7B_58/2023 10.07.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_58/2023  
 
 
Urteil vom 10. Juli 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Stadler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn, Rötistrasse 6, Postfach 463, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung Mobiltelefon, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Haftgerichts 
des Kantons Solothurn vom 27. März 2023 (ZMAL.2023.9-HGRSCR). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn eröffnete am 7. Februar 2023 eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts des mehrfachen Diebstahls und erliess gleichentags einen Durchsuchungsbefehl für die Wohnorte der Eltern von A.________ in Solothurn. Am 22. Februar 2023 wurde A.________ festgenommen und sein Mobiltelefon "iPhone 12" sichergestellt. A.________ verlangte umgehend dessen Siegelung. 
 
B.  
Am 27. Februar 2023 reichte die Jugendanwaltschaft ein Entsiegelungsgesuch betreffend das Mobiltelefon beim Haftgericht des Kantons Solothurn ein. Das Haftgericht hiess das Entsiegelungsgesuch mit Verfügung vom 27. März 2023 teilweise gut und gab das Gerät bezüglich der Aufzeichnungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 22. Februar 2023 zur Auswertung frei. 
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die Verfügung des Haftgerichts sei aufzuheben und der Entsiegelungsantrag der Jugendanwaltschaft sei abzuweisen. Das Mobiltelefon sei ihm unverzüglich herauszugeben. 
Die Vorinstanz hat keine Vernehmlassung zur Sache eingereicht. Die Jugendanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde, unter Verweis auf ihre Eingaben vor dem Haftgericht und den angefochtenen Entscheid. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein nach Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen. Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst die gegen den Beschwerdeführer geführte Strafuntersuchung nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Demnach ist er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3, je mit Hinweisen). Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie insbesondere ein mangelnder Deliktskonnex geltend gemacht, fehlt es grundsätzlich am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteile 1B_155/2023 vom 10. Mai 2023 E. 1.2; 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.1; 1B_40/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 2.1; teilweise mit weiteren Hinweisen).  
 
2.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanz machte der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren geltend, auf dem Mobiltelefon befänden sich höchstpersönliche Daten, seien dies Unterhaltungen mit Freunden/mit Familie oder Fotos/Videos/Apps/Dokumente, die unter anderem auch die Intimsphäre betreffen könnten. Gerade die Korrespondenz bzw. die Chats seien nie für die Augen anderer Personen bestimmt gewesen und erlaubten einen tiefen Einblick in seine Persönlichkeit und Lebensweise. Die Vorinstanz erwägt, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten schützenswerten Geheimhaltungsinteressen würden in keiner Weise substanziiert. Weder werde dargelegt, wo die zu schützenden Dateien zu finden wären, noch werde ausgeführt, inwiefern die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung der Straftaten vorgehen sollten. In der Gesamtschau seien keine Durchsuchungshindernisse ersichtlich.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer nimmt im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht keinerlei Bezug auf diese Erwägungen der Vorinstanz, sondern behauptet lediglich allgemein, der angefochtene Entscheid führe "zu einem nicht mehr korrigierbaren Eingriff in seine rechtlich geschützten Geheimnisinteressen". Dadurch vermag er nicht zu belegen, dass ihm durch die Entsiegelung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG droht (siehe Urteile 1B_603/2022 vom 22. Februar 2023 E. 1.3.3; 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2.4). Seine vor der Vorinstanz gemachten pauschalen Hinweise auf private Korrespondenz oder Fotos belegen rechtsprechungsgemäss keine schutzwürdigen Geheimnisinteressen im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO (so etwa Urteile 1B_40/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 2.2; 1B_427/2021 vom 21. Januar 2022 E. 6.5; 1B_78/2021 vom 11. November 2021 E. 3.2; 1B_564/2019 vom 17. Juni 2020 E. 6.2).  
In der Sache macht der Beschwerdeführer zwar insbesondere ausführlich geltend, sein Mobiltelefon sei nicht rechtskonform gesiegelt worden, was der Entsiegelung entgegenstehe. Dass ihn dies zur selbständigen Anrufung des Bundesgerichts nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG berechtigen würde, tut er jedoch nicht dar und ist auch nicht erkennbar. 
 
3.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Haftgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juli 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtliche Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Stadler