1C_477/2021 03.11.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_477/2021, 1C_479/2021  
 
 
Urteil vom 3. November 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Mattle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1C_477/2021 
Stadt Winterthur, 
Pionierstrasse 7, 8400 Winterthur, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Strütt, 
 
und 
 
1C_479/2021 
Stadt Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Herr PD Dr. Goran Seferovic, 
 
gegen  
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8001 Zürich, 
handelnd durch die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Änderung des Strassengesetzes (StrG) vom 12. April 2021; Zuständigkeit für Projektfestsetzungen, 
 
Beschwerden gegen den Beschluss des Kantonsrats Zürich vom 12. April 2021. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Als Resultat einer im Jahr 2014 eingereichten parlamentarischen Initiative beschloss der Kantonsrat Zürich am 12. April 2021 folgende Änderung von § 15 des Strassengesetzes vom 27. September 1981 (StrG/ZH; LS 722.1) : 
 
"Abs. 1 unverändert. 
 
2 Projekte für Gemeindestrassen werden von den Gemeinden festgesetzt. Der Festsetzungsbeschluss bedarf der Genehmigung der zuständigen Direktion. Mit der Genehmigung ist das Enteignungsrecht erteilt. 
 
3 Für die Genehmigung gilt § 5 des Planungs- und Baugesetzes." 
 
Der Beschluss des Kantonsrats wurde am 16. April 2021 amtlich veröffentlicht. Mit Verfügung vom 22. Juni 2021 (amtlich publiziert am 25. Juni 2021) stellte die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich fest, dass gegen den Beschluss des Kantonsrats kein Referendum ergriffen worden war. 
 
B.  
Am 26. August 2021 haben die Städte Winterthur und Zürich gegen den Beschluss des Kantonsrats vom 12. April 2021 je Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben (Verfahren 1C_477/2021 bzw. Verfahren 1C_479/2021). Sie beantragen je, § 15 Abs. 2 und Abs. 3 des Strassengesetzes gemäss Änderung vom 12. April 2021 seien aufzuheben. Zudem haben sie beantragt, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
C.  
Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich für den Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt, die beiden Beschwerden seien zu vereinigen und abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Der Kantonsrat hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdeführerinnen und die Volkswirtschaftsdirektion für den Regierungsrat haben weitere Eingaben gemacht und an ihren Anträgen festgehalten. 
 
D.  
Mit zwei Verfügungen vom 4. Oktober 2021 hat das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts die Gesuche der Beschwerdeführerinnen um aufschiebende Wirkung der Beschwerden abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerden in den Verfahren 1C_477/2021 und 1C_479/2021 richten sich beide gegen die geänderten Absätze 2 und 3 von Art. 15 StrG/ZH und werfen inhaltlich die gleichen Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich, die beiden Verfahren zu vereinigen. 
 
2.  
Bei den angefochtenen Bestimmungen handelt es sich um einen kantonalen Erlass im Sinne von Art. 82 lit. b BGG. Da der Kanton Zürich gegen die beschlossenen Bestimmungen kein kantonales abstraktes Normkontrollverfahren vorsieht, können sie direkt beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. Art. 87 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 79 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 [KV/ZH; SR 131.211] sowie § 19 Abs. 1 lit. d und § 42 lit. b des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 [VRG/ZH; LS 175.2]). 
Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung des Mitwirkungsrechts gemäss Art. 85 Abs. 3 KV/ZH, welches Bestandteil der in Art. 85 KV/ZH gewährleisteten Gemeindeautonomie bildet. Sie sind durch die angefochtene Gesetzesbestimmung in ihrer Stellung als Hoheitsträgerinnen berührt und daher gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG befugt, die Verletzung ihrer Autonomie mit Beschwerde geltend zu machen. Ob die beanspruchte Autonomie tatsächlich besteht, ist keine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 146 I 83 E. 1.2). 
Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten. 
 
3.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht und von kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a und c BGG). Eine in ihrer Autonomie betroffene Gemeinde kann unter anderem geltend machen, die kantonale Behörde habe die Tragweite von verfassungsmässigen Rechten missachtet. Sie kann sich auf das Willkürverbot und auf Verfahrensgrundrechte berufen, soweit diese Vorbringen mit der behaupteten Rüge der Autonomieverletzung in engem Zusammenhang stehen. Die Anwendung von Bundesrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von kantonalem Gesetzes- und Verordnungsrecht nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (BGE 147 I 433 E. 4.2 mit Hinweisen). 
 
4.  
Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 85 Abs. 3 KV/ZH. Sie machen geltend, die Änderung von § 15 Abs. 2 und 3 StrG/ZH schränke ihren Autonomiebereich ein, weshalb sie nach Art. 85 Abs. 3 KV/ZH im Gesetzgebungsverfahren hätten rechtzeitig angehört werden müssen, was nicht geschehen sei. 
 
4.1. Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach Art. 85 Abs. 1 KV/ZH regeln die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbstständig und gewährt ihnen das kantonale Recht möglichst weiten Handlungsspielraum.  
Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale oder eidgenössische Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 147 I 433 E. 4.1 mit Hinweisen). 
Der kantonale Gesetzgeber kann die von ihm einmal gezogenen Schranken der Autonomie durch Gesetzesänderung nachträglich enger ziehen, solange nicht irgendwelche unmittelbar durch die Verfassung gewährleisteten Befugnisse oder Anforderungen berührt werden. Wird eine Gemeinde in dieser Weise durch eine kantonale Anordnung in ihrer Autonomie eingeschränkt, so kann sie insbesondere verlangen, dass die kantonale Behörde in formeller Hinsicht ihre Befugnisse nicht überschreitet und korrekt vorgeht und dass sie in materieller Hinsicht die kantonal- und bundesrechtlichen Vorschriften im autonomen Bereich nicht verletzt (vgl. BGE 147 I 433 E. 4.3 mit Hinweisen). 
Art. 85 Abs. 3 KV/ZH schreibt ausdrücklich vor, dass der Kanton Zürich die Gemeinden in Bereichen, die zu einer Beschränkung der Gemeindeautonomie führen können, rechtzeitig anhören muss. Verlangt wird eine bevorzugte Beteiligung der betroffenen Gemeinden. Der Kanton muss sicherstellen, dass sie ihre Interessen selber formulieren, in den Planungsprozess frühzeitig eingeben und vor den zuständigen kantonalen Behörden selber vertreten können (BGE 147 I 433 E. 5.1). Das Mitwirkungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 KV/ZH ist den Gemeinden im Gesetzgebungsverfahren, welches auf eine Beschränkung ihrer Autonomie ausgerichtet ist, umfassend zu gewähren. Die Stellungnahmen sind in einem Zeitpunkt einzuholen, in welchem sie noch in die Entscheidungen einfliessen können. Zwar besteht kein Anspruch der Gemeinden, dass ihre Vorschläge tatsächlich berücksichtigt werden. Die kantonale Behörde hat sich jedoch mit den Vorschlägen der Gemeinden - wie der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer - auseinanderzusetzen und zu begründen, weshalb sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 147 I 433 E. 5.1; TOBIAS JAAG, in: Isabelle Häner/Markus Rüssli/Evi Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, 2007, N 22 f. zu Art. 85). 
Der Anspruch auf Mitwirkung nach Art. 85 Abs. 3 KV/ZH ist formeller Natur. Eine Verletzung dieses Anspruchs führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids bzw. Erlasses (vgl. BGE 147 I 433 E. 5.1). 
 
4.2. Das StrG/ZH unterscheidet zwischen Staatsstrassen und Gemeindestrassen. Staatsstrassen sind die gemäss Planungs- und Baugesetz in den kantonalen und regionalen Verkehrsplänen festgelegten Strassen (§ 5 Abs. 1). Alle übrigen Strassen sind Gemeindestrassen (§ 5 Abs. 2). Die Gemeindestrassen werden von den Gemeinden erstellt und ausgebaut (§ 6). Die Gemeinden sind namentlich grundsätzlich zuständig für die Beschlussfassung über den Bau von Gemeindestrassen und die Projektbearbeitung (§ 10 und § 12 Abs. 2).  
Gemäss § 15 Abs. 2 StrG/ZH in der bisherigen Fassung werden die ausgearbeiteten Projekte für Gemeindestrassen von der Gemeinde festgesetzt. Daran soll sich mit der am 12. April 2021 beschlossenen Gesetzesänderung nichts ändern. Neu soll der Beschluss über die Festsetzung von Projekten für Gemeindestrassen jedoch stets der Genehmigung des Kantons bzw. der zuständigen Direktion unterliegen (vgl. Sachverhalt Lit. A). Dies im Unterschied zur bisherigen Regelung, welche eine Genehmigung des Kantons nur für Einmündungen in Staatsstrassen verlangt (§ 15 Abs. 3 Satz 1 StrG/ZH) und im Übrigen die Genehmigung durch den Bezirksrat vorsieht, dies wiederum jedoch nur, wenn die Erteilung des Enteignungsrechtes erforderlich ist (§ 15 Abs. 2 Satz 2 StrG/ZH). 
 
4.3.  
 
4.3.1. Der Regierungsrat führt an, es sei unbestritten, dass die Gemeinden im Kanton Zürich bei der Nutzungsplanung und auch bei der Festsetzung kommunaler Strassenprojekte grundsätzlich über Autonomie verfügen würden. Er ist indessen der Auffassung, die Änderung von § 15 Abs. 2 und 3 StrG/ZH führe nicht zu einer Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Gemeinden, weil § 15 Abs. 2 StrG/ZH in der bisherigen Fassung mit Art. 26 RPG nicht vereinbar sei. Strassenprojekte im Sinne von § 12 ff. StrG/ZH stellten Sondernutzungspläne dar und müssten deshalb mit Blick auf Art. 26 RPG zwingend von einer kantonalen Behörde genehmigt werden. Weil dies nach dem bisherigen kantonalen Recht nicht durchgehend sichergestellt sei, müsse dieses korrigiert werden. Der Kantonsrat habe mit der Änderung von § 15 Abs. 2 und 3 StrG/ZH somit lediglich eine vom Bundesrecht gebotene Änderung vollzogen, weshalb die Gemeinden insoweit keine Autonomie beanspruchen könnten, Art. 85 Abs. 3 KV/ZH keine Anwendung finde und auf eine Anhörung der Gemeinden habe verzichtet werden können.  
Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Auffassung, wonach Art. 85 Abs. 3 KV/ZH vorliegend nicht zur Anwendung gelange, sei in dreifacher Hinsicht unzutreffend. Erstens würden nicht alle Strassenprojekte zwingend Nutzungsplanungen im Sinne von Art. 26 RPG darstellen, zweitens lasse Art. 26 RPG Ausnahmen von der Pflicht zur Genehmigung von Nutzungsplänen zu und drittens gehe der Umfang der in den geänderten § 15 Abs. 2 und 3 StrG/ZH vorgesehenen Überprüfungsbefugnis der kantonalen Behörde über das hinaus, was das Bundesrecht zwingend erfordere. 
 
4.3.2. Gemäss Art. 26 RPG müssen Nutzungspläne und ihre Anpassungen durch eine kantonale Behörde genehmigt werden (Abs. 1). Die kantonale Behörde prüft diese zwingend auf ihre Übereinstimmung mit den vom Bundesrat genehmigten kantonalen Richtplänen (Abs. 2) sowie mit dem massgebenden Bundesrecht (ALEXANDER RUCH, in: Heinz Aemisegger/Pierre Moor/Alexander Ruch/Pierre Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, 2016, N. 30 und N. 38 ff. zu Art. 26; BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Raumplanungsgesetz, 2006, N. 14 zu Art. 26). Es bleibt dem kantonalen Recht vorbehalten, über die Mindestanforderungen von Art. 26 Abs. 2 RPG hinaus weitere Genehmigungsvoraussetzungen vorzusehen. Das kantonale Recht kann namentlich verlangen, dass die kantonale Behörde auch die Zweckmässigkeit oder die Angemessenheit der Nutzungsplanung prüft (RUCH, a.a.O., N. 41 ff. zu Art. 26; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., N. 15 zu Art. 26).  
In BGE 117 Ib 35 hat das Bundesgericht ausgeführt, Strassenprojektpläne für Staatsstrassen nach dem StrG/ZH stellten Sondernutzungspläne im Sinne von Art. 14 ff. RPG dar (E. 2). In den Urteilen 1A.27/2002 vom 20. August 2002 (E. 5.2 f.) und 1C_38/2017 vom 21. Februar 2018 (E. 3.2) hat es auch zwei konkrete Projekte für Gemeindestrassen als Sondernutzungspläne qualifiziert. Soweit Strassenprojekte nach dem StrG/ZH im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichts Nutzungspläne gemäss dem RPG darstellen, sind diese - wie der Regierungsrat ausführt - von Bundesrechts wegen der Genehmigung einer kantonalen Behörde zu unterstellen (Art. 26 RPG), ohne dass dem kantonalen Gesetzgeber insoweit ein Spielraum bleibt. Der Regierungsrat geht deshalb zu Recht davon aus, die bisherige Regelung von § 15 Abs. 2 StrG/ZH (vgl. E. 4.2 hiervor) sei im Sinne des Raumplanungsrechts des Bundes revisionsbedürftig (vgl. dazu auch das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2001.00178 vom 16. November 2001 E. 2b, wonach auch zweifelhaft sei, ob der Bezirksrat als kantonale Behörde im Sinn von Art. 26 RPG gelten könne). 
 
4.3.3. Der am 12. April 2021 geänderte § 15 Abs. 3 StrG/ZH verweist für die Genehmigung des Festsetzungsbeschlusses für Projekte von Gemeindestrassen im Sinne des geänderten § 15 Abs. 2 StrG/ZH indessen auf § 5 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG/ZH; LS 700.1). Gemäss Abs. 1 von § 5 PBG/ZH werden bei der Genehmigung von Erlassen, Verfügungen und raumplanungsrechtlichen Festlegungen Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Angemessenheit geprüft. Die Prüfungsbefugnis der zuständigen kantonalen Behörde beim Genehmigungsentscheid gemäss dem neu beschlossenen kantonalen Recht geht über das hinaus, was das Bundesrecht als Mindestvoraussetzung zwingend vorsieht. Die Änderung des kantonalen Gesetzes hat nicht nur zur Folge, dass diejenigen Strassenprojekte, welche Nutzungspläne im Sinne des RPG darstellen, neu stets der Genehmigung einer kantonalen Behörde unterliegen. Vielmehr schränkt das neue kantonale Recht die Gemeinden über das von Art. 26 RPG zwingend geforderte Mass hinaus auch insoweit ein, als die Genehmigungsbehörde nicht nur Richtplan- und Bundesrechtskonformität, sondern stets auch Zweckmässigkeit und Angemessenheit der Strassenprojekte zu prüfen hat. Daran ändert nichts, dass den Gemeinden - wie der Regierungsrat einwendet - bei der Nutzungsplanung auch im Rahmen einer Angemessenheitskontrolle ein gewisser Spielraum verbleibt, den die kantonale Behörde zu respektieren hat (vgl. RUCH, a.a.O., N 43 zu Art. 26).  
Die am 12. April 2021 beschlossene Änderung von § 15 Abs. 2 und Abs. 3 StrG/ZH ist somit jedenfalls wegen der weit reichenden Überprüfungsbefugnis der kantonalen Behörde mit einer Einschränkung des Autonomiebereichs der Gemeinden verbunden, welche vom Bundesrecht nicht zwingend vorgegeben ist. Unter diesen Umständen hätten die Gemeinden im Gesetzgebungsprozess mit Blick auf Art. 85 Abs. 3 KV/ZH obligatorisch rechtzeitig angehört werden müssen. Der vom Regierungsrat vorgetragene Umstand, dass § 5 PBG/ZH auch für Bau- und Niveaulinienpläne sowie für Quartierpläne gelte, weshalb es folgerichtig sei, Festsetzungsbeschlüsse für Gemeindestrassen im Sinne von § 15 Abs. 2 StrG/ZH ebenfalls dieser Bestimmung zu unterstellen, ändert daran nichts. Dies zumal es - anders als der Regierungsrat argumentiert - jedenfalls nicht geradezu im Sinne von Art. 9 BV willkürlich wäre, wenn die kantonale Behörde Projektfestsetzungen im Sinne von § 15 Abs. 2 StrG/ZH mit einer weniger weit gehenden Prüfungsbefugnis zu genehmigen hätte, als andere Nutzungspläne wie etwa Niveaulinienpläne oder Quartierpläne. 
Ob die am 12. April 2021 beschlossene Gesetzesänderung - wie die Beschwerdeführerinnen vorbringen (vgl. E. 4.3.1 hiervor) - aus weiteren Gründen mit einer nicht vom Bundesrecht zwingend vorgegebenen Einschränkung ihres Autonomiebereichs verbunden ist, kann vorliegend offen bleiben. 
 
4.4. Die geplante Änderung von § 15 Abs. 2 und 3 StrG/ZH wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zwar den Bezirksräten zur Beurteilung vorgelegt. Dies vermag jedoch die von Art. 85 Abs. 3 KV/ZH verlangte Anhörung der Gemeinden nicht zu ersetzen. Wie die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend vortragen, wurden die Gemeinden im Gesetzgebungsverfahren nicht zur Vernehmlassung eingeladen (zum Vernehmlassungsverfahren bei parlamentarischen Initiativen vgl. § 65 Abs. 3 des Kantonsratsgesetzes vom 25. März 2019 [KRG/ZH; LS 171.1]). Nachdem der Kantonsrat die Vorlage am 18. November 2019 zunächst an seine Redaktionskommission und die Redaktionskommission die Sache ihrerseits an die kantonsrätliche Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt (KEVU) zurückgewiesen hatte, lud die KEVU im Hinblick auf die geplante Gesetzesänderung zwar zwei Vertreter des Gemeindepräsidentenverbands zu einem "Hearing" ein. Die Durchführung eines "Hearings" durch die vorberatende Kommission mit einzelnen Gemeindevertretern ist jedoch mit Blick auf das umfassend zu gewährende Mitwirkungsrecht der Gemeinden gemäss Art. 85 Abs. 3 KV/ZH (vgl. E. 4.1 hiervor) ebenfalls nicht ausreichend (vgl. JAAG, a.a.O., N 21 zu Art. 85). Die von Art. 85 Abs. 3 KV/ZH verlangte Anhörung der Gemeinden fand somit nicht statt.  
 
5.  
Nach dem Ausgeführten hat der Kantonsrat das Mitwirkungsrecht der Gemeinden im Gesetzgebungsverfahren missachtet. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Die am 12. April 2021 beschlossene Änderung von § 15 Abs. 2 und Abs. 3 StrG/ZH ist aufzuheben. Die Sache ist an den Kantonsrat zurückzuweisen, damit dieser die von Bundesrechts wegen geforderte Revision von § 15 StrG/ZH in Respektierung des Mitwirkungsrechts der Gemeinden durchführt. Dem in seinem amtlichen Wirkungskreis handelnden Kanton Zürich sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG) und den obsiegenden Gemeinden sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 1C_477/2021 und 1C_479/2021 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden gutgeheissen. Die am 12. April 2021 beschlossene Änderung von § 15 Abs. 2 und Abs. 3 StrG/ZH wird aufgehoben und die Sache an den Kantonsrat zurückgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Regierungsrat des Kantons Zürich und dem Kantonsrat Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. November 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Mattle