1C_444/2023 13.09.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_444/2023  
 
 
Urteil vom 13. September 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Louis Bochud, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, 
An der Aa 4, 6300 Zug. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Deutschland; Herausgabe von Beweismitteln, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 28. August 2023 (RR.2022.190). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Köln führt gegen B.________ und weitere Personen ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Bestechung im geschäftlichen Verkehr und der Anstiftung zur Untreue. Mit Rechtshilfegesuch vom 2. September 2021 baten die deutschen Behörden u.a. um die Herausgabe von Bankunterlagen betreffend zwei auf die A.________ GmbH lautende Konten bei der C.________ AG. Das Bundesamt für Justiz (BJ) delegierte den Vollzug des Rechtshilfeersuchens an den Kanton Zug. 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug trat am 3. Februar 2022 auf das Rechtshilfeersuchen ein und liess die Bankunterlagen von der C.________ AG edieren. Mit Schlussverfügung vom 2. September 2023 ordnete sie die Herausgabe der erhobenen Bankunterlagen an. 
 
B.  
Dagegen erhob die A.________ GmbH am 6. Oktober 2022 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Diese wies die Beschwerde am 28. August 2023 ab. 
 
C.  
Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts hat die A.________ GmbH am 8. September 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Rechtshilfegesuch sei abzuweisen. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, welche die Übermittlung von Bankunterlagen und damit von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. b, Art. 90 und Art. 84 Abs. 1 BGG offen, sofern es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. 
 
2.  
Ein besonders bedeutender Fall liegt nach Art. 84 Abs. 2 BGG "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Gerade im Bereich der sogenannten "kleinen" (akzessorischen) Rechtshilfe kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). 
 
3.  
Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann auch die Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren (und nicht nur im ausländischen Verfahren) einen besonders bedeutenden Fall begründen (BGE 145 IV 99 E. 1.3). Indessen genügt das pauschale Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die Behörden hätten elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, nicht, um einen Rechtshilfefall als besonders bedeutend erscheinen zu lassen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4; 133 IV 125 E. 1.4 S. 129; je mit Hinweisen; vgl. dazu FORSTER, a.a.O., Art. 84 N. 31). Die besondere Bedeutung des Falles ist in der Beschwerdeschrift darzulegen; hierfür gilt eine qualifizierte Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG; MARC FORSTER, in: Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl., 2018, Art. 84 N. 33). 
 
3.1. Vorliegend macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, es widerspreche elementaren Verfahrensgrundsätzen, die Rechtshilfe gestützt auf eine lückenhafte Sachverhaltsdarstellung bzw. blosse Behauptungen der ersuchenden Behörde zu gewähren  
Einen derartigen Grundsatz kennt das Rechtshilferecht jedoch gerade nicht. Wie die Vorinstanz ausführlich dargelegt hat, würde es Sinn und Zweck des Rechtshilfeverfahrens widersprechen, von den Behörden des ersuchenden Staat zu verlangen, dass sie den Sachverhalt, der Gegenstand des hängigen Strafverfahrens bildet, bereits lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen, da das Rechtshilfeersuchen gerade der Klärung von bisher im Dunkeln gebliebenen Punkten dient. Aus dem gleichen Grund kann auch nicht verlangt werden, dass die ersuchende Behörde die Tatvorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegt. Die ersuchte Behörde ist grundsätzlich an die Sachverhaltsdarstellung im Rechtshilfeersuchen gebunden und muss lediglich prüfen, dass diese keine offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche aufweist, welche das Rechtshilfeersuchen sofort entkräften würden (vgl. BGE 142 IV 250 E. 6.3 mit Hinweisen). Diese Prüfung wurde vorliegend vom Bundesstrafgericht vorgenommen. 
 
3.2. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, die beantragte Rechtshilfe sei zur Klärung der Vorwürfe im deutschen Strafverfahren nicht notwendig. Insbesondere genügten bereits die Unterlagen der für die ersuchende Behörde greifbaren Bankkonten in Deutschland zur Abklärung des Geldflusses. Dies verletze das Gebot der Subsidiarität als elementaren Verfahrensgrundsatz.  
Implizit wird damit die Verhältnismässigkeit der Rechtshilfegewährung in Frage gestellt. Grundsätzlich ist es jedoch Sache des ersuchenden Staates zu entscheiden, welche Beweise zur Erhärtung des Verdachts erforderlich sind. Das Verhältnismässigkeitsprinzip steht der Gewährung der Rechtshilfe nur entgegen, wenn die verlangten Unterlagen keinen Zusammenhang mit der verfolgten Straftat aufweisen und offensichtlich ungeeignet sind, die Untersuchung voranzutreiben (BGE 139 II 404 E. 7.2.2 S. 424 mit Hinweisen). Dies ist vorliegend klarerweise nicht der Fall. 
 
4.  
Nach dem Gesagten liegen objektiv keine ernsthaften Anhaltspunkte für die Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren vor, die einen besonders bedeutenden Fall begründen könnten. Da der Fall auch nicht anderweitig als besonders bedeutsam erscheint, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. September 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber