12T_7/2023 24.01.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
12T_7/2023  
 
Das Schweizerische Bundesgericht vertreten durch die Verwaltungskommission 
 
in Sachen administrative Aufsicht über 
 
das Bundesverwaltungsgericht, Verwaltungskommission, Kreuzackerstrasse 12, 9000 St. Gallen 
 
betreffend 
 
Rechtsverzögerung 
(Aufsichtsanzeige von Herr A.________ vom 6. Dezember 2023) 
 
 
erwägt:  
 
1.  
 
1.1. A.________, aus China (Tibet), reichte am 7. Juni 2017 in der Schweiz ein Asylgesuch ein. Am 26. September 2019 lehnte das Staatssekretariat für Migration (SEM) das Asylgesuch ab. Gegen diese Verfügung erhob A.________ am 30. Oktober 2019 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.  
 
1.2. Am 6. Dezember 2023 reichte A.________ eine Aufsichtsanzeige vor der Verwaltungskommission des Bundesgerichts ein (in der Beschwerdesache E-5686/2019 des Bundesverwaltungsgerichts, Asyl- und Wegweisungsverfahren). Er rügt eine überlange Verfahrensdauer sowie eine Verletzung des Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht sei anzuweisen, strukturelle Mängel zu beheben und das Verfahren schnellst möglich abzuschliessen.  
 
2.  
 
2.1. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um eine Aufsichtsanzeige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) und Art. 3 lit. f des Aufsichtsreglements des Bundesgerichts (AufRBGer; SR 173.110.132) i.V.m. Art. 71 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG; SR 172.021). Das Einreichen von Aufsichtseingaben begründet keine Parteirechte (Art. 9 Abs. 2 AufRBGer; Art. 71 Abs. 2 VwVG). Die vom Anzeiger in eigener Sache vorgebrachten Anliegen sind demnach unzulässig.  
 
2.2. Die Aufsicht des Bundesgerichts über das Bundesverwaltungsgericht ist administrativer Art (vgl. Art. 1 Abs. 2 BGG; Art. 3 Abs. 1 VGG; Art. 1 Abs. 1 AufRBGer); die Rechtsprechung ist gemäss Art. 2 Abs. 2 AufRBGer von der Aufsicht ausgenommen. Das Bundesgericht als administrative Aufsichtsbehörde greift im Falle einer Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung nur ein, wenn ein strukturelles Problem organisatorischer oder administrativer Natur festgestellt wird (BGE 144 II 486). Im Übrigen kann eine Aufsichtsanzeige nicht als Ersatz-Rechtsmittel für gesetzlich nicht vorgesehene Beschwerden gegen Urteile in Asylsachen dienen.  
 
2.3. Ob strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur vorliegen, respektive der Geschäftsgang generell den Anforderungen entspricht, ist zwar anhand der beanstandeten konkreten Fälle zu beleuchten; diese müssen aber klare Anhaltspunkte enthalten, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um ein allgemeines Problem handelt (vgl. Entscheide 12T_2/2022 vom 23. Dezember 2022 E. 3.1; 12T_1/2022 vom 26. September 2022 E. 2.1).  
 
3.  
Im Asyl- und Ausländerwesen ist über eine grosse Anzahl von Fällen zu entscheiden. Die Beschwerdebehörde habe zwangsläufig gewisse Prioritäten zu setzen. Das Bundesverwaltungsgericht weist jüngst in einer Stellungnahme (12T_4/2023 vom 21. November 2023) darauf hin, dass es in einer Behandlungsstrategie bestimme, welche Beschwerdeverfahren prioritär behandelt würden. Die Abteilungen IV und V würden zu Beginn des Jahres ihre Jahresziele festlegen und berücksichtigten dabei einerseits die gesetzlichen Rechtsmittel- und Behandlungsfristen nach Art. 108 und 109 AsylG und andererseits die Behandlungsstrategie des SEM (Art. 109a AsylG). Der Abbau der Altfälle sei auch ein Ziel des Bundesverwaltungsgerichts und werde regelmässig kontrolliert. 
 
4.  
Das vorliegende Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat seit Einreichung der Beschwerde am 30. Oktober 2019 mehr als 4 Jahre gedauert. Auf die Anfragen betreffend Verfahrensstand wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesverwaltungsgericht regelmässig informiert. Zunächst teilte es dem Beschwerdeführer am 15. September 2020 mit, dass das Verfahren in der internen Priorisierung keinen oberen Rang erhielte und nicht mit einem zeitnahen Entscheid gerechnet werden könne. Bei einer weiteren Erkundigung teilte das Bundesverwaltungsgericht ein Jahr später mit, dass mit einem baldigen Entscheid gerechnet werden könne. Es ergaben sich aber anschliessend zusätzliche Fragen, zu welchen ein Koordinationsverfahren notwendig gewesen sei. Erst danach könne der Entscheid getroffen werden. Im Juli 2023 wurde dann im Koordinationsverfahren ein Urteil gefällt. Bis dato ist im Verfahren des Anzeigers kein Urteil ergangen. 
 
5.  
Anhaltspunkte, dass die Dauer des Verfahrens nicht auf die Prioritätenordnung der Beschwerdebehörde, sondern auf strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur zurückzuführen ist, liegen nicht vor. Der Anzeige wird daher keine Folge gegeben. 
 
 
6.  
Das Aufsichtsverfahren ist - besondere Umstände vorbehalten, die hier nicht vorliegen - kostenlos (Art. 10 der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren; SR 172.041.0). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Anliegen in Bezug auf das Verfahren E-5686/2019 sind unzulässig. 
 
2.  
Der Anzeige wird keine Folge geleistet. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Diese Feststellung wird der Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts schriftlich mitgeteilt. Dem Anzeiger wird eine Orientierungskopie zugestellt. 
 
 
Lausanne, 24. Januar 2024 
 
Im Namen der Verwaltungskommission des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Donzallaz 
 
Der Generalsekretär: Lüscher