5A_28/2022 08.09.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_28/2022  
 
 
Urteil vom 8. September 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sarah Niederer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter M. Conrad, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 18. November 2021 (ZOR.2021.27). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.A.________ (geb. 1969) und B.A.________ (geb. 1968) hatten am 13. August 1999 geheiratet. Sie sind die Eltern der Tochter C.A.________ (geb. 2006) und leben seit dem 15. Juli 2016 getrennt. 
 
B.  
 
B.a. Am 6. Juli 2018 machte B.A.________ beim Bezirksgericht Baden die Scheidungsklage nach Art. 114 ZGB anhängig. Mit Urteil vom 21. April 2021 schied das Bezirksgericht die Ehe gestützt auf Art. 114 ZGB. Soweit vor Bundesgericht noch relevant, wurde den Eltern die gemeinsame elterliche Sorge belassen und die Tochter unter die alternierende Obhut gestellt. Der Vater wurde verpflichtet, für C.A.________ ab Rechtskraft der Scheidung bis zur Volljährigkeit, gegebenenfalls bis zum Abschluss einer Erstausbildung, Kinderalimente zu bezahlen. Das Bezirksgericht unterteilte die Dauer der Unterhaltspflicht in drei Phasen und bestimmte jeweils den Anteil des Betreuungsunterhalts. Weiter verurteilte es B.A.________, seiner geschiedenen Frau ab Rechtskraft der Scheidung bis Ende Mai 2021 monatlich Fr. 141.-- an ihren persönlichen Unterhalt zu bezahlen.  
 
B.b. A.A.________ erhob beim Obergericht des Kantons Aargau Berufung. Sie beantragte, C.A.________ unter ihre alleinige Obhut zu stellen und dem Vater ein vierzehntägliches Besuchsrecht und ein jährliches Ferienrecht von vier Wochen einzuräumen. Weiter forderte sie auch höhere, in zwei Phasen (bis Schulabschluss und bis zur Volljährigkeit) gestaffelte Kinderalimente (Ziffer 1/5.1). Unter Ziffer 1/6 ihrer Berufungsbegehren verlangte A.A.________ für sich selbst nachehelichen Unterhalt von monatlich Fr. 168.-- (ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zu C.A.________s Schulabschluss), Fr. 2'887.80 (bis zum Abschluss von C.A.________s Erstausbildung) und Fr. 3'412.-- (bis zu B.A.________s Pensionierung); eventualiter stellte sie das Begehren, die Angelegenheit zur korrekten Durchführung des Beweisverfahrens an das Bezirksgericht zurückzuweisen (Ziffer 2). Mit Entscheid vom 18. November 2021 wies das Obergericht die Berufung ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde vom 13. Januar 2022 wendet sich A.A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an das Bezirksgericht, eventualiter an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter dazu stellt sie den Antrag, ihre Berufungsanträge Ziffer 1 Subziffern 5.1 und 6 sowie Ziffer 2 (s. Bst. B.b) gutzuheissen. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht die Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege. Das Bundesgericht hat sich die kantonalen Akten überweisen lassen, jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine Zivilsache entschieden hat (Art. 72 Abs. 1, 75 und 90 BGG). Der Streit vor Bundesgericht dreht sich nur mehr um den Kindes- und den nachehelichen Unterhalt, ist also vermögensrechtlicher Natur und erreicht hier die gesetzliche Streitwertgrenze (Art. 74 Abs. 1 Bst. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 Bst. a und Abs. 4 BGG). Auf die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 46 Abs. 1 Bst. c BGG) erhobene Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist ein reformatorisches Rechtsmittel. Die rechtsuchende Partei muss einen Antrag in der Sache stellen (BGE 137 II 313 E. 1.3), also angeben, welche Punkte des kantonalen Entscheids sie anficht und inwiefern das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid abändern soll (BGE 133 III 489 E. 3.1; Urteil 5A_346/2016 vom 29. Juni 2017 E. 2.1, nicht publ. in BGE 143 III 361). Ausnahmsweise reicht ein blosser Rückweisungsantrag aus, wenn das Bundesgericht im Falle einer Gutheissung in der Sache naturgemäss nicht selbst entscheiden könnte (BGE 134 III 379 E. 1.3). Da Eventualbegehren nur für den Fall gestellt werden, dass ein Hauptbegehren nicht geschützt wird (BGE 134 III 332 E. 2.2), vermag ein reformatorischer Eventual- einen kassatorischen Hauptantrag grundsätzlich nicht zu ersetzen (Urteil 5A_789/2019 vom 16. Juni 2020 E. 2.2, nicht publ. in BGE 146 III 313).  
 
2.2. Hier macht die Beschwerdeführerin in der Sache eine Verletzung ihres Rechts auf Beweisabnahme (als Teilgehalt ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör) geltend und beklagt sich über eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Sollte das Bundesgericht diesem Standpunkt folgen, so müsste es in der Tat einen Rückweisungsentscheid fällen, zumal es bezogen auf die Streitsache grundsätzlich nicht zu eigenen Sachverhaltsfeststellungen schreitet (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Der auf die Rückweisung gerichtete Hauptantrag erweist sich damit als zulässig.  
 
3.  
 
3.1. Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind in rechtlicher Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen). Die rechtsuchende Partei muss auf den angefochtenen Entscheid eingehen und aufzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt; sie soll im Schriftsatz mit ihrer Kritik an den Erwägungen der Vorinstanz ansetzen, die sie als rechtsfehlerhaft erachtet (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 115 E. 2; 121 III 397 E. 2a). Für Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt ausserdem das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 133 II 249 E. 1.4.2).  
 
3.2. Was den Sachverhalt angeht, legt das Bundesgericht seinem Urteil die vorinstanzlichen Feststellungen zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann die rechtsuchende Partei nur vorbringen, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG), das heisst willkürlich (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 135 III 127 E. 1.5 mit Hinweis), oder würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen (Urteil 5A_374/2010 vom 9. Juli 2010 E. 1). Überdies ist darzutun, inwiefern die Behebung der gerügten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2).  
 
4.  
Anlass zur Beschwerde gibt im Unterhaltsstreit die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar ist. 
 
4.1. Das Obergericht verweist auf den IV-Vorbescheid vom 29. Mai 2017, dem zufolge der Beschwerdeführerin eine Tätigkeit in ihrem angestammten Beruf als Pflegeassistentin nicht mehr zumutbar sei. In diesem Zusammenhang geht die Vorinstanz auf den ambulanten Bericht von Dr. med. D.________ vom 19. Juli 2021 ein. Dieser könne im Berufungsverfahren berücksichtigt werden, da die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin für die Berechnung der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Tochter relevant sei und folglich diesbezüglich die Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO) gelte. Dr. med. D.________ habe den Befund der IV insofern bestätigt, als er ausführe, dass der Beschwerdeführerin im Pflegeberuf aus gesundheitlicher Sicht eine Arbeitsfähigkeit von lediglich 40 % zumutbar sei. Soweit der Arzt zusätzliche Einschränkungen aufgrund der Betreuung von C.A.________ behaupte, sei ihm nicht zu folgen, weil es sich hierbei nicht um eine von einem Rheumatologen zu beurteilende Frage handle. Zudem werde dieser Befund auch nicht begründet, noch sei erstellt, dass Dr. med. D.________ C.A.________ je untersucht hätte. Da Dr. med. D.________s Bericht im Berufungsverfahren zu berücksichtigen sei, könne offenbleiben, ob das Bezirksgericht Dr. med. D.________ als Zeugen hätte einvernehmen müssen. Es sei nicht anzunehmen und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, dass Dr. med. D.________ als Zeuge etwas anderes ausgesagt hätte, als er in seinem Bericht vom 19. Juli 2021 festhielt. Damit stehe fest, dass die Beschwerdeführerin im Pflegeberuf lediglich eingeschränkt erwerbsfähig ist.  
 
In der Folge betont die Vorinstanz, dass nicht nur die Erwerbsfähigkeit im Pflegeberuf entscheidend sei, sondern auch eine andere berufliche Betätigung der Beschwerdeführerin in Frage komme. Die IV habe festgestellt, dass der Beschwerdeführerin eine angepasste Tätigkeit zumutbar und sie bereits zwei Monate nach ihrem Unfall vom Dezember 2013 aus versicherungsmedizinischer Sicht wieder zu 100 % arbeitsfähig geworden sei. Nichts anderes ergebe sich aus den zwei Arztberichten, welche die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren am 8. Juni 2020 eingereicht habe. Zwar werde im ambulanten Bericht von Dr. med. D.________ vom 22. Juli 2019 ausgeführt, dass neu ein lumbospondylogenes Syndrom sowie eine Arthrose im MTP rechts diagnostiziert worden sei und sich diese beiden Beschwerdekomplexe zusätzlich zum bekannten zervikoradikulären Syndrom auf die Arbeitsfähigkeit auswirken würden. Das Obergericht stellt fest, dass diese Behauptung jedoch nicht begründet werde und sich aus dem ambulanten Bericht auch nicht ergebe, in welchem Umfang sich die Erwerbsfähigkeit durch diese neuen Diagnosen vermindere. Folglich sei dieser ambulante Bericht nicht geeignet, eine Erwerbsunfähigkeit zu beweisen. 
 
Im selben Zusammenhang erinnert das Obergericht unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Akten schliesslich daran, dass die Beschwerdeführerin trotz der abgebrochenen Umschulung zur medizinischen Praxisassistentin am Ort, wo sie ihr Praktikum absolvierte, ein Stellenangebot erhalten habe und ihr auch von ihrem Hausarzt eine Stelle offeriert worden sei. Angesichts der grossen Nachfrage nach Arbeitskräften in der Gesundheitsbranche erscheine es realistisch, dass die Beschwerdeführerin in diesem Bereich eine ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen angemessene Stelle finden könnte, zumal sie als ausgebildete Pflegeassistentin über eine Grundausbildung im Gesundheitsbereich verfüge. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung vom 12. März 2019 selbst davon ausgegangen, dass sie eine Stelle finden könnte, wenn sie sich darum bemühen würde. 
 
4.2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor zu verkennen, dass sämtliche im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren eingereichten Arztberichte ärztliche Überweisungsberichte an den Pneumologen sind, also Arztberichte, die sich an Fachpersonen richten. Dass diese Berichte, namentlich derjenige vom 22. Juli 2019, für das Gericht "nur unzureichend verständlich sind", heisse noch lange nicht, dass sie nicht begründet sind. Deshalb hätte das Bezirksgericht Dr. med. D.________ im erstinstanzlichen Verfahren auch als Zeugen anhören und das Obergericht im Berufungsverfahren auf die Gehörsrüge eingehen müssen. Die Beschwerdeführerin tadelt die vorinstanzlichen Erwägungen als willkürlich. Einerseits erachte das Obergericht eine Zeugenbefragung gestützt auf den im Berufungsverfahren eingereichten Überweisungsbericht als überflüssig, anderseits behaupte es, diese Berichte würden die eingeschränkte Erwerbstätigkeit nicht begründen. Abgesehen von den fehlenden fachlichen Kenntnissen des Gerichts sei auch die Erwägung falsch, wonach der Zeuge nichts anderes ausgesagt hätte, als im Bericht steht. Nachdem es sich beim Bericht nicht um eine Stellungnahme gegenüber dem Gericht (und im Zusammenhang mit der Ehescheidung) handle und Konkretisierungsbedarf bestehe, sei eine Zeugenbefragung angezeigt. Mit den Überweisungsberichten sei lediglich dargelegt worden, dass der behandelnde Arzt Kenntnis von der Erwerbsfähigkeit hat, diese nicht vollständig gegeben ist und der Arzt diesbezüglich als Zeuge zu befragen ist. Gestützt auf diese Argumentation steht für die Beschwerdeführerin fest, dass die Vorinstanz die Frage der Gehörsverletzung durch die erste Instanz keinesfalls hätte offenlassen dürfen. Indem sich das Obergericht "mit fadenscheiniger Begründung" nicht weiter mit der gerügten Gehörsverletzung des Bezirksgerichts befasse, verletze es seinerseits den Anspruch auf rechtliches Gehör und seien die Folgen der Ehescheidung "aufgrund eines komplett falschen Sachverhalts entschieden worden".  
 
Eine korrekte Abklärung ihrer Arbeitsfähigkeit erachtet die Beschwerdeführerin für ihre finanzielle Zukunft als entscheidend. Sei sie weiterhin - wie seit drei Jahren vor der Trennung und über acht Jahren vor der Scheidung - teilweise arbeitsunfähig, so habe sie einen bis zur Pensionierung des Beschwerdegegners dauernden Unterhaltsanspruch. Die fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung habe einschneidende Konsequenzen für die Beschwerdeführerin, zumal sie stets auf Sozialhilfe angewiesen sein werde, während der Beschwerdegegner das Manko ohne Weiteres ausgleichen könnte und hierzu auch verpflichtet wäre. Auf eine Beweisabnahme könne nur verzichtet werden, wenn das Gericht den Ausführungen der jeweiligen Partei Folge leiste. Eine antizipierte Beweiswürdigung sei von der ersten Instanz jedenfalls nicht vorgenommen worden, was auch vor Obergericht vorgebracht worden sei. Daraus folgert die Beschwerdeführerin, dass das Bezirksgericht, spätestens aber das Obergericht, von ihren Sachverhaltsdarstellungen hätte ausgehen müssen. 
 
4.3. Als Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGE 143 III 65 E. 3.2 mit Hinweisen) verschafft das Recht auf Beweis der beweispflichtigen Partei einen verfassungsmässigen Anspruch darauf, für rechtserhebliche bestrittene Vorbringen zum Beweis zugelassen zu werden, wenn ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des anwendbaren Prozessrechts entspricht (BGE 143 III 297 E. 9.3.2; 133 III 295 E. 7.1). Dieser Anspruch, der auch in Art. 152 ZPO gesetzlich verankert ist, schliesst eine vorweggenommene (antizipierte) Würdigung von Beweisen nicht aus: Es bleibt dem Sachgericht unbenommen, von der Abnahme form- und fristgerecht beantragter und an sich tauglicher Beweise abzusehen, weil es sie von vornherein nicht für geeignet hält, die behaupteten Tatsachen zu beweisen, oder weil es seine Überzeugung bereits aus anderen Beweisen gewonnen hat und davon ausgeht, dass weitere Abklärungen am massgeblichen Beweisergebnis nichts mehr ändern können (BGE 140 I 285 E. 6.3.1; 138 III 374 E. 4.3.2; 122 III 219 E. 3c mit weiteren Hinweisen). Ist die Beschwerdeführerin mit einer solchen Beweiswürdigung nicht einverstanden, so hat sie in einem ersten Schritt und unter Gewärtigung der Nichteintretensfolge darzutun, dass die Sachverhaltsfeststellungen, so wie sie von der Vorinstanz vorgenommen wurden, unvollständig und damit offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG; s. E. 3.2) sind (Urteile 5A_128/2020 vom 13. April 2021 E. 3.4, nicht publ. in: BGE 147 III 215 5A_1015/2019 vom 10. Juni 2020 E. 5.2.2 mit Hinweis). Keine vorweggenommene Beweiswürdigung, sondern eine Verletzung des Rechts auf Beweis liegt demgegenüber vor, wenn das Gericht objektiv taugliche und formgültig beantragte Beweise zu rechtserheblichen, streitigen Tatsachen nicht abnimmt, obwohl es die Sachvorbringen dazu weder als erstellt noch als widerlegt erachtet (BGE 143 III 297 E. 9.3.2; 114 II 289 E. 2a).  
 
4.4. Im konkreten Fall gelangt die Vorinstanz hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin zu zwei Beweisergebnissen. Erstens stellt sie - namentlich unter Berücksichtigung des Berichts von Dr. med. D.________ vom 19. Juli 2021 - fest, dass die Beschwerdeführerin in ihrem angestammten Beruf als Pflegeassistentin nur noch eingeschränkt erwerbsfähig ist. Dieses Beweisergebnis stellt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht in Abrede. Insbesondere macht sie auch nicht geltend, dass sie nicht nur teilweise, sondern zu hundert Prozent erwerbsunfähig sei. Weshalb allein zur Feststellung ihrer Erwerbsfähigkeit im angestammten Beruf Dr. med. D.________ trotzdem als Zeuge hätte angehört werden müssen, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen und auch nicht ersichtlich. In dieser Hinsicht ist dem Standpunkt der Beschwerdeführerin, dass das Obergericht die Erforderlichkeit dieser Zeugenanhörung bzw. die diesbezüglich erhobene Gehörsrüge keinesfalls hätte offenlassen dürfen, der Boden entzogen.  
 
Nichts einzuwenden hat die Beschwerdeführerin gegen die rechtliche Überlegung des Obergerichts, wonach mit Blick auf ihre Eigenversorgungskapazität nicht nur ihre Erwerbsfähigkeit im angestammten Berufsfeld, sondern auch eine andere berufliche Betätigung in Betracht zu ziehen ist. Diesbezüglich gelangt die Vorinstanz zur (weiteren) Tatsachenerkenntnis, dass die Beschwerdeführerin in einer angepassten Tätigkeit zu hundert Prozent arbeitsfähig sei und aus Dr. med. D.________s Bericht vom 22. Juli 2019 nicht hervorgehe, in welchem Umfang die darin erwähnten neuen Diagnosen die Erwerbsfähigkeit vermindern. Dieser Beweiswürdigung vermag die Beschwerdeführerin nichts Substanzielles entgegen zu halten. Unbehelflich ist zunächst die pauschale Behauptung, die kantonalen Instanzen könnten den Arztbericht vom 22. Juli 2019 gar nicht verstehen. Weshalb das Obergericht zur Beurteilung ihrer Erwerbsfähigkeit mit ihren gesundheitlichen Problemen in medizinischer Hinsicht vertraut sein muss, mag die Beschwerdeführerin nicht erklären. Soweit sie unter dem Titel ihrer vor Bundesgericht erhobenen Gehörsrüge argumentiert, dass Dr. med. D.________ nicht nur im Zusammenhang mit ihrer Erwerbsfähigkeit im angestammten Beruf, sondern auch zur Beurteilung ihrer Möglichkeiten in anderen Berufsfeldern als Zeuge hätte einvernommen werden müssen, ist sie damit mangels materieller Ausschöpfung des Instanzenzuges (Art. 75 BGG; s. BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen) nicht zu hören. Aus dem angefochtenen Entscheid geht nicht hervor, dass sie solcherlei schon vor erster Instanz vergeblich gefordert und im Berufungsverfahren eine entsprechende Rüge erhoben hätte. Die Beschwerdeführerin macht auch nicht geltend, dass das Obergericht den Prozesssachverhalt (s. dazu BGE 140 III 16 E. 1.3.1) diesbezüglich unvollständig oder unrichtig wiedergebe. Zum Scheitern verurteilt ist sodann der Versuch der Beschwerdeführerin, der Vorinstanz Widersprüchlichkeiten nachzuweisen. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass sich der angefochtene Entscheid mit zwei verschiedenen Tatfragen befasst: mit der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin im angestammten Beruf und mit derjenigen in einer angepassten Tätigkeit. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass sich das Obergericht willkürlich in Widersprüche verstrickt, wenn es zur Beantwortung der einen Frage angesichts des Arztberichts vom 19. Juli 2021eine Zeugenbefragung des rapportierenden Mediziners als überflüssig erachtet und zur Beurteilung der anderen Frage den Bericht desselben Arztes vom 22. Juli 2019als ungeeignet qualifiziert.  
 
Nicht gefolgt werden kann schliesslich der Überlegung der Beschwerdeführerin, wonach eine Beweisabnahme nur dann entbehrlich sei, wenn das Gericht entweder den Ausführungen der jeweiligen Partei folge oder eine antizipierte Beweiswürdigung vornehme. Gegenstand des Beweises - und damit der (gegebenenfalls antizipierten) Beweiswürdigung - sind rechtserhebliche, streitige Tatsachen (Art. 150 Abs. 1 ZPO). Solange eine Tatsache nicht unbestritten ist, hat das Gericht darüber auch die diesbezüglich beantragten Beweise abzunehmen - es sei denn, es erachte das fragliche Sachvorbringen auch ohne den beantragten Beweis entweder als erstellt oder als widerlegt (vgl. E. 4.3 a.E.). Gerade Letzteres übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie den Verzicht auf eine Beweisabnahme mit der Verpflichtung des Gerichts verknüpft, der Tatsachendarstellung der "jeweiligen Partei" zu folgen. Das Gericht bildet sich seine Überzeugung nach freier Würdigung der Beweise (Art. 157 ZPO). Der Untersuchungsgrundsatz (Art. 296 Abs. 1 ZPO), dem das kantonale Verfahren (unter anderem) hinsichtlich des Unterhaltsstreits unterstand, ändert daran nur insofern etwas, als das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen erforscht, hierzu also nicht auf die Beweisanträge der Parteien zu streitigen Tatsachen angewiesen ist.  
 
5.  
Nach alledem erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist deshalb abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für die bundesgerichtlichen Verfahren ist abzuweisen. Wie die vorigen Erwägungen zeigen, müssen die vor Bundesgericht gestellten Rechtsbegehren als von Anfang an aussichtslos gelten. Damit mangelt es an einer materiellen Anspruchsvoraussetzung (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. September 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Monn