5A_899/2023 07.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_899/2023  
 
 
Urteil vom 7. Dezember 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Greuter, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen  
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frauenfeld, Schönenhofstrasse 19, 8500 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Rückweisungsentscheid betreffend Beistandschaft, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 18. Oktober 2023 (KES.2023.30). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Beschwerdeführerin 2 ist die 2008 geborene Tochter der Beschwerdeführerin 1. Der Vater lebt in England, wobei kein Kontakt besteht. 
Am 26. Januar 2023 meldete die Mutter die Tochter notfallmässig beim JKPD Thurgau zur Beurteilung an. In der Folge nahm die Tochter diverse Therapiestunden beim ambulanten Kriseninterventionsteam wahr. 
Am 22. Februar 2023 erstattete Dr. med. C.________ eine Gefährdungsmeldung zuhanden der KESB Frauenfeld und beantragte die verdeckte Platzierung des Kindes. Am 9. März 2023 entzog die KESB der Mutter superprovisorisch die Obhut, brachte das Kind in einer sozialpädagogischen Pflegefamilie unter und ernannte einen Beistand. Am gleichen Tag hörte die KESB die Mutter und die Tochter an und am 13. April 2023 bestellte sie einen Kindesanwalt. Am 21. Juni 2023 entschied die KESB, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und die Tochter bei der Pflegefamilie untergebracht bleibe; sodann beschränkte sie die elterliche Sorge der Mutter in den Bereichen der schulischen, beruflichen, gesundheitlichen und psychischen Entwicklung des Kindes. 
 
B.  
Mit Brief vom 26. Juni 2023 teilte die Tochter der KESB mit, sie wolle sofort zur Mutter zurück. Die KESB leitete das Schreiben im Sinn einer Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau weiter. Am 13. Juli 2023 erhob die Mutter ihrerseits Beschwerde. Es folgten mehrere Eingaben der Parteien und auf Aufforderung des Obergerichtes hin reichte der Beistand am 18. August 2023 einen Bericht ein, in welchem er die Einweisung des Kindes in eine psychiatrische Klinik zwecks Abklärung und Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens beantragte. 
Zwischenzeitlich war die Tochter faktisch in den Haushalt der Mutter zurückgekehrt, nachdem die Pflegefamilie das Pflegeverhältnis gekündigt hatte. 
Mit Entscheid vom 18. Oktober 2023 hiess das Obergericht die Beschwerden insofern gut, als die Mutter wieder über das Aufenthaltsbestimmungsrechtes verfüge, und es wies die Sache zur neuen Umschreibung des Mandates des Beistandes, zu weiteren Abklärungen im Sinn der Erwägungen und zur neuen Entscheidung an die KESB zurück. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 27. November 2023 wenden sich die Mutter und die Tochter an das Bundesgericht und verlangen, in dieszüglicher Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die bestehende Beistandschaft vollumfänglich aufzuheben und die elterliche Sorge sei der Mutter in allen Teilen wieder zu geben und diese sei vom Staat für alle Aufwendungen in den kantonalen Verfahren vollumfänglich zu entschädigen. Ferner wird die aufschiebende Wirkung verlangt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 bzw. Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 und Art. 75 Abs. 1 BGG). Soweit das Obergericht die faktische Rückkehr der Tochter in den mütterlichen Haushalt zum Anlass genommen hat, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zurückzugeben, liegt keine Beschwer und somit keine Beschwerdelegitimation vor (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Für alle anderen Streitpunkte geht es um einen Rückweisungsentscheid, der einen Zwischenentscheid darstellt (BGE 144 III 253 E. 1.3; 144 IV 321 E. 2.3) und deshalb nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG mit Beschwerde beim Bundesgericht anfechtbar ist (BGE 145 III 42 E. 2.1), wobei diese in der Beschwerde im Einzelnen darzulegen sind (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 III 80 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3). Es bleibt die Möglichkeit, im Anschluss an den aufgrund des Rückweisungsentscheids neu ergehenden Endentscheid an das Bundesgericht zu gelangen (Art. 93 Abs. 3 BGG). Grundgedanke dabei ist, dass das Bundesgericht sich nach dem Willen des Gesetzgebers soweit möglich nur einmal mit der gleichen Sache befassen soll (BGE 141 III 80 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 143 III 290 E. 1.3; 144 III 475 E. 1.2). 
 
2.  
Die Beschwerdeführerinnen äussern sich nicht zur Frage, ob und inwiefern die Rückweisung zu einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil führen könnte; der Ausnahmegrund von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist vor dem Hintergrund der Begründungspflicht (dazu E. 1) somit nicht näher zu prüfen. Vielmehr machen die Beschwerdeführerinnen geltend, die Gutheissung der Beschwerde führe sofort einen Endentscheid herbei. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG verlangt aber zusätzlich, dass damit ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Die Beschwerdeführerinnen zitieren zwar den Wortlaut der Norm, äussern sich aber nicht näher dazu. Mithin bleibt letztlich auch die Ausnahme gemäss lit. b unbegründet. Die Eintretensfrage muss aber insofern nicht abschliessend beurteilt werden, als die Beschwerde ohnehin in der Sache abzuweisen ist (dazu E. 3). 
 
3.  
Aus dem angefochtenen Entscheid wird nicht nur klar, dass bei der Beschwerdeführerin 1 gewisse Defizite bestehen, dass der Leidensdruck der Beschwerdeführerin 2 gross ist, dass zwischen den beiden ein speziell gestricktes Verhältnis und im Übrigen ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht (im angefochtenen Entscheid ist von der Prüfung des Aufbaus eines Helfernetzes als Alternative zur Fremdplatzierung die Rede), sondern auch, dass es angesichts der seit dem ersten KESB-Entscheid stark veränderten Tatsachen näherer bzw. aktualisierter Abklärungen als Grundlage für die zukünftig zu treffenden Massnahmen und offenkundig auch einer Begleitung durch den Beistand bedarf. Mithin ist der Rückweisungsentscheid in der Sache richtig und auch erforderlich. 
 
4.  
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
5.  
Von einer solidarischen Haftbarkeit für die Kosten (Art. 66 Abs. 5 BGG) ist abzusehen und die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin 1 aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche materiell für die Kinderkosten aufzukommen hat. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin 1 auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der KESB Frauenfeld und dem Obergericht des Kantons Thurgau mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli