1C_455/2022 05.06.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_455/2022  
 
 
Urteil vom 5. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, 
nebenamtlicher Bundesrichter Fellmann, 
Gerichtsschreiberin Dillier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwälte 
Dr. Andri Mengiardi und Christian Fey, 
Beschwerdeführende, 
 
gegen  
 
D.C.________ und E.C.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwälte 
Thomas Casanova und Andreas Thoma, 
Beschwerdegegner, 
 
Stadt Chur, 
Rathaus, Poststrasse 33, 7001 Chur, 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Benz, Stadt Chur, Rechtskonsulent, Poststrasse 33, Postfach 810, 7001 Chur. 
 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5. Kammer, vom 15. Juni 2022 (R 21 49). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
D.C.________ und E.C.________ schlossen mit A.A.________ und B.A.________ am 12. Februar 2020 eine Vereinbarung betreffend Nutzungsübertragung von 140 m2 anrechenbarer Geschossfläche zugunsten der Parzelle 30441 in Haldenstein (im Eigentum von D.C.________ und E.C.________) und zulasten der angrenzenden Parzelle 30440 (im Eigentum von A.A.________ und B.A.________). Im Gegenzug verpflichteten sich die Berechtigten, ein Fahrwegrecht als bestehende Dienstbarkeit zu löschen und den Fahrweg auf Strassenebene zurückzubauen. Die Vereinbarung wurde als "Anmeldung zur Anmerkung einer öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkung im Grundbuch Haldenstein" bezeichnet. 
D.C.________ und E.C.________ reichten im März 2020 ein erstes Baugesuch für den Abbruch des bestehenden Doppeleinfamilienhauses sowie den Neubau eines Mehrfamilienhauses (MFH) auf der Parzelle 30441 ein. Dagegen wurden drei Einsprachen erhoben. Nachdem D.C.________ und E.C.________ die erste Baueingabe am 11. Juni 2020 zurückgezogen hatten, ersuchten sie am darauffolgenden Tag mit überarbeitetem Baugesuch erneut um Bewilligung einer Ersatzneubaute. Das Bauprojekt lag vom 19. Juni 2020 bis 9. Juli 2020 öffentlich auf. 
Bereits am 18. Juni 2020 hatten A.A.________ und B.A.________ gegenüber der Gemeindeverwaltung Haldenstein den schriftlichen Rückzug der am 12. Februar 2020 unterzeichneten Vereinbarung betreffend die Nutzungsübertragung erklärt. 
Gegen das überarbeitete Baugesuch vom 12. Juni 2020 wurden vier Einsprachen eingereicht, namentlich jene von A.A.________ und B.A.________ vom 8. Juli 2020. Der Stadtrat der Stadt Chur wies die Einsprachen mit Baubescheid vom 13. April 2021 ab, sofern darauf eingetreten wurde, und erteilte die Baubewilligung. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde von A.A.________ und B.A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Urteil vom 15. Juni 2022 ab. 
 
C.  
Am 30. August 2022 reichten A.A.________ und B.A.________ dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein. Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2022 sei aufzuheben und die nachgesuchte Baubewilligung sei zu verweigern. Eventualiter sei die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz oder an die Stadt Chur zurückzuweisen. Der Beschwerde sei zudem die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
D.  
D.C.________ und E.C.________ sowie die Stadt Chur ersuchen um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht schliesst ohne weitere Ausführungen auf Abweisung der Beschwerde. 
Mit Präsidialverfügung vom 4. Oktober 2022 hat das Bundesgericht der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Die Beschwerdeführenden haben sich nicht mehr vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid im Bereich des öffentlichen Baurechts. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG); ein Ausnahmegrund gemäss Art. 83 BGG ist nicht gegeben. Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind als unterlegene Parteien und Eigentümer bzw. Eigentümerin des unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Nachbargrundstücks (Parzelle 30440) vom angefochtenen Entscheid besonders betroffen und damit zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die form- und fristgerecht (vgl. Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG) erhobene Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet dieses von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; vgl. BGE 143 V 19 E. 2.3; 141 III 426 E. 2.4; 141 V 234 E. 1; je mit Hinweisen). Nach Massgabe der allgemeinen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG) prüft das Bundesgericht jedoch nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 143 V 19 E. 2.3; 140 III 115 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2 mit Hinweisen). Die Anwendung von kantonalem (inklusive kommunalem) Recht prüft das Bundesgericht (von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen) dabei nicht als solche, sondern nur unter dem Blickwinkel des übergeordneten (Bundes-) Rechts, insbesondere des Willkürverbots (vgl. Art. 95 lit. a BGG i.V.m. Art. 9 BV und Art. 106 Abs. 2 BGG). Willkürlich ist ein Entscheid, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, begründet für sich keine Willkür (vgl. BGE 148 III 95 E. 4.1; 144 I 113 E. 7.1).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, deren Sachverhaltsfeststellung sei offensichtlich unrichtig (vgl. dazu BGE 140 III 264 E. 2.3) oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine Richtigstellung des Sachverhalts erfolgt, sofern sie für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Für Sachverhaltsrügen gelten die strengen Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen).  
 
3.  
Mit Bezug auf den Sachverhalt rügen die Beschwerdeführenden, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, die Baubewilligungsbehörde hätte die zivilrechtliche Gültigkeit der Nutzungsübertragung überprüft. Entgegen der Feststellung der Vorinstanz sei die Baubewilligungsbehörde auf die gerügte Unwirksamkeit der Nutzungsübertragung aber gar nicht eingetreten und habe sich daher überhaupt nicht damit auseinandergesetzt. Auf die Rüge ist nicht weiter einzugehen: Vorab legen die Beschwerdeführenden nicht dar, inwiefern die beanstandete Sachverhaltsfeststellung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein soll (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführenden selbst halten fest, man könne sich mit der Feststellung begnügen, die erstinstanzliche Behörde habe die zivilrechtliche Gültigkeit der Nutzungsübertragung nicht geprüft. Inwieweit diese Feststellung zum prozessualen Sachverhalt für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung ist, zeigen die Beschwerdeführenden nicht auf, zumal sie keine formelle Rechtsverweigerung rügen. Dies ist mit Blick auf die nachfolgenden Ausführungen auch nicht ersichtlich. 
 
4.  
In formeller Hinsicht werfen die Beschwerdeführenden der Vorinstanz eine mehrfache Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. 
 
4.1. Entgegen der genannten Rüge hat die Vorinstanz das Recht der Beschwerdeführenden auf Beweisabnahme als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) nicht verletzt. Sie durfte auf die Durchführung eines Augenscheins, die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zum Wert der Nutzungsübertragung sowie auf die beantragten Parteibefragungen verzichten. Alle mit diesen Beweisofferten festzustellenden Tatsachen beziehen sich auf die von den Beschwerdeführenden geltend gemachte Übervorteilung und die Willensmängel (Irrtum, absichtliche Täuschung und Furchterregung). Wie nachfolgend dargelegt wird, durfte die Vorinstanz die Prüfung der abgeschlossenen Nutzungsübertragung auf Willensmängel und Übervorteilung hin dem Zivilgericht überlassen (vgl. E. 5.5.3 hiernach), weshalb sich auch die Abnahme entsprechender Beweismittel erübrigte.  
 
4.2. Fehl gehen die Beschwerdeführenden auch mit ihrem Vorwurf einer mangelhaften Begründung des angefochtenen Entscheids. Entgegen ihrem Vorbringen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Vorinstanz mit den zahlreichen Gründen, die zur Anfechtung der Vereinbarung vom 12. Februar 2020 geführt haben sollen (z.B. unerlaubte Hausbesichtigung, geplanter Ausbau des Dachstocks), nicht im Detail auseinandergesetzt hat. Die sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ergebende Begründungspflicht erstreckt sich lediglich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte (vgl. BGE 142 II 49 E. 9.2; 137 II 226 E. 3.2; 136 I 184 E. 2.2). Die Vorinstanz hat die entscheidrelevanten Überlegungen transparent gemacht und es den Beschwerdeführenden so ermöglicht, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Ihrer Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) ist sie damit nachgekommen. Ohnehin argumentieren die Beschwerdeführenden nicht frei von Widersprüchen, wenn sie einerseits behaupten, die blosse Erklärung einer Anfechtung der Nutzungsübertragung habe (unabhängig vom Vorliegen eines Anfechtungsgrunds) automatisch deren Unwirksamkeit bzw. Auflösung zur Folge (vgl. dazu E. 5.5 hiernach), andererseits aber gleichwohl geltend machen, die zur Anfechtung führenden Gründe seien entscheidrelevant.  
 
5.  
In materieller Hinsicht rügen die Beschwerdeführenden eine Verletzung von Art. 22 RPG (SR 700). Einerseits sei die Vereinbarung betreffend die Nutzungsübertragung vom 12. Februar 2020 nicht gültig zustande gekommen, da die Initialen der Beschwerdegegnerin keine gültige Unterschrift darstellen würden. Andererseits hätten sie die Vereinbarung wegen Irrtum, Bedrohung und Täuschung angefochten. Die Vereinbarung sei somit gar nie gültig zustandegekommen bzw. infolge ihrer Anfechtungserklärung ex tunc dahingefallen. Ohne eine rechtsgültige Nutzungsübertragung führe das vorliegende Bauvorhaben zu einer Übernutzung des Grundstücks; es könne somit nicht bewilligt werden. 
 
5.1. Gemäss Art. 22 Abs. 1 RPG (SR 700) dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen und das Land erschlossen ist (vgl. Art. 22 Abs. 2 RPG). Vorbehalten bleiben die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts (vgl. Art. 22 Abs. 3 RPG). Bei einer wie hier streitigen Nutzungsübertragung wird eine noch nicht genutzte Grundstücksfläche einer benachbarten Parzelle dem zu bebauenden Grundstück angerechnet (vgl. Urteile 1C_57/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 3.3; 1C_52/2013 vom 27. Juni 2013 E. 5.2; 1C_416/2007 vom 3. Oktober 2008 E. 2.1; je mit Hinweisen). Zu den bundesrechtlichen Voraussetzungen von derartigen Nutzungsübertragungen hat sich das Bundesgericht schon verschiedentlich geäussert (vgl. BGE 119 Ia 113 E. 3c; 109 Ia 188 E. 3; Urteile 1C_82/2020 vom 21. Oktober 2020 E. 3.5; 1C_389/2013 vom 25. März 2014 E. 4.1). Dass die hier streitige Nutzungsübertragung diesen Voraussetzungen von vornherein nicht genügen könnte, wird von keiner Seite geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.  
 
5.2. Eine Nutzungsübertragung wie die hier streitige ist einerseits ein (privatrechtliches) Rechtsgeschäft unter benachbarten Grundeigentümern bzw. -eigentümerinnen. Andererseits greift sie aber auch in die Nutzungsordnung ein und bedarf damit der öffentlich-rechtlichen Legitimation und Kontrolle; es ist insbesondere sicherzustellen, dass die übertragene bauliche Nutzung nicht doppelt beansprucht wird. Insoweit führt die Nutzungsübertragung auf dem übertragenden Grundstück zu einer öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkung (vgl. BEAT STALDER/NICOLE TSCHIRKY, in: Alain Griffel et al. [Hrsg.], Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, 2016, S. 210). Sie ist von der zuständigen Behörde im Grundbuch anzumerken (vgl. Art. 962 Abs. 1 ZGB), was der hier einschlägige Art. 14 Abs. 8 des Baugesetzes der Gemeinde Haldenstein vom 29. April 2011 auch ausdrücklich vorsieht. Eine Reduktion der Ausnützung auf dem übertragenden Grundstück besteht dabei als öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung ohne Anmerkung im Grundbuch (vgl. Art. 680 Abs. 1 ZGB); diese hat bloss deklaratorische Bedeutung (vgl. BGE 144 III 88 E. 5.3; 111 Ia 182 E. 4; Urteile 1C_74/2021, 1C_76/2021 vom 24. Januar 2022 E. 5.1; 1C_340/2016 vom 16. Januar 2017 E. 3.3).  
 
5.3. Die Beschwerdeführenden machen geltend, das der Nutzungsübertragung zugrunde liegende privatrechtliche Rechtsgeschäft leide an verschiedenen Mängeln. Dabei ist vorab zu beachten, dass für die Baubewilligungsbehörde keine Pflicht besteht, zivilrechtliche Vorfragen zu entscheiden. Die Auslegung eines zivilrechtlichen Vertrags durch eine Verwaltungsbehörde ist nur angezeigt, wenn der Vertragsinhalt leicht feststellbar ist und sich ein unzweifelhaftes Resultat ergibt (vgl. Urteile 1C_432/2021 vom 27. Juli 2022 E. 3.1.3; 1C_393/2021 vom 20. Mai 2022 E. 2.5; 1C_246/2015 vom 4. März 2016 E. 2.4; je mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung wird von der Vorinstanz zutreffend wiedergegeben und auch von den Beschwerdeführenden nicht in Frage gestellt. Letztere stellen sich jedoch auf den Standpunkt, dass die sich hier stellenden zivilrechtlichen Vorfragen hinsichtlich der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Nutzungsübertragung entgegen dem angefochtenen Entscheid leicht beantwortbar seien.  
 
5.4. Gemäss den Beschwerdeführenden soll zunächst offensichtlich sein, dass die Vereinbarung betreffend Nutzungsübertragung vom 12. Februar 2020 nicht gültig zustande gekommen sei, weil die Beschwerdegegnerin auf der Vereinbarung keine rechtsgenügliche Unterschrift angebracht habe, sondern bloss ihre Initialen.  
 
5.4.1. Die Vorinstanz erwog in diesem Zusammenhang, es sei rechtsmissbräuchlich bzw. widerspreche Treu und Glauben, sich erst im Beschwerdeverfahren auf eine rechtsungültige Unterschrift zu berufen, nachdem die Beschwerdeführenden den Rücktritt von der Nutzungsübertragung vorher ausschliesslich mit den Ausmassen der geplanten Baute begründet hätten. Zudem übersteige die Prüfung der (zivilrechtlichen) Frage, ob eine Unterschrift rechtsgültig geleistet wurde und ob daraus eine Ungültigkeit der Vereinbarung folge, die summarische Prüfungspflicht der Baubehörde. Dies wäre von einem Zivilgericht zu klären. Ob die von der Beschwerdegegnerin angebrachten Initialen im vorliegenden Fall das Erfordernis einer rechtsgültigen Unterschrift erfüllen, liess die Vorinstanz daher offen. Sie wies aber darauf hin, dass die Initialen offensichtlich der Beschwerdegegnerin zuzuordnen seien.  
 
5.4.2. Die Beschwerdeführenden machen geltend, dass die Vereinbarung über die Nutzungsübertragung die Unterschrift aller Eigentümer bzw. Eigentümerinnen des empfangenden Grundstücks erfordert und die Initialen dafür nicht genügen. Mithin gehen sie von der Formbedürftigkeit dieses Rechtsgeschäfts aus, ohne sich jedoch zur Art der verlangten Form näher zu äussern bzw. eine konkrete Rechtsnorm als verletzt zu rügen. Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG und oben, E. 2.1) ist für das Bundesgericht indes weder eine baurechtliche noch eine zivilrechtliche Bestimmung des Bundes ersichtlich, die für die hier streitige Vereinbarung einer Nutzungsübertragung besondere Formvorschriften vorsieht, welche die Gültigkeit der Vereinbarung offensichtlich in Frage stellen. Dies gilt auch mit Blick auf Art. 680 Abs. 2 ZGB, da von keiner Seite geltend gemacht wird, die Parteien hätten die Nutzungsübertragung als Dienstbarkeit begründen wollen (vgl. BGE 116 II 419; HEINZ REY/LORENZ STREBEL, in: Basler Kommentar ZGB, N. 24 zu Art. 680 ZGB).  
 
5.4.3. Eine offensichtliche Formungültigkeit, die von den Baubewilligungsbehörden zu berücksichtigen wäre, könnte sich demnach bloss aus dem kantonalen Recht ergeben, was das Bundesgericht mangels anderer angerufener Bestimmungen indes nur unter dem Blickwinkel der Willkür prüfen kann (vgl. oben, E. 2.2). In einigen kantonalen Baugesetzen wird für Vereinbarungen über die Nutzungsübertragung die Errichtung einer Dienstbarkeit vorausgesetzt (z.B. § 88 Abs. 2 des Raumplanungs- und Baugesetzes des Kantons Basel Landschaft vom 8. Januar 1998 [RBG/BL; SGS 400]; Art. 32 Abs. 1 der Verordnung des Kantons Bern über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen [BMBV/BE; BSG 721.3]), andere Kantone lassen eine schriftliche Zustimmung der belasteten Eigentümerschaft genügen (z.B. Art. 89 Abs. 1 lit. b des Planungs- und Baugesetzes des Kantons St. Gallen [PBG/SG; sGS 731.1]; § 40 Abs. 1 [V PBG/ZG]; zum Ganzen: SASCHA VALLATI, Dienstbarkeiten und Bauvorhaben, 2021, N. 342). Im Kanton Graubünden äussern sich weder das kantonale Baurecht noch das Baugesetz der Gemeinde Haldenstein vom 29. April 2011 zu den Formvorschriften für Vereinbarungen über die Nutzungsübertragung. Vor diesem Hintergrund führt die Unterzeichnung mit den blossen Initialen der Beschwerdegegnerin jedenfalls nicht zur offensichtlichen Ungültigkeit der streitbetroffenen Vereinbarung über die Nutzungsübertragung vom 12. Februar 2020. Der angefochtene Entscheid ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Deshalb kann im bundesgerichtlichen Verfahren offenbleiben, ob sich die Beschwerdeführenden in rechtsmissbräuchlicher Weise zu spät auf die Ungültigkeit der Vereinbarung berufen haben.  
 
5.5. Weiter ist zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht zum Schluss gekommen ist, dass die Vereinbarung vom 12. Februar 2020 nicht schon mit der Anfechtungserklärung der Beschwerdeführenden offensichtlich unwirksam wurde.  
 
5.5.1. Die Beschwerdeführenden machen geltend, indem die Unwirksamkeit einer Vereinbarung rechtzeitig geltend gemacht werde, werde der Vertrag mit Wirkung ex tunc aufgelöst. Der Anfechtungsgrund brauche in der Erklärung nicht einmal spezifiziert zu werden. Es genüge, wenn aus der Erklärung oder dem Verhalten des Anfechtenden unmissverständlich hervorgehe, dass er den Vertrag, so wie er geschlossen worden sei, nicht gelten lassen wolle. Dass die Beschwerdeführenden den Vertrag nicht hätten gelten lassen wollen, sei im Verfahren vor der Baubehörde und vor der Vorinstanz unbestritten gewesen. Die Anfechtungserklärung vom 18. Juni 2020 habe somit automatisch die Auflösung der Vereinbarung vom 12. Februar 2020 zur Folge gehabt. Die Vorinstanz habe dies verkannt und im Ergebnis willkürlich gehandelt.  
 
5.5.2. Die blosse Anfechtungserklärung der einen Willensmangel bzw. eine Übervorteilung behauptenden Partei bewirkt für sich allein nicht die Ungültigkeit des Vertrages. Diese Auffassung lässt sich weder mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbaren, noch aus der von den Beschwerdeführenden zitierten Literatur ableiten. Gemäss Art. 23 OR ist der Vertrag für diejenigen unverbindlich, die sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden haben. Dass tatsächlich ein Irrtum vorgelegen hat, ist somit unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die Anfechtungserklärung Wirkung entfaltet. Auch aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 OR geht unmissverständlich hervor, dass die absichtliche Täuschung tatsächlich erfolgt sein muss, damit sich die getäuschte Partei auf die Unverbindlichkeit des Vertrags berufen kann (so ausdrücklich BGE 128 III 70 E. 1b). Dasselbe gilt auch für das Vorliegen einer Furchterregung gemäss Art. 29 f. OR sowie eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung im Rahmen einer Übervorteilung gemäss Art. 21 OR. Lehre und Rechtsprechung setzen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführenden voraus, dass eine Erklärung über die Unverbindlichkeit eines Vertrags nur dann wirksam ist, wenn beim Vertragsschluss tatsächlich ein Willensmangel vorgelegen hat (vgl. BGE 128 III 70 E. 1b mit Hinweis); dies gilt auch für die Übervorteilung.  
 
5.5.3. Bei dieser Ausgangslage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz eine leicht feststellbare, zivilrechtliche Vorfrage verneint hat. Es hält auch vor dem Willkürverbot stand, wenn die Vorinstanz die Beurteilung hinsichtlich der vorgebrachten Übervorteilung und die geltend gemachten Willensmängel (Irrtum, absichtliche Täuschung und Furchterregung) dem Zivilgericht überlässt, zumal es sich dabei weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht um Fragen handelt, die für die Baubehörde leicht zu beantworten sind. Entsprechend liegt auch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV) vor, wenn die Vorinstanz auf eine Abnahme von Beweismitteln verzichtet hat, die auf den Nachweis der (angeblichen) Willensmängel zielten (vgl. oben, E. 4.1).  
 
5.6. Wird im Baubewilligungsverfahren der Entscheid über eine zivilrechtliche Vorfrage den Zivilgerichten überlassen, kann gemäss Lehre und Rechtsprechung das Baubewilligungs- bzw. das entsprechende Rechtsmittelverfahren bis zum Entscheid des Zivilgerichts sistiert werden (Urteil 1C_246/2015 vom 4. März 2016 E. 6.2 mit Hinweisen). Eine bundesrechtliche Pflicht zu einer solchen Sistierung besteht jedoch nicht (Urteil 1C_628/2020 vom 21. Juli 2021 E. 2.4). Dass die Vorinstanz vorliegend auf eine Verfahrenssistierung verzichtet hat, ist mit Blick auf das Willkürverbot nicht zu beanstanden. Etwas anderes vermögen die Beschwerdeführenden mit ihren Ausführungen jedenfalls nicht hinreichend darzulegen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
5.7. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde auch in Bezug auf die Rüge der Verletzung von Art. 22 RPG und damit insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
6.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführenden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie haben die obsiegende Beschwerdegegnerin und den obsiegenden Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG). 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführenden haben die Beschwerdegegnerin und den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftung mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dillier