1C_145/2022 06.04.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_145/2022  
 
 
Urteil vom 6. April 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, Rechtsabteilung, 
Entfelderstrasse 22, Postfach 2254, 5001 Aarau, 
Gemeinderat Birrwil, 5708 Birrwil, 
vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Merki, 
 
1. B.________, 
2. C.________, 
 
Gegenstand 
Erschliessungsplan Wilifeld Nord, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 27. Januar 2022 (WBE.2021.112). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Erschliessungsplan "Wilifeld Nord" der Gemeinde Birrwil lag vom 13. Mai 2019 bis zum 11. Juni 2019 öffentlich auf. Er beinhaltet den Ausbau der Rechtskurve der Quartierstrasse Wilifeld auf der Höhe der Parzelle Nr. 372. Zweck des Ausbaus ist es, die Befahrbarkeit mit Lastwagen (Kehrichtabfuhr, Feuerwehr) zu ermöglichen, wozu von der Parzelle Nr. 372 Land im Umfang von rund 15 m2 beansprucht wird und zwei Baulinien für Hauptbauten entlang den West- und Nordfassaden des darauf befindlichen Gebäudes festgelegt werden. Damit soll die Erschliessung der Parzelle Nr. 371 mit Blick auf eine neue Überbauung verbessert werden. 
Mit Beschluss vom 23. September 2019 erliess der Gemeinderat Birrwil den Erschliessungsplan "Wilifeld Nord". Gleichzeitig wies er die erhobenen Einwendungen, darunter diejenigen der D.________ AG (Eigentümerin der Parzelle Nr. 372) und von A.________ (Bewohner des Gebäudes auf der Parzelle Nr. 372), ab. 
A.________ und die D.________ AG fochten den gemeinderätlichen Beschluss beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) des Kantons Aargau an. Das BVU lud die Eigentümerinnen der zu erschliessenden Parzelle Nr. 371, B.________ und C.________, zum Verfahren bei. In beiden Beschwerdeverfahren entschied es, die Beschwerde teilweise gutzuheissen, die Eigentümerschaft der Parzelle Nr. 371 bei ihrer Aussage zu behaften und zu verpflichten, im Fall der Überbauung des fraglichen Grundstücks einen dem Gemeingebrauch offenstehenden Wendeplatz für Lastfahrzeuge angrenzend an die zur Parzelle führende Stichstrasse "Wilifeld" zu erstellen. Im Übrigen wies es die Beschwerden ab. Am 23. Februar 2021 genehmigte der Departementsvorsteher des BVU den vom Gemeinderat Birrwil beschlossenen Erschliessungsplan. 
A.________ und die D.________ AG reichten gegen die Beschwerdeentscheide und den Genehmigungsentscheid je Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau ein. Dieses vereinigte mit Urteil vom 27. Januar 2022 die beiden Beschwerdeverfahren und wies die Beschwerden ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 4. März 2022 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei zurückzuweisen und seine Beschwerde vom 9. April 2021 neu zu beurteilen. 
Das BVU beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht, B.________ und C.________ haben auf eine Stellungnahme verzichtet. Der Gemeinderat Birrwil hat sich nicht vernehmen lassen. Der Beschwerdeführer hat eine Replik eingereicht. 
Mit Präsidialverfügung vom 31. März 2022 hat das Bundesgericht der Beschwerde aufschiebende Wirkung gegeben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Die Beschwerdefrist von 30 Tagen gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG wurde eingehalten.  
 
1.2. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Ist die beschwerdeführende Person nicht Verfügungsadressatin, muss sie durch den angefochtenen Entscheid stärker betroffen sein als eine beliebige Drittperson und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Zudem muss sie einen eigenen, praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, das heisst, ihre Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Interesse besteht in der Vermeidung eines unmittelbaren materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für sie mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse genügt nicht (zum Ganzen: BGE 142 II 451 E. 3.4.1 mit Hinweisen). Nach Art. 42 Abs. 1 BGG muss eine beschwerdeführende Person die Tatsachen darlegen, aus denen sich ihre Beschwerdeberechtigung ergibt, sofern diese nicht offensichtlich gegeben ist (BGE 141 IV 289 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
1.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Nachbarn zur Beschwerdeführung gegen ein Bauvorhaben in der Regel insbesondere dann legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder andere Einwirkungen) betroffen werden, die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage hervorruft (BGE 136 II 281 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient in der Praxis die räumliche Distanz zum Bauvorhaben bzw. zur Anlage. Die Rechtsprechung bejaht in der Regel die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem Umkreis von bis zu rund 100 m befinden. Bei grösseren Entfernungen muss eine Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft gemacht werden. Allerdings darf nicht schematisch auf einzelne Kriterien (insbesondere Distanzwerte) abgestellt werden, sondern ist eine Gesamtwürdigung anhand der konkreten Verhältnisse erforderlich (BGE 140 II 214 E. 2.3; Urteil 1C_204/2016 vom 19. August 2016 E. 2.4; je mit Hinweisen).  
 
1.4. Unter den dargelegten Voraussetzungen steht das Beschwerderecht nicht nur Grundeigentümerinnen und -eigentümern, sondern auch der Mieterschaft zu (BGE 131 III 414 E. 2.3; Urteile 1C_66/2021 vom 6. Juli 2021 E. 2.3; 1C_283/2016 vom 11. Januar 2017 E. 1.2; je mit Hinweisen). Im Urteil 1C_572/2011 vom 3. April 2012 bejahte das Bundesgericht beispielsweise die Legitimation von Mietern eines Gebäudes, auf dessen Gartenfläche acht Parkplätze errichtet werden sollten (a.a.O., E. 1.2). Im vorliegenden Fall geht es dagegen lediglich um die Inanspruchnahme von 15 m2, damit die Innenlinie einer Strassenkurve leicht abgerundet werden kann. Ob damit wie im soeben erwähnten Urteil eine Zunahme von Immissionen verbunden ist, ist keineswegs offensichtlich. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass wegen der Vergrösserung der Strassenfläche eine Verkehrszunahme zu erwarten sei. Eine bessere Befahrbarkeit der Kurve für Lastwagen (Kehrichtabfuhr, Feuerwehr) scheint vielmehr geeignet, das Manövrieren zu erleichtern und damit den Fahrzeuglärm zu reduzieren. Jedenfalls wäre es nach dem Ausgeführten am Beschwerdeführer gewesen darzulegen, dass er in dieser Hinsicht durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist. Dies tut er jedoch nicht. Auch legt er nicht dar, als Mieter in der Benutzung des Gartens oder in anderer Weise eingeschränkt zu werden. In welchem Teil des Gebäudes auf der betroffenen Parzelle die von ihm gemietete Wohnung liegt, geht aus seiner Beschwerde nicht hervor.  
 
1.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeberechtigung nicht offensichtlich ist und der Beschwerdeführer es entgegen der ihn unter diesen Umständen treffenden Obliegenheit unterlassen hat, die seine Beschwerdeberechtigung begründenden Tatsachen darzulegen.  
 
1.6. Auch wenn das Beschwerderecht in der Sache selbst nicht erstellt ist, kann der Beschwerdeführer vor Bundesgericht geltend machen, im kantonalen Verfahren in seinen Parteirechten verletzt worden zu sein (sog. "Star-Praxis"). Allerdings kann auf diesem Weg keine indirekte Überprüfung des Entscheids in der Sache erlangt werden (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). Eine hinreichend substanziierte Rüge, die diese Voraussetzung erfüllt, ist der Beschwerde jedoch nicht zu entnehmen.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist aus diesen Erwägungen nicht einzutreten. 
Dem in der Beschwerdeschrift gestellten Gesuch um unentgeltliche Prozessführung kann entsprochen werden. Es sind somit keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Abzulehnen ist dagegen das erst mit Schreiben vom 6. April 2022 gestellte Gesuch um Bestellung eines Anwalts, zumal der Beschwerdeführer seine Beschwerde bereits ohne anwaltlichen Beistand verfasst hatte und die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war (Art. 64 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird insofern gutgeheissen, als keine Gerichtskosten erhoben werden. Im Übrigen wird es abgewiesen. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, dem Gemeinderat Birrwil, B.________, C.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. April 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold