H 229/01 13.03.2002
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[AZA 7] 
H 229/01 Gi 
 
III. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; 
Gerichtsschreiberin Hofer 
 
Urteil vom 13. März 2002 
 
in Sachen 
O.________, 1917, Beschwerdeführerin, vertreten durch U.________, 
 
gegen 
Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
A.- Die 1917 geborene O.________ meldete sich am 19. Dezember 2000 zum Bezug von Hilflosenentschädigung der AHV an. Gestützt auf die Angaben im Anmeldeformular und die von ihr getätigten Abklärungen gelangte die IV-Stelle Aargau zur Auffassung, dass die Versicherte nicht in mindestens vier Lebensbereichen auf regelmässige und erhebliche Dritthilfe angewiesen sei. Mit Vorbescheid vom 25. Januar 2001 stellte sie daher die Ablehnung des Leistungsbegehrens in Aussicht. 
Mit Verfügung vom 7. Februar 2001 verneinte die Ausgleichskasse des Kantons Aargau die Anspruchsberechtigung auf Hilflosenentschädigung. 
 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 5. Juni 2001 ab. 
 
C.- O.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr eine Hilflosenentschädigung zuzusprechen. 
Gerügt wird namentlich eine mangelhafte Sachverhaltsermittlung. 
Ferner sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen. 
Während Ausgleichskasse und IV-Stelle Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
 
D.- Mit Verfügung vom 27. Dezember 2001 wies der Präsident des Eidgenössischen Versicherungsgerichts die Eingabe vom 2. Juli 2001 an O.________ zur Umänderung zurück, da sie Ausführungen ungebührlichen Inhalts enthielt. 
Am 21. Januar 2002 liess O.________ eine verbesserte Rechtsschrift einreichen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Im vorinstanzlichen Entscheid wurde die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, IV-Stelle, als Gegenpartei der Beschwerdeführerin bezeichnet. Die Verfügung vom 7. Februar 2001 hat - entgegen der Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanz - nicht die IV-Stelle, sondern die Ausgleichskasse erlassen; von ihr wurde die Verfügung unterzeichnet. 
 
 
Nach Art. 43bis Abs. 5 Satz 2 AHVG und Art. 69quater Abs. 1 AHVV sind die Bemessung der Hilflosigkeit und der Entscheid über den Anspruch Sache der IV-Stelle. Die entsprechende Verfügung ist jedoch von der Ausgleichskasse zu erlassen (Art. 63 Abs. 1 lit. b AHVG). Auch wenn in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der IV fallende Fragen zur Diskussion stehen, behält die Ausgleichskasse ihre Rolle als Partei in einem anschliessenden Beschwerdeverfahren und ist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Rekursbehörde berechtigt (BGE 127 V 218 Erw. 3; Urteil P. vom 13. August 2001, H 434/00). 
In einem durch Anfechtung einer Verfügung ausgelösten nachträglichen Verwaltungsrechtspflegeverfahren ist die ursprünglich verfügende Behörde beschwerdegegnerische Partei und behält diese Parteistellung grundsätzlich im ganzen weiteren Instanzenzug bei (BGE 105 V 188 Erw. 1; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. S. 177). Da sich die Parteistellung der Ausgleichskasse aus den Akten ohne weiteres ergibt, kann die unrichtige Bezeichnung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, IV-Stelle, als beschwerdegegnerische Partei berichtigt werden (vgl. 
BGE 116 V 344 Erw. 4b, 110 V 349 Erw. 2). 
 
2.- In materieller Hinsicht hat die Vorinstanz die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Anspruchsvoraussetzungen für Hilflosenentschädigung in der AHV (Art. 43bis Abs. 1 und 2 AHVG) sowie über den Begriff und die Bemessung der Hilflosigkeit (Art. 43bis Abs. 5 AHVG, Art. 66bis Abs. 1 AHVV, Art. 42 Abs. 2 IVG, Art. 36 IVV) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Richtig sind auch die Auflistung der praxisgemäss massgebenden sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (BGE 121 V 90 Erw. 3a mit Hinweisen) und die Ausführungen zur Rechtsprechung über die Beurteilung der Hilflosigkeit bei der Beeinträchtigung in Teilfunktionen (BGE 121 V 91 Erw. 3c mit Hinweisen). 
 
 
 
3.- a) In der Anmeldung zum Leistungsbezug wird für die angeführten sechs alltäglichen Lebensverrichtungen die Notwendigkeit der regelmässigen und erheblichen Dritthilfe ausdrücklich verneint. Lediglich bei der Teilfunktion"Kämmen" wird eine Behinderung des rechten Armes erwähnt; zudem werden - allerdings ohne nähere Präzisierung - sporadische Hilfeleistungen der Spitex angegeben. Aufgrund eines im Jahre 1988 erlittenen Brustwirbelbruches und eines im Jahre 1994 gebrochenen Lendenwirbels sei die Beweglichkeit stark eingeschränkt. 
Im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren wurde eine schwere Gehbehinderung geltend gemacht. Zudem könnten Verrichtungen wie Putzen, Abwaschen, Waschen und Bügeln kaum bis gar nicht mehr ausgeführt werden. Auch das Anziehen von Socken und Kniestrümpfen sei oft nicht möglich. 
 
b) Das kantonale Gericht schloss daraus, dass die Versicherte in den allgemeinen Lebensverrichtungen der Fortbewegung und des Anziehens als hilfsbedürftig gelte. Die erste Voraussetzung von Art. 36 Abs. 2 lit. b IVV, in mindestens zwei Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen zu sein, ist somit erfüllt. Hingegen ist die weitere Anspruchsvoraussetzung der dauernden persönlichen Überwachung nicht gegeben. Aufgrund der Akten bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin einer dauernden persönlichen Überwachung bedarf, weshalb selbst bei Annahme der Unmöglichkeit einer selbstständigen Verrichtung in den beiden allgemeinen Lebensverrichtungen Fortbewegung und Ankleiden keine Hilflosigkeit im Sinne dieser Verordnungsbestimmung vorliegt. Weil überdies keine Hilfsbedürftigkeit in mindestens vier der für die Beurteilung der Hilflosigkeit massgebenden alltäglichen Lebensverrichtungen dargetan ist, entfällt auch eine Leistungspflicht für Hilflosigkeit mittleren Grades gemäss Art. 36 Abs. 2 lit. a IVV. Nicht zu den alltäglichen Lebensverrichtungen zu zählen sind die geltend gemachten Einschränkungen bei den Haushaltsarbeiten, wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat. 
 
4.- In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, die Versicherte sei für fast sämtliche täglichen Verrichtungen auf die Hilfe Dritter angewiesen. Wegen ihrer Hinfälligkeit habe sie in der Zwischenzeit in ein Alters- und Pflegeheim überwiesen werden müssen. Konkret werden folgende sechs Behinderungsgründe genannt: Einkaufen sei wegen der Gehbehinderung nicht mehr alleine möglich, Putzarbeiten müssten von Drittpersonen erledigt werden, Waschen könne die Versicherte nicht mehr, Kochen sei nur unter starken Schmerzen möglich, Treppensteigen verursache grosse Schmerzen, zum An- und Ausziehen werde die Hilfe Dritter benötigt. Die genannten Behinderungen fallen, soweit nicht zu den nicht zu berücksichtigenden Haushaltsarbeiten gehörend, in die beiden alltäglichen Lebensverrichtungen Fortbewegung und An- und Ausziehen. Behinderungen in den übrigen massgebenden Lebensverrichtungen (BGE 121 V 90 Erw. 3a) werden auch im vorliegenden Verfahren nicht dargetan. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, worin eine Hilflosigkeit mit Bezug auf diese Lebensverrichtungen bestehen soll. 
Unter diesen Umständen kann Verwaltung und Vorinstanz nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie seien von falschen Sachverhaltsvoraussetzungen ausgegangen. Aus diesem Grunde erübrigen sich auch weitere Abklärungen. 
Soweit sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit dem Erlass der Verwaltungsverfügung vom 7. Februar 2001 verschlechtert haben sollte, wäre diese Veränderung des Sachverhaltes in einer erneuten Anmeldung zum Leistungsbezug geltend zu machen. 
 
5.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten ist auf Grund der Kos- tenlosigkeit des Verfahrens (Art. 134 OG) gegenstandslos. 
Soweit damit unter dem Titel unentgeltliche Verbeiständung der Ersatz von Vertretungskosten beantragt wird, ist dem Begehren nach der hier sinngemäss anwendbaren Gerichtspra- xis zum Anspruch auf Parteientschädigung (vgl. BGE 110 V 81 f. Erw. 7) nicht stattzugeben, ohne dass die Prozessaus- sichten gemäss Art. 152 Abs. 1 OG (vgl. dazu BGE 125 II 275 Erw. 4b mit Hinweisen) zu prüfen wären. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der IV-Stelle Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 13. März 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: