2C_27/2024 19.01.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_27/2024  
 
 
Urteil vom 19. Januar 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ Foundation, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Viktoria Lantos-Kramis, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-HU), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 14. Dezember 2023 (A-5485/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 21. April 2021 richtete die ungarische Steuerbehörde, die National Tax and Customs Administration, Central Liaison Office (nachfolgend: ersuchende Behörde), gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 12. September 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-HU; SR 0.672.941.81) ein Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) betreffend "audit (corporate tax) " der Jahre 2016-2019 der B.________ KFT, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Ungarn. 
 
A.a. Gemäss dem Ersuchen habe eine Steuerprüfung ergeben, dass die B.________ KFT im Jahr 2016 ein zinsfreies Darlehen von der A.________ Foundation mit Sitz in Malaysia erhalten habe. Gemäss dem Darlehensvertrag vom 10. November 2015 sei ein Darlehen in der Höhe von EUR 100'000.-- vereinbart worden, das der B.________ KFT als Darlehensnehmerin in den von ihr gewünschten Raten ausbezahlt würde. In der Folge seien am 18. Februar 2016 ein Betrag in der Höhe von HUF 7'663'250.-- (EUR 25'000.--) von einem Bankkonto bei der C.________ AG (nachfolgend: Informationsinhaberin) und am 4. März 2016 ein Betrag in der Höhe von HUF 20'000'000.-- (EUR 64'555.70) von einem weiteren Bankkonto bei der Informationsinhaberin, somit insgesamt EUR 89'555.70, an den Gesellschafter und die Gesellschafterin der B.________ KFT, D.________ und E.________, überwiesen worden. Die Steuerprüfer vermuteten, dass der Gesellschafter und die Gesellschafterin auch an der A.________ Foundation wirtschaftlich berechtigt seien und sich daher selbst ein zinsfreies Darlehen ausbezahlt hätten.  
 
A.b. Gestützt auf diese Begründung verlangte die ersuchende Behörde insbesondere um Informationen betreffend die beiden Bankkonten sowie weitere Bankkonten der A.________ Foundation. Hinsichtlich der beiden Transaktionen ersuchte sie namentlich um Angaben zum Bankkonto, von welchem die genannten Beträge überwiesen wurden.  
 
B.  
Mit Schlussverfügung vom 15. November 2021 gab die ESTV dem Ersuchen hinsichtlich der B.________ KFT statt, wobei die zu übermittelnden Informationen auch solche betreffend die A.________ Foundation und den von dieser gehaltenen beiden Bankkonten enthielten. 
 
B.a. Gegen die Schlussverfügung vom 15. November 2021 erhob die A.________ Foundation am 16. Dezember 2021 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte deren Aufhebung.  
 
B.b. Mit Urteil vom 14. Dezember 2023, zugestellt am 3. Januar 2024, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Januar 2024 gelangt die A.________ Foundation an das Bundesgericht. Sie beantragt in Gutheissung der Beschwerde die Aufhebung des Urteils vom 14. Dezember 2023. Eventualiter sei die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei die Übermittlung der Informationen insoweit einzuschränken, als dass diese ausschliesslich die im Amtshilfeersuchen verlangten Informationen bezüglich dem angegebenen Steuerzweck betreffe. Die übrigen Angaben seien zu schwärzen. Darüber hinaus sei die Vorinstanz zu verpflichten, bei der ersuchenden Steuerbehörde eine formelle, schriftliche Zusicherung einzuholen, sodass das Spezialitätsprinzip im Zusammenhang mit den erlangten Unterlagen, Namen und Informationen vollumfänglich gewahrt werde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).  
 
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116). 
 
1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die von der Amtshilfe betroffene Person - die B.________ KFT - sei mit Wirkung per 12. Januar 2023 aus dem ungarischen Handelsregister gelöscht worden. Eine Gesellschaft könne in Ungarn erst im Handelsregister gelöscht werden, sobald die Bestätigung der Steuerverwaltung vorliege, wonach weder offene Steuerverwaltungsverfahren noch Steuer- oder Sozialversicherungsschulden bestünden. Das Bundesgericht habe daher als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, ob die ersuchten Informationen nicht mehr voraussichtlich erheblich seien, wenn die vom Amtshilfeverfahren betroffene, juristische Person respektive Gesellschaft mit Sitz im ersuchenden Staat nach dem Recht des ersuchenden Staats im Handelsregister rechtskräftig gelöscht worden sei und als Rechtssubjekt nicht mehr bestehe. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin muss das Amtshilfeverfahren unter diesen Umständen als gegenstandslos abgeschrieben werden.  
 
1.3. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage betrifft das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit.  
 
1.3.1. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung sieht das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit lediglich vor, dass die ersuchten Informationen einen Bezug zum im Amtshilfeersuchen dargestellten Sachverhalt aufweisen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; 143 II 185 E. 3.3.2; 142 II 161 E. 2.1.1). Im Amtshilfeverfahren ist indes nicht zu klären, ob eine im Rahmen dieses Verfahrens erlangte Information im Steuerverfahren des ersuchenden Staats tatsächlich von Bedeutung ist und verwertet werden kann (vgl. auch Urteile 2C_662/2021 und 2C_663/2021 vom 18. März 2022 E. 5.4). Nach der bundesgerichtlichen Praxis hat sich der ersuchte Staat im Rahmen des Amtshilfeverfahrens daher nicht zum innerstaatlichen Steuer- und Verfahrensrecht des ersuchenden Staats zu äussern. Für die voraussichtliche Erheblichkeit reicht vielmehr aus, dass die ersuchten Informationen für eine Verwendung im ausländischen Verfahren als potenziell geeignet erscheinen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; Urteile 2C_232/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.4; 2C_1162/2016 vom 4. Oktober 2017 E. 6.3; 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4).  
Soweit das nationale Steuer- oder Verfahrensrecht des ersuchenden Staats einer Verwertung der im Amtshilfeverfahren ersuchten Informationen entgegensteht, hat die betroffene Person dies im Grundsatz vor den Behörden des ersuchenden Staats geltend zu machen (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.6; 142 II 161 E. 2.2; 142 II 218 E. 3.6 f.; Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4). Anders liegen die Dinge nur dann, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass im ausländischen Verfahren elementare Verfahrensgrundsätze verletzt werden könnten oder anderweitig schwere Mängel bestünden (vgl. Urteile 2C_936/2020 vom 28. Dezember 2021 E. 5.3; 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4 i.f.; vgl. auch E. 1.4 hiernach). 
 
1.3.2. In der vorliegenden Angelegenheit stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, dass die Löschung der von der Amtshilfe direkt betroffenen Person mit Wirkung per 12. Januar 2023 aus dem ungarischen Handelsregister dem am 21. April 2021 eingeleiteten Amtshilfeverfahren entgegenstehe, da die ersuchten Informationen für die Besteuerung der betroffenen Person nicht mehr voraussichtlich erheblich seien. Die Beschwerdeführerin lässt allerdings ausser Acht, dass die vor diesem Hintergrund aufgeworfene Rechtsfrage anhand der in der ständigen Rechtsprechung zum Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit soeben dargelegten Grundsätzen zu beantworten ist (vgl. E. 1.3.1 hiervor).  
Die Vorinstanz erwägt denn auch in Anwendung dieser Rechtsprechung, bei der Frage nach den Rechtsfolgen der Löschung der betroffenen Person im ungarischen Handelsregister auf ihre Steuerpflicht in Ungarn handle es sich um eine materielle Frage des ungarischen (Steuer-) Rechts. Diese sei vor den ungarischen Steuerbehörden oder im ungarischen Steuerverfahren geltend zu machen und sei nicht im Rahmen des Amtshilfeverfahrens zu klären (vgl. E. 4.3 des angefochtenen Urteils). Die von der Beschwerdeführerin an der vorinstanzlichen Erwägung geäusserte Kritik bezieht sich lediglich auf die Anwendung der Rechtsprechung im konkreten Einzelfall, weshalb sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG aufwirft. 
 
1.4. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen vorträgt, die vorliegende Angelegenheit stelle auch einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG dar, da im vorinstanzlichen Verfahren elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden seien, ist ihr ebenfalls nicht zu folgen (zu den Voraussetzungen von Art. 84a BGG i.V.m. Art. 84 Abs. 2 BGG siehe BGE 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_653/2018 vom 26. Juli 2019 E. 1.2.1, nicht publ. in: BGE 146 II 150). Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz bloss vor, Letztere halte mit Blick auf die Löschung der betroffenen Person aus dem Handelsregister des ersuchenden Staats unzutreffend fest, dass dieser Umstand die materielle Seite des Steuerverfahrens betreffe. Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Verletzung eines elementaren Verfahrensgrundsatzes auf, sondern kritisiert lediglich die rechtliche Würdigung der Angelegenheit durch die Vorinstanz.  
 
1.5. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
2.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Januar 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger