1C_347/2023 14.07.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_347/2023  
 
 
Urteil vom 14. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________ Sagl, 
Beschwerdeführende, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Filippo Ferrari, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft, 
Guisanplatz 1, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Ukraine; Herausgabe von Beweismitteln, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 28. Juni 2023 (RR.2022.238, RR.2022.239). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) führt seit 2018 ein Strafverfahren wegen Aneignung bzw. Unterschlagung von Vermögenswerten durch Amtsmissbrauch, rechtswidriger Aneignung von Vermögenswerten einer Unternehmung, Institution oder Organisation und weiteren Straftatbeständen des ukrainischen Strafgesetzbuchs. In diesem Zusammenhang richtete es am 27. November 2020 ein erstes Rechtshilfeersuchen an das Bundesamt für Justiz (BJ). Am 25. November 2021 folgte ein ergänzendes Rechtshilfeersuchen. Darin bat das NABU u.a. um die Durchsuchung der Wohnung von A.________ zwecks Sicherstellung von Beweismitteln im Zusammenhang mit zwei Gesellschaften. 
Das BJ betraute die Bundesanwaltschaft mit dem Vollzug des ergänzenden Ersuchens. Am 9. Februar 2022 durchsuchte die Bundeskriminalpolizei im Auftrag der Bundesanwaltschaft zwei Wohnungen in U.________ (TI) und stellte eine Reihe von Unterlagen und Datenträgern sicher. Bei der einen Wohnung handelt es sich um diejenige von A.________, bei der andern um das Büro der B.________ Sagl, bei der A.________ als Geschäftsführer und Gesellschafter fungiert. 
Im Rahmen einer späteren Stellungnahme widersetzten sich die B.________ Sagl und A.________ einer Herausgabe. Sie machten sinngemäss geltend, die sichergestellten Unterlagen und Daten seien privat und hätten nichts mit dem in der Ukraine geführten Strafverfahren zu tun. 
Mit Schlussverfügung vom 29. November 2022 gewährte die Bundesanwaltschaft die Rechtshilfe und ordnete die Herausgabe von 14 in der Verfügung aufgelisteten Asservaten an. Die von der B.________ Sagl und A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 28. Juni 2023 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. Juli 2023 beantragen die B.________ Sagl und A.________ im Wesentlichen, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei 
aufzuheben. In prozessualer Hinsicht verlangen sie, dass ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen sei. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeschrift ist auf Italienisch verfasst. Das Verfahren vor Bundesgericht wird in einer Schweizer Amtssprache geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides (Art. 54 Abs. 1 BGG). Der angefochtene Entscheid erging auf Deutsch. Da der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, besteht kein Anlass, von der gesetzlich vorgesehenen Regel abzuweichen. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (zum Ganzen: BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen). 
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3 BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
2.2. Zwar geht es um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Es handelt sich jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall.  
Die Beschwerdeführenden machen unter Berufung auf Art. 2 IRSG (SR 351.1) geltend, die Ukraine vermöge derzeit die Menschenrechte nicht zu gewährleisten und das NABU übe Druck auf Zeugen aus, wende Gewalt an und verfolge Verfahrensbeteiligte. Einen Bezug zum hängigen Strafverfahren bzw. zu sich selbst stellen sie allerdings nicht her. Es ist nicht erkennbar, inwiefern sie von einer Verletzung von Art. 2 IRSG betroffen sein könnten, zumal sie ihren Wohnsitz bzw. Sitz in der Schweiz haben (vgl. Urteil 1C_338/2022 vom 17. Juni 2022 E. 1.2 und allgemein zu Inhalt und Anwendungsbereich von Art. 2 IRSG das zur Publ. vorgesehene Urteil 1C_624/2022 vom 21. April 2023 E. 3; je mit Hinweisen). 
Zur von den Beschwerdeführenden ebenfalls aufgeworfenen Frage der Relevanz der herauszugebenden Daten hat das Bundesstrafgericht ausgeführt, dass bereits im Rahmen der Hausdurchsuchung eine Triage durchgeführt worden sei, indem die potenziell relevanten Daten und Unterlagen anhand einer Suchliste mit Stichwörtern identifiziert worden seien. In der Folge habe eine zweite Triage stattgefunden, mit der weitere Daten ausgesondert worden seien. In der Schlussverfügung habe sich die Bundesanwaltschaft schliesslich zu jedem einzelnen der herauszugebenden Asservate und deren Bezug zum ukrainischen Strafverfahren geäussert. Gestützt auf diese Sachverhaltsfeststellung, welche die Beschwerdeführenden nicht substanziiert bestreiten, oblag es ihnen, konkret aufzuzeigen, inwiefern die zu übermittelnden Unterlagen ohne Interesse für das ausländische Verfahren sein sollten. Die vorinstanzlichen Ausführungen, auf die verwiesen werden kann, entsprechen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 130 II 14 E. 4.3 f.; Urteil 1C_307/2016 vom 2. August 2016 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
3.  
Da der Fall auch nicht anderweitig als besonders bedeutsam erscheint, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Der Beschwerde kommt im vorliegenden Fall ohnehin schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG). 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführenden die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführenden, der Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold