2C_428/2012 18.05.2012
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_428/2012 
 
Urteil vom 18. Mai 2012 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald, 
 
gegen 
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Widerruf/Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 22. März 2012. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1983) stammt aus der Ukraine. Sie arbeitete ab 2005 im Rahmen von Kurzaufenthaltsbewilligungen als Tänzerin in der Schweiz. Am 28. Mai 2008 heiratete sie einen hier niederlassungsberechtigten türkischen Staatsbürger, worauf ihr eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Gatten erteilt wurde. 
 
1.2 Am 23. Februar 2011 widerrief das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau die Aufenthaltsbewilligung von X.________, nachdem die Ehegatten sich Ende August 2010 getrennt hatten. Auf Einsprache hin stellte das Amt am 19. Mai 2011 fest, dass die am 30. Juni 2011 ablaufende Aufenthaltsbewilligung nicht mehr verlängert und X.________ weggewiesen werde. Diese gelangte hiergegen erfolglos an das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau. 
 
1.3 X.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Rekursgerichts vom 22. März 2012 aufzuheben und ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; allenfalls sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
2. 
Die Eingabe erweist sich - soweit die Beschwerdeführerin sich darin sachbezogen mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinandersetzt und nicht lediglich ohne Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid ihren Standpunkt wiederholt (vgl. Art. 42 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3) - als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden: 
2.1 
2.1.1 Ausländische Ehegatten von Niedergelassenen haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 2 AuG (SR 142.20) Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 43 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (Urteil 2C_544/2010 vom 23. Dezember 2010 E. 2.2). Die Beschwerdeführerin und ihr Gatte haben sich unbestrittenermassen spätestens im August 2010 definitiv getrennt. Ihre Ehegemeinschaft in der Schweiz hat damit keine drei Jahre gedauert, weshalb sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG berufen kann. 
2.2 
2.2.1 Entgegen ihrer Kritik hat die Vorinstanz auch das Vorliegen eines Härtefalls im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG zu Recht verneint: Danach besteht der Bewilligungsanspruch nach einer gescheiterten Ehe fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2 S. 348 ff.). Bei der Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 und die Urteile 2C_489/2011 vom 16. Juni 2011 E. 2.2 sowie 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 und das Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kurzer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib, auch wenn die betroffene ausländische Person hier nicht straffällig geworden ist, gearbeitet hat und inzwischen allenfalls auch etwas Deutsch spricht. 
2.2.2 Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, inwiefern die Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Ukraine besondere Probleme stellen würde, die in einem hinreichend engen Zusammenhang zur anspruchsbegründenden Ehe und dem damit verbundenen bisherigen (bewilligten) Aufenthalt in der Schweiz stünden (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350): Die Beschwerdeführerin hält sich erst seit rund vier Jahren und fünf Monaten ununterbrochen im Land auf und war hier nur während etwas mehr als zwei Jahren verheiratet; zuvor war ihre Anwesenheit beruflich bedingt und punktueller Natur. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Zwar hat die Beschwerdeführerin mit Erfolg einen Sprachkurs absolviert und eine Stelle als Servicemitarbeiterin angetreten, doch bestehen aufgrund des verbindlich festgestellten Sachverhalts, dessen Richtigkeit sie nur appellatorisch und damit nicht rechtsgenügend kritisiert (vgl. Art. 105 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3), keine weiteren Hinweise darauf, dass sie hier vertieft integriert wäre bzw. ihre Wiedereingliederung in der Heimat ernstlich beeinträchtigt erschiene. Die Beschwerdeführerin ist erst im Erwachsenenalter in die Schweiz gekommen und hat den Grossteil ihres Lebens und insbesondere die Schulzeit und die kulturell prägenden Jugendjahre in der Heimat verbracht, wo sie als Restaurationsfachfrau ausgebildet worden ist und sie - wie die Vorinstanz willkürfrei annehmen durfte - eine ihrer hiesigen Tätigkeit entsprechende Stelle finden kann. 
2.2.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch nicht gesagt werden, dass sie Opfer ehelicher Gewalt im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 50 Abs. 2 AuG geworden wäre: Zwar mögen die von ihr geschilderten finanziellen Schwierigkeiten, die häufige Landesabwesenheit des Gatten und der Umstand, dass dieser kaum oder gar nicht zum ehelichen Unterhalt beigetragen und sie nach der Trennung bestohlen haben soll, die Beschwerdeführerin belastet haben, doch kann nicht als erstellt gelten, dass insofern ein erheblicher psychischer Druck bestand, welcher die Intensität ehelicher Gewalt erreicht hätte. Im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 50 Abs. 2 AuG soll jede Form ehelicher bzw. häuslicher Gewalt, sei sie körperlicher oder psychischer Natur, ernst genommen werden (Urteil 2C_155/2011 vom 7. Juli 2011 E. 4.3), doch vermag umgekehrt nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung einen nachehelichen Härtefallanspruch und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu begründen. Häusliche Gewalt bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben; eine solche hat die Beschwerdeführerin mit ihren Hinweisen auf die Gründe des Scheiterns der Beziehung weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Soweit sie darauf hinweist, ihr Gatte habe sie aus der Wohnung vertrieben, hat das Bundesgericht bereits entschieden, dass dies für einen nachehelichen Härtefall wegen ehelicher Gewalt nicht genügt, wenn das Opfer keine weiteren körperlichen oder psychischen Schäden erleidet (Urteil 2C_358/2009 vom 10. Dezember 2009 E. 4.2 und 5.2). Dass und inwiefern solche bestehen würden, tut die Beschwerdeführerin nicht dar. 
 
2.3 
2.3.1 Zu Unrecht beruft sie sich für ihren Verlängerungsanspruch auch auf Art. 8 EMRK und die von ihr neu eingegangene Beziehung: Nach der Praxis ergibt sich aus einem Konkubinat ein Bewilligungsanspruch nur dann, wenn die partnerschaftliche Beziehung seit Langem eheähnlich gelebt wird oder konkrete Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Hochzeit hindeuten. Die Bindung der Konkubinatspartner muss bezüglich Art und Stabilität in ihrer Substanz einer Ehe gleichkommen. Dabei ist wesentlich, ob die Partner in einem gemeinsamen Haushalt leben; zudem ist der Natur und Länge ihrer Beziehung sowie ihrem Interesse und ihrer Bindung aneinander, etwa durch Kinder oder andere Umstände wie die Übernahme von wechselseitiger Verantwortung, Rechnung zu tragen (BGE 135 I 143 E. 3.1 S. 148). 
2.3.2 Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor mit ihrem Gatten verheiratet; die Verehelichung mit ihrem (neuen) Partner steht damit nicht unmittelbar bevor. Sie will mit diesem seit November 2010 den Haushalt teilen; ihr Zusammenleben kann gestützt auf die entsprechend beschränkte Dauer des Konkubinats deshalb auch (noch) nicht als eheähnlich im Sinne der Rechtsprechung qualifiziert werden (vgl. das Urteil 2C_702/2011 vom 23. Februar 2012 E. 3.1 und 3.2 mit zahlreichen Hinweisen), zumal sie keine weiteren Angaben zu ihrer Partnerschaft macht, welche offenbar bis jetzt kinderlos geblieben ist. Die Beschwerdeführerin behauptet zu Recht nicht, dass sie wegen der (deutschen) Staatsangehörigkeit ihres Partners einen Bewilligungsanspruch gestützt auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) geltend machen könnte. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Für alles Weitere wird ergänzend auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache selber wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
 
3.2 Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Entschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 18. Mai 2012 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar