12T_5/2023 14.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
12T_5/2023  
 
Das Schweizerische Bundesgericht vertreten durch die Verwaltungskommission 
 
in Sachen administrative Aufsicht über 
 
das Bundesverwaltungsgericht, Verwaltungskommission, Kreuzackerstrasse 12, 9000 St. Gallen 
 
betreffend 
 
Rechtsverzögerung (Aufsichtsanzeige von Herrn A.________ vom 31. August 2023) 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ aus der Türkei reichte am 30. September 2019 in der Schweiz ein Asylgesuch ein. Am 13. Juli 2020 wies das Staatssekretariat für Migration (SEM) das Asylgesuch ab und verfügte die Wegweisung. Gegen diese Verfügung erhob A.________ am 18. August 2020 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Der Schriftenwechsel endete mit Einreichung einer Triplik am 16. November 2021.  
 
1.2. Mit Eingabe vom 31. August 2023 reichte A.________ beim Bundesgericht Aufsichtsanzeige ein. Der Anzeiger ersucht um Feststellung, dass das Beschwerdeverfahren E-4066/2020 zu lange dauere und das Bundesverwaltungsgericht damit die Pflicht zur Einhaltung des ordentlichen Verfahrensganges verletze. Das Bundesverwaltungsgericht sei zudem anzuweisen, die Beschwerde beförderlich zu behandeln und zeitnah ein Urteil zu fällen. Ausserdem seien für das Aufsichtsverfahren keine Kosten zu erheben.  
 
2.  
 
2.1. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um eine Aufsichtsanzeige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) und Art. 3 lit. f des Aufsichtsreglements des Bundesgerichts (AufRBGer; SR 173.110.182) i.V.m. Art. 71 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG; SR 172.021). Das Einreichen von Aufsichtseingaben begründet keine Parteirechte (Art. 9 Abs. 2 AufRBGer; Art. 71 Abs. 2 VwVG). Die vom Anzeiger in eigener Sache vorgebrachten Anliegen sind demnach unzulässig.  
 
2.2. Die Aufsicht des Bundesgerichts über das Bundesverwaltungsgericht ist administrativer Art (vgl. Art. 1 Abs. 2 BGG; Art. 3 Abs. 1 VGG; Art. 1 Abs. 1 AufRBGer); die Rechtsprechung ist gemäss Art. 2 Abs. 2 AufRBGer von der Aufsicht ausgenommen. Das Bundesgericht als administrative Aufsichtsbehörde greift im Falle einer Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung nur ein, wenn ein strukturelles Problem organisatorischer oder administrativer Natur festgestellt wird (BGE 144 II 486). Im Übrigen kann eine Aufsichtsanzeige nicht als Ersatz-Rechtsmittel für gesetzlich nicht vorgesehene Beschwerden gegen Urteile in Asylsachen dienen.  
 
2.3. Ob strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur vorliegen, respektive der Geschäftsgang generell den Anforderungen entspricht, ist zwar anhand der beanstandeten konkreten Fälle zu beleuchten; diese müssen aber klare Anhaltspunkte enthalten, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um ein allgemeines Problem handelt (vgl. Entscheide 12T_2/2022 vom 23. Dezember 2022 E. 3.1; 12T_1/2022 vom 26. September 2022 E. 2.1).  
 
3.  
 
3.1. Der Anzeiger rügt eine übermässig lange Dauer des Beschwerdeverfahrens (mehr als 3 Jahre seit Einreichung der Beschwerde am 13. August 2020 und fast 2 Jahre seit Abschluss des Schriftenwechsels am 16. November 2021) und damit eine Verletzung des ordentlichen Verfahrensganges.  
 
3.2. Im Asyl- und Ausländerwesen ist über eine grosse Anzahl von Fällen zu entscheiden. Die Beschwerdebehörde hat zwangsläufig gewisse Prioritäten zu setzen. Das Bundesverwaltungsgericht weist in neueren Stellungnahmen darauf hin, dass es in einer Behandlungsstrategie festlegt, welche Beschwerdeverfahren prioritär behandelt werden. Die Abteilungen IV und V legen zu Beginn des Jahres ihre Jahresziele fest und berücksichtigen dabei einerseits die gesetzlichen Rechtsmittel- und Behandlungsfristen nach Art. 108 und 109 AsvlG und andererseits die Behandlungsstrategie des SEM (Art. 109a AsylG). Der Abbau der Altfälle ist auch ein Ziel des Bundesverwaltungsgerichts und wird regelmässig kontrolliert.  
 
3.3. Das Bundesverwaltungsgericht äusserte sich bereits zweimal zum Verfahrensstand. In seinen Antwortschreiben vom 21. April 2022 und 27. April 2023 bestätigte es, dass es zunächst über Verfahren mit gesetzlich geregelten Behandlungsfristen zu entscheiden habe.  
 
3.4. Anhaltspunkte, dass die Dauer des Verfahrens nicht auf die Prioritätenordnung der Beschwerdebehörde, sondern auf strukturelle Mängel organisatorischer oder administrativer Natur zurückzuführen ist, liegen nicht vor: Der Anzeige wird daher keine Folge gegeben.  
 
4. Das Aufsichtsverfahren ist - besondere Umstände vorbehalten, die hier nicht vorliegen kostenlos (Art. 10 der Verordnung.'über Kosten und" Entschädigungen im Verwaltungsverfahren; SR 172.041.0).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Anliegen in Bezug auf das Verfahren E-4066/2020 sind unzulässig. 
 
2.  
Der Anzeige wird keine Folge gegeben. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Dieser Entscheid wird dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt. Dem Anzeiger wird eine Orientierungskopie zugestellt. 
 
 
Lausanne, 14. November 2023 
 
Im Namen der Verwaltungskommission 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Donzallaz 
 
Der Generalsekretär: Lüscher