5A_906/2022 17.07.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_906/2022  
 
 
Urteil vom 17. Juli 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Bovey, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Christine Nowack, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Celina Schenkel, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Kindesvertretung, 
 
Beschwerden gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 7. Oktober 2022 
(40/2022/11) 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien heirateten am xx.xx.2013 und sind die Eltern des am xx.xx.15 geborenen C.A.________. Am 27. Oktober 2020 reichte die Mutter beim Kantonsgericht Schaffhausen die Scheidungsklage ein. Nach Anordnung vorsorglicher Massnahmen im Anschluss an eine Verhandlung vom 19. April 2021 und durchgeführtem Schriftenwechsel fand am 4. November 2021 die Hauptverhandlung im Scheidungsverfahren statt, an welcher keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden konnte. Am 5. Januar 2022 hörte das Kantonsgericht das Kind an. Am 25. Januar bzw. 16. Februar 2022 reichten die Parteien ihre schriftlichen Schlussvorträge ein. Nach weiteren Gesuchen um vorsorgliche Massnahmen führte das Kantonsgericht am 12. April 2022 erneut eine Massnahmeverhandlung durch. 
 
B.  
Anlässlich dieser Verhandlung und erneut mit Eingabe vom 21. April 2022 stellte die Mutter den Antrag, es sei für C.A.________ eine Kindesvertretung zu errichten. Der Vater beantragte angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums die Abweisung dieses Antrags. Mit Verfügung vom 26. April 2022 wies das Kantonsgericht den Antrag ab und setzte den Parteien Frist an, um die eingereichten Schlussvorträge zu ergänzen. Auf die hiergegen von der Mutter eingereichte Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 7. Oktober 2022 nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 23. November 2022 verlangt die Mutter die Aufhebung dieses Entscheides und die Anweisung an das Obergericht, im obergerichtlichen Verfahren betreffend die vorsorglichen Massnahmen (obergerichtliches Verfahren Nr. 10/2022/7, in welchem der Endentscheid vom 15. November 2022 Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens 5A_983/2022 bildet) eine Kindesvertretung einzusetzen, eventualiter die direkte Einsetzung einer Kindesvertretung durch das Bundesgericht. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt, jedoch die kantonalen Akten beigezogen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
In den später anhängig gemachten Verfahren 5A_983/2022 und 5A_76/2023 wird jeweils eine Verfahrensvereinigung verlangt. Indes regeln die Anfechtungsobjekte höchst unterschiedliche Fragen und entsprechend betreffen auch die Beschwerden ganz unterschiedliche Themen (Beschwerdeverfahren 5A_906/2022: Kindesvertretung im kantonalen Massnahmeverfahren; Beschwerdeverfahren 5A_983/ 2022: kantonales Massnahmeverfahren, insbesondere die Kindeszuteilung anbelangend; Beschwerdeverfahren 5A_76/2023: Anordnung eines Gutachtens im Rahmen des Scheidungsverfahrens). Eine Verfahrensvereinigung rechtfertigt sich somit nicht. 
 
2.  
Das Obergericht hat seinen Nichteintretensentscheid damit begründet, dass der erstinstanzliche Entscheid eine prozessleitende Verfügung sei und die Beschwerdeführerin den für die sofortige Anfechtung erforderlichen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO) nicht darlege. Ohnehin wäre ein solcher Nachteil auch nicht ersichtlich, wenn berücksichtigt werde, in welchem Verfahrensstand der Antrag gestellt worden sei. 
 
3.  
Der Entscheid über die Ernennung eines Vertretungsbeistandes für das Kind - und entsprechend auch die Einsetzung einer Kindesvertretung - stellt einen Zwischenentscheid dar (BGE 147 III 451). Dieser kann nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (ausführlich zum nicht wieder gutzumachenden Nachteil insb. BGE 142 III 798 E. 2.2), wobei diese in der Beschwerde darzutun sind (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 III 80 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3). 
Was den angefochtenen Entscheid anbelangt, ist festzuhalten, dass dieser im Rahmen vorsorglicher Massnahmen ergangen ist und deshalb nur Verfassungsrügen erhoben werden können (Art. 98 BGG), für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Sodann ist zu beachten, dass die Vorinstanz auf das kantonale Rechtsmittel nicht eingetreten ist und deshalb Anfechtungsgegenstand im bundesgerichtlichen Verfahren einzig die Frage sein kann, ob sie zu Recht einen Nichteintretensentscheid gefällt hat (BGE 135 II 38 E. 1.2; 139 II 233 E. 3.2). Darauf haben sich die Verfassungsrügen zu beziehen. 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin geht - irrig (vgl. E. 3) - davon aus, dass das Anfechtungsobjekt ein Endentscheid ist. Jedoch äussert sie sich für den Fall, dass von einem Zwischenentscheid auszugehen wäre, kurz zum nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Was den angefochtenen Entscheid anbelangt, äussert sie sich ausschliesslich zur Sache selbst; zum einen führt sie aus, inwiefern ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinn von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO vorgelegen habe, zum anderen wirft sie beiden kantonalen Instanzen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Willkürverbotes dahingehend vor, dass sie nicht auf das Vorbringen eingegangen seien, ohne Kindesvertretung liege bei der Mutter eine unzulässige Interessenkollision vor. Der den Nichteintretensentscheid tragende Vorwurf des Obergerichtes bestand aber darin, dass die Beschwerdeführerin den nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil im kantonalen Rechtsmittelverfahren nicht dargelegt habe. Inwiefern es sich anders verhalten hätte, tut die Beschwerdeführerin nicht dar, und es hilft ihr nicht, wenn sie dieszüglich im bundesgerichtlichen Verfahren eine Begründung nachschiebt, denn damit hat sie den Instanzenzug materiell nicht ausgeschöpft (Art. 75 Abs. 1 BGG; BGE 143 III 290 E. 1.1). Werden aber keine Verfassungsverletzungen im Zusammenhang mit dem Nichteintreten aufgezeigt, stossen die mit dem Umstand, dass ihre Vorbringen nicht materiell geprüft worden seien, begründeten Gehörs- und Willkürrügen - und erst recht die sich anschliessenden appellatorischen Ausführungen in der Sache selbst - ins Leere. 
 
5.  
Nach dem Gesagten bleibt die Beschwerde unbegründet, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die (reduzierten) Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Juli 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli