2C_679/2023 14.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_679/2023  
 
 
Urteil vom 14. Dezember 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Camill Droll, 
 
gegen  
 
Bereich Bevölkerungsdienste und Migration, Migrationsamt, 
Spiegelgasse 12, 4051 Basel, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, 
Spiegelgasse 6, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 26. Oktober 2023 (VD.2023.91). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1989), vom Kosovo, heiratete am 3. April 2015 im Kosovo einen damals in der Schweiz aufenthaltsberechtigten kosovarischen Staatsangehörigen. Am 24. August 2016 erhielt sie im Kanton Basel-Stadt die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib beim Ehemann. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn (geb. 2018).  
Mit Urteil des Strafgerichts vom 7. März 2018 wurde der Ehemann, unter anderem wegen versuchter Gefährdung des Lebens und mehrfacher einfacher Körperverletzung, zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, einer Busse von Fr. 700.-- und einem Landesverweis von fünf Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde letztinstanzlich vom Bundesgericht bestätigt (Urteil 6B_548/2020 vom 4. Februar 2021). Seine Ausschaffung in den Kosovo erfolgte am 24. Oktober 2021. 
Mit Verfügung vom 29. April 2022 verlängerte der Bereich Bevölkerungsdienste und Migration des Kantons Basel-Stadt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ nicht und wies sie aus der Schweiz und dem Schengenraum weg. 
 
1.2. Die dagegen gerichteten Rechtsmittel wiesen das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 19. April 2023 und das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, mit Urteil vom 26. Oktober 2023 ab.  
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 11. Dezember 2023 an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Urteils vom 26. Oktober 2023. Ferner beantragt sie, es sei ihr die Niederlassungsbewilligung zu erteilen, eventualiter sei ihr die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Subeventualiter sei die Sache zur erneuten Beurteilung an das Migrationsamt zurückzuweisen.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht; ob die jeweils erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der inhaltlichen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
3.  
Streitgegenstand bildet die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin sowie die vorzeitige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 34 Abs. 4 AIG (SR 142.20). 
 
3.1. Die Beschwerdeführerin, die mit einem vormals in der Schweiz aufenthaltsberechtigten kosovarischen Staatsangehörigen verheiratet ist, beruft sich zu Recht nicht auf Art. 44 Abs. 1 AIG, zumal der Ehemann unbestrittenermassen über keine Aufenthaltsbewilligung mehr für die Schweiz verfügt und diese Bestimmung ohnehin keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung verschafft (vgl. BGE 137 I 284 E. 1.2; Urteil 2C_800/2022 vom 7. Dezember 2022 E. 2.3).  
Ausser Betracht fällt sodann die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 AIG. Denn die Aufenthaltsansprüche nach Art. 50 AIG knüpfen gemäss dem klaren Wortlaut des Gesetzes an diejenigen von Art. 42 und 43 AIG an und setzen damit voraus, dass der Ehegatte, von dem die Bewilligung abgeleitet wurde, das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besass (vgl. Urteil 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 3.1; betreffend Ex-Ehegatten von EU-Angehörigen vgl. BGE 144 II 1 E. 4.7). 
 
3.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Schutz ihres Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV aufgrund ihrer Aufenthaltsdauer in der Schweiz.  
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin seit dem 24. August 2016 im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung war, die mit Entscheid des Migrationsamts vom 29. April 2022 nicht mehr verlängert wurde. Seither ist ihr Aufenthalt in der Schweiz prozedural bedingt. Da die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin - selbst unter Einbezug des prozeduralen Aufenthalts - erst sieben Jahre beträgt, kann sie aus BGE 144 I 266 und der darin aufgestellten Vermutung, dass eine ausländische Person nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten könne (vgl. dort E. 3.9), keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung ableiten. 
Besondere Umstände, wonach in ihrem Fall - trotz kürzerer Aufenthaltsdauer - eine besonders ausgeprägte Integration vorliegen soll (vgl. hierzu BGE 144 I 266 E. 3.5 und 3.9 und BGE 149 I 207 E. 5.3), legt sie nicht substanziiert dar. Ihre Vorbringen, wonach sie namentlich über eine Festanstellung in einem 100%-Pensum verfüge, sprachlich gut integriert sei, keine Schulden habe und keine Sozialhilfe beziehe, reichen nicht aus, um eine über eine normale Integration hinausgehende Verwurzelung bzw. eine besonders intensive Verbindung zur Schweiz darzutun. Folglich gelingt es ihr nicht, in vertretbarer Weise darzutun, dass sie einen potenziellen Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz ihres Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) haben könnte. 
Im Übrigen fällt die Berufung auf den Schutz des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK ausser Betracht, zumal die Beschwerdeführerin - bis auf ihren minderjährigen Sohn - über keine Kernfamilie in der Schweiz verfügt. Aus dieser Beziehung könnte sie indessen keinen Bewilligungsanspruch ableiten, zumal die minderjährigen Kinder das ausländerrechtliche Schicksal des sorge- und betreuungsberechtigten Elternteils teilen und grundsätzlich mit diesem auszureisen haben (BGE 143 I 21 E. 5.4; Urteil 2C_669/2020 vom 28. August 2020 E. 2.2.2). 
 
3.3. Ein anderweitiger potenzieller Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ist nicht ersichtlich und wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht. Unbehelflich ist insbesondere die Berufung auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (KRK; SR 0.107), zumal sich daraus rechtsprechungsgemäss keine Bewilligungsansprüche ergeben (vgl. z.B. BGE 144 I 91 E. 5.2; 143 I 21 E. 5.5.2). Dass es sich vorliegend anders verhalten würde, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Insbesondere legt die Beschwerdeführerin nicht substanziiert dar, inwiefern sich aus den von ihr angerufenen Art. 6 und 16 KRK ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Bewilligung ergeben soll. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid dem Kindeswohl widersprechen könnte, zumal der 2018 geborene Sohn der Beschwerdeführerin noch sehr jung ist und weiterhin bei seiner Mutter und nunmehr im selben Land wie sein Vater leben wird.  
 
3.4. Soweit die Beschwerdeführerin die vorzeitige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 34 Abs. 4 AIG beantragt, ist festzuhalten, dass es sich dabei um einen Ermessensentscheid und nicht um eine Anspruchssituation handelt. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist in diesem Zusammenhang ausgeschlossen (vgl. Urteil 2C_367/2022 vom 17. Mai 2022 E. 2.1 mit Hinweisen).  
 
3.5. Im Ergebnis ist die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mangels Bewilligungsanspruchs unzulässig.  
 
4.  
Zu prüfen bleibt die Zulässigkeit der gleichzeitig erhobenen subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG). 
 
4.1. Mangels Aufenthaltsanspruchs in der Schweiz sind in diesem Rahmen ausschliesslich Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte zulässig, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2). Solche Rügen sind in der Beschwerde substanziiert vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) bzw. (sinngemäss) eine Rechtsverweigerung. Soweit nachvollziehbar macht sie geltend, das Migrationsamt habe ihren Antrag auf vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung nicht geprüft.  
Diesbezüglich lässt sich dem angefochtenen Urteil entnehmen, dass die vorzeitige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung Gegenstand des vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens sowie des verwaltungsinternen Rekursverfahrens bildete. Das Appellationsgericht hat diese Frage geprüft und erwogen, dass die Voraussetzungen für die vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung nicht erfüllt seien. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich und wird auch nicht substanziiert geltend gemacht (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG), inwiefern die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (vgl. E. 4.1 hiervor). Weitere Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können, erhebt die Beschwerdeführerin nicht. 
 
4.3. Folglich kann auf das Rechtsmittel auch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.  
 
5.  
 
5.1. Im Ergebnis erweist sich die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig und als subsidiäre Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unbegründet. Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten.  
 
5.2. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov