7B_629/2023 25.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_629/2023  
 
 
Urteil vom 25. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokatin Angela Agostino-Passerini, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Justizvollzug des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug, Spiegelgasse 12, 4051 Basel, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Strafvollzug; Beschwerdelegitimation, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 24. Juli 2023 (VD.2023.10 & VD.2023.20). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde mit Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 26. März 2021 wegen Raubes, versuchter Erpressung, mehrfachen geringfügigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises sowie mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln zweitinstanzlich zu 2 Jahren Freiheitsstrafe und einer Busse von Fr. 600.-- verurteilt. Mit Urteil vom 14. April 2023 verurteilte ihn das Appellationsgericht weiter wegen versuchter Erpressung, mehrfacher Übertretung des BetmG (SR 812.121), mehrfacher Nötigung, mehrfachen, teils versuchten Diebstahls, Hausfriedensbruchs sowie geringfügiger Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten und einer Busse von Fr. 600.--. Schliesslich wurde er mit Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 23. November 2021 der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig erklärt und zu einer Freiheitsstrafe von 43 /4 Jahren verurteilt. 
Nachdem ihm mit Verfügung des Strafgerichts vom 6. Dezember 2021 der vorzeitige Strafvollzug bewilligt worden war, trat A.________ am 14. April 2022 in den Normalvollzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) U.________ ein. 
 
B.  
 
B.a. Am 8. Juli 2022 ordnete das Amt für Justizvollzug die Einweisung von A.________ in die Sicherheitsabteilung A der JVA U.________ rückwirkend per 7. Juli 2022 für längstens sechs Monate an. Den dagegen erhobenen Rekurs hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Urteil vom 29. Dezember 2022 teilweise gut und wies die Strafvollzugsbehörde an, A.________ zu verlegen. Daraufhin verfügte das Amt für Justizvollzug am 16. Januar 2023 rückwirkend per 7. Januar 2023 für längstens sechs Monate die Versetzung von A.________ in die Sicherheitsabteilung B der JVA U.________. Gegen diese Verfügung wendete sich A.________ mit Rekurs erneut an das Verwaltungsgericht (Verfahren VD.2023.10).  
 
B.b. Kurz nach seiner Verlegung in die Sicherheitsabteilung B der JVA U.________, am 9. Februar 2023, wurde A.________ aufgrund einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Mitinsassen in die Sicherheitsabteilung SITRAK I der JVA V.________ verlegt. Auch gegen diese Verfügung erhob er Rekurs beim Verwaltungsgericht (Verfahren VD.2023.20).  
 
B.c. In der Folge kam es nochmals zu mehreren Verlegungen des Beschwerdeführers, namentlich am 21. April 2023 ins Gefängnis W.________.  
 
B.d. Das Verwaltungsgericht vereinigte die Verfahren VD.2023.10 und VD.2023.20 und wies die beiden Rekurse mit Urteil vom 24. Juli 2023 ab.  
 
C.  
A.________ gelangt mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und er sei umgehend in den Normalvollzug zu versetzen. Nebst dem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der angefochtenen Verfügung hat die Vorinstanz als letzte kantonale Instanz über die Strafvollzugsmodalitäten entschieden. Es handelt sich somit um einen Entscheid über den Vollzug von Strafen und Massnahmen im Sinne von Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG, welcher der Beschwerde in Strafsachen unterliegt. 
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer (lit. a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und (lit. b) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Vorausgesetzt wird ein aktuelles und praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 140 IV 74 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Dieses Erfordernis stellt sicher, dass dem Bundesgericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen zum Entscheid vorgelegt werden (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1; 136 I 274 E. 1.3 mit Hinweisen). Fehlt das schutzwürdige Interesse schon bei der Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 139 I 206 E. 1.1; je mit Hinweis[en]).  
Das Bundesgericht sieht indessen ausnahmsweise vom Erfordernis eines aktuellen Rechtsschutzinteresses ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und im Einzelfall eine rechtzeitige Prüfung kaum je möglich wäre (BGE 147 I 478 E. 2.2; 146 II 335 E. 1.3; 142 I 135 E. 1.3.1; 140 IV 74 E. 1.3.3; 139 I 206 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (Urteil 6B_1188/2022 vom 7. Dezember 2022 E. 4 mit Hinweis). Die Ausnahme, wonach auf das Erfordernis eines aktuellen Interesses verzichtet werden kann, ist restriktiv anzuwenden und es obliegt der beschwerdeführenden Person, darzulegen, dass die Voraussetzungen hierfür gegeben sind (Art. 42 Abs. 2 BGG; Urteile 1B_170/2022 vom 19. Juli 2022 E. 1.2.1; 6B_16/2021 vom 22. Februar 2021 E. 1.2; je mit Hinweisen). 
 
1.2. Unbestrittenermassen verfügt der Beschwerdeführer nicht über ein aktuelles Rechtsschutzinteresse.  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer führt zu seiner Legitimation aus, die ursprünglichen umstrittenen Verfügungen hätten sich bereits mehrfach überholt, sodass erstellt sei, dass eine rechtzeitige Überprüfung der Rechtmässigkeit der Versetzungen in die Sicherheitsabteilung B der JVA U.________ bzw. in die Sicherheitsabteilung SITRAK I der JVA V.________ nicht möglich sei. Auf die Beschwerde sei deshalb einzutreten, auch wenn er seither wieder verlegt worden sei. Zurzeit befinde er sich in der Sicherheitsabteilung II der JVA V.________.  
 
1.2.2. Mit diesen Ausführungen kommt der Beschwerdeführer den Vorgaben von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht nach, ist damit doch weder dargetan, inwiefern sich die streitigen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, noch, weshalb an deren Beantwortung aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehen soll.  
 
1.3.  
 
1.3.1. Trotz Wegfalls eines aktuellen Interesses tritt das Bundesgericht unter besonderen Umständen, insbesondere bei inhaftierten (bzw. zwischenzeitlich freigelassenen) Personen, auf die Beschwerde ein, wenn in vertretbarer Weise eine offensichtliche Verletzung der EMRK gerügt wird (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 137 I 296 E. 4.3.1; Urteile 1B_438/2022 vom 2. März 2023 E. 1.1.1; 1B_170/2022 vom 19. Juli 2022 E. 1.2.1; 6B_514/2022 vom 4. Juli 2022 E. 1.3.2; je mit Hinweisen). An eine solche Rüge werden nach Art. 106 Abs. 2 BGG erhöhte Begründungsanforderungen gestellt.  
 
1.3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Kleingruppenvollzug sei aufgrund der damit einhergehenden zusätzlichen Einschränkungen "belastend wie eine Strafe", er sei vom Leiter der Sicherheitsabteilung schikaniert und immer wieder von anderen Mitinsassen angegriffen worden und die Sicherheitshaft belaste seine Familie, namentlich seine kleine Tochter. Eigentliche Grundrechtsverletzungen macht er aber nirgends geltend und schon gar nicht begründet er solche in substanziierter Weise. Folglich scheidet ein Eintreten auf die Beschwerde auch unter diesem Titel aus.  
 
1.4. Schliesslich kann eine Partei ungeachtet der Legitimation in der Sache die Verletzung ihrer Rechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3; je mit Hinweisen). Derartige Rügen erhebt der Beschwerdeführer ebenfalls keine.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seine Beschwerde ist als aussichtslos zu bezeichnen und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprechend abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der nachgewiesenen finanziellen Bedürftigkeit des Beschwerdeführers wird mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger