8C_586/2023 21.02.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_586/2023  
 
 
Urteil vom 21. Februar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Juni 2023 (VBE.2022.358). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1973, ist gelernter Autolackierer und war zuletzt als Allrounder tätig. Wegen seit 2011 anhaltender psychischer Beschwerden meldete er sich am 13. Oktober 2014 bei der IV-Stelle des Kantons Aargau (fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) zum Leistungsbezug an. Insbesondere gestützt auf das polydisziplinäre Gutachten des Medizinischen Zentrums Römerhof vom 19. Februar 2018 lehnte die IV-Stelle das Leistungsbegehren ab (Verfügung vom 7. März 2019). Auf Beschwerde von A.________ hin hob das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Verfügung auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen und Neuverfügung an die IV-Stelle zurück (Urteil vom 27. Januar 2020).  
 
A.b. Nach Einholung des bidisziplinären Gutachtens vom 30. Juni 2021 des Dr. med. B.________, Rheumatologe, und des med. pract. C.________, Psychiater, sowie gestützt auf die ergänzenden Stellungnahmen dieser beiden Gutachter vom 21. Februar 2022 und 26. April 2022 verneinte die IV-Stelle erneut einen Rentenanspruch (Verfügung vom 18. August 2022).  
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Urteil vom 30. Juni 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, ihm sei unter Aufhebung des kantonalen Urteils eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
Nach Beizug der Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder in Verletzung von Bundesrecht festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1; Urteil 8C_13/2023 vom 28. Juni 2023 E. 1.1).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür ein (siehe zum Willkürbegriff: BGE 147 V 194 E. 6.3.1), insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Derartige Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2). Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern. Das Bundesgericht prüft die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur, soweit sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil geht es nicht ein (BGE 147 IV 74 E. 4.1.2 i.f. mit Hinweisen).  
 
1.3. Der Vorinstanz steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.1 i.f. mit Hinweisen; Urteil 8C_592/2022 vom 11. April 2023 E. 1.3 mit Hinweis). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; zum Begriff der Willkür: vgl. E. 1.2 hiervor; Urteil 8C_13/2023 vom 28. Juni 2023 E. 1.3).  
 
2.  
 
2.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 18. August 2022 verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs bestätigte.  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).  
 
3.  
Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging nach dem 1. Januar 2022, betrifft aufgrund der Anmeldung vom 13. Oktober 2014 jedoch Leistungen mit allfälligem Anspruchsbeginn vor dem 31. Dezember 2021. In dieser übergangsrechtlichen Konstellation sind nicht die am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Änderungen, sondern die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung massgebend (vgl. zum Ganzen: Urteil 8C_592/2022 vom 11. April 2023 E. 2 mit Hinweis auf das Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] zu den Übergangsbestimmungen zur Einführung des linearen Rentensystems [KS ÜB WE IV] in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung Rz. 1007 f.; vgl. ferner KASPAR GERBER, in Thomas Gächter [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, IVG, Bern 2022, N. 102 zu Art. 28b IVG; Urteil 8C_385/2023 vom 30. November 2023 E. 2 mit Hinweis). 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat nach einlässlicher Würdigung der Aktenlage und ausführlicher Erörterung der Einwände des Beschwerdeführers mit überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend erkannt, dass er keine konkreten Indizien aufzuzeigen vermochte (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; SVR 2022 UV Nr. 43 S. 172, 8C_528/2021 E. 4.2.1), welche gegen die Zuverlässigkeit des im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten bidisziplinären Gutachtens und der beiden ergänzenden Stellungnahmen dieser Gutachter sprächen. Abgesehen von kurzzeitig vorübergehenden Phasen erhöhter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit blieb der Beschwerdeführer demnach in Bezug auf die angestammte und eine angepasste Tätigkeit zu 75% arbeitsfähig. Mangels einer durchschnittlich mindestens 40%-igen Arbeitsunfähigkeit während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch verneinte die Vorinstanz die materiellen Voraussetzungen eines Rentenanspruchs.  
 
4.2. Was der Beschwerdeführer hiergegen vor Bundesgericht einwendet, ist offensichtlich unbegründet, soweit er sich überhaupt rechtsgenüglich mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinander setzt (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne einer mangelhaften Begründung des kantonalen Urteils (vgl. dazu BGE 148 III 30 E. 3.1 mit Hinweisen; vgl. auch SVR 2023 UV Nr. 3 S. 8, 8C_694/2021 E. 5.2 mit Hinweis) kann keine Rede sein. Die ergänzenden Rückfragen an die Gutachter erfolgten unter Mitwirkung des Beschwerdeführers und Gewährung der Einsichtnahme in die vollständigen und aktualisierten Akten. Die Gutachter nahmen zu den neuen medizinischen Unterlagen Stellung. Inwiefern die Experten angeblich eine aktenkundig ausgewiesene und rechtserhebliche "Verschlechterung des Gesundheitszustandes" nicht berücksichtigt und einem "progredienten Beschwerdebild" nicht Rechnung getragen hätten, ist nicht nachvollziehbar. Soweit sich der Beschwerdeführer mit appellatorischer Kritik an der bundesrechtskonformen vorinstanzlichen Beweiswürdigung durch Wiederholung seiner schon vor kantonalem Gericht erhobenen Einwände begnügt, ist darauf nicht weiter einzugehen (E. 1.2 i.f.). Entgegen seinen diesbezüglich ebenfalls wiederholten Rügen befasste sich der psychiatrische Gutachter gemäss angefochtenem Urteil unter Berücksichtigung der gezeigten Aggravation und der festgestellten psychosozialen Faktoren ausführlich und differenziert mit den praxisgemäss zu prüfenden Indikatoren. Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die auf dem bidisziplinären Gutachten und den ergänzenden Stellungnahmen beruhenden vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit als willkürlich (E. 1.2) zu beanstanden wären, weshalb es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden hat.  
 
5.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
6.  
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (E. 5), ist sie als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (Urteil 8C_300/2021 vom 23. Juni 2021 E. 6 mit Hinweis). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist demnach abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Februar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli