2C_167/2024 02.04.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_167/2024  
 
 
Urteil vom 2. April 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Multiplex 1, Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Generalsekretariat, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 24. Januar 2024 (VG.2023.71/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1992), kosovarischer Staatsangehöriger, heiratete am 19. Dezember 2013 in seinem Heimatland eine damals in Italien wohnhafte rumänische Staatsangehörige, die am 6. Juli 2017 alleine in die Schweiz einreiste und im Juni 2018 eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erhielt.  
Am 19. April 2022 reiste A.________ in die Schweiz ein, woraufhin ihm das Migrationsamt des Kantons Thurgau am 12. Dezember 2022 im Rahmen des Familiennachzugs eine bis am 31. Mai 2023 gültige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erteilte. 
Mit Schreiben vom 11. Januar 2023 teilte die Ehefrau von A.________ den Einwohnerdiensten U.________ mit, dass es per 23. Dezember 2022 zur Trennung zwischen den Ehegatten gekommen sei. Gleichentags reichte sie beim Bezirksgericht U.________ die Scheidung ein. 
Am 1. März 2023 zog die Ehefrau im Rahmen des Eheschutzverfahrens die Scheidungsklage wieder zurück, wobei von der Trennung der Eheleute seit 1. Dezember 2022 gerichtlich Vormerk genommen und die eheliche Wohnung der Ehefrau zugewiesen wurde. 
 
1.2. Mit Entscheid vom 22. Februar 2023 widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn an, innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Entscheides auszureisen.  
 
1.3. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 31. Mai 2023 und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 24. Januar 2024 ab.  
 
1.4. A.________ gelangt mit Beschwerde vom 27. März 2024 an das Bundesgericht und beantragt, es sei der Entscheid (des Verwaltungsgerichts) betreffend Widerruf seiner Aufenthaltsbewilligung aufzuheben.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
2.2. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen).  
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung bzw. die Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 140 III 264 E. 2.3). Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 I 58 E. 4.1.2; 136 I 184 E. 1.2). Dies bedeutet, dass die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, klar und substanziiert aufzeigen muss, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Vorliegend war der Beschwerdeführer im Besitz einer bis am 31. Mai 2023 gültigen Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, die ihm aufgrund seiner Heirat mit einer EU-Staatsangehörigen erteilt worden war. Da diese Bewilligung keine Rechtswirkungen mehr entfaltet, stellt sich die Frage, ob er einen Anspruch auf deren Verlängerung bzw. auf Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung hat.  
 
3.2. Die Vorinstanz hat in sachverhaltlicher Hinsicht erwogen, dass der Beschwerdeführer zwar formell nach wie vor mit einer EU-Angehörigen verheiratet sei, doch werde die Ehe spätestens seit Mitte Januar 2023 getrennt gelebt. So hat sie unter Würdigung der vorhandenen Beweise (insbesondere schriftliche Mitteilung der Ehefrau an die zuständigen Einwohnerdienste betreffend Beendigung der Ehe, Einleitung der Scheidungsklage durch die Ehefrau, gerichtlicher Vormerk der Trennung der Eheleute seit 1. Dezember 2022, Zuweisung der ehelichen Wohnung an die Ehefrau) festgehalten, dass der Ehewille der Ehefrau des Beschwerdeführers zumindest im damaligen Zeitpunkt erloschen gewesen sei. Konkrete Anhaltspunkte für eine Änderung dieser Situation lägen nicht vor.  
Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht zum Schluss gelangt, dass die Ehe des Beschwerdeführers offensichtlich einzig noch dazu diene, die ausländerrechtlichen Zulassungsvorschriften zu umgehen und somit rechtsmissbräuchlich sei, sodass er aus dem FZA keinen Bewilligungsanspruch mehr ableiten könne. Weiter hat die Vorinstanz einen allfälligen Anspruch des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a und b AIG (SR 142.20) geprüft und verneint. 
 
3.3. Bei der Frage, ob eine Ehegemeinschaft besteht bzw. gewollt ist, handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage (vgl. BGE 128 II 145 E. 2.3; Urteile 2C_378/2023 vom 13. Februar 2024 E. 4.1; 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022 E. 4.4.1 mit Hinweisen). An die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts ist das Bundesgericht grundsätzlich gebunden, es sei denn, die Partei zeige auf, dass sie qualifiziert falsch, d.h. willkürlich sind (vgl. auch E. 2.2 hiervor). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (vgl. Urteile 2C_100/2021 vom 28. Juli 2021 E. 2.2; 2C_293/2019 vom 26. Februar 2020 E. 1.4), so namentlich hinsichtlich der Frage, ob eine Ehe nur noch formell bestehe (vgl. dazu auch Urteil 2C_397/2022 vom 16. Dezember 2022 E. 5.2 mit Hinweisen).  
 
3.4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er seit dem 15. Januar 2023 von seiner Frau getrennt lebt. Indessen bringt er vor, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Trennung aufgrund von Meinungsverschiedenheiten handle und dass die Eheleute die Absicht hätten, die eheliche Gemeinschaft in Kürze wiederaufzunehmen. Sein Ehewille sei nicht erloschen und er habe der Scheidung nicht zugestimmt. Mit diesen blossen, nicht weiter belegten Behauptungen gelingt es ihm jedoch nicht substanziiert darzutun, dass die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung, so insbesondere hinsichtlich des Erlöschens des Ehewillens bei der Ehefrau, offensichtlich unhaltbar bzw. willkürlich seien (vgl. E. 2.3 hiervor). Folglich ist auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt abzustellen (Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
3.5. Vor Bundesgericht macht der Beschwerdeführer nicht mehr ausdrücklich geltend, dass er einen Bewilligungsanspruch gestützt auf das FZA (vgl. Art. 7 lit. d FZA i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a Anhang I FZA) habe. Folglich zeigt er in keiner Weise auf (Art. 42 Abs. 2 BGG), dass und inwiefern das Verwaltungsgericht Bundes- oder Völkerrecht verletzt habe, indem es - unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. u.a. BGE 144 II 1 E. 3.1; Urteile 2C_695/2022 vom 25. Januar 2024 E. 5.1; 2C_924/2021 vom 16. März 2022 E. 4.1) - zum Schluss gelangt ist, dass die Berufung des Beschwerdeführers auf seine nicht mehr gelebte Ehe im vorinstanzlichen Verfahren rechtsmissbräuchlich sei, sodass er aus dem FZA keinen Bewilligungsanspruch ableiten könne.  
 
3.6. Ein Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG scheidet bereits deshalb aus, weil die Dauer der ehelichen Gemeinschaft in der Schweiz (vgl. BGE 140 II 345 E. 4.1; 140 II 289 E. 3.5.1; 136 II 113 E. 3.3.3) weniger als drei Jahre beträgt. So ist der Beschwerdeführer gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) erst am 19. April 2022 in die Schweiz eingereist und lebte längstens bis Mitte Januar 2023 mit seiner Ehefrau in einer ehelichen Gemeinschaft. Wichtige persönliche Gründe für einen nachehelichen Härtefall i.S.v. Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG werden nicht substanziiert geltend gemacht.  
 
3.7. Sodann ist festzuhalten, dass ein Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz des Familienlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. 13 Abs. 1 BV) nur infrage kommt, wenn die jeweilige familiäre Beziehung tatsächlich gelebt wird (vgl. z.B. BGE 144 I 266 E. 3.3). Da im Falle des Beschwerdeführers die eheliche Gemeinschaft nicht mehr gelebt wird, fällt die Berufung auf den Schutz des Familienlebens ausser Betracht (vgl. auch Urteile 2C_720/2021 vom 26. Januar 2022 E. 10; 2C_925/2015 vom 27. März 2017 E. 8; 2C_1123/2014 vom 24. April 2015 E. 5).  
Keinen Bewilligungsanspruch kann der Beschwerdeführer schliesslich aus dem Schutz seines Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK; Art. 13 Abs. 1 BV) ableiten, da er sich erst seit April 2022 in der Schweiz aufhält und nichts darauf hinweist, dass er - trotz der kurzen Aufenthaltsdauer - als besonders integriert zu gelten habe (vgl. hierzu BGE 144 I 266 E. 3.5 und 3.9 und BGE 149 I 207 E. 5.3). Seine Vorbringen, wonach er berufstätig sei, keine Sozialhilfe beziehe und ein Haus in der Schweiz gekauft habe, reichen nicht aus, um eine über eine normale Integration hinausgehende Verwurzelung bzw. besonders intensive Verbindung zur Schweiz darzutun. 
Ein anderweitiger potenzieller Bewilligungsanspruch ist nicht ersichtlich und wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht. 
 
3.8. Im Ergebnis ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mangels Bewilligungsanspruchs unzulässig. Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2), erhebt der Beschwerdeführer nicht, sodass es sich nicht rechtfertigt, die Sache unter dem Blickwinkel der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) zu prüfen.  
 
4.  
 
4.1. Auf die offensichtlich unzulässige bzw. unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid des präsidierenden Mitglieds der Abteilung als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten.  
 
4.2. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. April 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov