1C_128/2023 18.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_128/2023  
 
 
Urteil vom 18. Dezember 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, 
nebenamtlicher Bundesrichter Weber, 
Gerichtsschreiber Bisaz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin 
Claudia Trösch-Ziegler, 
2. Baukommission der Einwohnergemeinde Kappel, Dorfstrasse 27, 4616 Kappel, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn, Werkhofstrasse 65, Rötihof, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Terrainveränderung und Stützmauer, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 16. Februar 2023 (VWBES.2021.226). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümerin des Grundstücks GB Kappel Nr. 1449 und B.________ Eigentümerin des Grundstücks GB Kappel Nr. 1450. Am 18. Juni 2020 erliess die Baukommission Kappel zwei identische Verfügungen folgenden Inhalts: 
 
- Die Terrainaufschüttung und die behelfsmässige Stützmauer aus Zementplatten und losen Steinen auf fremdem Grund sind durch Frau A.________ wieder zu entfernen. 
- Mit dem Rückbau der Aufschüttung und der Stützmauer ist die Böschung durch den jeweiligen Grundeigentümer wieder sicher zu erstellen (Böschungsneigung 2:3 gemäss § 62 Abs. 1 [KBV]), siehe dazu auch beiliegende Skizze. 
- Die Koordination des Rückbaus und die Böschungssicherung hat durch die beiden Parteien B.________ und A.________ zu erfolgen. Die Baubehörde nimmt die Schlusskontrolle vor. 
- Sollen für die Böschungssicherung andere Massnahmen als eine Neigung von 2:3 ergriffen werden, so ist ein entsprechendes Baugesuch einzureichen. 
- Diese Verfügung hebt alle vorhergehenden Verfügungen auf." 
 
Auf Beschwerde beider Parteien und nachdem es im Beisein der Parteien am 3. März 2021 einen Augenschein vor Ort durchgeführt hatte, ergänzte bzw. änderte das Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn am 15. Juni 2021 die Verfügung vom 18. Juni 2020 wie folgt: 
 
"Dispositiv, erster Punkt: "Die Terrainaufschüttungen und die behelfsmässige Stützmauer sind durch A.________ bis spätestens innert 60 Tagen ab Rechtskraft dieses Entscheides wieder zu entfernen, soweit sie nicht den ursprünglich bewilligten Plänen entsprechen." 
Dispositiv, zweiter Punkt: "Mit dem Rückbau ist die Böschung gegenüber der gemeinsamen Grenze durch A.________ wieder sicher herzustellen (Böschungsneigung 2:3) oder aber es ist vorgängig der Gemeinde ein Baugesuch einzureichen." 
Dispositiv, dritter Punkt der Verfügung der Baukommission Kappel vom 18. Juni 2020 wird aufgehoben." 
 
Dagegen erhob A.________ am 24. Juni 2021 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Am 10. November 2022 führte der Instruktionsrichter des Verwaltungsgerichts in Kappel einen Augenschein durch. Am 16. Februar 2023 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
B.  
Mit einer als "Einsprache gegen das Urteil vom 16.02.2023" betitelten Eingabe vom 14. März 2023 erhebt A.________ sinngemäss Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie macht geltend, dass die Böschung bei der Gartengestaltung von der Familie B.________ auf 434.30 Meter über Meer und bis an die Grenze entfernt worden sei. Von ihrer Seite sei bis und mit Eingang und bis auf die Grenze Erde abgetragen worden. In diesem Bereich solle sie nun laut Urteil eine neue ein Meter hohe Mauer errichten. Die Mauer sei nicht ihre Angelegenheit, sondern Sache von Frau B.________. Wenn die Familie B.________ dazu verpflichtet werde, eine Mauer auf ihrem Grundstück zu errichten, könnten sämtliche Bauten und die Platten, die mit der Zeit auf ihr Grundstück gedrückt wurden, von A.________ entfernt werden. In ihrem Schreiben vom 17. März 2023 beanstandet A.________, alle Urteile seien nicht anhand der Pläne gemacht, sondern von Fotos beeinflusst worden. Trotz gespannter Schnur wolle ein Sachverständiger nicht sehen, dass ihr Grundstück auf der Grenze Hausecke um gute 30 cm abgerutscht sei. 
Das Verwaltungsgericht beantragt, auf die Beschwerde sei mangels Rechtsbegehren nicht einzutreten, allenfalls sei sie als unbegründet abzuweisen. Das Bau- und Justizdepartement und B.________ beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. A.________ äusserte sich dazu am 19. Mai 2023. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 353 E. 2). Die Beschwerdeführerin nahm am vorinstanzlichen Verfahren teil, ist durch den angefochtenen Entscheid materiell beschwert und damit nach Art. 89 Abs. 1 BGG grundsätzlich zur Beschwerde berechtigt.  
 
1.2. Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Die Rechtsprechung lässt jedoch genügen, wenn aus der Beschwerdebegründung klar hervorgeht, in welchem Sinne der angefochtene Entscheid abgeändert werden soll (BGE 137 III 617 E. 6.2; 137 II 313 E. 1.3; 134 III 235 E. 2; 133 II 409 E. 1). Das Bundesgericht kann gemäss Art. 107 Abs. 2 BGG grundsätzlich reformatorisch oder kassatorisch entscheiden. Aufhebungsanträge oder Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung allein genügen daher nicht, ausser wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3 mit Hinweis). Aus der Beschwerdeschrift wird nicht restlos klar, worauf die Eingabe der Beschwerdeführerin gerichtet ist. Diese Frage ist jedoch nicht weiter zu vertiefen, da noch weitere Gründe einem Eintreten entgegenstehen, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG), ferner die Verletzung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten (Art. 95 lit. c BGG). Abgesehen davon überprüft das Bundesgericht die Anwendung des kantonalen Rechts nicht als solche. Jedoch kann gerügt werden, diese Anwendung widerspreche dem Bundesrecht, namentlich dem Willkürverbot gemäss Art. 9 BV (BGE 142 II 369 E. 2.1 mit Hinweisen).  
 
1.4. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist klar und detailliert unter Bezugnahme auf und in Auseinandersetzung mit den entscheidenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt die angerufenen Rechte verletzt (BGE 146 IV 297 E. 1.2; 145 I 121 E. 2.1; 143 I 377 E. 1.2; je mit Hinweisen). Dieser Voraussetzung genügt die Beschwerdeschrift nicht, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.  
 
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6; 140 III 16 E. 1.3.1). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen. Andernfalls können Rügen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2; 133 II 249 E. 1.4.3; je mit Hinweisen).  
 
1.6. Es stand der Beschwerdeführerin frei, ihre in einer ersten Eingabe geäusserte Rechtsauffassung während der laufenden Beschwerdefrist mit Ergänzungen oder Verbesserungen zu untermauern, solange sie sich dabei an den von Art. 99 BGG gesetzten Rahmen hält (BGE 142 I 135 E. 1.2.1 mit Hinweisen sowie Urteil 1B_106/2023 vom 16. März 2023 E. 2).  
Wie aus den nachfolgenden Erwägungen hervorgeht, genügt die Beschwerde diesen Anforderungen auch unter Berücksichtigung der am 18. März 2023 und somit innert der Beschwerdefrist eingereichten Eingabe nicht. 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat die Baubewilligungspflicht der von der Beschwerdeführerin erstellten Aufschüttung und Stützmauer bejaht. Dabei hat der Vorsitzende der Vorinstanz in Begleitung der Gerichtsschreiberin in Anwesenheit der Parteien am 10. November 2022 einen Augenschein vorgenommen. Die Vorinstanz hat sich somit nicht nur anhand von Fotos und Plänen über die Dimensionen der Stützmauer und Aufschüttung informiert. Auch wurde von der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin weder anlässlich des Augenscheins noch in den Bemerkungen vom 28. November 2022 zum Protokoll des Augenscheins geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerin sich dort nicht hinreichend hätte äussern können. Die Beschwerdeführerin bringt keine Gründe vor, weshalb die von ihr erstellte Stützmauer und die Aufschüttung nicht baubewilligungspflichtig sein sollen, obwohl sich die Vorinstanz mit dieser Frage eingehend auseinandergesetzt hat. An der Bewilligungspflicht der Stützmauer ändert sich auch nichts, wenn sie teilweise auf dem Nachbargrundstück Nr. 1450 erstellt wurde.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sich das gewachsene Terrain auf der Grenze bis zum Eingangsbereich ihres Hauses erstrecke. Die Vorinstanz (E. 6.3) hat demgegenüber festgehalten, dass der Geländeverlauf der Umgebung wesentlich tiefer als das Terrain des Grundstücks der Beschwerdeführerin entlang ihres Hauses sei. Somit sei erstellt, dass das Terrain des Grundstücks entlang des Hauses der Beschwerdeführerin aufgeschüttet worden sei. Die Beschwerdeführerin beruft sich bei ihrer gegenteiligen Auffassung auf einen von ihr letztinstanzlich eingereichten Bauplan, wobei dieser von ihr bereits bei der Vorinstanz eingereicht worden war. Die Vorinstanz konnte sich bei ihren Feststellungen auf ihre Beobachtungen anlässlich des Augenscheins, insbesondere dem Geländeverlauf des weiter nordöstlich gelegenen, unüberbauten Grundstücks GB Kappel Nr. 602 abstützen. Ebenso nahm sie Bezug auf eine Fotografie, die vor der Erstellung des Hauses auf Grundstücks GB Kappel 1450 gemacht wurde. Die Beschwerdeführerin macht weder geltend noch zeigt sie auf, dass der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vorne E. 1.7). Zudem setzt sie sich nicht bzw. nicht rechtsgenüglich mit den entscheidenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinander (vorne E. 1.5).  
 
3.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Überdies hat sie die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Dezember 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Bisaz