7B_223/2022 14.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_223/2022  
 
 
Urteil vom 14. März 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Wendel Hartmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrfacher Diebstahl, unrechtmässige Aneignung usw.; Strafzumessung; Landesverweisung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 8. Juni 2022 
(ST.2021.74-SK3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Entscheid vom 11. März 2021 sprach das Kreisgericht St. Gallen A.________ schuldig des Hausfriedensbruchs, des geringfügigen Vermögensdelikts und des mehrfachen Diebstahls. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, unter Anrechnung der Untersuchungshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 300.-- bzw. zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung. Die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Frauenfeld vom 20. Juni 2016 ausgefällte Geldstrafe erklärte es für vollziehbar. Weiter verwies es A.________ für fünf Jahre des Landes, unter Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS). Es verfügte über den beschlagnahmten Gegenstand, verwies die Zivilforderungen auf den Zivilweg und befand über die Kosten- und Entschädigungsfolgen. Dagegen führte A.________ Berufung. 
 
B.  
Das Kantonsgericht St. Gallen stellte mit Entscheid vom 8. Juni 2022 fest, dass die Schuldsprüche wegen des geringfügigen Vermögensdelikts und des mehrfachen Diebstahls zu Lasten des B.________ Bau- und Heimwerkermarktes gemäss Ziff. 1.2-1.4 des Anklagesachverhalts sowie die Busse und weitere Nebenpunkte in Rechtskraft erwachsen sind und dass im Berufungsverfahren einzig der Einschleichdiebstahl in die Tiefgarage bzw. die dortige Entwendung dreier Fahrräder Gegenstand bildete. Es wies die Berufung von A.________ ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil, auferlegte A.________ die Verfahrenskosten und befand über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 8. Juni 2022 sei vollumfänglich aufzuheben. Er sei des mehrfachen Diebstahls, der unrechtmässigen Aneignung und des geringfügigen Vermögensdelikts schuldig zu sprechen und zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie zu einer Busse von Fr. 300.-- zu verurteilen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung und Strafzumessung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und sinngemäss um unentgeltliche (er bezeichnet dies als amtliche) Verbeiständung. 
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) und grundsätzlich formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Beschwerde gegen den kantonal letztinstanzlichen (Art. 80 BGG), verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) eines oberen Gerichts (Art. 80 Abs. 2 BGG) betreffend eine Strafsache (Art. 78 Abs. 1 BGG) einer im kantonalen Verfahren verurteilten Person ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen einzutreten.  
 
1.2. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit darin auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen wird, welches nicht Anfechtungsobjekt bildet (Art. 80 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz gehe in willkürlicher Weise davon aus, er habe die drei Fahrräder am C.________ xxx, U.________, aus der Tiefgarage gestohlen. Vielmehr habe er diese auf dem Trottoir abgestellt vorgefunden und gedacht, diese seien gratis zum Mitnehmen. Die Tiefgarage habe er nie betreten. Das Tiefgaragentor sei zudem schon längere Zeit offen gestanden, was die Vorinstanz unberücksichtigt lasse. Weiter gehe sie zu Unrecht davon aus, seine Aussagen seien unglaubhaft und begründe nicht, weshalb sie ihnen keinen Glauben schenke. Sie verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK, den Untersuchungsgrundsatz nach Art. 6 Abs. 2 StPO, das Willkürverbot nach Art. 9 BV und den Grundsatz in dubio pro reo.  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet dabei willkürlich (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 141 IV 305 E. 1.2; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).  
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2 mit Hinweisen). 
 
2.3.  
 
2.3.1. Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung vorbringt, erschöpft sich weitestgehend in appellatorischer Kritik. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, am Tatabend vom 9. Februar 2020 um ca. 17:00 Uhr am C.________ in U.________ unterwegs gewesen zu sein und die drei Fahrräder in seinen Transporter eingeladen und weggebracht zu haben. Er macht einzig geltend, er sei nicht in die Tiefgarage eingedrungen, um die Fahrräder zu entwenden, sondern diese hätten sich auf dem Gehsteig befunden. Wenn er beschwerdeweise erneut behauptet, er habe gedacht, die Räder seien gratis zum Mitnehmen, so widerspricht er seinen eigenen Aussagen vor der Vorinstanz, wonach er sich diesbezüglich unsicher war.  
 
2.3.2. Die Vorinstanz geht davon aus, der Beschwerdeführer habe die Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses am C.________ xxx in U.________ am 9. Februar 2020 gegen 17:00 Uhr unbefugt durch das offene Garagentor betreten und drei Fahrräder, darunter ein Elektrofahrrad, im Wert von total Fr. 8'887.--, sowie einen Fahrradhelm gestohlen und mit seinem Lieferwagen abtransportiert. Zwei Fahrräder seien mit Schlössern gesichert gewesen. Diese habe er auf unbekannte Weise geöffnet und die Schlösser ebenfalls entwendet.  
Die Vorinstanz erachtet die Behauptungen des Beschwerdeführers, die Fahrräder seien durch einen Dritten aus der Garage genommen und auf dem Trottoir deponiert worden, als unglaubhaft. Dies schliesst sie aus der zeitlichen Nähe zwischen dem Verschwinden der Fahrräder aus der Tiefgarage und dem von Auskunftspersonen beobachteten Abtransport derselben durch den Beschwerdeführer. Die Vorinstanz erachtet es aufgrund der Zeugenaussagen als erwiesen, die vom Beschwerdeführer in sein Transportfahrzeug verladenen Fahrräder seien die drei zuvor aus der Tiefgarage Gestohlenen. Sodann geht die Vorinstanz davon aus, dass die Eigentümer der Fahrräder oder Passanten gemerkt hätten, wenn diese auf dem Trottoir abgestellt gewesen wären. Weiter sei es einem Dieb daran gelegen, das Diebesgut so schnell als möglich zur Seite zu schaffen. Auch aus diesem Grund sei unwahrscheinlich, dass eine Drittperson die Räder aus der Tiefgarage entwendet und in der Nähe deponiert habe. Sie schliesst den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zufall, wonach der Beschwerdeführer gratis abzugebende Gegenständen gesucht und mit den Fahrrädern just gefunden habe, aus. 
 
2.3.3. Diese sorgfältig begründete vorinstanzliche Beweiswürdigung bietet keinen Anlass zur Kritik. Wenn der Beschwerdeführer beim Abtransport fremder, zuvor aus einer Tiefgarage entwendeter Fahrräder beobachtet wurde und wie hier jegliche Anzeichen für eine Dritteinwirkung bzw. eine zusätzliche Täterschaft fehlen, so durfte die Vorinstanz daraus ohne Willkür schliessen, der Beschwerdeführer persönlich habe sich in die Tiefgarage begeben, um die Fahrräder zu stehlen, selbst wenn diese Würdigung auf Indizien beruht und er beim Aufenthalt in der Garage nicht beobachtet wurde. Die vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmungen sind nicht verletzt. Namentlich ist auch eine Verletzung der Begründungspflicht nicht ersichtlich.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verurteilung wegen Diebstahls der drei Fahrräder nach Art. 139 Ziff. 1 StGB verletze Bundesrecht. Stattdessen sei er wegen unrechtmässiger Aneignung nach 137 Ziff. 1 StGB zu verurteilen. Diesen Ausführungen legt er seine eigene Sachverhaltsversion zugrunde, wonach er bloss am Strassenrand derelinquierte Fahrräder mitgenommen haben will. Damit vermag er keine Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Strafzumessung. Er macht geltend, die Wahl der Sanktionsart Freiheitsstrafe verstosse gegen Bundesrecht. Der Unrechtsgehalt der verübten Taten falle durch die korrekte Feststellung des Sachverhalts und der anderen rechtlichen Würdigung (unrechtmässige Aneignung statt Diebstahl) wesentlich anders aus. Zudem hätten sich seine persönlichen Verhältnisse geändert und er gehe wieder einer Erwerbstätigkeit nach.  
 
4.2. Die Wahl der Strafart richtet sich nach der Zweckmässigkeit bzw. Angemessenheit der Sanktion und der Präventionswirkung auf den Täter (namentlich unter Berücksichtigung von Rückfall, Delinquenz während der Probezeit oder Vorstrafen). Zu berücksichtigen sind weiter die Auswirkungen auf die soziale Situation des Täters. Daneben spielt untergeordnet auch das Verschulden eine Rolle (BGE 147 IV 241 E. 3; 144 IV 313 E. 1.1.1; Urteil 6B_918/2020 vom 19. Januar 2021 E. 6.4.2; je mit Hinweisen). Bei mehreren in Frage kommenden Strafarten ist in der Regel die mildere Strafart zu wählen, wobei die Geldstrafe der Freiheitsstrafe grundsätzlich vorgeht (BGE 144 IV 313 E. 1.1.1). In die Wahl der Strafart einzubeziehen sind auch die Kriterien von Art. 41 StGB, dies im Bereich, wo eine Geld- und eine Freiheitsstrafe in Betracht fallen. Die Wahl der strengeren Sanktionsart der Freiheitsstrafe ist zu begründen (Urteil 6B_761/2021 vom 23. März 2022 E. 1.3.2 und 1.5 mit Hinweisen).  
Nach Art. 41 Abs. 1 StGB kann das Gericht statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen wenn (lit. a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten oder (lit. b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 
 
4.3. Die vorinstanzliche Wahl der Strafart Freiheitsstrafe für die zwei Diebstähle (Vorfälle im B.________ sowie in der Tiefgarage) und den Hausfriedensbruch erweist sich als bundesrechtskonform. Die von der Vorinstanz aufgezählten Umstände (mehrfache und im Bereich der Vermögensdelikte einschlägige Vorstrafen, erneute Straffälligkeit während laufender Probezeit und daraus resultierende Unbelehrbarkeit und gesteigerte kriminelle Energie, Unrechtsgehalt der Taten, persönliche Verhältnisse sowie spezialpräventive Überlegungen) schliessen eine Geldstrafe ohne Weiteres aus. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, das angefochtene Urteil in Frage zu stellen. Namentlich bezieht die Vorinstanz die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers durchaus in ihre Würdigung ein, wobei das Urteil als Ganzes zu lesen ist. Dass sie dabei zu einem anderen Schluss gelangt als der Beschwerdeführer, begründet keine Bundesrechtsverletzung.  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Landesverweisung. Er macht geltend, es fehle an den Voraussetzungen für eine obligatorische Landesverweisung nach Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB, sofern man seiner Argumentation in der Beschwerde folge und er vom Vorwurf des Diebstahls freizusprechen sei (Beschwerde S. 12 ff.). Eventualiter, für den Fall des betreffenden Schuldspruchs, fehle es dennoch an einem für die obligatorische Landesverweisung erforderlichen strafrechtlichen Verhalten, zumal er nicht gewaltsam in ein Gebäude eingedrungen sei, sondern einen offenstehenden Raum betreten habe. Schliesslich sei ein Härtefall nach Art. 66a Abs. 2 StGB zu bejahen und fehle es an der Verhältnismässigkeit der Landesverweisung.  
 
5.2.  
 
5.2.1. Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB ist der Ausländer wegen Diebstahls (Art. 139) in Verbindung mit Hausfriedensbruch (Art. 186) unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz zu verweisen.  
 
5.2.2. Von der Anordnung der Landesverweisung kann nur "ausnahmsweise" unter den kumulativen Voraussetzungen abgesehen werden, dass sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB; sog. Härtefallklausel). Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB). Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2).  
 
5.2.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Respektierung der Schweizerischen Rechtsordnung, die Anwesenheitsdauer in der Schweiz, der Gesundheitszustand, die Resozialisierungschancen und die Möglichkeiten der Wiedereingliederung in der Heimat (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2 mit Hinweisen). Bei der Härtefallprüfung ist nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz anzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4). Erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1 mit Hinweisen).  
 
5.2.4. Von einem schweren persönlichen Härtefall ist in der Regel bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteil 6B_1470/2022 vom 29. August 2023 E. 2.3.4 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann sich der Ausländer auf das Recht auf Privatleben nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen, sofern er besonders intensive soziale und berufliche Verbindungen zur Schweiz aufweist, die über jene einer gewöhnlichen Integration hinausgehen (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_760/2022 vom 5. Juni 2023 E. 5.2.3; je mit Hinweisen).  
 
5.3. Der Beschwerdeführer hat sich eines Einschleichdiebstahls schuldig gemacht, indem er die Garage eines Mehrfamilienhauses unberechtigt betreten und drei Fahrräder gestohlen hat. Zwar führt der Beschwerdeführer unter Verweis auf die Rechtsprechung zutreffend aus, dass der Ausländer, welcher einen Ladendiebstahl unter gleichzeitiger Missachtung eines Hausverbots begeht, nicht unter Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB fällt (BGE 145 IV 404 E. 1.5.3 mit Hinweisen). Indessen hat das Bundesgericht im selben Entscheid auch erwogen, wer tatsächlich einen Einschleich- oder Einbruchdiebstahl begehe, der falle bei verfassungskonformer Auslegung unter Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB (a.a.O. E. 1.5.3). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer in eine Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses eingedrungen, um dort nach Deliktsgut Ausschau zu halten. Als er dabei die drei Fahrräder mit einem Gesamtwert von Fr. 8'887.-- vorfand, behändigte er sich dieser, um sie anschliessend mit einem Lieferwagen abzutransportieren. Die an den Tag gelegte kriminelle Energie ist damit namentlich aufgrund des bereits vorgängig eingeplanten Abtransports beträchtlich. Anders als im Sachverhalt, der dem Urteil 6B_1011/2022 vom 25. Januar 2023 zugrunde lag (E. 1.4), drang der Beschwerdeführer zudem in einen grundsätzlich geschlossenen und aufgrund der Umstände (Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses) klar erkennbaren fremden Raum ein. Der Tatbestand des Einschleich- oder Einbruchdiebstahl ist damit erfüllt und Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB auf den Beschwerdeführer anwendbar.  
 
5.4. Die Vorinstanz verneint einen Härtefall. Sie berücksichtigt, dass der in Tunesien geborene und aufgewachsene Beschwerdeführer erst mit 30 Jahren in die Schweiz eingereist ist, seine erste Ehe mit einer Schweizerin wie auch seine zweite Ehe mit einer Tunesierin geschieden wurden und dass aus der zweiten Ehe ein Kind hervorging. Weiter berücksichtigt sie, dass die zweite Ex-Frau mit dem Kind in Tunesien lebt, gleich wie seine Mutter, zwei Brüder und eine Schwester und er aus Tunesien finanziell unterstützt wird. Sodann zieht die Vorinstanz bei ihrer Beurteilung mit ein, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht besonders gut sozial integriert ist, hier weder Verwandte noch Schweizer Kollegen hat und er in der Schweiz lediglich Kontakte zu Landsleuten pflegt. Die Vorinstanz berücksichtigt weiter auch die relativ neue Beziehung des Beschwerdeführers mit einer Frau und dass er im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils auf Sozialhilfe angewiesen war, jedoch seit dem 1. April 2021 wieder arbeitet, wobei er bei einem geringen Nettoeinkommen gleichzeitig beträchtliche Schulden hat und in der Schweiz mehrfach straffällig geworden ist. Die Resozialisierungschancen schätzt die Vorinstanz als intakt ein, zumal der Beschwerdeführer während der Coronazeit für fast fünf Monate in seine Heimat zurückgereist ist. Namentlich geht sie davon aus, die familiären bzw. sozialen Bindungen lägen eher in Tunesien als in der Schweiz.  
Diese vorinstanzliche Würdigung hält vor Bundesrecht stand. Dass die Vorinstanz massgebende Kriterien unberücksichtigt gelassen oder falsch gewürdigt hätte, trifft nicht zu. Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zur fakultativen Landesverweisung ist nicht einzutreten, da diese nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet. Nicht zutreffend ist der Vorwurf, die Vorinstanz habe bezüglich seiner sozialen Kontakte sachfremde Kriterien (nämlich die Herkunft der Kollegen) in ihre Würdigung miteinbezogen. Auch das geringe Einkommen bei hohen Schulden durfte die Vorinstanz als eines mehrerer Sachverhaltselemente berücksichtigen. Die Gesamtwürdigung, es liege kein Härtefall vor, ist nicht zu beanstanden. 
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und sinngemäss um Verbeiständung - vor Bundesgericht gibt es keine amtliche Verteidigung (Urteile 6G_1/2019 vom 15. Juli 2019 E. 4 mit Hinweis; 6B_56/2018 vom 2. August 2018 E. 5, nicht publ. in: BGE 144 IV 302) - ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen. Der Beschwerdeführer wird darauf aufmerksam gemacht, dass er der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 
 
3.  
Rechtsanwalt Wendel Hartmann wird für das bundesgerichtliche Verfahren als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzt und mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt. 
 
4.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. März 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn