2C_814/2022 19.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_814/2022  
 
 
Urteil vom 19. Oktober 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Departement für Gesundheit und Soziales, Generalsekretariat, Bachstrasse 15, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Tierschutz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 13. Juni 2022 (WBE.2021.399 / rw / wm). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 24. August 2020 führte der Veterinärdienst des kantonalen Amtes für Verbraucherschutz des Kantons Aargau (nachfolgend: Veterinärdienst) auf dem Betrieb von A.________ eine unangemeldete Tierschutzkontrolle durch und stellte dabei verschiedene Mängel fest. Mit Schreiben vom 7. September 2020 setzte der Veterinärdienst A.________ Fristen zur Behebung dieser Mängel an. Eine beschwerdefähige Verfügung erging nicht und wurde auch nicht verlangt.  
Anlässlich einer weiteren am 20. Januar 2021 durchgeführten Kontrolle des Betriebs von A.________ stellte der Veterinärdienst erneut Mängel fest. In der Folge ordnete der Veterinärdienst mit Verfügung vom 19. Februar 2021 verschiedene Massnahmen an. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau am 27. September 2021 ab, soweit es darauf eintrat und die Beschwerde nicht als gegenstandslos geworden abgeschrieben wurde. 
 
1.2. Mit Urteil vom 13. Juni 2022 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, die gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.  
Das Urteil des Verwaltungsgericht wurde an A.________ein erstes Mal am 16. Juni 2022 mit eingeschriebener Post versandt. Nachdem er die Sendung nicht abgeholt hatte, wiederholte das Verwaltungsgericht die Zustellung am 14. Juli 2022. Am 5. September 2022 nahm A.________ das Urteil entgegen. 
 
1.3. Gegen das Urteil vom 13. Juni 2022 gelangt A.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 5. Oktober 2022 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Gutheissung seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In allen Fällen seien ihm alle Akten, die ihm im vorangehenden Verfahren vorenthalten worden seien, zur Verfügung zu stellen und es sei ihm anschliessend eine angemessene Frist einzuräumen, um dazu Stellung zu nehmen.  
Mit Eingabe vom 7. Oktober 2022 stellte er dem Bundesgericht eine berichtige Fassung seiner Eingabe vom 5. Oktober 2022 zu. 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten betreffend den Ablauf der Zustellung des angefochtenen Urteils vom 13. Juni 2022 eingeholt und von weiteren Instruktionsmassnahmen abgesehen. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG). Diese gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 44 Abs. 1 BGG beginnen Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen. Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder einer Adressatin oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt (Art. 44 Abs. 2 BGG; sog. "Zustellfiktion"). Die Beschwerde gilt als rechtzeitig erhoben, wenn die Beschwerdeschrift spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post übergeben wird (Art. 48 Abs. 1 BGG).  
Das Bundesgericht hat bezüglich der Einhaltung der Beschwerdefrist festgehalten, dass in Fällen, in welchen eine eingeschriebene Postsendung als am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist zugestellt gilt, ein allfälliger zweiter Versand und die spätere Entgegennahme der Sendung durch den Betroffenen grundsätzlich nicht erheblich sei (vgl. BGE 111 V 99 E. 2b; Urteil 2C_1038/2017 vom 18. Juli 2018 E. 5.3.2). Die Rechtsmittelfrist kann sich aber gestützt auf den verfassungsmässigen Anspruch auf Vertrauensschutz (Art. 9 BV) dann verlängern, wenn noch vor ihrem Ende eine entsprechende vertrauensbegründende Auskunft erteilt wird. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Behörde vor Ablauf der Beschwerdefrist eine zweite Zustellung mit vorbehaltloser Rechtsmittelbelehrung vornimmt (vgl. Urteil 2C_806/2021 vom 15. Oktober 2021 E. 2.1 mit Hinweis). 
 
2.2. Das angefochtene Urteil vom 13. Juni 2022 wurde an den Beschwerdeführer am 16. Juni 2022 per eingeschriebener Post versandt. Dies ergibt sich aus dem Formular Sendeverfolgung Nr. 98.37.103070.00503005 der Schweizerischen Post. Weiter lässt sich diesem Formular entnehmen, dass die Sendung am 17. Juni 2022 zur Abholung gemeldet wurde. Nachdem die Sendung innerhalb der siebentägigen Frist nicht abgeholt wurde, gilt sie als am Freitag, den 24. Juni 2022, zugestellt (Art. 44 Abs. 2 BGG und E. 2.1 hiervor). Folglich begann die Beschwerdefrist am Samstag, den 25. Juni 2022 zu laufen und endete - unter Berücksichtigung der Gerichtsferien (Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG) - am Donnerstag, den 25. August 2022.  
Der Umstand, dass das angefochtene Urteil am 14. Juli 2022 ein zweites Mal versandt wurde (vgl. Formular Sendeverfolgung Nr. 98.37.103070.00507201 der Schweizerischen Post), rechtfertigt unter den konkreten Umständen keine Verlängerung der Beschwerdefrist aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl. E. 2.1 hiervor) : Den Akten lässt sich entnehmen, dass diese zweite Zustellung auf Wunsch des Beschwerdeführers erfolgte, der mit Schreiben vom 12. Juli 2022 beim Verwaltungsgericht um eine nochmalige Zusendung "unter erneuter Fristansetzung" ersucht hatte. In der Folge stellte ihm das Verwaltungsgericht das Urteilt erneut zu, wobei es ihn im Begleitschreiben darauf hinwies, dass der Entscheid ungeachtet der zweiten Zustellung "als am letzten Tag der siebentägigen Abholungsfrist, d.h. am 24. Juni 2022 [als] zugestellt" gelte. Unter diesen Umständen hätte es dem Beschwerdeführer klar sein müssen, dass mit der erneuten Zustellung des Urteils keine neue Rechtsmittelfrist ausgelöst wird. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde am 5. Oktober 2022 bei der Post aufgegeben, wie aus dem Poststempel auf dem Briefumschlag zu ersehen ist. Folglich ist die Beschwerde verspätet eingereicht worden. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer stellt sich indessen auf den Standpunkt, er habe die Beschwerdefrist eingehalten. 
 
3.1. Zur Begründung bringt er - unter Hinweis auf ein Schreiben an die Vorinstanz vom 21. September 2022 - vor, er habe die eingeschriebene Sendung des Verwaltungsgerichts aufgrund eines Spitalaufenthalts und anschliessender Rekonvaleszenz am 24. Juni 2022 nicht abholen können. Daher habe er gleichentags die Abholungsfrist bis zum 15. Juli 2022 verlängert. Die Post habe die Sendung jedoch irrtümlicherweise vor Ablauf dieser verlängerten Frist zurückgesandt. In der Folge seien mehrere Sortier- und Zustellungsfehler passiert. Die Zustellung sei schliesslich am 5. September 2022 erfolgt, wobei ihn keine Schuld an den verschiedenen Verzögerungen treffe.  
 
3.2. Mit dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer, dass besondere Vereinbarungen mit der Post es nicht erlauben, die Frist für die Zustellung zu verlängern bzw. den Eintritt der Zustellungsfiktion hinauszuschieben. Erteilt der Empfänger der Poststelle - wie hier - einen Rückbehaltungsauftrag, so gilt die eingeschriebene Sendung nicht zum Zeitpunkt der tatsächlichen Abholung als zugestellt, sondern am letzten Tag der siebentägigen Frist gemäss Art. 44 Abs. 2 BGG (BGE 141 II 429 E. 3.1 mit Hinweisen; Urteile 5D_10/2021 vom 20. Januar 2021 E. 3; 6B_28/2020 vom 1. April 2020 E. 4; 6B_1321/2019 vom 15. Januar 2019 E. 1; 1B_165/2019 vom 16. April 2019 E. 2; vgl. auch JEAN-MAURICE FRÉSARD, Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 13 und N. 22 f. zu Art. 44 BGG). Diese Rechtsprechung gilt jedenfalls, sofern der Adressat mit der Zustellung hätte rechnen müssen (vgl. BGE 130 III 396 E. 1.2.3), was vorliegend nicht bestritten wird. Folglich gilt die Sendung des Verwaltungsgerichts - ungeachtet des vom Beschwerdeführer erteilten Post-Rückbehaltungsauftrags - als am 24. Juni 2022 zugestellt.  
 
3.3. Der Umstand, dass die Post, wie der Beschwerdeführer behauptet, die Sendung irrtümlicherweise vor Ablauf der von ihm bis zum 15. Juli 2022 verlängerten Aufbewahrungsfrist zurückgesandt haben mag, ändert nichts am Zeitpunkt der Zustellung. Ohnehin ist nicht ersichtlich, inwiefern ihm aus diesem angeblichen Fehler der Post ein Nachteil entstanden ist: So lässt sich dem Sendeverfolgungsformular Nr. 98.37.103070.00507201 der Schweizerischen Post (vgl. E. 2.2 hiervor) entnehmen, dass das angefochtene Urteil am 15. Juli 2022 zur Abholung gemeldet wurde, nachdem es von der Vorinstanz am 14. Juli 2022 zum zweiten Mal zugestellt worden war. Dass die Sendung dem Beschwerdeführer erst am 5. September 2022 ausgehändigt werden konnte, ist darauf zurückzuführen, dass er die Aufbewahrungsfrist mehrmals verlängert hatte, wie es sich aus dem genannten Sendeverfolgungsformular ergibt.  
 
4.  
Schliesslich stellt der Beschwerdeführer, der ausdrücklich davon ausgeht, fristgerecht Beschwerde erhoben zu haben, kein Fristwiederherstellungsgesuch gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG. Ein solches könnte auch nicht gutgeheissen werden, da er keine Umstände darlegt, die ihn unverschuldet an fristgerechter Beschwerdeführung gehindert hätten (vgl. dazu BGE 143 I 284 E. 1.3). So legt er namentlich nicht konkret dar, dass bzw. inwiefern er durch seine Erkrankung davon abgehalten worden sei, innert Frist selber zu handeln oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu beauftragen (vgl. Urteil 6B_318/2012 vom 21. Januar 2013 E. 1.2). Im Übrigen kann die blosse Unkenntnis von Rechtsregeln (insbesondere verfahrensrechtlicher Natur) bzw. ein Irrtum über deren Tragweite in der Regel keinen Anlass zur Fristwiederherstellung geben (vgl. Urteil 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.3 mit Hinweisen). 
 
5.  
 
5.1. Auf die verspätet eingereichte Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im Verfahren nach Art. 108 (Abs. 1 lit. a) BGG nicht einzutreten.  
 
5.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer als unterliegende Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov