9C_696/2022 18.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_696/2022  
 
 
Urteil vom 18. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2017, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, vom 20. Oktober 2022 (100.2020.261/262U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Ehe zwischen A.A.________ und seiner damaligen Ehefrau wurde mit Entscheid des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland vom xxx geschieden, wobei die Kinder (B.A.________, geb. 2011; C.A.________, geb. 2012) unter das gemeinsame Sorgerecht und die alternierende Obhut der Eltern (zu je 50%) gestellt wurden.  
 
A.b. Nebst zugunsten seiner ehemaligen Ehefrau geleisteten und sog. Kinderalimente enthaltenden Unterhaltsbeiträgen von Fr. 20'042.- jährlich machte A.A.________ bei der direkten Bundessteuer sowie den Staats- und Gemeindesteuern 2017 zwei hälftige Kinderabzüge (d.h. zweimal Fr. 3'250.- bei der direkten Bundessteuer und zweimal Fr. 4'000.- bei den Staats- und Gemeindesteuern) zum Abzug von seinem steuerbaren Einkommen geltend.  
 
A.c. Mit Veranlagungsverfügungen vom 12. März 2019 und Einspracheentscheiden vom 20. August 2019 verweigerte die Steuerverwaltung des Kantons Bern gegenüber A.A.________ sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Staats- und Gemeindesteuern die zum Abzug vom steuerbaren Einkommen geltend gemachten hälftigen Kinderabzüge.  
 
B.  
Dagegen gelangte A.A.________ erfolglos an die Steuerrekurskommission (Entscheide vom 11. Juni 2020) und dann an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Urteil der zuständigen Einzelrichterin vom 20. Oktober 2022). 
 
C.  
Am 25. November 2022 hat A.A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das verwaltunsgerichtliche Urteil vom 20. Oktober 2022 aufzuheben; bei der direkten Bundessteuer sowie den Staats- und Gemeindesteuern 2017 seien ihm für seine beiden Kinder je zwei hälftige Kinderabzüge (im Gesamtbetrag von Fr. 6'500.- bzw. Fr. 8'000.-) zu gewähren. 
 
Die kantonale Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht schliessen (wie die Eidgenössische Steuerverwaltung hinsichtlich der direkten Bundessteuer) auf Abweisung der Beschwerde. 
Mit Replik vom 26. April 2023 hält der Beschwerdeführer an seinen Rechtsstandpunkten fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
I. Prozessuales  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) sowie Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) zulässig. Der Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 und 100 BGG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5) und verfügt es über volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2). Es prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition, jene des nicht harmonisierten, autonomen kantonalen Rechts hingegen bloss auf Verletzung des Willkürverbots und anderer verfassungsmässiger Rechte (BGE 143 II 459 E. 2.1; 134 II 207 E. 2). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, unvollständig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurden und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2; 142 I 135 E. 1.6; Urteil 2C_827/2019 vom 17. Januar 2020 E. 2.2). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
II. Direkte Bundessteuer  
 
2.  
 
2.1. Kanton und Bund erheben von den natürlichen Personen insbesondere eine Einkommenssteuer (Art. 1 Bst. a DBG). Zu diesem Zweck wird das Reineinkommen der Steuerpflichtigen ermittelt, indem von deren gesamten steuerbaren Einkünften (Art. 16-24 DBG) die mit der Einkommenserzielung zusammenhängenden Aufwendungen (Gewinnungskosten) und die allgemeinen Abzüge (Art. 26-33a DBG) abgezogen werden (Art. 25 DBG). Vom so bestimmten Reineinkommen sind anschliessend allfällige Sozialabzüge (Art. 35 DBG) vorzunehmen, um das steuerbare Einkommen zu bestimmen.  
 
2.1.1. Die Sozialabzüge bezwecken (wie die Steuertarife), die Steuerbelastung - in schematischer Weise - an die spezifische persönliche und wirtschaftliche Situation jeder Kategorie von Steuerpflichtigen anzupassen und mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) möglichst in Einklang zu bringen. Dabei soll insbesondere den familiären Verhältnissen der Steuerpflichtigen und den damit verbundenen zivilrechtlichen Lasten Rechnung getragen werden (vgl. u.a. BGE 141 II 338 E. 4.5; 133 II 305 E. 5.1; 131 I 377 E. 4.2; je m.w.H.).  
 
2.1.2. Diese möglichst genaue Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die administrative Praktikabilität stehen in einem Spannungsverhältnis Die gesetzliche Regelung betreffend Abzüge besteht wegen der vielen zu berücksichtigenden individuellen Situationen notwendigerweise aus einem gewissen Schematismus. Dies ist aber mit den in Art. 127 Abs. 2 BV verankerten Grundsätzen vereinbar. Aus praktischen Gründen ist es gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht durchführbar, jeden Steuerpflichtigen mathematisch genau gleich zu behandeln, weshalb der Gesetzgeber befugt ist, schematische Lösungen zu wählen. Dazu kommt, dass die Möglichkeiten zum Vergleich verschiedener Situationen begrenzt bleiben und die Gefahr besteht, dass neue Ungleichheiten geschaffen werden (vgl. BGE 141 II 338 E. 4.5; 133 II 305 E. 5.1; 132 I 157 E. 4.2; Urteile 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 5.3 u. 6.4.1; 2C_380/2020 vom 19. November 2020 E. 4.3 einl.; je m.w.H.).  
 
2.2. Aufwendungen für den Unterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Familie stellen Lebenshaltungskosten dar und sind gemäss ausdrücklicher Vorschrift (Art. 34 lit. a DBG) nicht von den Einkünften abziehbar. Diese Leistungsströme zur Bestreitung des Lebensunterhalts in der Familie stellen unter der geltenden Familienbesteuerung Einkommensverwendung dar und sind daher steuerlich irrelevant (BGE 149 II 19 E. 5.2). Sobald aber eine Familiengemeinschaft infolge Scheidung, gerichtlicher oder tatsächlicher Trennung zerbricht, stellt sich die Frage, wie diese Leistungen bei den nun getrennt besteuerten Personen steuerlich zu behandeln sind (vgl. BGE 133 II 305 E. 4.2; Urteile 2C_544/2019 vom 21. April 2020 E. 5.1 u. 5.2; 2C_139/2019 vom 18. Dezember 2019 E.2.1.1).  
 
2.2.1. Die Trennung der Ehegatten zieht in doppelter Hinsicht einen Systemwechsel nach sich: Erstens wechseln die Ehegatten aufgrund der Trennung rückwirkend auf den Beginn der Steuerperiode aus dem System der Familien- in das System der Individualbesteuerung (Art. 42 Abs. 2 DBG). Zweitens können aufgrund der Trennung ab diesem Zeitpunkt neu Unterhaltsbeiträge für den Ehegatten und für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder abgezogen werden (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG), doch ist dieser Abzug auf den Rest des Jahres beschränkt und wirkt nicht zurück (so ausführlich das Urteil 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.4.2).  
 
2.2.2. Auch Unterhaltsleistungen zugunsten der Kinder sind erst abzugsfähig, wenn der gemeinsame Haushalt aufgehoben respektive die Ehe getrennt ist. Diese Bestimmung verlangt für die Abzugsfähigkeit der Unterhaltsbeiträge bei der leistenden Person, dass diese Beiträge "an einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder" geleistet werden. Vorausgesetzt ist also die elterliche Sorge des die Leistungen empfangenden Elternteils. Unter elterlicher Sorge stehen Kinder, bis sie das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben (vgl. Art. 296 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 ZGB).  
Daraus hat das Bundesgericht in ständiger Praxis abgeleitet, dass nur für minderjährige Kinder bezahlte Unterhaltsleistungen zum Abzug berechtigen (BGE 133 II 305 E. 9.2; Urteile 2C_139/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 2.1.5 u. 3.1; Urteil 2C_429/2017 vom 21. Februar 2018 E. 3.3.2; betreffend volljährige Kinder: vgl. BGE 133 II 305 E. 9.2; Urteile 2C_139/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 2.1.5; 2C_905/2017 vom 11. März 2019 E. 2.1.3 u. 2.9; 2C_429/2017 vom 21. Februar 2018 E. 3.3.2; hinsichtlich Unterhaltszahlungen, welche für Kinder gezahlt werden, die nicht unter elterlicher Sorge, sondern unter Vormundschaft stehen: vgl. das Urteil 2C_436/2010 vom 16. September 2010, insb. E. 5.1.2; siehe auch das Kreisschreiben Nr. 30 der ESTV vom 21. Dezember 2010 betreffend Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem DBG [nachfolgend KS 30], S. 22). 
 
2.3.  
 
2.3.1. Während der Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer direkten Bundessteuer vom 9. Dezember 1940 (BdBSt) weder die Ehegatten- noch die Kinderalimente auf Seiten der leistenden Person zum Abzug zuliess und sie seitens der empfangenden Person auch nicht erfasste, folgt das DBG in Art. 33 Abs. 1 lit. c sowie Art. 23 lit. f i.V.m. Art. 24 lit. e DBG dem gegenteiligen Konzept: Wenn gestützt auf Art. 33 Abs. 1 Bst. c DBG Unterhaltsbeiträge für das Kind geleistet werden, kann der leistende Elternteil diese von seinem Einkommen abziehen. Der empfangende Elternteil hat sie als Einkommen zu versteuern (Art. 28 Abs. 1 Bst. f StG; Art. 23 Bst. f DBG; sog. Kongruenz- oder Korrespondenzprinzip; vgl. dazu u.a. BGE 149 II 19 E. 5.4; 133 II 305 E. 4.2 u. 6.5; 125 II 183 E. 3a, 6c, 6d u. 6f; Urteile 2C_544/2019 vom 21. April 2020 E. 5.1 u. 5.2; 2C_139/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 2.1; 2C_429/2017 vom 21. Februar 2018 E. 3.3.1).  
 
2.3.2. Wie sich aus der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung ergibt, ging es dem Gesetzgeber in erster Linie darum, unter Beibehaltung der Familienbesteuerung der herabgesetzten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei Beendigung einer Familiengemeinschaft Rechnung zu tragen: Einerseits soll die zu Unterhaltsleistungen verpflichtete Person diese steuerlich in Abzug bringen können. Andererseits wird nicht auf die Steuerbarkeit der Leistung selbst verzichtet. Diese wird beim empfangenden Elternteil steuerlich erfasst, wobei daraus jedoch im Regelfall jedenfalls keine erheblich ins Gewicht fallende Erhöhung der Steuerlast resultiert, weil der Elternteil, welcher die tatsächliche Sorge für ein oder mehrere unmündige Kinder erbringt, nur ein geringeres Arbeitseinkommen erzielt. Aus rechtstatsächlicher Perspektive ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung von Unterhaltsleister und Unterhaltsempfänger eine insgesamt niedrigere Steuerlast und wird damit einkommenssteuerlich der Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Folge der Beendigung der Familiengemeinschaft Rechnung getragen (so ausführlich das Urteil 2C_139/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 3.2).  
 
2.4. Bei der direkten Bundessteuer kann nach Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG vom Einkommen als Kinderabzug ein Betrag von CHF 6'500.- für jedes minderjährige oder in der beruflichen oder schulischen Ausbildung stehende Kind, für dessen Unterhalt die steuerpflichtige Person sorgt, abgezogen werden.  
 
2.4.1. Es fragt sich, welchem Elternteil der Kinderabzug bei getrennter Besteuerung zusteht. Am 1. Januar 2011 ist das Bundesgesetz vom 25. September 2009 über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern (AS 2010 455) in Kraft getreten. Seit dieser Gesetzesänderung können getrennt besteuerte Elternteile je die Hälfte des Kinderabzugs geltend machen, wenn sie die gemeinsame elterliche Sorge innehaben und keine Unterhaltsbeiträge nach Art. 33 Аbs. 1 lit. c DBG für das (minderjährige) Kind geltend gemacht werden (Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG; vgl. BGE 141 II 338 E. 5.1, 5.2, 6.3.2 u. 6.4; 133 II 305 E. 6.6 u. 6.8; Urteile 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.1; 2C_380/2020 vom 19. November 2020 E. 4.3.2 u. 4.6).  
Um zu vermeiden, dass der Kinderabzug und der Abzug von Alimentenzahlungen kumuliert werden, hat der Gesetzgeber die Gewährung des hälftigen Abzugs also unter die Voraussetzung gestellt, dass keine Unterhaltsbeiträge nach Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG geltend gemacht werden. Die einschränkende Voraussetzung, dass keine Unterhaltsbeiträge geltend gemacht werden dürfen, dient dazu, der systemwidrigen doppelten Entlastung einer steuerpflichtigen Person durch Kinderabzug und Abzug von Unterhaltsleistungen vorzubeugen (sog. Kumulationsverbot; vgl. u.a. BGE 133 II 305 E. 6.8; Urteile 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.3.1; 2C_905/2017 vom 11. März 2019 E. 2.1.2). 
 
2.4.2. Aus PraktikabiIitätsgründen gilt das Kumulationsverbot unabhängig davon, ob sich das Kind in alternierender Obhut befindet oder nicht (vgl. dazu schon die Botschaft zum Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern vom 20. Mai 2009, BBI 2009 4729, 4757 und 4766; BGE 141 II 338 5.1 u. 5.2; 133 II 305 E. 6.5 u. 6.8; Urteile 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.3.1 u. 6.4 ff.).  
Auch im Fall alternierender Obhut gilt: Wer Unterhaltsbeiträge für Kinder leistet und diese von seinen steuerbaren Einkünften abzieht, trägt steuerlich betrachtet keine Kosten des Kinderunterhalts. Es wird dabei nicht vorausgesetzt, dass der Anspruchsberechtigte die Kosten des Kinderunterhalts in überwiegendem Ausmass oder sogar vollständig trägt. Es genügt, dass mindestens Kosten im Umfang des Kinderabzugs geleistet werden. Diese steuersystematische Umverteilung von Ressourcen (vgl. BGE 133 II 305 E. 6.5; Urteil 2C_437/2010 vom 11. Oktober 2010 E. 2.2 u. 2.3) hat zur Folge, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil, der als zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes sorgend gilt, Anspruch auf den Kinderabzug hat (vgl. u.a. Urteile 2C_1145/2013 / 2C_1146/2013 vom 20. September 2014 E. 3.2). 
Aus PraktikabiIitätsgründen wird dabei vernachlässigt, dass derjenige, der die Unterhaltsbeiträge leistet, darüber hinaus auch noch weitere kinderbedingte Auslagen hat. Die direkten Unterhaltskosten, für die der Unterhaltsbeiträge schuldende Elternteil während der alternierenden Obhut aufkommt, sind somit nicht Gegenstand besonderer Sozialabzüge. Diese Kosten berechtigen nicht zum Kinderabzug (vgl. BGE 133 II 305 E. 6.5, 6.8 u. 8.4 sowie u.a. das Urteil 2C_1145/2013 / 2C_1146/2013 vom 20. September 2014 E. 3.2). 
 
2.4.3. Dabei kann der zahlende Elternteil nicht freiwillig auf die Geltendmachung der Unterhaltsbeiträge verzichten und stattdessen den Kinderabzug beanspruchen. Die durch die Leistung von Kinderunterhaltsbeiträgen geschaffene Umverteilung der Mittel geht vor. Die Zahlung bzw. die Entgegennahme von Unterhaltsbeiträge präjudiziert somit die Zuteilung des Sozialabzugs.  
 
2.4.4. Wie bereits hervorgehoben (vgl. oben E. 2.4.2), zielt der klare Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG nicht am wahren Sinn der Regelung und am Willen des Gesetzgebers vorbei (vgl. das Urteil 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.4).  
Zwar wurde die bestehende gesetzliche Regelung, die sich an der Zahlung von Unterhaltsbeiträgen orientiert und in dessen Rahmen bei alternierender Obhut mit Leistung von Unterhaltsbeiträgen kein hälftiger Abzug möglich ist, durch eine am 14. März 2016 eingereichte parlamentarische Initiative kritisiert. Es wurde vorgeschlagen, dass bei alternierender Obhut eine hälftige Aufteilung des Kinderabzugs auch möglich sein solle, wenn Unterhaltsbeiträge bezahlt würden (Parlamentarische Initiative 16.406 Nantermod ''Alternierende Obhut. Aufteilung des Kinderabzugs zwischen den Eltern"). Der Nationalrat leistete der Initiative auf Empfehlung der vorberatenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR; Bericht der WAK-NR vom 20. Februar 2017) am 6. Juni 2017 keine Folge (vgl. auch den Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats PK-NR 15.3003 "Alternierende Obhut. Klärung der Rechtsgrundlagen und Lösungsvorschläge" vom 8. Dezember 2017, Ziff. 4.4.2). 
Der Gesetzgeber hat somit im Bewusstsein der in Frage stehenden Problematik auf eine Änderung beim Kinderabzug verzichtet. Der durch die Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen geschaffene Status ist somit entscheidend, während der Umfang der Betreuung keine Rolle spielt. Weder die gemeinsame elterliche Sorge noch die alternierende Obhut haben damit Auswirkungen auf die im DBG vorgesehenen sozialen Steuerentlastungen. Dass damit unter Umständen nicht in jeder tatsächlichen Konstellation der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vollumfänglich entsprochen wird, ist hinzunehmen. 
 
2.5. Für jedes Kind, für das die steuerpflichtige Person einen Abzug nach Art. 35 Abs. 1 lit. a oder b DBG geltend machen kann, kommt der Versicherungsabzug von Fr. 700.- hinzu (Art. 33 Abs. 1bis lit. b DBG).  
Massgebend sind die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht (Art. 35 Abs. 2 DBG). 
 
2.6. Der Elterntarif ist gemäss ständiger Lehre und Rechtsprechung stets mit dem Kinderabzug nach Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG verbunden. Für die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebenden Ehepaare und die verwitweten, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebenden, geschiedenen und ledigen steuerpflichtigen Personen, die mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen im gleichen Haushalt zusammenleben und deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten, gilt der Tarif nach Art. 36 Abs. 2 DBG sinngemäss (Art. 36 Abs. 2bis DBG, sog. Elterntarif). Der so ermittelte Steuerbetrag ermässigt sich um Fr. 251.- für jedes Kind oder jede unterstützte Person (Art. 36 Abs. 3 DBG).  
 
3.  
In Anwendung dieser Bestimmungen und unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall erwogen, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf den hälftigen Kinderabzug habe. Dagegen wendet der Beschwerdeführer sich vor Bundesgericht mit mehreren Argumenten. 
 
3.1. Im Wesentlichen macht er geltend, zwar sei es bis vor rund zwanzig Jahren üblich gewesen, bei Trennungen und Scheidungen die Kinder unter die elterliche Sorge und die Obhut nur eines Elternteils - meist der Mutter - zu stellen. Diese Situation habe sich inzwischen grundlegend verändert. Art. 276 Abs. 2 ZGB sehe in seiner seit 2017 geltenden Fassung vor, dass die Eltern gemeinsam, jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt des Kindes sorgen und insbesondere für die Kosten von Betreuung, Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen aufkommen würden. Seit 2017 seien die Eltern auch nach einer Trennung oder Scheidung gleich verpflichtet, gleichberechtigt und entsprechend auch gleich zu behandeln. All diesen Veränderungen trage die vom Verwaltungsgericht gestützte gerichtliche Praxis nicht Rechnung.  
 
3.1.1. Diese Praxis - so der Beschwerdeführer - gehe offenbar weiter davon aus, dass - wenn Alimente bezahlt würden - überwiegend der die Alimente empfangende Elternteil für die Kinder sorgen solle. Diese Annahme treffe jedoch in vielen Fällen nicht mehr zu, namentlich wenn im Rahmen einer Trennung oder Scheidung die Kinder unter die gemeinsame elterliche Sorge und die alternierende Obhut (zu je 50% wie vorliegend) gestellt würden. Dementsprechend stehe die gerichtliche Praxis im Steuerrecht nun im Widerspruch zur gesellschaftlichen Realität wie auch zur Gesetzgebung in anderen Bereichen (wie z.B. dem zivilrechtlichen Unterhaltsrecht). Vor diesem Hintergrund sei eine Anpassung der Praxis nicht nur zulässig, sondern geboten.  
 
3.1.2. Der Auffassung des Beschwerdeführers ist jedoch entgegenzuhalten, dass namentlich die in den Jahren 2014 und 2017 in Kraft getretenen Revisionen des Zivilgesetzbuches keine neuen Familienkonstellationen geschaffen haben. Insbesondere brachte die Einführung einer Bestimmung zur alternierenden Obhut keine Änderung der materiellen Rechtslage mit sich (vgl. dazu die Botschaft zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesunterhalt], vom 29. November 2013, BBI 2014529, 555; siehe diesbezüglich auch schon die Botschaft zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Elterliche Sorge] vom 16. November 2011, BBI 2011 9077 ff., 9082 f. zu Fällen gemeinsamer elterlicher Sorge, die schon 2010 40% der Fälle darstellten). Die zuvor geltenden gesetzlichen Bestimmungen regeln auch die Fälle getrennt besteuerter Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge und alternierender Obhut (vgl. insb. auch KS 30, Ziff. 10.2 und 13.4.2), ohne dass sich diesbezüglich Anpassungen aufgedrängt hätten, vor allem hinsichtlich der Zuteilung des Kinderabzugs (vgl. u.a. BGE 133 II 305 E. 6.8; Urteile 2C_533/2021 vom 23. Juni 2022 E. 6.3.1; 2C_905/2017 vom 11. März 2019 E. 2.1.2).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht weiter einen Verstoss gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäss Art. 127 Abs. 2 BV geltend. Dieser Grundsatz werde verletzt, wenn - wie vorliegend - die Kinderabzüge nicht in Koordination mit den Neuerungen des Kinderunterhaltes (Art. 276 Abs. 2 ZGB) zugesprochen würden.  
 
3.2.1. Werde der ganze Kinderabzug nur demjenigen Elternteil zugestanden, der die Unterhaltsbeiträge erhalte, so sei dieser rechts- und systemwidrig begünstigt, während der Alimente bezahlende Elternteil dadurch benachteiligt werde, dass ihm sein Anteil des Kinderabzugs nicht gewährt werde, obwohl er zusätzlich zu den gezahlten Alimenten noch anteilig die Lasten der Obhut mittrage. Wenn unter Umständen wie den hier gegebenen der Kinderabzug bei alternierender Obhut (zu je 50%) den Eltern je hälftig gewährt werde, so werde dieser Abzug je Kind nur einmal zugestanden, weshalb eine Kumulation insoweit nicht stattfinde. Der Abzug sei weiter notwendig, um zu berücksichtigen, dass der Alimenten zahlende Elternteil zusätzlich zur Ausgleichsleistung in Form von Unterhaltsbeiträgen die Hälfte der direkten Betreuungsleistungen für seine Kinder trage. Diese zusätzlichen Unterhaltsleistungen würden sich von den Alimentenzahlungen unterscheiden, so dass ihnen durch den möglichen Abzug der Unterhaltsbeiträge nicht Rechnung getragen werde. Wenn die Vorinstanz all dies ausser Acht lasse, so liege darin nebst einer Verletzung von Art. 127 Abs. 2 BV ein Verstoss gegen das Rechtsgleichheitsgebot und das Diskriminierungsverbot von Art 8 Abs. 3 BV.  
 
3.2.2. Diese Argumentation des Beschwerdeführers vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Vorab ist festzuhalten, dass die hälftige Aufteilung des Kinderabzugs eine bewusste Pauschalierung des Gesetzgebers darstellt. Die Sozialabzüge berücksichtigen die Situation der Steuerpflichtigen nur schematisch und anhand von Pauschalen. Insbesondere kennt das DBG keinen besonderen Sozialabzug zur Berücksichtigung der direkten Unterhaltskosten des unterhaltsleistenden Elternteils. Aus PraktikabiIitätsgründen wird dabei vernachlässigt, dass derjenige, der die Unterhaltsbeiträge leistet, darüber hinaus auch noch weitere kinderbedingte Aufwendungen hat. Die direkten Unterhaltskosten, für die der Unterhaltsbeiträge schuldende Elternteil während der alternierenden Obhut aufkommt, sind somit nicht Gegenstand besonderer Sozialabzüge. Diese Kosten berechtigen nicht zum Kinderabzug (vgl. oben E. 2.4.1 u. 2.4.2).  
Aus dem Kumulationsverbot ergibt sich, dass die Geltendmachung von Unterhaltsbeiträgen nicht nur die Inanspruchnahme des ganzen Kinderabzugs ausschliesst, sondern auch nur des hälftigen Abzugs. Ebenso wenig kann der zahlende Elternteil freiwillig auf die Geltendmachung der Unterhaltsbeiträge verzichten und stattdessen den Kinderabzug beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn der unterhaltsIeistende Ehegatte im Rahmen der gemeinsamen elterlichen Sorge sowie der alternierenden Obhut zusätzliche Auslagen hat (vgl. oben E. 2.4.2 u. 2.4.3). 
 
3.3. Der Beschwerdeführer bringt im Übrigen vor, hier würden die Grenzen des im Steuerrecht (und namentlich bei Sozialabzügen) zulässigen Schematisierungen und Pauschalierungen überschritten.  
 
3.3.1. Die Vorinstanz berufe sich zwar in ihrem Entscheid auf die Zulässigkeit eines gewissen Schematismus sowie von PraktikabiIitätsüberlegungen (vgl. dazu ausführlich oben E. 2.1). Sie erwähne jedoch selbst, dass ein solcher Schematismus unzulässig sei, wenn die Regelung generell zu einer deutlich höheren Belastung oder zu einer systematischen Ungleichheit gegenüber bestimmten Kategorien von Steuerpflichtigen führe. Gerade dies sei aber aufgrund der durch das Verwaltungsgericht geschützten Praxis der Fall, führe sie doch bei gemeinsamer elterliche Sorge und alternierender Obhut zu einer deutlich höheren Steuerlast und einer systematischen Ungleichbehandlung zuungusten des Alimente zahlenden Elternteils.  
 
3.3.2. Auch dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass die ständige bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Kumulationsverbot (bis hin zu den Fällen alternierender Obhut) im Einklang mit dem unmissverständlichen Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG steht, der seinerseits dem klaren Willen des Gesetzgebers entspricht. Wie die Ablehnung der parlamentarischen Nantermod im Jahr 2016 (vgl. oben E. 2.4.4) zeigt, hat der Gesetzgeber im Bewusstsein der in Frage stehenden Problematik auf eine Änderung beim Kinderabzug verzichtet. Der durch die Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen geschaffene Status ist somit entscheidend, während der Umfang der Betreuung keine Rolle spielt. Weder die gemeinsame elterliche Sorge noch die alternierende Obhut haben Auswirkungen auf die im DBG vorgesehenen sozialen Steuerentlastungen. Die direkten Unterhaltskosten, für die der Unterhaltsbeiträge schuldende Elternteil während der alternierenden Obhut aufkommt, sind nicht Gegenstand besonderer Sozialabzüge (vgl. dazu u.a. schon BGE 133 II 305 E. 8.2 u. 8.4).  
 
3.4. Schliesslich wirft der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht vor, seine Beurteilung auf offensichtlich unzutreffende Sachverhaltsfeststellungen gestützt zu haben. Es erübrigt sich, auf diese Vorbringen näher einzugehen, da sich selbst bei Annahme der geltend gemachten Sachverhaltslage nichts an der Massgeblichkeit und der Tragweite des Kumulationsverbotes für die vorliegend geggebenen Umstände ändern würde.  
 
III. Staats- und Gemeindesteuern  
 
4.  
Aus den für den Bereich des kantonalen Rechts massgeblichen Bestimmungen ergibt sich für die steuerliche Behandlung des Unterhaltsabzugs eine der direkten Bundessteuer identische Lösung (Art. 9 Abs. 2 lit. c StHG; Art. 38 Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 [StG/BE; BSG 661.11]). Demgegenüber fallen die Sozialabzüge wie der Kinderabzug an sich in den kantonalen Autonomiebereich (vgl. Art. 129 Abs. 2 BV; Art. 1 Abs. 3 und 9 Abs. 4 StHG). Aufgrund der Verschränkung mit den Unterhaltszahlungen und des mit der Regelung des DBG übereinstimmenden Wortlauts des Berner Steuergesetzes (40 Abs. 3 lit. a StG/BE) folgt indes auch für den Kinderabzug, dass das zum DBG Ausgeführte ebenfalls für die kantonalen Steuern massgebend ist. 
 
IV. Kostenfolgen  
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen und wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 65 f. u. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird betreffend die direkte Bundessteuer abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde wird betreffend die Staats- und Gemeindesteuern abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter