4C.319/2003 27.01.2004
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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.319/2003 /lma 
 
Urteil vom 27. Januar 2004 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichter Walter, Nyffeler, 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
Parteien 
A.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schnurrenberger, 
 
gegen 
 
B.________ Holding SA, 
Klägerin und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Benz. 
 
Gegenstand 
Mäklervertrag, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, vom 7. Oktober 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die B.________ Holding SA (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der ehemaligen B.C.________ SA. Sie machte gegenüber der A.________ AG (Beklagte) einen vertraglichen Anspruch auf Kommissionszahlungen geltend. Sie habe für diese eine Geschäftsbeziehung mit dem Zigarettenhersteller D.________ hergestellt und dafür in einem Kommissionsvertrag vom 12. Juli 1996 eine Vergütung von 1,5 % des Vertragswertes oder Preises aller zwischen der Beklagten und D.________ getätigten Zigarettentransaktionen zugestanden erhalten. Am 18. November 1996 hätten die Parteien die Vereinbarung geändert und den Provisionsanspruch der Klägerin auf 1 % gesenkt, wogegen die andern 0,5 % einem Dritten zukommen sollten. 
 
Die Beklagte bestritt den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung. 
B. 
Am 28. Juli 1998 klagte die Klägerin beim Kantonsgericht Zug auf Rechnungslegung einerseits und auf Bezahlung von 1 % des Totals der Preise aller Lieferungen anderseits, ausmachend per Ende Mai 1998 schätzungsweise US$ 3'400'000.-- nebst Zins. Für die vom Urteil nicht erfassten Beträge behielt sie sich ein Nachklagerecht vor. 
 
Das Kantonsgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2002 vollumfänglich ab. 
 
Auf Berufung der Klägerin hob das Obergericht des Kantons Zug den Entscheid des Kantonsgerichts mit Urteil vom 7. Oktober 2003 auf, verpflichtete die Beklagte zur Rechnungslegung und wies die Streitsache im Übrigen zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurück. 
C. 
Die Beklagte führt eidgenössische Berufung mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und dasjenige des Kantonsgerichts zu bestätigen, eventuell die Streitsache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht beantragt unter Hinweis auf seine Erwägungen im angefochtenen Entscheid ebenfalls die Abweisung der Berufung. 
Die von der Beklagten neben der Berufung erhobene staatsrechtliche Beschwerde hat das Bundesgericht unter dem heutigen Datum abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Teilurteile über einen Hilfsanspruch im Rahmen einer Stufenklage sind nach der Rechtsprechung selbständig mit Berufung anfechtbar (BGE 123 III 140 E. 2). Insoweit ist auf das Rechtsmittel einzutreten. 
2. 
Der Antrag auf Bestätigung des kantonsgerichtlichen Urteils ist sinngemäss als Begehren um Abweisung der Klage zu verstehen. Damit ist er inhaltlich Sachantrag und genügt als solcher den Anforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG
3. 
3.1 Das Obergericht hat seinem Urteil im Wesentlichen die folgenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt (Art. 63 Abs. 2 OG): 
Mit Schreiben vom 12. Juli 1996 habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin von der E.________ Ltd. n Moskau eine schriftliche Bestätigung verlangt, dass deren Firmengruppe, welcher auch die Beklagte angehört, interessiert sei, als Vertriebsgesellschaft für D.________ in Russland und anderen damaligen GUS-Staaten tätig zu werden. Mitgesandt habe sie einen von ihr vorformulierten "Letter of Intent". Dieser sei, versehen mit einem Stempel der Beklagten, zurückgefaxt worden. Darin habe die "E.________ Ltd." ihr Interesse an einer von der Klägerin zu vermittelnden längerfristigen Vertriebsvereinbarung mit D.________ bekundet und bestätigt, dass sie bereit sei, dafür auf allen Bestellungen welche unter den Vertriebsvertrag fallen würden, eine Kommission von 1,5 % an die Vermittlerin zu bezahlen. 
Am 29. August 1996 habe die Beklagte mit D.________ einen Vertrag über den Kauf bestimmter Zigarettenmarken und -typen zwecks Wiederverkaufs in Russland abgeschlossen. 
In einem Schreiben vom 18. November 1996 an F.________, Verwaltungsrat der Beklagten, habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin auf den "Letter of Intent" Bezug genommen und sich bereit erklärt, ihren Vergütungsanspruch auf 1 % zu reduzieren, wogegen 0,5 % an einen Dritten zu bezahlen seien. F.________ habe dieses Schreiben mit einem "OK" versehen und unterzeichnet, zudem handschriftlich darauf vermerkt, diese Kommissionen bezögen sich auf das laufende Geschäft und seien gegebenenfalls neu zu verhandeln, sollte die Gewinnspanne unbefriedigend bleiben. In der Folge habe die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 24. Januar 1997 US$ 61'055.60 mit dem Vermerk (in deutscher Übersetzung) "Kommission von 1 % der von A.________ AG bei D.________ am 16. Dezember 1996 platzierten Bestellung gemäss unserer Vereinbarung vom 12. Juli 1996" und am 6. August 1997 weitere US$ 167'431 mit dem Vermerk "Commission pro rata D.________" überwiesen. Sodann habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Zeit von Februar bis Juni 1997 unter dreien Malen weitere Kommissionszahlungen gefordert. Gegenüber der dritten Forderung habe die Beklagte am 24. Juni 1997 bestätigt, sie werde die Summe bezahlen, sobald die bestellte Ware vollumfänglich bei der E.________ Ltd. in Moskau eingetroffen sei. 
Diese tatsächlichen Feststellungen sind für das Bundesgericht im Berufungsverfahren verbindlich und massgebend, sofern sie nicht auf offensichtlichen Versehen beruhen, unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder zu ergänzen sind (Art. 63 Abs. 2 und 64 OG). Auf entsprechende Rügen der Beklagten wird im Rahmen der nachstehenden Erwägungen einzugehen sein. 
3.2 Aus seinen tatsächlichen Feststellungen hat das Obergericht die folgenden rechtlichen Schlüsse gezogen: 
Der "Letter of Intent" belege für sich allein noch keinen Vertragsschluss, da die Parteien ausdrücklich weitere Vertragsverhandlungen vorbehalten hätten. Dagegen bestätige das von F.________ gegengezeichnete Schreiben vom 18. November 1996 eine Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Kommissionen, woraus die Empfängerin nach Treu und Glauben auf einen Vertragswillen und damit Konsens habe schliessen dürfen. Gleichzeitig beweise das gegengezeichnete Schreiben vom 18. November 1996, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin als Vermittlerin zwischen der Beklagten und D.________ für den Abschluss des Vertriebsvertrags vom 29. August 1996 tätig gewesen sei, was überdies dadurch belegt werde, dass die E.________ Ltd. ihr vor Abschluss des Vertriebsvertrags dessen Entwurf zugestellt habe. Mithin sei von einem Mäklervertrag auszugehen, woraus der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der B.C.________ SA ein Provisionsanspruch von 1 % auf den jeweiligen Bestellungen der Beklagten bei D.________ zustehe. Dieses Ergebnis werde durch das nachträgliche Parteiverhalten, namentlich die erfolgten und zugesicherten Akontozahlungen gestützt. Die Beklagte habe daher über die provisionsberechtigten Warenbezüge abzurechnen. 
4. 
Die Beklagte macht einmal geltend, bei Abschluss des Vertriebsvertrags mit D.________ am 29. August 1996 habe sie auch nach Auffassung der Vorinstanz mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht in einem Vertragsverhältnis gestanden; vielmehr sei ihr normatives Akzept erst in der Rücksendung des Schreibens vom 18. November 1996 erblickt worden. Erfüllung (Vermittlung des Vertriebsvertrags) und Erfolg der Mäkelei (Abschluss des Vertriebsvertrags) aber könnten zeitlich nicht vor dem Abschluss des Mäklervertrags erfolgen. Dies widerspräche dem zentralen Merkmal dieses Vertragstyps, dass der Entschluss des Interessenten zum Geschäftsabschluss mit einer während der Dauer des Vertrags ergangenen Bemühung des Mäklers zusammenhängen müsse. 
Diese Auffassung dringt aus einem doppelten Grunde nicht durch. Zum einen hat F.________ namens der Beklagten den Kommissionsvertrag zwar erst am 18. November 1996 ausdrücklich angenommen, jedoch nicht spezifiziert, wann dieser seines Erachtens wirksam geworden sei und zu laufen begonnen habe. In seinem Bestätigungsvermerk kann durchaus auch eine (rückwirkende) Annahme der im "Letter of Intent" vom 12. Juli 1996 enthaltenen Offerte erblickt werden. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat die Beklagte ihre Teilzahlung vom 16. Dezember 1996 denn auch ausdrücklich auf eine "Vereinbarung vom 12. Juli 1996", d.h. dem Datum des "Letters of Intent" gestützt und damit ihr tatsächliches Vertragsverständnis offenbart (BGE 107 II 417 E. 6). Zum andern kann ein Provisionsversprechen durchaus auch erst nach Abschluss der Vermittlung abgegeben und eine entsprechende Schuld anerkannt werden. Von einem unmöglichen Inhalt einer solchen Vereinbarung kann keine Rede sein (BGE 90 II 92 E. 8d). Aus dem zeitlichen Ablauf der Geschehnisse kann daher nichts gegen die Gültigkeit und Rechtsverbindlichkeit der Provisionsvereinbarung abgeleitet werden. 
5. 
Eine Bundesrechtsverletzung erblickt die Beklagte weiter darin, dass die Vorinstanz das Vertragsverhältnis mit der Klägerin als Mäklervertag qualifiziert habe, obgleich das Gericht nicht von einer einmaligen, sondern von einer gestaffelten Provisionszahlung ausgegangen sei. Eine solche Mehrfachprovision sei dem Recht des Mäklervertrags fremd. 
Der Einwand geht fehl. Auch im Mäklervertrag gilt die allgemeine Vertragsfreiheit, ebenfalls für Art und Mass des vereinbarten Lohns, soweit nicht Schranken aus den Vorbehalten in Art. 417 und 418 OR, der guten Sitten (Art. 19 und 20 OR) oder des Übervorteilungsverbots (Art. 21) Platz greifen (Gautschi, Berner Kommentar, N 2a zu Art. 413 OR, Ammann, Basler Kommentar, N 1 zu Art. 413 OR). Auf solche Schranken beruft die Beklagte sich zu Recht nicht. 
Eine bloss einmalige Provision ist damit kein zwingendes Wesensmerkmal des Mäklervertrags. Es steht den Parteien vielmehr frei, auch gestaffelte Lohnansprüche zu vereinbaren, namentlich bei Vermittlung einer durch eine Reihe von Vertragsabschlüssen gekennzeichneten dauernden Geschäftsbeziehung. 
Überdies hätte die zwischen den Parteien zustande gekommene Vereinbarung aus dem Blickwinkel der Vertragsfreiheit inhaltlich vor dem Bundesrecht auch dann Bestand, wenn sie als Innominatkontrakt und nicht als Mäklervertrag zu qualifizieren wäre (Schluep/Amstutz, Basler Kommentar, Einleitung vor Art. 184 ff. OR, N 5). Die Vertragsqualifikation als solche ist damit im vorliegenden Fall nicht entscheidwesentlich. 
6. 
Soweit die Beklagte schliesslich geltend macht, die Anspruchsvoraussetzungen der beanspruchten Provisionen seien in tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllt, ist sie nicht zu hören. Sie missachtet die Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und beruft sich zu Unrecht auf Art. 8 ZGB. Die angerufene bundesrechtliche Beweisvorschrift regelt ausschliesslich die Voraussetzungen und die Folgen der Beweislosigkeit und wird gegenstandslos, wenn das kantonale Sachgericht - wie hier - zu einem positiven Beweisergebnis gelangt ist (BGE 128 III 271 E. 2b/aa, S. 277 mit Hinweisen). Dieses Beweisergebnis aber ist erfolglos mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten worden und gegen die Beweiswürdigung des kantonalen Sachgerichts steht nicht zusätzlich die eidgenössische Berufung offen (BGE 128 III 390 E. 4.3.3.2). Auf die Rüge ist daher nicht einzutreten. 
7. 
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ob die Vorinstanz die Beklagte zur Rechnungslegung allenfalls versehentlich bereits ab dem 12. Juni 1996 anstatt erst ab dem 12. Juli 1996 (Datum des "Letters of Intent") verpflichtet hat, wird im fortzusetzenden kantonalen Verfahren zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen sein. Entsprechende Missschreibungen sowohl der Klägerin wie beider kantonaler Instanzen sind jedenfalls nicht auszuschliessen (vgl. dazu das Urteil des Kantonsgerichts, S. 24 E. 3.1.3). Im vorliegenden Verfahren drängt sich eine - von der Beklagten auch nicht verlangte - Korrektur indessen nicht auf. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 20'000.-- wird der Beklagten auferlegt. 
3. 
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 22'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 27. Januar 2004 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: