C_722/2009 vom 8. November 2010 E. 3.1).  
 
3.7.1. In einigen Urteilen hat das Bundesgericht erwogen, dass in Art. 60a GSchG neben dem Verursacherprinzip auch das Kostendeckungsprinzip zum Ausdruck gelangt (vgl. Urteile 2C_244/2014 vom 14. Oktober 2014 E. 3.2; 2C_322/2010 vom 22. August 2011 E. 3; 2C_103/2010 vom 27. September 2010 E. 4.2; 2C_817/2008 vom 27. Januar 2009 E. 9.1; 2P.209/2003 vom 23. März 2004 E. 4; vgl. implizit auch Urteil 2C_995/2012 vom 16. Dezember 2013 E. 6.3). Das überwiegende Schrifttum teilt diese Ansicht (ADRIAN HUNGERBÜHLER, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, ZBl 104/2003 S. 522; JANSEN, a.a.O., N. 33 zu Art. 60a GSchG; PETER KARLEN, Die Erhebung von Abwasserabgaben aus rechtlicher Sicht, URP 1999 S. 548; THOMAS KÜRSTEINER, Erschliessungsabgaberecht, 2020, S. 53 N. 106; etwas zurückhaltender BOVAY/SULLIGER/PFEIFFER, Aménagement du territoire, droit public des constructions et permis de construire, protection de l'environnement, RDAF 2018 I S. 199; FAVRE/JUNGO, Chronique du droit de l'environnement, RDAF 2008 I S. 32). Weder das Bundesgericht noch die meisten der zitierten Autoren haben diese Auffassung allerdings näher begründet (vgl. aber immerhin JANSEN, a.a.O., N. 33 zu Art. 60a GSchG, der das Kostendeckungsprinzip aus der Wendung "mit Gebühren oder anderen Abgaben" ableitet).  
 
3.7.2. Einem anderen Autor zufolge kommt in Art. 60a GSchG ein aufgaben- und finanzierungsorientiertes Verständnis der Kostendeckung zum Ausdruck (GRIFFEL, a.a.O., S. 314: "Entgegen dem, was man umgangssprachlich unter 'Kostendeckungsprinzip' vermuten würde, besagt dieses also nicht, dass die Kosten durch die erhobenen Abgaben gedeckt werden müssen, sondern nur, dass nicht mehr als die Kosten gedeckt werden dürfen. Nebst diesem individualrechtlichen Verständnis des Kostendeckungsprinzips gibt es aber auch ein anderes, welches - als Erfordernis der Deckung der Vollkosten - dem umgangssprachlichen entspricht. Dieses aufgaben- und finanzierungsorientierte Verständnis kommt etwa in Art. 32a USG (Finanzierung der Siedlungsabfallentsorgung) und Art. 60a GSchG (Finanzierung der Abwasserentsorgung) zum Ausdruck, spielt im vorliegenden Kontext jedoch keine Rolle.").  
 
3.7.3. Die Materialien bestätigen diese Sichtweise: Wie sich aus der Botschaft des Bundesrats ergibt, bezweckt Art. 60a GSchG die Umsetzung des Verursacherprinzips bezüglich Finanzierung der Abwasseranlagen ("wer Kosten verursacht, soll für diese Kosten aufkommen"; Botschaft vom 4. September 1996 zur Änderung des Gewässerschutzgesetzes, BBl 1996 IV 1229 [zu Art. 60a GSchG]). Dem Gesetzgeber war dabei jedoch bewusst, dass die volle Kostenüberwälzung von der Allgemeinheit auf die Verursacher nicht in jedem Fall möglich sein würde, weshalb Art. 60a Abs. 2 GSchG andere Finanzierungsmöglichkeiten erlaubt (vgl. BBl 1996 IV 1230).  
Demgegenüber lässt sich weder der Botschaft noch dem Wortlaut von Art. 60a GSchG entnehmen, dass diese Bestimmung die Verursacher von abwasserbezogenen Kosten davor schützen soll, von den Kantonen für mehr als diese Kosten belastet zu werden. Die Anweisung an die Kantone, das Verursacherprinzip mittels "Gebühren oder anderen Abgaben" umzusetzen, impliziert kein bundesgesetzliches Kostendeckungsprinzip in diesem Sinne, zumal das Kostendeckungsprinzip jedenfalls "anderen Abgaben" nicht inhärent ist (a.M. JANSEN, a.a.O., N. 33 zu Art. 60a GSchG; vgl. auch Urteil 1C_130/2018 vom 10. Juli 2019 E. 2.2.3, wonach die Kostenüberwälzung auch auf andere Weise als mit "Gebühren und anderen Abgaben" erreicht werden darf). 
 
3.7.4. Auch eine verfassungskonforme Auslegung spricht dagegen, aus Art. 60a GSchG ein bundesgesetzliches Kostendeckungsprinzip abzuleiten. Die Verfassung schreibt in Art. 74 Abs. 2 BV Bund und Kantonen das Verursacherprinzip vor, ermächtigt den Bund aber weder in dieser Bestimmung noch in der Kompetenznorm für die Gewässerschutzgesetzgebung (Art. 76 Abs. 2 und 3 BV), in die Finanzhoheit der Kantone einzugreifen, soweit damit nicht ein spezifisch gewässerschutzbezogenes Ziel verfolgt wird.  
 
3.8. In Präzisierung der erwähnten Urteile (vgl. oben E. 3.7.1) ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass Art. 60a GSchG das Verursacherprinzip umsetzt und die Kantone verpflichtet, die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der Abwasseranlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, mit Gebühren oder anderen Abgaben oder allenfalls auf andere Weise (vgl. Urteil 1C_130/2018 vom 10. Juli 2019 E. 2.2.3) auf die Verursacher zu überwälzen und nicht von der Allgemeinheit tragen zu lassen (Abs. 1), soweit dadurch die umweltverträgliche Entsorgung des Abwassers nicht gefährdet wird (Abs. 2; vgl. zur analogen Regelung in Art. 32a des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz [USG; SR 814.01] in Bezug auf Siedlungsabfälle BGE 138 II 111 E. 3.1; 137 I 257 E. 6.1). Ist das Verursacherprinzip eingehalten, räumt Art. 60a GSchG den Verursachern hingegen kein bundesgesetzliches Individualrecht darauf ein, dass die von ihnen erhobenen Abgaben das Kostendeckungsprinzip einhalten.  
Mit anderen Worten verletzen Kantone bzw. Gemeinden Art. 60a GSchG für sich genommen noch nicht, wenn sie von den Verursachern Abgaben erheben, die nicht nur die verursachten Kosten decken, sondern dem Gemeinwesen Mehreinnahmen verschaffen. Sie können damit aber in Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV), den verfassungsmässigen Besteuerungsgrundsätzen (Art. 127 Abs. 2 BV) sowie dem Willkürverbot (Art. 9 BV) geraten (vgl. auch BGE 138 II 111 E. 5.4.3 [betr. Art. 32a USG]). Die Verletzung dieser verfassungsmässigen Rechte prüft das Bundesgericht nur auf substanziierte Rüge hin (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 2). Da die Beschwerdeführerin keine solche substanziierte Rüge vorträgt, erübrigen sich Weiterungen hierzu. 
 
3.9. Die Beschwerdeführerin macht auch nicht geltend, dass die formell-gesetzliche Regelung der Gemeinde kantonales oder kommunales Recht verletzt. Die Verletzung kantonalen Gesetzes- oder Verordnungsrechts, eingeschlossen gleichrangiges kommunales Recht, könnte das Bundesgericht ohnehin nur unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots (Art. 9 BV) prüfen, was ebenso wie die Prüfung der Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte eine substanziierte Rüge bedürfte (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 2). Da eine solche Rüge fehlt, braucht auch darauf nicht weiter eingegangen zu werden.  
 
3.10. Weder die Bundesverfassung noch das übrige Bundesrecht verpflichten die Beschwerdegegnerin zur Einhaltung des Kostendeckungsprinzips bezüglich der streitbetroffenen Abgaben, zumal die Beschwerdegegnerin für die Erhebung und Bemessung unstreitig über eine hinreichend bestimmte formellgesetzliche Grundlage verfügt. Die Rüge der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe das verfassungsmässige Kostendeckungsprinzip verletzt, erweist sich demnach von vornherein als unbegründet, ohne dass geprüft werden müsste, ob die erhobenen Abgaben das Kostendeckungsprinzip einhalten.  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, dass sich die Beschwerdegegnerin durch nachträgliche Anpassungen der Investitionsrechnungen treuwidrig verhalten und so den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) verletzt habe. 
Nach Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Da es sich hierbei also um ein verfassungsmässiges Recht handelt, gelten die qualifizierten Substanziierungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG. Diesen an die Beschwerde gestellten Anforderungen wird die Beschwerdeführerin nicht gerecht. Sie beschränkt sich darauf, ihren vor der Vorinstanz vorgetragenen Standpunkt zu wiederholen. Aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin wird zudem nicht klar, weshalb das ihres Erachtens treuwidrige Verhalten der Gemeinde die Aufhebung des angefochtenen Urteils rechtfertigen soll. Die Vorinstanz hat hierzu erwogen, dass die Unterinstanz dem Verhalten der Beschwerdegegnerin bereits Rechnung getragen habe, indem sie die Kosten nicht streng nach dem Unterliegerprinzip, sondern hälftig auf die Parteien verteilt habe (vgl. angefochtenes Urteil E. II.10.3). Hiermit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Namentlich zeigt sie noch nicht einmal ansatzweise auf, inwiefern der Grundsatz von Treu und Glauben eine noch strengere Sanktion gebieten soll. 
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der Streit mit dem amtlichen Wirkungskreis der Beschwerdegegnerin zusammenhängt, ist ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen, zumal keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. Juni 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler