7B_511/2023 30.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_511/2023  
 
 
Urteil vom 30. November 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
2. Justizvollzug und Wiedereingliederung, Bewährungs- und Vollzugsdienste, Massnahmen und Bewährung 2, Hohlstrasse 552, Postfach, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verlängerung der stationären Massnahme; Neubegutachtung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 19. Mai 2023 (UH220312-O/U/GRO). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde rechtskräftig wegen mehrfacher (teils versuchter) sexueller Handlungen mit Kindern, sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der Vollzug dieser Strafe wurde zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben (siehe dazu Urteil 6B_1041/2017 vom 3. Oktober 2018). 
 
B.  
Im Hinblick auf das Ende der fünfjährigen Dauer der Massnahme am 9. Juli 2022 wurde med. pract. B.________ vom Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über A.________ beauftragt. Auf Antrag des Amts verlängerte das Bezirksgericht Pfäffikon die stationäre Massnahme rückwirkend ab dem 10. Juli 2022 um vier Jahre. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 19. Mai 2023 ab. 
 
C.  
Dagegen erhob A.________ mit Eingabe vom 2. Juni 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, Ziff. 1 des Entscheids der Vorinstanz aufzuheben und die Sache mit der Auflage, eine Neubegutachtung bei einem unabhängigen Sachverständigen anzuordnen, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter hat der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren ersucht. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB im Rahmen eines selbständigen nachträglichen Verfahrens gemäss Art. 363 ff. StPO. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG zulässig. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht in gedrängter Form und unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt (BGE 143 I 377 E. 1.2 f.). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern muss mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6 mit Hinweis). Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten gelten qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2).  
 
2.2. Diesen Begründungsanforderungen genügt die Eingabe des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers über weite Strecken nicht, setzt sich dieser doch (wie offenbar bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren, siehe angefochtener Entscheid S. 5) nicht einmal ansatzweise mit den teils ausführlichen Erwägungen der Vorinstanz auseinander. Stattdessen beschränkt er sich im materiellen Teil seiner Beschwerde beinahe vollständig auf eine wortwörtliche Wiedergabe ausgewählter, bereits vor der Vorinstanz vorgebrachter Rügen (Ziff. 1, 2, 4, 5 und 6 der Beschwerde). Auf diese Vorbringen ist mangels hinreichender Begründung nicht einzugehen (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1.  
Zusätzlich zu den vorgenannten blossen Bekräftigungen der bereits vor der Vorinstanz eingenommenen Standpunkte rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. d EMRK (Ziff. 3 der Beschwerde). Er bringt diesbezüglich vor, durch die Nichtzulassung seiner Fragen an den sachverständigen Zeugen anlässlich der vorinstanzlichen mündlichen Verhandlung sei ihm die Möglichkeit genommen worden, den Nachweis zu erbringen, dass der Gutachter in einem starken strukturellen Abhängigkeitsverhältnis zur Vollzugsbehörde stehe. 
 
3.2. Damit ruft er in der Sache einen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f StPO an, der auch für Sachverständige gilt (Art. 183 Abs. 3 StPO). Ausstandsgründe sind ohne Verzug geltend zu machen (Art. 58 StPO). Wer den Mangel nicht unverzüglich vorbringt, wenn er davon Kenntnis erhält, sondern sich stillschweigend auf ein Verfahren einlässt, verwirkt nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung den Anspruch auf spätere Anrufung der angeblich verletzten Ausstandsbestimmung (BGE 143 V 66 E. 4.3; 141 III 210 E. 5.2; 140 I 271 E. 8.4.3; je mit weiteren Hinweisen).  
 
3.3. Das Gutachten wurde am 20. Juli 2021 von der Vollzugsbehörde in Auftrag gegeben. Weshalb der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Fragen, die einen angeblichen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f StPO belegen sollen, erstmals an der mündlichen Verhandlung vor der Vorinstanz vom 29. September 2022 - und damit mehr als ein Jahr später - vorbrachte, legt er nicht dar. Damit ist zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz nicht weiter auf diese offensichtlich verspäteten Vorbringen eingegangen ist und die entsprechenden Fragen an der Verhandlung nicht zugelassen hat.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. November 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger