8C_589/2023 04.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_589/2023  
 
 
Urteil vom 4. Juni 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Max B. Berger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente; Invalideneinkommen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 17. August 2023 (200 22 710 UV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1970 geborene A.________ war seit August 2017 bis zur Kündigung per 31. Oktober 2019 vollzeitlich als Camionneurin-Chauffeuse für die B.________ AG tätig und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 21. Januar 2019 fiel sie beim Beladen eines LKW von der Hebebühne und verletzte sich am linken Knie. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Gestützt auf eine versicherungsmedizinische Beurteilung des med. pract. C.________, Facharzt für Chirurgie, vom 7. Februar 2022 stellte sie mit Schreiben vom 10. Februar 2022 die Taggeldleistungen per 1. April 2022 und die Übernahme der Heilbehandlung per 31. Juli 2022 ein, wobei sie diesbezüglich zusätzlich für eine Serie von neun Sitzungen Medizinische Trainingstherapie aufkam. Nach Einholung einer Beurteilung des Integritätsschadens durch med. pract. C.________ vom 31. März 2022 verneinte die Suva mit Verfügung vom 8. Juni 2022 den Anspruch auf eine Invalidenrente und sprach A.________ eine Integritätsentschädigung auf der Basis einer Integritätseinbusse von 10 % zu. An ihrem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 9. November 2022 fest. 
 
B.  
Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 17. August 2023 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es sei ihr in Aufhebung des kantonalgerichtlichen Urteils vom 17. August 2023 eine Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei ihr für das kantonale Gerichtsverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'831.75 auszurichten. 
Nach Beizug der Akten der Vorinstanz verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 57 E. 4.2, je mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 9. November 2022 einen Rentenanspruch verneinte.  
 
2.2. Letztinstanzlich unbestritten sind die vollumfängliche Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer angepassten Tätigkeit, das Zumutbarkeitsprofil sowie das gestützt auf die Angaben der letzten Arbeitgeberin ermittelte Valideneinkommen für das Jahr 2022 in der Höhe von (höchstens) Fr. 59'600.-. Bezüglich des Invalideneinkommens ist unbestritten, dass dieses anhand der Tabellenlöhne der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2020, Tabelle TA1_tirage_skill_level, Total, Kompetenzniveau 1, Frauen, festzusetzen ist, was angepasst an die betriebsübliche Wochenarbeitszeit und indexiert auf das Jahr 2022 gerundet Fr. 54'236.- ergab. Streitig ist lediglich noch, ob bei der Ermittlung des Invalideneinkommens zu Recht auf einen Abzug vom Tabellenlohn verzichtet wurde.  
 
3.  
Die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Rechtsgrundlagen wurden im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Mit einem Abzug vom anhand statistischer Lohndaten ermittelten Invalideneinkommen soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können und die versicherte Person je nach Ausprägung deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann. Der Abzug soll aber nicht automatisch erfolgen. Er ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen und darf 25 % nicht übersteigen (BGE 148 V 174 E. 6.3 mit Hinweisen).  
Ob ein (behinderungsbedingter oder anderweitig begründeter) Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (BGE 148 V 174 E. 6.5 mit Hinweis). 
 
4.2. Das kantonale Gericht hielt - wie bereits die Suva - einen Abzug vom anhand statistischer Daten ermittelten Invalideneinkommen nicht für gerechtfertigt. Der Beschwerdeführerin (Portugiesin, Jg. 1970, Niederlassungsbewilligung C), die zwar kein deutsch, aber fünf andere Sprachen spreche, stehe mit Blick auf das Zumutbarkeitsprofil ein breiter Fächer an möglichen Tätigkeiten offen. In einer angepassten Tätigkeit könne sie ihre Arbeitsfähigkeit wie eine gesunde Person verwerten. Weder aufgrund ihres Alters noch wegen der seit 2019 bestehenden Absenz vom Arbeitsmarkt müsse sie mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen rechnen.  
 
4.3. Was die Beschwerdeführerin in weitgehender Wiederholung ihres bereits vorinstanzlich vorgetragenen Standpunktes dagegen einwendet, verfängt nicht.  
Das kantonale Gericht legte überzeugend dar, dass der Beschwerdeführerin auf dem massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt im Kompetenzniveau 1 ein genügend breites Spektrum an ihr zumutbaren, leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeiten zur Verfügung steht, in denen sich die qualitativen Einschränkungen im Zumutbarkeitsprofil nicht zusätzlich lohnrelevant auswirken. Aus den angerufenen Urteilen kann die Beschwerdeführerin nichts Gegenteiliges ableiten. Einerseits unterscheiden sich die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse in wesentlichen Elementen (wie namentlich hinsichtlich Arbeitsfähigkeit, Zumutbarkeitsprofil sowie zusätzlicher quantitativer Einschränkungen der Leistungsfähigkeit). Andererseits kann ihnen nicht entnommen werden, welcher Abzug "richtig" wäre, da das Bundesgericht die Nichtgewährung eines Abzugs oder aber die Höhe des gewährten Abzugs lediglich auf eine Bundesrechtsverletzung bzw. Rechtsfehlerhaftigkeit hin überprüft. Daraus können entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht Schlüsse gezogen werden wie "Einschränkung auch bei leichten, wechselbelastenden Tätigkeiten = Abzug mind. 10%", "Erhöhter Pausenbedarf und eingeschränkte Leistungsfähigkeit = Abzug 10%" usw. 
Im Weiteren vermögen rechtsprechungsgemäss in der Regel weder beschränkte Deutschkenntnisse noch eine fehlende berufliche Ausbildung einen leidensbedingten Abzug zu rechtfertigen, wenn - wie hier - der statistische Durchschnittslohn für einfache und repetitive Tätigkeiten im Kompetenzniveau 1 angewendet wird (vgl. dazu die Urteile 8C_799/2021 vom 3. März 2022 E. 4.3.3 und 8C_314/2019 vom 10. September 2019 E. 6.2, je mit Hinweisen). Gleiches gilt hinsichtlich des Alters der Beschwerdeführerin, werden doch Hilfsarbeiten auf dem massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt grundsätzlich altersunabhängig nachgefragt (BGE 146 V 16 E. 7.2.1 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_269/2023 vom 6. Februar 2024 E. 5.3). Die geltend gemachte lange Abwesenheit vom Arbeitsmarkt schliesslich betrifft das Kriterium der Dienstjahre, dessen Bedeutung gemäss Rechtsprechung im privaten Sektor abnimmt, je niedriger das zu berücksichtigende Anforderungsprofil ist (BGE 126 V 75 E. 5a/cc; Urteil 8C_215/2023 vom 1. Februar 2024 E. 5.2.2.1 mit Hinweis). Hinzu kommt, dass sich eine langjährige Abwesenheit vom Arbeitsmarkt rechtsprechungsgemäss ohnehin nicht zwingend lohnsenkend auswirkt (vgl. Urteile 8C_215/2023 vom 1. Februar 2024 E. 5.2.2.1 und 8C_342/2023 vom 7. Dezember 2023 E. 6.2.3, je mit Hinweis), weshalb die Beschwerdeführerin auch daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten kann. 
 
4.4. Bei gegebener Ausgangslage konnte und kann in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5) auf zusätzliche Sachverhaltsabklärungen verzichtet werden. Da die Vorinstanz nach Gesagtem mit der Verneinung eines Abzugs vom anhand statistischer Lohndaten ermittelten Invalideneinkommen kein Bundesrecht verletzte, hat es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden.  
 
5.  
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt. 
 
6.  
Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anlass, die vorinstanzlich festgelegten Entschädigungsfolgen anders zu beurteilen. 
 
7.  
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Suva hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Juni 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch