2A.33/2003 29.01.2003
Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.33/2003 /kil 
 
Urteil vom 29. Januar 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merkli, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
X.________, geb. ... 1972, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Herrn Martin Ilg, Rechtsberatung, Rämistrasse 5, Postfach 464, 8024 Zürich, 
 
gegen 
 
Justiz- und Sicherheitsdirektion des Kantons Nidwalden, Kreuzstrasse 1, 6371 Stans, 
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, Rathausplatz 1, 6370 Stans. 
 
Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 7 ANAG
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, vom 20. Dezember 2002. 
 
Es wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
1. 
Der libanesische Staatsangehörige X.________ heiratete am 17. September 1996 eine Schweizer Bürgerin; er erhielt im Kanton Nidwalden eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleib bei der Ehefrau (Art. 7 ANAG). Am 28. April 1999 reichte die Ehefrau beim Kantonsgericht des Kantons Nidwalden die Scheidungsklage ein, und im Juni 1999 zog X.________ aus der ehelichen Wohnung aus. Am 7. Juni 2000 wurde die Scheidungsklage abgewiesen, einerseits weil die Trennung der Ehegatten noch nicht vier Jahre dauere (Art. 114 ZGB), andererseits weil das Gericht die Fortsetzung der Ehe nicht als für die Ehefrau unzumutbar (Art. 115 ZGB) erachtete. 
 
Die Fremdenpolizei des Kantons Nidwalden lehnte am 9. April 2002 das Gesuch von X.________ um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab und forderte ihn auf, die Schweiz zu verlassen (Wegweisung); sie ging davon aus, dass die Ehe endgültig gescheitert sei und eine Berufung darauf bzw. auf Art. 7 ANAG im fremdenpolizeirechtlichen Bewilligungsverfahren rechtsmissbräuchlich sei. Die Justiz- und Sicherheitsdirektion des Kantons Nidwalden wies die gegen diese Verfügung der Fremdenpolizei erhobene Beschwerde ebenso ab wie das Verwaltungsgericht, Verwaltungsabteilung, des Kantons Nidwalden die gegen den Beschwerdeentscheid der Direktion erhobene Beschwerde (Urteil vom 20. Dezember 2002). 
 
Mit rechtzeitiger Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 22. Januar 2003 beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern bzw. ihm die Niederlassungsbewilligung zuzusprechen. 
Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die Akten eingeholt worden. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Satz 1). Nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung (Satz 2). Art. 7 Abs. 2 ANAG hält fest, dass kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. 
2.1.1 Art. 7 Abs. 2 ANAG bezieht sich auf die so genannte Scheinehe. Ein Bewilligungsanspruch soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift dann nicht bestehen, wenn schon zum Vornherein nie der Wille bestand, eine Ehe einzugehen, und der einzige Zweck der Heirat darin besteht, dem Ausländer zu einer fremdenpolizeirechtlichen Bewilligung zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht nimmt an, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1996 keine Scheinehe eingegangen ist. Es erachtet die Bewilligungsverweigerung indessen darum für rechtmässig, weil die Berufung auf die Ehe, selbst wenn diese ursprünglich nicht aus ausländerrechtlichen Gründen eingegangen worden ist, unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich sei. 
2.1.2 Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeirechtlichen Verfahren auf eine Ehe beruft, welche nur (noch) formell besteht oder aufrecht erhalten wird, ohne dass Aussicht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht, mit dem alleinigen Ziel, ihm eine Anwesenheitsbewilligung zu ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5a S. 56, mit Hinweisen). So verhält es sich dann, wenn der schweizerische Ehegatte des um Bewilligung ersuchenden Ausländers seit Jahren von diesem getrennt lebt und mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft offensichtlich nicht mehr zu rechnen ist, wobei es auf die Ursache der Trennung der Ehegatten nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig losgelöst von der Aussicht auf ein irgendwie geartetes Zusammenleben mit dem schweizerischen Ehegatten den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; auf eine derartige Beanspruchung des Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet (BGE 127 II 49 E. 5b-d S. 57 ff., mit Hinweisen auf nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts). 
 
Liegen klare Hinweise darauf vor, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft nicht mehr beabsichtigt und nicht mehr zu erwarten ist, so kann es für die ausländerrechtliche Würdigung keine Rolle spielen, dass der ausländische Ehegatte, der sich vor Ablauf der Vierjahresfrist des Getrenntlebens (Art. 114 ZGB) der Scheidungsklage des schweizerischen Ehegatten widersetzt, sich damit in der Regel zivilrechtlich nicht rechtsmissbräuchlich verhält. Sodann schliesst der Umstand allein, dass der Scheidungsrichter die rechtliche Aufrechterhaltung einer solchen Ehe während der Dauer der Vierjahresfrist nicht schon als unzumutbar im Sinne von Art. 115 ZGB erachtet, nicht aus, dass die Berufung auf die nur noch formell bestehende Ehe als Grundlage für eine Aufenthaltsbewilligung (oder Niederlassungsbewilligung) ausländerrechtlich einen Rechtsmissbrauch darstellen kann (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 f., mit Hinweisen). 
2.1.3 Dass die Ehe nur noch formell und ohne Aussicht auf Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist oft bloss durch Indizien zu erstellen (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152; 127 II 49 E. 5a S. 57). Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können äussere Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille der Ehegatten); es handelt sich so oder anders um tatsächliche Gegebenheiten, und diesbezügliche Feststellungen binden das Bundesgericht, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei zu prüfen ist dagegen nur die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, die Berufung auf die Ehe sei rechtsmissbräuchlich und bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften (BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152). 
2.2 
2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat in E. 5 seines Urteils die vorstehend dargestellten, von der Rechtsprechung zur Frage der missbräuchlichen Berufung auf Art. 7 ANAG entwickelten Kriterien vollständig und zutreffend wiedergegeben und sich bei seiner Entscheidung davon leiten lassen. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, seine anders lautende Rechtsauffassung kundzutun, ohne auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts näher einzugehen; jedenfalls geben seine Ausführungen keinen Anlass, die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 ANAG durch das Verwaltungsgericht in Zweifel zu ziehen. 
2.2.2 In tatsächlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Scheidungswille der Ehefrau seit Juni 1999 unverändert und konsequent bestehe; seit der Gerichtsverhandlung im Scheidungsverfahren vom Juni 2000 bestünden zwischen den Ehegatten keine nennenswerte Kontakte mehr; der Beschwerdeführer habe nicht dargetan, dass er sich während der Trennungszeit ernsthaft bzw. wirksam bemüht hätte, sich mit der Ehefrau zu versöhnen. Dafür, dass das Verwaltungsgericht diesbezüglich den Sachverhalt unvollständig oder offensichtlich falsch bzw. unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hätte, bestehen keine Anzeichen; was insbesondere das im Kanton gestellte Begehren um Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eine diesbezügliche Verfahrensvorschrift betrifft, kann auf E. 8 des angefochtenen Urteils verwiesen werden (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG). Der Beschwerdeführer nennt als einzige Kontaktaufnahme ein Telefongespräch, das er mit seiner Frau am (fünften) Hochzeitstag geführt habe. Für das Bundesgericht steht somit verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer seit Jahren, schon lange vor Ablauf der Fünfjahresfrist von Art. 7 Abs. 2 Satz 2 ANAG (Voraussetzung für Erwerb eines Rechtsanspruchs auf Niederlassungsbewilligung), keine Kontakte zu seiner Ehefrau mehr pflegt und diese konsequent ihren Scheidungswillen bekundet. 
 
Unter diesen Umständen drängt sich der vom Verwaltungsgericht gezogene Schluss auf, dass auch der Beschwerdeführers selber, trotz seiner Behauptung, er liebe seine Frau und wolle die Ehe retten, nicht ernsthaft von der Möglichkeit ausgehen könne, das eheliche Zusammenleben wieder aufzunehmen. 
2.2.3 Vorliegend bestehen insgesamt keine Aussichten auf Weiterführung einer ehelichen Gemeinschaft; wenn sich der Beschwerdeführer unter diesen Umständen dennoch auf die Ehe beruft, um eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung bzw. die Erteilung der Niederlassungsbewilligung zu erwirken, handelt er rechtsmissbräuchlich; die die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigenden Bedingungen sind in seinem Fall erfüllt. Was das Verhältnis zur zivilrechtlichen (scheidungsrechtlichen) Lage betrifft, kann nebst auf die vorstehende E. 2.1.2, zweiter Absatz, auf E. 6c des angefochtenen Urteils verwiesen werden. 
2.3 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit als offensichtlich unbegründet, und sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen. 
 
Mit diesem Urteil wird das in der Beschwerdeschrift gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
2.4 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Justiz- und Sicherheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht, Verwaltungsabteilung, des Kantons Nidwalden sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 29. Januar 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: