5A_782/2021 29.06.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_782/2021  
 
 
Urteil vom 29. Juni 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Rohrer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, vertreten durch Rechtsanwältin Michèle Dürrenberger, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ergänzung eines deutschen Scheidungsurteils (Kindesunterhalt), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 3. August 2021 (ZOR.2021.15). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1968, deutsche Staatsangehörige) und B.________ (geb. 1965, deutscher Staatsangehöriger) sind die Eltern des Sohnes C.________ (geb. xx.xx.2000). Ihre Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichts Hildburghausen (Deutschland) vom 9. Dezember 2003 geschieden. Das Scheidungsurteil befasst sich nur mit dem Scheidungspunkt, nicht aber mit Nebenfolgen der Scheidung. Es erwuchs am 10. Februar 2004 in Rechtskraft. 
 
B.  
 
B.a. Am 18. Dezember 2017 reichte die Kindsmutter beim Bezirksgericht Rheinfelden eine Klage mit folgenden Anträgen ein:  
 
"1. Das Urteil des Amtsgerichts Hildburghausen vom 9. Dezember 2003 sei zu ergänzen und der [Kindsvater] sei zu verpflichten, ab 1. Dezember 2016 an den Sohn C.________, geb. xx.xx.2000, monatlich vorschüssig den Betrag von mindestens Fr. 800.-- zuzüglich allfällig bezogener Ausbildungszulagen zu bezahlen. 
2. Die Unterhaltspflicht gemäss Ziff. 1 sei explizit über das 18. Altersjahr hinaus im Betrag von monatlich vorschüssig mindestens Fr. 800.-- festzusetzen und der [Kindsvater] sei zu verpflichten, den Betrag von monatlich vorschüssig Fr. 800.-- zu bezahlen. 
3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen." 
 
 
B.b. Die Kindsmutter erstattete ihre Klagebegründung am 28. Januar 2019. Als Beilage enthielt diese ein Schreiben des Sohnes der Parteien vom 23. November 2018 mit folgendem Text:  
 
"Ich, C.________, geb. xx.xx.2000, ermächtige meine Mutter A.________, dass sie den Unterhalt für die Dauer meiner Ausbildung direkt mit meinem Vater B.________ klären kann. Sie kann für den mir zustehenden Anspruch einen Entscheid erwirken oder sie kann einen Vergleich abschliessen. 
 
Ich bitte meine Eltern, eine Lösung der Finanzen zu finden." 
 
 
B.c. Mit Klageantwort vom 12. April 2019 beantragte der Kindsvater die Abweisung der Klage und die Feststellung, dass er mangels Leistungsfähigkeit nicht zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet sei.  
 
B.d. Der Sohn der Parteien reichte am 20. Februar 2020 eine als "Klagerückzug" bezeichnete Eingabe ein:  
 
"Ich, C.________, geb. am xx.xx.2000, von Deutschland, D.________ Strasse, U.________, Schweiz, bestätige hiermit, dass die Klage gegen meinen Vater B.________, geb. yy.yy.1965, von Deutschland, E.________ Strasse, V.________, Deutschland, zurückgezogen werden kann. 
Ich erhebe somit keinen Anspruch auf den vorher eingeforderten Kindsunterhalt." 
 
B.e. Das Bezirksgericht trat mit Urteil vom 22. Dezember 2020 auf die Klage nicht ein.  
 
C.  
Dagegen erhob die Kindsmutter am 25. März 2021 Berufung an das Obergericht des Kantons Aargau, welches das Rechtsmittel mit Entscheid vom 3. August 2021 abwies, soweit es darauf eintrat. Das Berufungsurteil wurde der Rechtsvertreterin der Kindsmutter am 25. August 2021 zugestellt. 
 
D.  
 
D.a. Mit Beschwerde vom 24. September 2021 gelangt A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, in Aufhebung der entsprechenden Dispositivziffern des angefochtenen Entscheids sei das Verfahren zur materiellen Beurteilung der Unterhaltsansprüche an die erste Instanz und zur Neubeurteilung der Kostenfolgen an das Obergericht zurückzuweisen. Ferner ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.  
 
D.b. Während das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtete, verlangt B.________ (Beschwerdegegner) mit Eingabe vom 30. März 2022 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, und stellt seinerseits ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Die Beschwerdeführerin hat sich dazu nicht mehr geäussert.  
 
D.c. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin (Art. 75 BGG) über das Nichteintreten auf eine Klage auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils geurteilt hat. Die internationale Zuständigkeit gibt zu keinen Bemerkungen Anlass; die Parteien haben hierzu keine Vorbehalte erhoben. In der Sache geht es um Kindesunterhalt. Der Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) für diese vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) ist erreicht. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat diese rechtzeitig erhoben (Art. 100 Abs. 1 BGG). Damit ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig. Auf formelle Einzelfragen wird im Sachzusammenhang zurückzukommen sein.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber grundsätzlich nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden. In der Beschwerde ist deshalb in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 2). Erhöhte Anforderungen gelten, wenn verfassungsmässige Rechte als verletzt gerügt werden. Das Bundesgericht prüft deren Verletzung nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 142 III 364 E. 2.4). Sodann ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann einzig vorgebracht werden, sie seien offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweis), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen. Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
2.2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht, soweit die Beschwerdeführerin darin geltend macht, der Sohn der Parteien habe sich mit seinem "Klagerückzug" an das Gericht gewandt, um dem Druck auszuweichen. Damit stellt sie auf einen Sachverhalt ab, der sich aus dem angefochtenen Entscheid nicht ergibt, ohne indes eine entsprechende Sachverhaltsrüge zu erheben. Ihre Ausführungen bleiben deshalb unbeachtlich. Dasselbe gilt für die Vernehmlassung des Beschwerdegegners, soweit er ausführt, hinsichtlich des Kindesunterhalts habe nach der Scheidung kein ungeregelter Zustand bestanden und es sei auch bis zur Volljährigkeit des Sohnes unstreitig Unterhalt geleistet worden, indessen sei die Beschwerdeführerin mit dessen Höhe nicht mehr einverstanden gewesen.  
 
3.  
Streitig ist, ob die Prozessführungsbefugnis der Beschwerdeführerin für den Unterhaltsanspruch des im Verlaufe des Verfahrens volljährig gewordenen Sohnes der Parteien nachträglich dahinfiel. 
 
3.1. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat dem Inhaber der elterlichen Sorge gestützt auf Art. 318 Abs. 1 ZGB die Befugnis zuerkannt, die Rechte des minderjährigen Kindes in vermögensrechtlichen Angelegenheiten (insbesondere betreffend Unterhaltsbeiträge) in eigenem Namen auszuüben und vor Gericht oder in einer Betreibung selber geltend zu machen, indem der Sorgerechtsinhaber persönlich als Partei, d.h. als sog. Prozessstandschafter, handelt. Diese Befugnis setzt das Bestehen der elterlichen Sorge voraus (Art. 318 Abs. 1 ZGB) und endet demnach mit der Volljährigkeit des Kindes (Art. 296 ff. i.V.m. Art. 14 ZGB). Eine Ausnahme gilt insofern, als das Gericht im Scheidungsverfahren gestützt auf Art. 133 Abs. 3 ZGB den Unterhaltsbeitrag über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus festlegen kann. Der Inhaber der elterlichen Sorge kann in diesem Fall in eigenem Namen Volljährigenunterhalt geltend machen, d.h. die Anordnung einer Rechtsfolge verlangen, die sich erst nach Volljährigkeit des Kindes auswirkt. Dabei kann er den Prozess sogar dann in eigenem Namen fortführen, wenn das Kind während des Scheidungsverfahrens volljährig wird und es diesem Vorgehen zustimmt (zum Ganzen: BGE 142 III 78 E. 3.2 mit Hinweisen). Dieselbe Befugnis hat der sorgeberechtigte Elternteil im Eheschutzverfahren (Urteile 5A_600/2019 vom 9. Dezember 2020 E. 8.2 in fine; 5A_524/2017 vom 9. Oktober 2017 E. 3.2.2 mit Hinweisen, in: SJ 2018 I S. 163; 5A_287/2012 vom 14. August 2012 E. 3.1.3 mit Hinweisen) sowie im Abänderungsverfahren (Urteile 5A_230/2019 vom 31. Januar 2020 E. 3.1 in fine; 5C.277/2001 vom 19. Dezember 2002 E. 1.4.2). Sie kommt ihm auch für ein Verfahren auf Ergänzung des Scheidungsurteils zu, welches ebenfalls ein eherechtliches Verfahren darstellt (vgl. zit. Urteil 5A_524/2017 a.a.O.).  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin klagte auf Ergänzung des ausländischen Scheidungsurteils und stellte Anträge zum Kindesunterhalt, als der Sohn der Parteien noch minderjährig war. Nach Erreichen der Volljährigkeit erklärte dieser zunächst, mit der Prozessführung durch die Beschwerdeführerin einverstanden zu sein. Später teilte er dem Bezirksgericht mit einer als "Klagerückzug" bezeichneten Eingabe mit, keinen Unterhalt mehr vom Beschwerdegegner zu fordern. Gestützt darauf sprach das Bezirksgericht der Beschwerdeführerin die Prozessführungsbefugnis ab, und zwar nicht nur für die Zeit ab Volljährigkeit des Sohnes, sondern bereits für die Zeit ab Klageerhebung, als der Sohn noch minderjährig war.  
 
 
3.3.  
 
3.3.1. Die Vorinstanz schützte das Nichteintreten des Bezirksgerichts auf die Klage nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Institut der Prozessstandschaft, auf deren Wiedergabe hier verzichtet wird. Sie erwog, das Bundesgericht habe dem sorgeberechtigten Elternteil gestützt auf Art. 318 Abs. 1 ZGB die Befugnis zuerkannt, namentlich den Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes in vermögensrechtlichen Angelegenheiten als sog. Prozessstandschafter in eigenem Namen vor Gericht geltend zu machen. Mit Zustimmung des Kindes könne eine Prozessstandschaft über den Eintritt der Volljährigkeit hinweg fortdauern. Die vom Grundsatz des Zusammenfallens von materieller Berechtigung und Prozessführungsbefugnis abweichende Gestaltung der Prozessstandschaft sei durch das Bundesgericht damit über den gesetzlich definierten Rahmen hinaus erweitert worden, wobei dieser Art der Prozessstandschaft zumindest teilweise ein gewillkürter Charakter zukomme. Die Möglichkeit, die Prozessstandschaft in diesem besonderen Falle weiter bestehen zu lassen, rechtfertige sich insbesondere aus Sicht der Prozessökonomie und des Schutzes des Kindes - auch nach seiner während eines Verfahrens eingetretenen Volljährigkeit - davor, gegen seine Eltern prozessieren zu müssen. Die Fortführung dürfe aber nicht ohne und auch nicht gegen den Willen des volljährigen Kindes erfolgen.  
 
3.3.2. Basiere eine Prozessstandschaft auf einer gesetzlichen Regelung, so entstehe und ende sie ohne Zutun des Rechtsträgers. Sie könne von diesem nicht widerrufen werden. Bei einer Prozessstandschaft, deren Entstehen bzw. Fortbestehen jedoch von einer Willenserklärung abhänge, sei es folgerichtig, einen Rückzug dieser Zustimmung die Beendigung der Prozessstandschaft bewirken zu lassen. Dies insbesondere, wenn - wie vorliegend - das Gesetz den gewillkürten Fortbestand zeitlich nicht begrenze. Entsprechend gelte denn auch im deutschen Recht - wo die Zulässigkeit gewillkürter Prozessstandschaften angenommen werde - die sogenannte Prozessführungsermächtigung grundsätzlich als widerruflich. Mit Blick auf die Motive, welche zur Schaffung dieser besonderen Form der Prozessstandschaft geführt hätten, dränge sich die Widerrufbarkeit der Zustimmungserklärung geradezu auf. Falle der einmal erklärte Wille weg, so wäre es weder im Sinne der Prozessökonomie noch würde es dem Schutz des Kindes dienen, wenn ein Elternteil in eigenem Namen und ohne Möglichkeit zur Einflussnahme durch das Kind gegen den anderen Elternteil prozessieren könnte, um Forderungen geltend zu machen, an welchen das Kind zwar materiell berechtigt sei, an welchen es - nach eigener Aussage - aber keinerlei Interesse (mehr) habe. Zudem würde gegen den Willen des volljährigen Kindes an einem Verfahren festgehalten, welches seine Beziehung zu einem Elternteil allenfalls negativ beeinflussen könnte. Es würde damit eine prozessrechtliche Ausnahmesituation verlängert und eine Rückkehr zur gesetzlich grundsätzlich intendierten Normsituation verhindert, obwohl die Gründe, welche im Allgemeinen für die Abweichung von der Regel sprächen, weggefallen seien und das Festhalten an der Prozessstandschaft dem grundsätzlich verfolgten Zweck sogar abträglich sein könnte.  
 
3.3.3. Somit sei davon auzugehen, dass die Zustimmung zum Fortbestand der Prozessstandschaft über das Erreichen der Volljährigkeit hinaus nicht unwiderruflich sei. Nachdem der Sohn der Parteien mit Erklärung vom 20. Februar 2020 gegenüber dem Bezirksgericht unmissverständlich festgehalten habe, dass er nunmehr weder ein Interesse an der Fortführung des Verfahrens zur Ergänzung des Scheidungsurteils im Hinblick auf den Kindesunterhalt noch am eingeklagten Unterhalt habe, sei das Bezirksgericht zu Recht von einem Widerruf der Zustimmung zur Fortführung der Prozessstandschaft ausgegangen. Dass eine solche Erklärung vorliege, sei von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Da der Widerruf gültig habe erklärt werden können, fehle es an der Prozessführungsbefugnis der Beschwerdeführerin und das Bezirksgericht sei zu Recht nicht auf die Klage eingetreten.  
 
3.4. Die Beschwerdeführerin beanstandet den angefochtenen Entscheid zunächst hinsichtlich des Minderjährigenunterhalts.  
 
3.4.1. Wenn ein volljährig gewordenes Kind seine Zustimmung zur Weiterführung des Prozesses nicht erteile, habe das Gericht auf jeden Fall die Unterhaltsbeiträge bis zur Volljährigkeit inhaltlich zu beurteilen. Die Klage sei weit vor Erreichen der Volljährigkeit erhoben worden, sodass die Beschwerdeführerin zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zugunsten des Sohnes bis zum Erreichen der Volljährigkeit berechtigt gewesen sei. Auf die Klage sei zu Unrecht nicht eingetreten worden.  
 
3.4.2. Für ihren Standpunkt verweist die Beschwerdeführerin auf das Urteil 5A_679/2019, 5A_681/2019 vom 5. Juli 2021. Im dort zu beurteilenden Fall erklärte die im Verlaufe des Scheidungsverfahrens ihrer Eltern volljährig gewordene Tochter, welche während ihrer Minderjährigkeit unter der Obhut der Mutter gestanden hatte, sich den Anträgen ihres Vaters zum sie betreffenden Kindesunterhalt anzuschliessen. Die Mutter hatte im Scheidungsprozess vom Vater höheren Unterhalt für die Tochter als von diesem zugestanden gefordert. Das Bundesgericht folgerte, die Tochter habe ihre Zustimmung zu den von der Mutter eingeklagten Alimenten nicht gegeben, sodass die Mutter die Prozessführungsbefugnis verloren habe. Es hob deshalb die von der Vorinstanz für die Zeit ab Volljährigkeit der Tochter gesprochenen Kindesunterhaltsbeiträge auf und hielt ausdrücklich fest, bis zu ihrer Volljährigkeit seien diese geschuldet (E. 10.3.2).  
 
3.4.3. Der Beschwerdegegner hält dafür, die vorzitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig, da es vorliegend nicht - wie dort - um ein Scheidungsverfahren im klassischen Sinne gehe, sondern um die Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils, in dem Sinne also um die Abänderung eines Scheidungsurteils. Diese Argumentation geht bereits deshalb fehl, da die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Prozessstandschaft des sorgeberechtigten Elternteils wie bereits ausgeführt auch für Abänderungs- und Ergänzungsverfahren gilt (vgl. vorne E. 3.1). Ferner lässt sich aus ihr nicht herauslesen, bei fehlender Zustimmung zur Prozessstandschaft über die Volljährigkeit des Kindes hinaus falle diese auch für die Minderjährigkeit ex tunc hinweg. Im unselbständigen Unterhaltsprozess ist die Prozessstandschaft der Eltern eine gesetzliche, die sich für das Scheidungsverfahren aus Art. 133 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB ergibt (LÖTSCHER, Die Prozessstandschaft im schweizerischen Zivilprozess, 2016, Rz. 651 und 962; vgl. bereits Urteil 5A_104/2009 vom 19. März 2009 E. 2.2, in: FamPra.ch 2009 S. 800 [noch zu aArt. 133 Abs. 1 ZGB]). Das Ende einer gesetzlichen Prozessführungsbefugnis richtet sich nicht nach einer Willenserklärung, sondern nach dem Gesetz (vgl. LÖTSCHER, a.a.O., Rz. 142). Der genannten Bestimmung lässt sich eindeutig entnehmen, dass das Gericht im Rahmen der Beurteilung der Nebenfolgen der Scheidung über den Minderjährigenunterhalt zu befinden hat. Ihr Wortlaut lässt keinen Raum für die Rechtsauffassung, bei fehlendem Einverständnis des während des Scheidungsprozesses volljährig gewordenen Kindes falle die Prozessstandschaft des antragstellenden Elternteils für den Minderjährigenunterhalt rückwirkend dahin.  
 
3.4.4. Vorliegend handelt es sich zwar nicht um ein ursprüngliches Scheidungsverfahren, sondern um ein Verfahren auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils. Einschlägig sind indes auch hier die materiellen Bestimmungen des Scheidungsrechts, zumal es um die erstmalige Regelung von Scheidungsnebenfolgen geht, zu welchen sich das ausländische Scheidungsurteil ausschweigt. Die Vorinstanz hat erkannt, auf die Streitsache komme schweizerisches Recht zur Anwendung, was von den Parteien nicht infrage gestellt wird und zu keinen Bemerkungen Anlass gibt. Mithin richtet sich auch die Prozessstandschaft für den Kindesunterhalt nach Art. 133 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 3 ZGB. Da der Sohn der Parteien bei Einleitung des Verfahrens noch minderjährig war, kam der Beschwerdeführerin nach dem Ausgeführten die Prozessstandschaft für den Minderjährigenunterhalt zu, sodass auf die Klage einzutreten gewesen wäre.  
 
3.4.5. Immerhin ist aufgrund der Erklärung des Sohnes der Parteien fraglich, ob er allfälligen ihm zuzusprechenden Unterhalt beim Beschwerdegegner tatsächlich einfordern würde und deshalb die Durchführung des Ergänzungsverfahrens gewissermassen zu einem prozessualen Leerlauf verkommen würde. Auch die Beschwerdeführerin wirft die Frage des Vollzugs und der Durchsetzung des Anspruchs auf. Sie selbst könnte den Beschwerdegegner für den Minderjährigenunterhalt nicht betreiben (BGE 142 III 78 E. 3.3). Der Umstand, dass der Sohn allfällig ihm zuzusprechenden Unterhalt beim Beschwerdegegner nicht beanspruchen wollen könnte, lässt das Verfahren indessen nicht obsolet werden, denn der Unterhaltstitel dient als (notwendige) Grundlage bzw. Ausgangspunkt für allfällige Ansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber dem Sohn für anstelle des Beschwerdegegners "vorgeschossene" Unterhaltsleistungen (vgl. BGE 142 III 78 E. 3.3 mit Hinweisen; HEGNAUER, Berner Kommentar, 1997, N. 36 zu Art. 289 ZGB). Ferner wird der Sohn entgegen der Befürchtung des Beschwerdegegners bei einem Eintreten auf die Klage auch nicht "weiter in einem Verfahren gehalten", welches seinem Willen widerspreche, denn er ist gerade nicht Verfahrenspartei. Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkt gutzuheissen.  
 
3.5. Sodann bemängelt die Beschwerdeführerin den angefochtenen Entscheid auch mit Bezug auf Volljährigenunterhalt.  
 
3.5.1. Für die Annahme der Vorinstanz, die Ermächtigung des volljährigen Kindes sei widerruflich, gebe es keine Hinweise in Lehre und Rechtsprechung. Die vorliegende Prozessstandschaft rücke näher zur gerichtlichen bzw. gewohnheitsrechtlichen Prozessstandschaft und die Elemente der gewillkürten Prozessstandschaft träten eher in den Hintergrund, weshalb sie nicht durch Willenserklärung widerrufen werde könne.  
 
3.5.2. Die Beschwerdeführerin verweist für ihre Auffassung auf LÖTSCHER, ohne indessen eine präzise Fundstelle zu nennen. Die genannte Autorin bezeichnet das Weiterbestehen der elterlichen Prozessstandschaft bei Zustimmung des während des Verfahrens volljährig gewordenen Kindes als gewillkürte Prozessstandschaft (a.a.O., Rz. 652, 954 und 964), wobei sie präzisiert, das Bundesgericht habe die Möglichkeit zur gewillkürten Prozessstandschaft in Bezug auf diesen konkreten Fall bejaht, womit sich die gewillkürte Prozessstandschaft bereits wieder einer gerichtlichen oder gewohnheitsrechtlichen Prozessstandschaft annähere (a.a.O., Rz. 652).  
 
3.5.3. Weshalb daraus zu schliessen wäre, dass das im Verlauf des Verfahrens volljährig gewordene Kind seine vorgängig erteilte Einwilligung nicht mehr widerrufen könnte, erläutert die Beschwerdeführerin nicht. Zwar führt LÖTSCHER aus, in Deutschland würden die richterrechtlich begründeten Ermächtigungen der gesetzlichen Prozessstandschaft zugerechnet (a.a.O., Rz. 175). Die auf einer gesetzlichen Regelung basierende Prozessstandschaft sei durch den Rechtsträger nicht widerrufbar (a.a.O., Rz. 527). Gleichzeitig vertritt sie aber auch die Auffassung, die Prozessstandschaften [in der Schweiz], welche sie selbst als gerichtliche bezeichne, unterschieden sich von den echten gesetzlichen Prozessstandschaften (a.a.O., Rz. 174). Zur Frage, ob auch eine gerichtliche bzw. gewohnheitsrechtliche Prozessstandschaft unwiderruflich sei, äussert sie sich nicht. Sie hält einzig dafür, es sei nur bei der gewillkürten Prozessvertretung möglich, die Prozessführungsbefugnis wieder zu widerrufen (a.a.O., Rz. 527). Da sie die Prozessstandschaft für den Volljährigenunterhalt des während laufendem Scheidungsverfahren volljährig gewordenen Kindes primär den gewillkürten Prozessstandschaften zuordnet, lässt sich aus ihren Ausführungen nichts zugunsten der Beschwerdeführerin ableiten.  
 
3.5.4. Das Bundesgericht begründete seine Rechtsprechung zur Prozessstandschaft für das im Laufe des Scheidungsverfahrens volljährig gewordene Kind mit dem gesetzgeberischen Willen zu Art. 156 Abs. 2 aZGB (inhaltlich dem heutigen Art. 133 Abs. 3 ZGB entsprechend), auch das volljährige Kind solle nicht gezwungen sein, gegen seine Eltern prozessieren zu müssen. Ferner werde die Möglichkeit der Prozessstandschaft auch für den Volljährigenunterhalt dem Grundsatz der Prozessökonomie gerecht. Es hielt indes auch fest, ab Volljährigkeit des Kindes könne das Verfahren, soweit es den Volljährigenunterhalt betreffe, nicht gegen oder ohne den Willen des Kindes fortgesetzt werden (zum Ganzen: BGE 129 III 55 E. 3.1.5). Damit hat sich das Bundesgericht zwar nicht zur Frage geäussert, ob eine einmal erteilte Ermächtigung widerruflich ist, denn im zu beurteilenden Sachverhalt ging es um die erstmalige Willensäusserung des volljährigen Kindes. Aus seinen Erwägungen erhellt indessen, dass die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Prozessstandschaft für den Volljährigenunterhalt des während laufendem Scheidungsverfahren volljährig gewordenen Kindes dessen Interessen dienen soll. Dies gilt es für die Beurteilung der hier interessierenden Streitfrage in den Vordergrund zu rücken.  
 
3.5.5. Anders als etwa im Fall der Prozessübernahme durch die streitberufene Partei (vgl. Art. 79 Abs. 1 lit. b ZPO), welche die streitverkündende Partei nicht widerrufen kann (nach Auffassung der herrschenden Lehre, welche diesen Anwendungsfall als Prozessstandschaft betrachtet, was hier nicht präjudiziert werden soll: statt vieler LÖTSCHER, Es tritt ein: Der Streitberufene - Der Eintritt des Streitberufenen in den Prozess nach Art. 79 Abs. 1 lit. b ZPO, in: Das Zivilrecht und seine Durchsetzung, 2016, S. 395-397; zur Unwiderruflichkeit: FREI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 12 zu Art. 79 ZPO; HUBER-LEHMANN, Die Streitverkündungsklage nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2018, Rz. 483; MORF, in: ZPO Kommentar, Gehri/Jent-Sørensen/Sarbach [Hrsg.], 2. Aufl. 2015, N. 8 zu Art. 79 ZPO; ZUBER/GROSS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 12 zu Art. 79 ZPO; anders Urteile O2017_025 des Bundespatentgerichts vom 15. März 2018 E. 2.6; PP140001 des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juni 2014 E. III.3), liegt das Interesse am Verfahrensausgang betreffend den Volljährigenunterhalt nicht hauptsächlich beim Elternteil als Prozessstandschafter, sondern weiterhin beim Kind als Rechtsträger. Die streitberufene Partei dürfte bei Bestehen eines Schadloshaltungsanspruchs der streitverkündenden Partei ein besonderes Interesse an der eigenen Prozessführung im Hauptprozess haben, weshalb die Unwiderruflichkeit des Einverständnisses der streitverkündenden Partei jener wohl nicht zum Nachteil gereichen würde (vgl. FREI, a.a.O.; GÖKSU, in: ZPO, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 13 zu Art. 79 ZPO; HUBER-LEHMANN, a.a.O.; ZUBER/GROSS, a.a.O.). Bleibt demgegenüber das Interesse des Kindes am Verfahrensausgang betreffend den Volljährigenunterhalt das hauptsächliche, so ist es nur folgerichtig, den Widerruf seiner Zustimmung zur Prozessstandschaft zuzulassen. Immerhin könnte das Kind auch in einem selbständigen Unterhaltsprozess seine Klage wieder zurückziehen. Es ist nicht einsichtig, weshalb es ihm verwehrt sein sollte, denselben Verfahrensausgang im durch Prozessstandschaft des vormals sorgeberechtigten Elternteils geführten Verfahren zu erwirken, wenn dies seinen (subjektiven) Interessen zuwiderlaufen würde.  
 
3.5.6. Mithin konnte der Sohn der Parteien die zuvor ausgesprochene Ermächtigung zur Prozessführung durch die Beschwerdeführerin gültig widerrufen. Soweit die Beschwerdeführerin noch eine Verletzung von Art. 236 Abs. 1 ZPO rügt, wonach das spruchreife Verfahren durch Sach- oder Nichteintretensentscheid beendet wird, ist ihr - ohnehin nicht näher begründeter - Vorwurf verfehlt. Die angerufene Bestimmung gewährt keinen Anspruch auf einen Sachentscheid, wenn die Prozessvoraussetzungen nicht erfüllt sind (Art. 59 Abs. 1 ZPO). Damit hält der angefochtene Entscheid mit Bezug auf den Volljährigenunterhalt vor Bundesrecht stand.  
 
4.  
Im Ergebnis ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an das Bezirksgericht, welches sich bisher materiell nicht mit den Klagebegehren befasst hat, zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). 
 
4.1. Die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen, und zwar unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). In diesem Sinne obsiegt die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Minderjährigenunterhalts, unterliegt jedoch bezüglich des Volljährigenunterhalts. Es rechtfertigt sich daher, den Parteien die Gerichtskosten je hälftig aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Parteikosten wettzuschlagen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
4.2. Indessen haben beide Parteien um unentgeltliche Rechtspflege ersucht, welche ihnen gewährt werden kann, zumal die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 und 2 erster Satz BGG). Ihre Rechtsvertreter werden direkt aus der Bundesgerichtskasse entschädigt (Art. 64 Abs. 2 zweiter Satz BGG). Die Parteien haben dieser Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage sind (Art. 64 Abs. 4 BGG).  
 
4.3. Mit Bezug auf die Prozesskosten vor Vorinstanz wird die Sache an diese zurückgewiesen, damit sie darüber neu entscheide.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 3. August 2021 wird aufgehoben und die Sache an das Bezirksgericht Rheinfelden zurückgewiesen, damit dieses auf die Klage eintrete und sie materiell behandle, soweit es um Minderjährigenunterhalt geht. Ferner wird die Sache an das Obergericht zurückgewiesen, damit dieses über die Prozesskosten des Berufungsverfahrens neu entscheide. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und es wird ihr Rechtsanwältin Claudia Rohrer als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben.  
 
2.2. Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und es wird ihm Rechtsanwältin Michèle Dürrenberger als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben.  
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Parteien je hälftig auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Es werden keine Parteientschädigungen gesprochen. 
 
5.  
 
5.1. Rechtsanwältin Claudia Rohrer wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.  
 
5.2. Rechtsanwältin Michèle Dürrenberger wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.  
 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Juni 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller