1C_83/2022 27.07.2023
Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_83/2022  
 
 
Urteil vom 27. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Huber, 
 
gegen  
 
Verein B.________, 
Beschwerdegegner, 
 
Stadtrat Bülach, Marktgasse 27/28, 8180 Bülach, vertreten durch Rechtsanwältin Ricarda Tuffli Wiedemann, 
 
Gegenstand 
Denkmalschutz / Inventarentlassung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 16. Dezember 2021 (VB.2020.00277, VB.2020.00287). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Grundstück Kat.-Nr. 241 an der U.________strasse in Bülach stand im Eigentum von C.________. Es liegt gemäss geltender Bau- und Zonenordnung der Stadt Bülach (BZO) in der Kernzone KC und ist mit einem ehemaligen Vielzweckbauernhaus überbaut, das im kommunalen Inventar schutzwürdiger Bauten von 1988 mit dem Schutzziel B aufgeführt wird. 
 
B.  
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2017 stellte C.________ beim Stadtrat Bülach ein Provokationsgesuch zur denkmalpflegerischen Beurteilung des Gebäudes Assek.-Nr. 553 auf dem Grundstück Kat.-Nr. 241. Das vom Stadtrat eingeholte denkmalpflegerische Gutachten kam zum Ergebnis, das zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaute Vielzweckbauernhaus erfülle als wichtiger Bauzeuge die Anforderungen zur Klassifizierung als Schutzobjekt. Ihm komme eine wichtige baukünstlerische Bedeutung zu und es präge die ortsbauliche Situation. 
In Abweichung von diesem Gutachten beschloss der Stadtrat Bülach am 3. Juli 2019, das Gebäude auf dem Grundstück Kat.-Nr. 241 aus dem Inventar der kommunalen Schutzobjekte der Stadt Bülach zu entlassen und auf die Anordnung von Schutzmassnahmen zu verzichten. Dagegen rekurrierte der Zürcher Heimatschutz (ZVH) an das Baurekursgericht des Kantons Zürich, das einen Augenschein durchführte. Mit Entscheid vom 11. März 2020 hob es in Gutheissung des Rekurses den angefochtenen Stadtratbeschluss auf und lud den Stadtrat Bülach ein, das Unterschutzstellungsverfahren im Sinne der Erwägungen fortzusetzen. Gegen diesen Rückweisungsentscheid reichten C.________ und der Stadtrat Bülach zwei separate Beschwerden ein. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vereinigte die Verfahren und wies mit Urteil vom 16. Dezember 2021 die Beschwerden ab. 
 
C.  
C.________ erhob beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2021 aufzuheben und die vom Stadtrat Bülach beschlossene Inventarentlassung des streitbetroffenen Gebäudes zu bestätigen. 
 
Das Verwaltungsgericht und der Zürcher Heimatschutz beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Stadt Bülach führt in ihrer Vernehmlassung aus, sie unterstütze die Beschwerde, verzichte aber auf eine Beteiligung am Verfahren. Der Rechtsanwalt von C.________ bekräftigte in seiner Replik die von ihm gestellten Beschwerdeanträge und erklärte, A.________ habe die streitbetroffene Liegenschaft am 1. April 2022 käuflich erworben und trete als Rechtsnachfolger von C.________ in das Verfahren ein. Die dazu erforderliche Vollmacht wurde nachgereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 146 II 276 E. 1).  
 
1.2. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über denkmalpflegerische Massnahmen. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor.  
 
1.3. C.________ hat das streitbetroffene Gebäude nach der Einreichung der Beschwerde an A.________ verkauft, der erklärte, er trete als Rechtsnachfolger des Verkäufers in das vorliegende Verfahren ein. Damit wurde ein Parteiwechsel beantragt.  
Das Bundesgerichtsgesetz enthält zum Wechsel einer Partei keine Vorschriften, weshalb insoweit gemäss Art. 71 BGG die Bestimmungen des Bundeszivilprozesses (BZP; SR 273) sinngemäss anwendbar sind. Nach Art. 17 Abs. 1 BZP ist der Parteiwechsel nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulässig. Der Zürcher Heimatschutz, dem der verlangte Parteiwechsel zur Kenntnis gebracht wurde, erhob dagegen keine Einwände, was als konkludente Zustimmung ausgelegt werden kann (vgl. Urteil 1C_41/2012 vom 28. März 2013 E. 1.2.2 mit Hinweis, nicht publ. in BGE 139 II 470). Demnach wird das Verfahren mit A.________ als Beschwerdeführer weitergeführt. 
 
1.4. Das vorinstanzliche Urteil bestätigt den Rückweisungsentscheid des Baurekursgerichts, der den Stadtrat Bülach einlädt, das Unterschutzstellungsverfahren im Sinne der Erwägungen fortzusetzen. Das Baurekursgericht führte in Erwägung 9.2 seines Entscheids aus, die Erhaltung der äusseren Erscheinung (des streitbetroffenen Gebäudes) mit Fachwerk und Gliederung als Mittertennhaus sowie der Erhalt der inneren Raumstruktur sei aufgrund des hohen Eigen- und Situationswerts unabdingbar. Der detaillierte Schutzumfang werde indes erstinstanzlich vom Stadtrat festzulegen sein, wobei das von ihm eingeholte Gutachten angemessen zu berücksichtigen sein werde.  
Da dem Stadtrat bei der noch vorzunehmenden Bestimmung des genauen Schutzumfangs ein Entscheidungsspielraum zusteht, ist der angefochtene Rückweisungsentscheid als selbständig eröffneter Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren (Urteil 1C_128/2019 vom 25. August 2020 E. 1.3, nicht publ. in BGE 147 II 125; vgl. allgemein BGE 138 I 143 E. 1.2 mit Hinweisen). Gegen solche Zwischenentscheide ist gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG die Beschwerde (nur) zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Auf diese Voraussetzungen weist die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hin. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist, wenn dies nicht offensichtlich ist (Urteil 1C_203/2022 vom 12. April 2023 E. 1.3., zur Publ. bestimmt; BGE 142 V 26 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; je mit Hinweisen). Ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt der Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). 
 
1.5. Gemäss der Rechtsprechung muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG grundsätzlich rechtlicher Natur sein und auch durch einen für die rechtsuchende Partei günstigen Endentscheid nachträglich nicht mehr behoben werden können (BGE 148 IV 155 E. 1.1; Urteil 1C_203/2022 vom 12. April 2023 E. 1.3, zur Publ. bestimmt; je mit Hinweisen). Zwar lässt das Bundesgericht im Zusammenhang mit baurechtlichen Vorentscheiden unter gewissen Umständen einen tatsächlichen Nachteil genügen, weil andernfalls das im Baurecht zahlreicher Kantone enthaltene Institut des publizierten und kantonsintern anfechtbaren Vorentscheids weitgehend seines Gehalts entleert würde (BGE 135 II 30 E. 1.3.4 f. Urteil 1C_25/2021 vom 10. Januar 2022 E. 1.3). Jedoch betrifft das vorinstanzliche Urteil keinen solchen Vorentscheid. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern der angefochtene Rückweisungsentscheid für ihn zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG führen könnte, was auch nicht ersichtlich ist. Vielmehr steht es ihm offen, die einmal erfolgte Unterschutzstellung gerichtlich überprüfen zu lassen.  
 
1.6. Die Voraussetzungen zur Anfechtung des Zwischenentscheids gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sind nicht gegeben. Würde die vorliegende Beschwerde gutgeheissen, führte dies zwar bezüglich des streitbetroffenen Gebäudes zum Verzicht auf Massnahmen des Denkmalschutzes und damit zu einem Endentscheid. Jedoch macht der Beschwerdeführer nicht geltend, dass damit ein bedeutender Zeit- oder Kostenaufwand für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Dies ist auch nicht ersichtlich, zumal der Stadtrat bezüglich der denkmalpflegerischen Bedeutung des streitbetroffenen Gebäudes bereits ein Fachgutachten eingeholt und er am 13. März 2019 eine Besichtigung vorgenommen hatte. Unter diesen Umständen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass für die nähere Definition des Schutzumfangs ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein könnte.  
 
2.  
Nach dem Gesagten sind die Voraussetzungen der selbständigen Anfechtbarkeit des vorinstanzlichen Zwischenentscheids nicht erfüllt, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer unter solidarischer Haftung mit C.________ als ausgeschiedener Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 3 und Art. 71 BGG i.V.m. Art. 17 Abs. 2 BZP; Verfügung 1C_380/2013 vom 12. März 2014 E. 3; Urteil 1C_466/2013 vom 24. April 2014 E. 6). Dem nicht (extern) anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Urteil 1C_679/2021 vom 23. September 2022 E. 7 mit Hinweis). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden unter solidarischer Haftung dem Beschwerdeführer und C.________ auferlegt. 
 
3.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, C.________, dem Stadtrat Bülach und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer