2C_3/2023 05.06.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_3/2023  
 
 
Urteil vom 5. Juni 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Hartmann, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Marti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sonia Lopez Garcia, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 9. November 2022 (VB.2022.00558). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1992) ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste am 16. Januar 2019 in die Schweiz und heiratete am 14. Juni 2019 die Schweizerin B.________. In der Folge erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehegattin, zuletzt befristet bis am 13. Juni 2022. 2021 kam C.________, die Tochter von B.________, zur Welt. Das Bezirksgericht Dielsdorf stellte mit Urteil vom 4. Februar 2022 fest, dass A.________ nicht deren leiblicher Vater ist. Am 21. März 2022 wurde das Ehepaar gescheiden.  
 
1.2. Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief am 17. Mai 2022 die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und setzte ihm Frist zum Verlassen der Schweiz. Die dagegen auf kantonaler Ebene erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 23. August 2022; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. November 2022). Das Verwaltungsgericht schützte im Wesentlichen die behördliche Auffassung, dass A.________ kein nachehelicher Aufenthaltsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 AIG (SR 142.20) zukomme.  
 
1.3. Mit Beschwerde vom 2. Januar 2023 gelangt A.________ ans Bundesgericht. Er verlangt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und ihm sei die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
Mit Eingabe vom 18. April 2023 ersucht der Beschwerdeführer beim Bundesgericht zudem um Anordnung eines Vollzugsstopps. Der Instruktionsrichter erteilt der Beschwerde daraufhin mit Verfügung vom 19. April 2023 die aufschiebende Wirkung. 
Mit Eingabe vom 18. April 2023 übermittelt das Migrationsamt dem Bundesgericht eine Kopie des Rückreisevisums von A.________ sowie eine entsprechende Quittung (beides datiert vom 18. April 2023). Auf der Kopie ist handschriftlich notiert, dass A.________ am 19. April 2023 definitiv ausgereist sei. Mit Stellungnahme vom 16. Mai 2023 teilt A.________ mit, dass er das Land am 19. April 2023 zwischenzeitlich verlassen habe, sich aufgrund der Gewährung der aufschiebenden Wirkung nun aber wieder in der Schweiz befinde. Zudem informiert er darüber, dass er in Belgrad eine Schweizerin geheiratet habe und in diesem Zusammenhang ein Gesuch um Familiennachzug eingereicht werde bzw. ein solches Gesuch hängig sei. 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen; auf einen Schriftenwechsel wurde verzichtet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer macht in vertretbarer Weise geltend, in Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. a und b AIG über einen (potenziellen) Bewilligungsanspruch zu verfügen. Die sich daran knüpfenden materiell-rechtlichen Fragen sind in einem Sachurteil und nicht als Eintretensvoraussetzungen zu behandeln (BGE 139 I 330 E. 1.1; Urteil 2C_221/2019 vom 25 Juli 2019 E. 1.1). Da alle weiteren Prozessvoraussetzungen gegeben sind (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG), ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter Präzisierung des Nachfolgenden grundsätzlich an die Hand zu nehmen.  
 
2.2. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer auf Art. 23 AIG berufen will. In dieser Hinsicht geht es grundsätzlich um eine Ermessensbewilligung, wobei die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen ist (vgl. Urteil 2C_350/2022 vom 16. Januar 2023 E. 1.5). Diesbezüglich können (im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde) ausschliesslich Rügen betreffend verfahrensrechtlicher Punkte geltend gemacht werden, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen, soweit das Gericht diese losgelöst von der Frage in der Sache selber beurteilen kann ("Star"-Praxis; BGE 114 Ia 307 E. 3c; Urteil 2C_85/2022 vom 24. Mai 2022 E. 1.2.2). Solche Rügen bringt der Beschwerdeführer nicht vor.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid sachbezogen darlegen, dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Entscheid Recht verletzt hat (vgl. Art 42 Abs. 1 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die vorliegende Beschwerde, die sich im Wesentlichen auf appellatorische Kritik beschränkt, erfüllt diese Voraussetzungen nur knapp. Sie erweist sich indes als offensichtlich unbegründet, weshalb sie mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt werden kann.  
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2).  
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 50 E. 4.2).  
 
3.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist. Echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen Urteil eingetreten sind, bleiben im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unberücksichtigt (BGE 143 V 19 E. 1.2).  
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 16. Mai 2023 geltend macht, er habe erneut geheiratet, handelt es sich um ein (echtes) Novum, das vor Bundesgericht nicht berücksichtigt werden kann. Die Frage eines allfälligen Aufenthaltsanspruches zum Verbleib bei seiner neuen Ehegattin bildet denn auch Gegenstand eines separaten (einzuleitenden) Verfahrens. 
 
4.  
Streitig ist vorliegend, ob dem Beschwerdeführer gestützt auf seine geschiedene Ehe ein nachehelicher Aufenthaltsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 AIG zukommt. 
 
4.1. Nach Art. 50 AIG besteht der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung fort, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und die Integrationskriterien nach Art. 58a AIG erfüllt sind (Abs. 1 lit. a) oder wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Abs. 1 lit. b; sog. nachehelicher Härtefall).  
 
4.2. Für die Anrechnung der dreijährigen Frist gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ist auf die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft abzustellen (BGE 140 II 345 E. 4.1; 140 II 289 E. 3.5.1). Abzuklären ist, ob die eheliche Gemeinschaft rückblickend drei Jahre Bestand gehabt hat (BGE 136 II 113 E. 3.2). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Die zeitliche Grenze von drei Jahren gilt dabei absolut (BGE 137 II 345 E. 3.1.3; Urteil 2C_401/2018 vom 17. September 2018 E. 3.2).  
 
4.3. Ein nachehelicher Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG liegt namentlich vor, wenn die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Eingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3; Urteil 2C_335/2020 vom 18. August 2020 E. 3.2). Die befürchtete Beeinträchtigung muss im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen (BGE 138 II 229 E. 3.2.3; Urteil 2C_668/2019 vom 19. November 2019 E. 2.3). Wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kurzer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib in der Schweiz, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (BGE 138 II 229 E. 3.1; Urteil 2C_335/2020 vom 18. August 2020 E. 3.2).  
 
4.4. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, seine Ehegemeinschaft in der Schweiz habe entgegen den Ausführungen der Vorinstanz mehr als drei Jahre gedauert.  
Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer am 14. Juni 2019 geheiratet; am 21. März 2022 wurde die Ehe geschieden. Die Vorinstanz geht zu Recht davon aus, dass die Ehegemeinschaft spätestens mit der Scheidung endete und zu diesem Zeitpunkt noch keine drei Jahre bestand (angefochtener Entscheid E. 2.4 S. 6). Dass der Beschwerdeführer und seine Ex-Ehegattin bereits vor dem Eheschluss bzw. auch noch nach der Scheidung zusammen gelebt haben sollen, vermag daran nichts zu ändern: Die Ehegemeinschaft i.S.v. Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG kann weder vor dem Eheschluss beginnen, noch über die Scheidung hinaus bestehen. Da die Dreijahresfrist hier offensichtlich nicht erreicht wird, kann mit der Vorinstanz ferner offen gelassen werden, zu welchem Zeitpunkt der Ehewille genau erloschen ist (angefochtener Entscheid E. 2.4 S. 6). Ein Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG fällt demnach bereits aufgrund der fehlenden dreijährigen Ehegemeinschaft ausser Betracht. 
 
4.5. Zu prüfen bleibt damit das Vorbringen des Beschwerdeführers, in seinem Fall liege ein nachehelicher Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 50 Abs. 2 AIG vor. Auch diesbezüglich ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll.  
Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Beschwerdeführer in Serbien aufgewachsen und dort sozialisiert worden. Er ist erst Anfang 2019 und damit im Alter von 27 Jahren in die Schweiz gekommen. Zwar ist er in der Schweiz berufstätig, die geltend gemachten vertieften sozialen Beziehungen und seine Deutschkenntnisse blieben vor der Vorinstanz jedoch nicht nachgewiesen. Umgekehrt ist der Beschwerdeführer mit der Sprache und den Gepflogenheiten seines Heimatlandes nach wie vor bestens vertraut. In seinem Heimatland hat er seine Eltern sowie seine Geschwister, zu welchen er nach wie vor Kontakte pflegt (angefochtener Entscheid E. 3.3.1 S. 7 f. und E. 3.3.3). Seine wirtschaftlichen Wiedereingliederungschancen erscheinen als bislang berufstätiger Mechaniker/Allrounder intakt (angefochtener Entscheid E. 3.3.2). 
In Anbetracht dieser Sachlage ist keine (starke) Gefährdung der Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in Serbien erkennbar und es ist ihm zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass der Beschwerdeführer von seiner Ex-Ehefrau betrogen worden sei. Damit erweist sich die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch als verhältnismässig (Art. 96 AIG). Inwiefern der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ebenfalls gerügte Art. 9 BV verletzt sein soll, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.3; Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
5.  
Nach dem Gesagtem ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Juni 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Marti