5C.188/2000 24.10.2000
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[AZA 0/2] 
5C.188/2000/bnm 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
24. Oktober 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Merkli und 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
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In Sachen 
B.H.________, Berufungskläger, vertreten durch Advokat Dr. 
Hans Hartmann, Kanonengasse 31, 4051 Basel, 
 
gegen 
Psychiatrie-Rekurskommission Basel-Stadt, 
 
betreffend 
fürsorgerische Freiheitsentziehung, 
wird im Verfahren nach Art. 36a OG 
festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- B.H.________ wurde anfangs Oktober 1998 im Rahmen fürsorgerischer Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Universitätsklinik Basel (PUK) eingewiesen. Seinen Rekurs gegen die Einweisung und seine Beschwerde gegen die Durchführung der medikamentösen Behandlung wies die Psychiatrie-Rekurskommission Basel-Stadt ab und ermächtigte die ärztliche Leitung der PUK, B.H.________ weiterhin, ohne neuen Entscheid jedoch längstens bis zum 12. November 1998 in der Klinik zurückzubehalten (Entscheid vom 9. Oktober 1998). 
 
Mit Eingaben vom 30. Juni 1999 und 29. Februar 2000 ersuchte B.H.________ vorab, den Entscheid vom 9. Oktober 1998 revisionsweise aufzuheben und die Unrechtmässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung und der Zwangsmedikation festzustellen. Die Psychiatrie-Rekurskommission trat auf das Revisionsgesuch nicht ein (Entscheid vom 29. Juni 2000). 
 
Dem Bundesgericht beantragt B.H.________ mit eidgenössischer Berufung, den Entscheid vom 29. Juni 2000 aufzuheben und die Psychiatrie-Rekurskommission anzuweisen, auf sein Revisionsgesuch einzutreten. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden. 
 
2.- Nach Art. 44 lit. f OG ist bei fürsorgerischer Freiheitsentziehung die Berufung zulässig. Mit dieser können nur die Freiheit entziehende oder beschränkende Massnahmen angefochten werden (Art. 48 OG; BGE 112 II 104 E. 3c S. 106), und dies auch nur wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über die fürsorgerische Freiheitsentziehung (Art. 43 Abs. 1 OG; BGE 107 II 314 E. 1 S. 315; 113 II 392 E. 1 S. 393; 118 II 249 E. 2 S. 251). 
Die Psychiatrie-Rekurskommission hat die Voraussetzungen für eine Revision ihres früheren Entscheids verneint, ohne über die fürsorgerische Freiheitsentziehung und damit in der Sache selbst neu zu urteilen. Der angefochtene Nichteintretensentscheid betrifft ausschliesslich eine prozessuale Frage und ist deshalb im Grundsatz nicht berufungsfähig (BGE 119 II 297 E. 2a S. 299 mit Hinweis). 
 
Ausnahmen vom gezeigten Grundsatz lässt die Rechtsprechung dann zu, wenn der kantonale Richter verpflichtet ist, bundesrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen, sei es bei der Beurteilung einer Streitsache gestützt auf kantonales Recht, sei es in einem grundsätzlich durch den kantonalen Gesetzgeber zu ordnenden Verfahren; namentlich kann eine Vorfrage, die sich im kantonalen Verfahren stellt, nach Bundesrecht zu beurteilen sein (BGE 119 II 297 E. 2b S. 299 und E. 4 S. 302 mit Hinweisen). Die Psychiatrie-Rekurskommission hat - mangels entsprechenden kantonalen Gesetzesrechts - die Bestimmungen des OG und des VwVG über die Revision analog, d.h. als kantonales Ersatzrecht angewendet, und das vom Berufungskläger gestellte Revisionsgesuch nicht wegen einer vom Bundesrecht beherrschten Vorfrage abgewiesen, sondern weil sie die neuen Beweismittel nicht für entscheidend und die neuen Tatsachen nicht für erheblich im Sinne des geltend gemachten Revisionsgrundes angesehen hatte; allemal geht es damit um die Anwendung von Bundesrecht als kantonalem Ersatzrecht, dessen Verletzung mit Berufung nicht gerügt werden darf (BGE 116 II 91 S. 92, einen Revisionsentscheid betreffend; allgemein zuletzt: BGE 120 Ia 377 E. 2b S. 380; 126 III 370 E. 5 S. 371). Die Psychiatrie-Rekurskommission ist im Rahmen der Revision auch nicht verpflichtet gewesen, bundeszivilrechtliche Verfahrensvorschriften zu beachten; die Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung enthalten zwar weitgehend formelles Bundeszivilrecht (Art. 397b-397f ZGB) und greifen damit in die kantonale Gesetzgebungszuständigkeit ein (Art. 122 Abs. 2 BV), doch verpflichten sie den kantonalen Richter nicht, in diesem Bereich Rechtsmittel, insbesondere eine Revision gegen rechtskräftige Entscheide zuzulassen (Geiser, Basler Kommentar, N. 28-31 zu Art. 397d ZGB; vgl. für die Zürcher Verfahrensordnung: BGE 122 I 18 E. 2c/aa S. 28 f.). 
 
Nebst der Verletzung kantonalen Rechts kann auch der verfassungsmässige Anspruch auf Wiedererwägung, die einer Revision im Ergebnis teilweise gleichkommt (BGE 120 Ib 42 E. 2b S. 46 mit Hinweisen), nur mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden (Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG); desgleichen steht nur dieses Rechtsmittel zur Verfügung für Rügen der Verletzung von Ausstandsvorschriften und des rechtlichen Gehörs (vgl. die Nachweise bei Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 2.2 zu Art. 43 OG, S. 145 f.). Wer die Beweislast für einen kantonal-rechtlichen Revisionsgrund trägt oder ob der daherige Beweisführungsanspruch missachtet worden ist, bestimmt nicht der mehrfach angerufene Art. 8 ZGB, der nur für die vom Bundeszivilrecht geregelten Rechte und Rechtsverhältnisse gilt (zuletzt: BGE 125 III 78 E. 3b S. 79; 124 III 134 E. 2b/bb S. 143), sondern wiederum das kantonale Recht (Kummer, Berner Kommentar, N. 56 zu Art. 8 ZGB; Poudret/ Sandoz-Monod, N. 4.1.4 zu Art. 43 OG, S. 156); dasselbe gilt für den ebenfalls angerufenen Art. 4 ZGB (Deschenaux, Der Einleitungstitel, SPR II, Basel 1967, § 16/I bei/in Anm. 2, S. 131, i.V.m. § 10/III, letzter Absatz, S. 72). 
 
Die unzulässige Berufung kann hier nicht als die allein zulässige staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen werden: Der Berufungskläger ist anwaltlich vertreten und hat ausdrücklich Berufung erhoben, deren Unzulässigkeit auf Grund der veröffentlichten Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten hätte erkannt werden können (BGE 120 II 270 E. 2 S. 272). 
3.- Bei diesem Verfahrensausgang wird der Berufungskläger kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Auf die Berufung wird nicht eingetreten. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Berufungskläger auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Berufungskläger und der Psychiatrie-Rekurskommission Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 24. Oktober 2000 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: