6B_854/2021 21.12.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_854/2021  
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Boller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hugo Feuz,, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 
2. Sicherheitsdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Bedingte Entlassung; Vollzug der Ausschaffung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 9. Juni 2021 (SK 21 102). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Bewährungs- und Vollzugsdienste des Amts für Justizvollzug des Kantons Bern entliessen A.________ am 4. September 2020 auf den Tag seiner Ausschaffung bedingt aus dem Strafvollzug. Die Ausschaffung von A.________ aus der Schweiz nach Nordmazedonien erfolgte am 23. Oktober 2020. 
 
B.  
Infolge der Ausschaffung schrieb die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern am 28. Januar 2021 das von A.________ vor seiner Ausschaffung am 8. Oktober 2020 eingeleitete Beschwerdeverfahren ab, soweit er in seiner Beschwerde seine sofortige bedingte Entlassung beantragte. Auf sein mit Rücksicht auf die vollzogene Ausschaffung angepasstes Rechtsbegehren, "es sei festzustellen, dass für die Bedingung 'Ausschaffung' als Voraussetzung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug keine gesetzliche Grundlage besteht", trat die Sicherheitsdirektion nicht ein. 
Eine von A.________ gegen den Entscheid der Sicherheitsdirektion erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern am 9. Juni 2021 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Obergericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. Die Sicherheitsdirektion nahm insoweit Stellung, als sie "korrigierende Bemerkungen" zur Beschwerde äusserte; im Übrigen verzichtete sie unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid und auf die Ausführungen in ihrem eigenen Entscheid ebenfalls auf eine Vernehmlassung. Die Generalstaatsanwaltschaft liess sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Beschwerde ein Rechtsbegehren zu enthalten. Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), muss auch das Rechtsbegehren grundsätzlich reformatorisch gestellt werden. Ein blosser Antrag auf Rückweisung ist nicht zulässig, ausser wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
Der Beschwerdeführer stellt keinen materiellen Antrag, sondern verlangt lediglich die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Die in seiner Beschwerde geäusserte Kritik betrifft das von der Vorinstanz bestätigte Nichteintreten auf eine von ihm bei der Sicherheitsdirektion erhobene Verwaltungsbeschwerde (vgl. E. 2.1 unten). Rechtsfolge eines zu Unrecht ergangenen Nichteintretensentscheids ist grundsätzlich die Rückweisung der Sache zur materiellen Beurteilung. Im Fall der Gutheissung der Beschwerde ist dem Bundesgericht demnach kein reformatorischer Entscheid möglich. Der allein auf Rückweisung lautende Antrag ist damit nicht zu beanstanden und auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
1.2. Der Beschwerdeführer macht eine Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 94 BGG i.V.m. Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK geltend. Art. 94 BGG bezieht sich auf Fälle, in denen die Behörde stillschweigend untätig bleibt oder es ausdrücklich ablehnt, innerhalb einer angemessenen Frist einen Entscheid zu fällen. Ergibt sich Letzteres aus einem formellen Entscheid, liegt keine Rechtsverweigerung oder -verzögerung im Sinne dieser Bestimmung vor, sondern ein nach Massgabe der einschlägigen Bestimmungen anfechtbarer Entscheid (vgl. Urteil 5A_520/2018 vom 26. Oktober 2018 E. 1 mit Hinweisen). Die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverweigerung der kantonalen Behörden geht auf einen formellen Entscheid zurück, nämlich auf den Abschreibungs- und Nichteintretensentscheid der Sicherheitsdirektion, den die Vorinstanz bestätigt. Die Beschwerde ist demgemäss als (ordentliche) Beschwerde in Strafsachen im Sinne von Art. 78 ff. BGG gegen den abschlägigen Entscheid der Vorinstanz zu behandeln.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer beanstandet unter dem Titel der Rechtsverweigerung, dass die Vorinstanz den Entscheid der Sicherheitsdirektion bestätigt habe, mit welchem diese das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren abgeschrieben und auf sein (angepasstes) Begehren um Feststellung der Widerrechtlichkeit der Verknüpfung der bedingten Entlassung mit der Ausschaffung nicht eingetreten sei. Die Frage, ob sich eine bedingte Entlassung formell mit dem Vollzug einer ausländerrechtlichen Aus- oder Wegweisung bzw. der Ausschaffung verknüpfen lasse, stelle nämlich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, welche gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch ohne Vorliegen eines aktuellen Rechtsschutzinteresses zu prüfen sei. Laut Angaben der Vollzugsbehörde handle es sich bei der Verknüpfung der bedingten Entlassung mit der Aus- oder Wegweisung um das übliche Vorgehen bei der bedingten Entlassung von Ausländern, obwohl dafür keine gesetzliche Grundlage bestehe und die bedingte Entlassung insoweit von der Entscheidung einer anderen (strafvollzugsfremden) Behörde abhängig gemacht werde. Die Frage der Rechtmässigkeit dieses Vorgehens könne sich jederzeit bei der Prüfung der bedingten Entlassung von Personen in seiner Situation wieder stellen. Weil die Ausschaffung nach einer bedingten Entlassung gewöhnlich innert kürzester Zeit und unter Entzug der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde erfolge, könne die Prüfung dieser Rechtsfrage und Korrektur des widerrechtlichen Vorgehens im Einzelfall zudem nicht rechtzeitig stattfinden. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätten die kantonalen Rechtsmittelinstanzen zu Unrecht die von ihm aufgeworfene Frage in der Sache nicht beurteilt.  
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt, gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB bilde Voraussetzung für eine bedingte Entlassung namentlich, dass nicht anzunehmen sei, der Gefangene werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Es sei evident, dass eine Ausschaffung sowie der Zeitpunkt derselben für die Beurteilung der künftigen Rechtsbewährung des Gefangenen von Bedeutung seien und daher relevante Kriterien bei der Prüfung der bedingten Entlassung darstellten. Inwiefern diesbezüglich eine Rechtsunsicherheit bestehen solle, die der dringenden richterlichen Klärung bedürfe, sei nicht ersichtlich. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei daher zu verneinen und der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz nicht zu beanstanden (angefochtener Entscheid E. III.15 S. 3 f.).  
 
2.3. Die Beschwerdelegitimation im kantonalen Beschwerdeverfahren betreffend Angelegenheiten des Justizvollzugs richtet sich im Kanton Bern nach dem Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern vom 23. Mai 1989 (VRPG/BE, BSG 155.21; vgl. Art. 53 des Gesetzes über den Justizvollzug des Kantons Bern vom 23. Januar 2018, BSG 341.1, sowie Art. 86 Abs. 2 VRPG/BE). Art. 65 und Art. 79 VRPG/BE sehen eine übereinstimmende Beschwerdebefugnis sowohl für das verwaltungsinterne als auch für das gerichtliche kantonale Beschwerdeverfahren vor. Nach diesen zwei gleichlautenden Bestimmungen ist zur Beschwerde berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Abs. 1 lit. a), vom Anfechtungsobjekt besonders berührt ist und an dessen Aufhebung oder Änderung ein schutzwürdiges Interesse hat (Abs. 1 lit. b und c). Art. 65 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 1 VRPG/BE entsprechen im Wortlaut bewusst der Regelung der Beschwerdebefugnis für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht (Art. 89 BGG) und für das Beschwerdeverfahren vor anderen Bundesbehörden (Art. 48 VwVG), weshalb für deren Auslegung die bundesrechtlichen Normen von Art. 89 BGG und Art. 48 VwVG mitsamt der dazugehörigen Praxis heranzuziehen sind (vgl. PFLÜGER, in: Herzog/Daum [Hrsg.], Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 2. Aufl. 2020, N. 2 zur Art. 79 VRPG i.V.m. N. 6 zu Art. 65 VRPG mit Hinweisen auf die kantonale Rechtsprechung). Gleiches gilt aufgrund der Bestimmung von Art. 111 BGG, welche sicherstellt, dass die Beschwerdebefugnis vor kantonalen Behörden nicht restriktiver beurteilt werden kann als die Beschwerdebefugnis vor dem Bundesgericht gemäss Art. 89 BGG. Die umstrittene Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers vor der Sicherheitsdirektion ist im zu beurteilenden Fall folglich unter dem Gesichtspunkt von Art. 89 Abs. 1 BGG zu beurteilen. Da es sich um Bundesrecht handelt (Art. 111 Abs. 1 BGG), prüft das Bundesgericht diese Frage frei (vgl. BGE 144 I 43 E. 2.1; 138 II 162 E. 2.1.1; je mit Hinweisen; vgl. auch PFLÜGER, a.a.O., N. 2 zur Art. 79 VRPG i.V.m. N. 6 zu Art. 65 VRPG).  
Art. 89 Abs. 1 BGG verlangt neben dem besonderen Berührtsein durch den angefochtenen Entscheid das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses an dessen Aufhebung oder Änderung, welches nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch sein muss (vgl. BGE 141 II 14 E. 4.4 mit Hinweisen; vgl. auch PFLÜGER, a.a.O., N. 2 zu Art. 79 VRPG i.V.m. N. 11 ff. zu Art. 65 VRPG). Im Fall, in dem es - wie vorliegend aufgrund der bereits vollzogenen bedingten Entlassung des Beschwerdeführers - an der Aktualität des Interesses an der Beschwerde fehlt, kann ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses abgesehen werden, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 141 II 14 E. 4.4; 139 I 206 E. 1.1; 136 II 101 E. 1.1; je mit Hinweisen; PFLÜGER, a.a.O., N. 2 zur Art. 79 VRPG i.V.m. N. 19 f. zu Art. 65 VRPG). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist nur zurückhaltend anzunehmen. Sie liegt vor, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 146 III 237 E. 1; 144 III 164 E. 1; 141 III 159 E. 1.2; je mit Hinweisen). Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (BGE 141 II 14 E. 1.2.2.1; 138 I 143 E. 1.1.2). Die Beschwerdebefugnis ist von der Rechtsmittelbehörde von Amtes wegen zu prüfen (BGE 145 I 239 E. 2; vgl. auch Art. 20a VRPG/BE). Es obliegt allerdings der beschwerdeführenden Partei, die Umstände darzutun, welche das Rechtsschutzinteresse begründen, wenn sie nicht offensichtlich aus dem angefochtenen Entscheid oder den Akten hervorgehen (BGE 136 II 281 E. 2.3; 133 V 239 E. 9.2). 
 
2.4. Der Beschwerdeführer machte bereits im Zuge der Anpassung seines Rechtsbegehrens im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren vor der Sicherheitsdirektion geltend, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. vorinstanzliche Akten pag. 85). Trotz dieses Vorbringens ging die Sicherheitsdirektion auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht konkret ein; sie schrieb das Verfahren bezüglich des ursprünglichen Antrags infolge Gegenstandslosigkeit ab und trat auf das angepasste Rechtsbegehren mit der Begründung nicht ein, es fehle an dem für ein Feststellungsbegehren notwendigen Feststellungsinteresse und die beantragte Feststellung beziehe sich zudem auf ein Argumentationselement, das nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein könne (vgl. vorinstanzliche Akten pag. 19 f.: Entscheid der Sicherheitsdirektion vom 28. Januar 2021 E. 8.1 ff. S. 3 f.). Die Vorinstanz äussert sich nicht dazu, dass sich die Sicherheitsdirektion mit der Frage des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht befasste und insofern das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers beschnitt, sondern sie nimmt die unterlassene Prüfung des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung selber vor, indem sie dies verneint. Ob sie damit die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Sicherheitsdirektion heilen konnte (zur Möglichkeit der Heilung vgl. BGE 142 II 218 E. 2.8.1), kann offenbleiben, da - wie nachfolgend zu zeigen ist - die vorinstanzliche Prüfung des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu überzeugen vermag.  
 
2.5.  
 
2.5.1. Gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB ist der Gefangene, der zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst hat, bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Die Bewährungs- und Vollzugsdienste erachteten die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers, dem die Niederlassungsbewilligung in der Schweiz rechtskräftig widerrufen und der aus der Schweiz rechtskräftig weggewiesen worden war, nur im Fall seiner Rückkehr nach Nordmazedonien als gegeben. Sie bewilligten deshalb die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers "auf den Tag seiner Ausschaffung" hin. Sofern seine Ausschaffung nicht möglich sei, verbleibe er bis zum ordentlichen Vollzugsende im Strafvollzug (vgl. vorinstanzliche Akten pag. 43 ff.: Verfügung der Bewährungs- und Vollzugsdienste vom 4. September 2020 E. 2.3.4 ff. S. 8 ff., Dispositiv-Ziff. 1 f. S. 10). Die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers ist damit von seiner Ausschaffung nach Nordmazedonien abhängig und im Sinne einer Bedingung mit dieser verknüpft. Aus der Begründung im angefochtenen Entscheid geht nicht unmittelbar hervor, ob die Vorinstanz vom Vorhandensein einer entsprechenden Verknüpfung ausgeht, oder ob sie im Gegenteil annimmt, eine solche Verbindung liege im zu beurteilenden Fall gar nicht vor, wie dies zumindest die Sicherheitsdirektion zu vertreten scheint, wenn sie betont, durch die Erwähnung der Ausschaffung werde lediglich der Zeitpunkt der bedingten Entlassung definiert, nicht aber eine unzulässige Bedingung für die bedingte Entlassung festgehalten (vgl. vorinstanzliche Akten pag. 21: Entscheid der Sicherheitsdirektion vom 28. Januar 2021 E. 8.3 S. 4). Sollte die Vorinstanz von Letzterem ausgehen und ihrer Begründung der Gedanke zugrundeliegen, die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung falle bereits mangels Vorliegens einer eigentlichen Verknüpfung von bedingter Entlassung und Ausschaffung ausser Betracht, könnte ihr nach dem Gesagten von vornherein nicht gefolgt werden.  
 
2.5.2. Der Vorinstanz kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn sie mit ihrer Begründung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung explizit in Bezug auf die Verknüpfung von bedingter Entlassung und Ausschaffung verneint. Die Frage, ob eine bedingte Entlassung von der Ausschaffung der verurteilten Person abhängig gemacht werden darf, hat das Bundesgericht soweit ersichtlich noch nicht konkret behandelt. Es hat zwar unter altem Recht eine Verknüpfung der bedingten Entlassung mit der damaligen Landesverweisung gemäss Art. 55 aStGB als zulässig erachtet (vgl. Urteile 6A.51/2006 vom 13. Juli 2006 E. 2.1; 6A.34/2006 vom 30. Mai 2006 E. 2.1; je mit Hinweisen). In der jüngeren Rechtsprechung hat es ferner festgehalten, dass eine Ausschaffung bzw. das Verhängen eines Einreiseverbots bei vorhandener generell hoher Rückfallgefahr eine bedingte Entlassung aus einer Verwahrung allein nicht rechtfertigen könne (Urteil 6B_1426/2020 vom 31. März 2021 E. 2.5); über die Möglichkeit einer an die Ausschaffung geknüpften bedingten Entlassung im Fall, dass jedenfalls bezüglich des Rückschaffungslands eine günstige Bewährungsprognose angenommen werden kann, hat es damit jedoch noch nichts gesagt. In einem anderen, ebenfalls neueren Entscheid hat das Bundesgericht die Zulässigkeit einer an den Vollzug der Ausschaffung geknüpften bedingten Entlassung alsdann explizit offengelassen (Urteil 2C_575/2016 vom 12. Juli 2016 E. 4.3.1). Die Verwaltungsgerichte der Kantone Bern und St. Gallen haben die Zulässigkeit der Verknüpfung der bedingten Entlassung mit einer Ausschaffung bisher bejaht (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. April 1999, Nr. 20 632U, und Urteil des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 19. September 2007, Nr. B 2007/135). Unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Möglichkeit der Verknüpfung von bedingter Entlassung und altrechtlicher Landesverweisung hielt das Verwaltungsgericht St. Gallen fest, es sei zulässig, die bedingte Entlassung mit einer freiwilligen und kontrollierten Ausreise des Betroffenen in ein Drittland oder mit seiner Ausschaffung zu verbinden, wenn die Lebensverhältnisse in der Schweiz keine günstige Prognose gestatteten (vgl. das obgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts St. Gallen E. 2.4). Dieser Ansicht gegenüber stehen Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, das die Zulässigkeit der Verknüpfung der bedingten Entlassung mit dem Entscheid einer ausländerrechtlichen Behörde wiederholt verneinte. In einem Entscheid vom 23. Februar 2007 befand es, ebenfalls unter Bezugnahme auf die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung, die eine Verknüpfung der bedingten Entlassung mit der altrechtlichen Landesverweisung erlaubte, dass eine entsprechende Verknüpfung mit einer ausländerrechtlichen Aus- oder Wegweisung wegen unterschiedlicher Zuständigkeiten nicht möglich sei. Denn im Fall einer solchen Verbindung wäre neben der Strafvollzugsbehörde zusätzlich eine andere (ausländerrechtliche) Behörde involviert, die über die Aus- bzw. Wegweisung befinde. Im Gegensatz zur Verknüpfung der bedingten Entlassung mit dem Vollzug der altrechtlichen Landesverweisung, über welche allein die Strafvollzugsbehörde (gleichzeitig) zu entscheiden gehabt habe, würde die bedingte Entlassung dann vom Entscheid einer anderen Behörde abhängig, was unhaltbar sei (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2007, Nr. VB.2006.00388, E. 4.1). Mit Urteil vom 22. August 2013 bestätigte das Zürcher Verwaltungsgericht diese Auffassung. Zudem betonte es, es bestehe auch angesichts des anderslautenden Entscheids des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 19. September 2007 und der in der Lehre geäusserten Kritik keine Veranlassung, von seiner Rechtsprechung abzuweichen (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. August 2013, Nr. VB.2013.00464, E. 3.2). In der Lehre wird die Frage der Zulässigkeit der Verknüpfung der bedingten Entlassung mit einem ausländerrechtlichen Entscheid soweit ersichtlich kaum konkret diskutiert; überwiegend wird eine entsprechende Verbindung als sachgerecht erachtet (vgl. etwa BAECHTOLD/WEBER/HOSTETTLER, Strafvollzug, Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen in der Schweiz, 3. Aufl. 2016, S. 278 f.; URWYLER, Die Praxis der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug, Berlin und Bern 2020, S. 90; mit Hinweis auf die divergierende Rechtsprechung sodann: KOLLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2019, N. 16a zu Art. 86 StGB).  
Die bisherige Rechtsprechung zeigt sich nach dem Ausgeführten zur Frage, ob und in welcher Weise eine bedingte Entlassung mit einer ausländerrechtlichen Massnahme verbunden werden kann, als uneinheitlich und die Rechtslage insoweit als unklar. Die Frage ist für die bedingte Entlassung von Ausländern von grundsätzlicher, praktischer Bedeutung und kann sich in künftigen, gleich gelagerten Fällen erneut stellen. Sie wird zudem kaum rechtzeitig beurteilt werden können, nachdem einer gegen den Entlassungsentscheid allenfalls erhobenen Beschwerde regelmässig die aufschiebende Wirkung entzogen wird und die Ausschaffung zeitnah nach dem Entlassungsentscheid erfolgt, wie dies auch vorliegend der Fall war. Der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit der Verknüpfung seiner bedingten Entlassung mit seiner Ausschaffung kommt demgemäss grundsätzliche Bedeutung im Sinne der Rechtsprechung zu. 
 
2.5.3. Die Vorinstanz verletzt somit Bundesrecht, wenn sie zum Schluss gelangt, es liege keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und der Entscheid der Sicherheitsdirektion sei deshalb nicht zu beanstanden. Der angefochtene Entscheid ist aus diesem Grund aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird die bei ihr erhobene Beschwerde gutheissen, den Entscheid der Sicherheitsdirektion aufheben und die Sache an die Sicherheitsdirektion zurückweisen müssen mit der Verpflichtung, die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage zu behandeln. Über die Zulässigkeit der Verknüpfung der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers mit seiner Ausschaffung wird die Sicherheitsdirektion zu befinden haben.  
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern vom 9. Juni 2021 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Bern hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Hugo Feuz, für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Dezember 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Boller