9C_388/2023 23.10.2023
Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_388/2023  
 
 
Urteil vom 23. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, nebenamtlicher Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Pensionskasse A.________, 
vertreten durch Advokat Thomas Käslin, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ GmbH, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Mai 2023 (BV.2022.00099). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 13. Dezember 2022 erhob die Pensionskasse A.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die B.________ GmbH mit dem Rechtsbegehren, diese sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zur Zahlung von Fr. 20'843.20 zuzüglich 6% Zins seit 31. Dezember 2021 sowie Fr. 1'250.00 zuzüglich 6% Zins seit Klageeinreichung sowie Betreibungskosten von Fr. 103.30 zu verurteilen; der entsprechende Rechtsvorschlag sei aufzuheben. Mit Urteil vom 2. Mai 2023 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage teilweise gut, verpflichtete die B.________ GmbH zur Zahlung von Fr. 20'843.20 zuzüglich 6% Zins seit 31. Dezember 2021 und beseitigte den Rechtsvorschlag. Überdies auferlegte es den Parteien die Gerichtskosten von Fr. 800.- je zur Hälfte (Dispositiv-Ziffer 2) und sah davon ab, eine Prozessentschädigung zuzusprechen (Dispositiv-Ziffer 3). 
 
B.  
Die Pensionskasse A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des Urteils vom 2. Mai 2023. Die Gerichtskosten seien vollumfänglich der B.________ GmbH aufzuerlegen und ihr, der Beschwerdeführerin, sei eine angemessene Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die B.________ GmbH und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen die Kosten- und Entschädigungsfolgen im angefochtenen Entscheid. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie der Beschwerdeführerin die Hälfte der Gerichtskosten auferlegte und ihr - trotz weitgehenden Obsiegens im Hauptpunkt - keine Entschädigung zusprach.  
 
2.2. Soweit die Beschwerdeführerin beantragt, sämtliche Gerichtskosten seien der Beschwerdegegnerin zu überbinden, ist sie durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert. Dementsprechend fehlt ihr das Rechtsschutzinteresse nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
3.  
 
3.1. Das Klageverfahren nach Art. 73 BVG ist in der Regel kostenlos (Art. 73 Abs. 2 BVG; BGE 126 V 143 E. 4b). Diese bundesrechtliche Minimalanforderung steht unter dem Vorbehalt des allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Grundsatzes, dass eine Partei nicht leichtsinnig oder mutwillig prozessiert. Erweist sich die Prozessführung als leichtsinnig oder mutwillig, hat die betreffende Partei nicht nur die Verfahrenskosten zu tragen, sondern überdies die obsiegende Partei zu entschädigen, sofern sich im kantonalen Verfahrensrecht eine gesetzliche Grundlage für einen solchen Parteientschädigungsanspruch findet (BGE 128 V 323 E. 1a).  
 
3.2. Die Begriffe der Mutwilligkeit und des Leichtsinns sind bundesrechtlicher Natur. Sie sind erfüllt, wenn eine Partei Tatsachen wider besseres Wissen als wahr behauptet oder ihre Stellungnahme auf einen Sachverhalt abstützt, von dem sie bei der ihr zumutbaren Sorgfalt wissen müsste, dass er unrichtig ist. Mutwillig ist ferner das Festhalten an einer offensichtlich gesetzeswidrigen Auffassung. Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung liegt aber so lange nicht vor, als es der Partei darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt durch das Gericht beurteilen zu lassen. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht die Partei im Laufe des Verfahrens von der Unrichtigkeit ihres Standpunktes überzeugen und zu einem entsprechenden Verhalten (Beschwerde- oder Klagerückzug) veranlassen will. Die Erhebung einer aussichtslosen Beschwerde darf einer leichtsinnigen oder mutwilligen Beschwerdeführung nicht gleichgesetzt werden. Das Merkmal der Aussichtslosigkeit für sich alleine lässt einen Prozess noch nicht als leichtsinnig oder mutwillig erscheinen. Vielmehr bedarf es zusätzlich des subjektiven - tadelnswerten - Elements, dass die Partei die Aussichtslosigkeit bei der ihr zumutbaren vernunftgemässen Überlegung ohne Weiteres erkennen konnte, den Prozess aber trotzdem führt. Mutwillige Prozessführung kann ferner darin begründet sein, dass eine Partei eine ihr in dieser Eigenschaft obliegende Pflicht (Mitwirkungs- oder Unterlassungspflicht) verletzt (BGE 128 V 323 E. 1b; Urteil 9C_318/2022 vom 29. Juni 2023 E. 3 mit Hinweisen).  
 
4.  
Die Vorinstanz hiess die Klage der Beschwerdeführerin zwar zu einem grossen Teil gut, wies jedoch den Antrag auf Ausrichtung einer reglementarischen Entschädigungspauschale in Höhe von Fr. 1'250.- ab. Das kantonale Gericht qualifizierte in diesem Zusammenhang sowohl das Verhalten der Beschwerdeführerin als auch der Beschwerdegegnerin als mutwillig (E. 4.1 des angefochtenen Urteils). Die Beschwerdeführerin habe trotz zahlreicher Ermahnungen in anderen Streitsachen wiederum eine Entschädigungspauschale von Fr. 1'250.00 geltend gemacht. Deshalb seien ihr die Prozesskosten zur Hälfte aufzuerlegen, und aus diesem Grund habe die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Parteientschädigung (E. 4.2). 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht eine Bundesrechtsverletzung. Die Vorinstanz legt den bundesrechtlichen Begriff der Mutwilligkeit zu weit aus, wenn sie der Beschwerdeführerin vorwirft, im vorinstanzlichen Verfahren eine reglementarische Entschädigungspauschale beantragt zu haben. Wie die Beschwerdeführerin aufzeigt, ist die Praxis des kantonalen Gerichts zu dieser Frage nicht einheitlich. In der Vergangenheit sprach das Sozialversicherungsgericht Zürich wiederholt eine solche Prozessentschädigungspauschale zu (Urteile des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Juni 2012 [BV.2012.00007], 12. Dezember 2014 [BV.2014.00077] und 30. Juni 2017 [BV.2017.00041]). Wenn die Beschwerdeführerin vor diesem Hintergrund und trotz anderslautender Urteile im vorinstanzlichen Verfahren eine pauschale Entschädigung einklagte, kann dieses Vorgehen weder als aussichtslos noch als mutwillig bezeichnet werden.  
 
5.2. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen, soweit auf sie einzutreten ist. Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Urteils ist insoweit aufzuheben, als die Beschwerdeführerin mit Gerichtskosten belastet wird. Dispositiv-Ziffer 3 ist aufzuheben und die Sache ist zur Neuverlegung der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass keine mutwillige Prozessführung der Beschwerdeführerin vorliegt.  
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführern hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit auf sie einzutreten ist. Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils des Sozialversicherungsgerichts Zürich vom 2. Mai 2023 wird insoweit aufgehoben, als der Beschwerdeführerin Gerichtskosten auferlegt werden. Dispositiv-Ziffer 3 wird aufgehoben und die Sache zur Neuverlegung der Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner