7B_918/2023 19.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_918/2023, 7B_919/2023  
 
 
Urteil vom 19. Dezember 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, 
An der Aa 4, 6300 Zug. 
 
Gegenstand 
Haftentlassung, Verlängerung der Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügungen des Obergerichts des Kantons Zug, Strafabteilung, vom 26. Oktober 2023 (S 2023 28) und 14. November 2023 (S 2023 28). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Strafgericht des Kantons Zug sprach A.________ mit Urteil vom 14. Juli 2023 der sexuellen Handlungen mit einem Kind, der versuchten sexuellen Handlungen mit einem Kind und der mehrfachen Pornographie schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten. Zudem ordnete es eine stationäre therapeutische Massnahme an und verlängerte seine Sicherheitshaft bis 14. Oktober 2023. A.________ erklärte Berufung gegen dieses Urteil. 
Am 10. September 2023 ersuchte A.________ um Haftentlassung. Der Präsident der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Zug wies das Gesuch mit Verfügung vom 15. September 2023 ab und verlängerte die Sicherheitshaft bis zur Berufungsverhandlung. Das Bundesgericht hiess die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde teilweise gut, hob die angefochtene Verfügung wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung an den Präsidenten der Strafabteilung zurück (Urteil 7B_752/2023 vom 27. Oktober 2023). 
 
B.  
Zwischenzeitlich hatte am 26. Oktober 2023 vor der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Zug die Berufungsverhandlung stattgefunden. Der Präsident der Strafabteilung hatte A.________ gleichentags auch zu seiner Inhaftierung angehört und entschieden, ihn nicht in Freiheit zu entlassen (Dispositiv-Ziffer 1), und die Sicherheitshaft bis zum Urteil der Berufungsinstanz verlängert (Dispositiv-Ziffer 2). 
Mit Urteil vom 27. Oktober 2023 wies das Obergericht die Berufung von A.________ schliesslich ab und bestätigte dabei insbesondere die erstinstanzlich verhängte Freiheitsstrafe von 23 Monaten und die stationäre therapeutische Massnahme. Zudem entschied es, die Sicherheitshaft bis zum Antritt der stationären therapeutischen Massnahme zu verlängern. 
In der Folge beurteilte der Präsident der Strafabteilung des Obergerichts aufgrund des vorgenannten bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheids das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers vom 10. September 2023 neu. Mit Präsidialverfügung vom 14. November 2023 wies er es erneut ab (Dispositiv-Ziffer 1) und stellte fest, dass das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt worden sei (Dispositiv-Ziffer 2) und die Sicherheitshaft mangels formgültigen Hafttitels vom 15. Oktober 2023, 00.00 Uhr, bis am 26. Oktober 2023, 14.00 Uhr, rechtswidrig gewesen sei (Dispositiv-Ziffer 3). Zudem entschied er, der von A.________ zwischenzeitlich gestellte Entschädigungsantrag vom 6. November 2023 werde "entgegengenommen" und "zur gegebenen Zeit durch die zuständige Behörde beurteilt" (Dispositiv-Ziffer 4). 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ vor Bundesgericht, Dispositiv-Ziffern 1 und 2 der Präsidialverfügung vom 26. Oktober 2023 sowie Dispositiv-Ziffer 1 der Präsidialverfügung vom 14. November 2023 seien aufzuheben und er sei umgehend aus der Haft zu entlassen. Eventualiter sie die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde und hat im Übrigen, wie die Vorinstanz, auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit den beiden angefochtenen Verfügungen hat die Vorinstanz entschieden, A.________ nicht aus der Haft zu entlassen bzw. seine Sicherheitshaft fortzusetzen. Diese Verfügungen richten sich gegen denselben Beschwerdeführer und betreffen beide die Frage der Rechtmässigkeit seiner Inhaftierung. Der Beschwerdeführer hat ferner nur eine Beschwerdeschrift verfasst, um beide Verfügungen mit derselben Begründung anzufechten. Die Verfahren 7B_918/2023 und 7B_919/2023 sind aus diesen Gründen zu vereinigen. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf die Beschwerde eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 275 E. 1.1; 148 I 160 E. 1; je mit Hinweis). Die Sachurteilsvoraussetzungen sind in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit sie nicht offensichtlich erfüllt erscheinen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 148 IV 155 E. 1.1; 141 IV 289 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Angefochten sind zwei kantonal letztinstanzliche Entscheide betreffend Haftentlassung bzw. Verlängerung der Sicherheitshaft. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen.  
 
2.3. Die angefochtenen Entscheide schliessen das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht ab. Es handelt sich um zwei Zwischenentscheide, die nur unter der Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angefochten werden können. Demnach ist die Beschwerde insbesondere zulässig, wenn die angefochtenen, selbstständig eröffneten Zwischenentscheide einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Dabei muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar ist. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; 136 IV 92 E. 4; je mit Hinweisen).  
Der Beschwerdeführer äussert sich in seiner Beschwerdeschrift nicht zur Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Auf seine Beschwerde kann daher nur eingetreten werden, wenn diese Voraussetzung offensichtlich erfüllt ist. Dies trifft ohne Weiteres zu, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Präsidialverfügung vom 26. Oktober 2023 wendet. Fraglich ist dagegen, ob ihm ein solcher Nachteil auch durch die Präsidialverfügung vom 14. November 2023 droht. Streitgegenstand in jenem Verfahren ist das Haftentlassungsgesuch vom 10. September 2023. Als der Beschwerdeführer dieses Gesuch stellte, beruhte seine Inhaftierung auf dem Haftverlängerungsbeschluss des Strafgerichts vom 14. Juli 2023. Inzwischen ist dieser Beschluss für die Prüfung der vom Beschwerdeführer beantragten sofortigen Haftentlassung aber nicht mehr massgebend, da mit dem Haftverlängerungsentscheid vom 26. Oktober 2023 und dem Berufungsurteil vom 27. Oktober 2023 bereits zwei neue Hafttitel geschaffen wurden. Da im Folgenden die Rechtmässigkeit der Inhaftierung des Beschwerdeführers gestützt auf einen neueren Hafttitel (nämlich dem Haftverlängerungsbeschluss vom 26. Oktober 2023) bereits überprüft wird, ist nicht ersichtlich, inwiefern dem mit Gesuch vom 10. September 2023 eingeleiteten Haftprüfungsverfahren hier noch eigenständige Bedeutung zukommen soll. Insofern scheint ihm durch die Präsidialverfügung vom 14. November 2023, mit der lediglich die Gesetzmässigkeit seiner früheren Inhaftierung geprüft wird, auch kein nicht wiedergutzumachender Nachteil zu drohen. Da sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift diesbezüglich nicht weiter äussert, ist auf seine Beschwerde, soweit sie sich gegen die Präsidialverfügung vom 14. November 2023 richtet, nicht einzutreten (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
2.4. Der Beschwerdeführer hat ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung der Präsidialverfügung vom 26. Oktober 2023 und ist insofern gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf seine Beschwerde, soweit sich diese gegen die Präsidialverfügung vom 26. Oktober 2023 richtet - unter Vorbehalt der folgenden Erwägungen - grundsätzlich einzutreten.  
 
3.  
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 146 IV 297 E. 1.2; 143 I 377 E. 1.2). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2; Urteil 7B_719/2023 vom 21. November 2023 E. 1.1; je mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; je mit Hinweisen). 
 
4.  
Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sind gemäss Art. 221 Abs. 1 StPO zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (sog. allgemeiner Haftgrund) und zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Fluchtgefahr; lit. a), Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Kollusions- oder Verdunkelungsgefahr; lit. b) oder durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Wiederholungsgefahr; lit. c). Nach Art. 221 Abs. 2 StPO ist Haft auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Ausführungsgefahr). Überdies muss die Haft verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen werden und an ihrer Stelle müssen solche Ersatzmassnahmen verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2). 
 
5.  
Zu prüfen ist zunächst, ob die Vorinstanz den dringenden Tatverdacht bejahen durfte, was der Beschwerdeführer in Abrede stellt. 
 
5.1. Liegt bereits ein Urteil des erstinstanzlichen Sachgerichts vor, gilt der dringende Tatverdacht grundsätzlich als erstellt (Urteile 7B_706/2023 vom 23. Oktober 2023 E. 3.3; 1B_9/2023 vom 26. Januar 2023 E. 3; 1B_363/2022 vom 25. Juli 2022 E. 4). Wer in solchen Fällen den dringenden Tatverdacht im Widerspruch zur erstinstanzlichen Verurteilung bestreitet, hat darzulegen, weshalb das betreffende Urteil klarerweise fehlerhaft erscheint bzw. eine entsprechende Korrektur im Berufungsverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Soweit bereits eine Urteilsbegründung vorliegt, hat sich die betroffene Partei auch mit den betreffenden Erwägungen des Sachgerichts auseinanderzusetzen (Urteile 7B_706/2023 vom 23. Oktober 2023 E. 3.3; 1B_89/2022 vom 18. März 2022 E. 3.1; je mit Hinweisen).  
 
5.2. Nach der Vorinstanz ergibt sich der dringende Tatverdacht aus dem erstinstanzlichen Strafurteil vom 14. Juli 2023 des Strafgerichts, das den Beschwerdeführer schuldig sprach. Die Vorinstanz erwägt, soweit der Beschwerdeführer geltend mache, das fragliche Urteil beruhe auf nicht verwertbaren Beweismitteln, basierten seine Rügen primär auf seiner eigenen Rechtsauffassung und liessen die fraglichen Beweismitteln nicht als augenscheinlich unverwertbar erscheinen.  
 
5.3. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, seine erstinstanzliche Verurteilung beruhe auf unverwertbaren Beweismitteln. Die Staatsanwaltschaft habe ohne Genehmigung des Zwangsmassnahmengerichts Randdaten erhoben, die deshalb absolut unverwertbar seien. Dabei handle es sich insbesondere um ein Schreiben der B.________ vom 4. Mai 2022 und einer dazugehörigen CD-ROM mit Logdateien. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, dass sich das Strafgericht nur auf das Schreiben und nicht auf die Logdateien selbst gestützt habe. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz könnten die Logdateien nämlich nicht vom Schreiben vom 4. Mai 2022 losgelöst betrachtet werden; die beiden Beweismittel bildeten eine Einheit. Hiervon abgesehen - so der Beschwerdeführer weiter - entkräfteten die Logdateien sogar den dringenden Tatverdacht gegen ihn, da sich darin keine Verbindungen finden liessen, die sich den Zeitstempeln der Beweisvideos zuordnen liessen. Die Logdateien legten damit nahe, dass die B.________ bei ihren Nachforschungen ein "falsch-positives Resultat" ermittelt habe. Des Weiteren hätten auch Folgebeweise dieser Randdatenerhebung Eingang in die Beweiswürdigung gefunden. Schliesslich sei der Anklagegrundsatz verletzt, da die Staatsanwaltschaft ihm vorgeworfen habe, am 7. August 2020 sexuelle Handlungen mit einem Kind begangen zu haben, er aber letztendlich wegen einer am 6. August 2020 begangenen Straftat verurteilt worden sei.  
 
5.4. Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerdeschrift über weite Teile seine eigene Rechtsauffassung dar und schildert die Ermittlungsarbeiten der Strafbehörden aus seiner Sicht. Dabei setzt er sich nur vereinzelt mit der vorinstanzlichen Begründung auseinander und unterlässt es gänzlich, auf die von ihm als klarerweise fehlerhaft erachteten Stellen des erstinstanzlichen Strafurteils zu verweisen. Soweit er seinen Rüge- und Begründungsobliegenheiten damit überhaupt nachkommt, kann ihm nicht gefolgt werden: Die Frage, ob strafprozessuale Beweisverwertungsverbote vorliegen, ist grundsätzlich vom Sachgericht zu beurteilen (vgl. bereits Urteil 1B_595/2022 vom 23. Dezember 2022 E. 5.1 mit Hinweisen). Das Strafgericht hat dies mit Urteil vom 14. Juli 2023 getan und dort detailliert begründet, weshalb es davon ausgeht, dass mit der von der B.________ durchgeführte Teilnehmeridentifikation Bestandes- und keine Randdaten erhoben worden seien und eine selbst allfällige Verletzung der Vorschriften über die Beschaffungswege nicht zu einem Verwertungsverbot führen würde. Die Kritik des Beschwerdeführers an diesen Erwägungen vermag jedenfalls keine offensichtlichen schwerwiegenden Fehler aufzudecken und ist demnach nicht im Haftprüfungsverfahren, sondern im Rahmen des Berufungsverfahrens zu prüfen. Auch eine Verletzung des Anklagegrundsatzes ist aus der Kritik des Beschwerdeführers nicht ersichtlich. Die Vorinstanz durfte demnach den dringenden Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer bejahen.  
 
6.  
Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz hätte Wiederholungsgefahr nicht bejahen dürfen, was zu prüfen ist. 
 
6.1. Nach Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO sind drei Elemente für das Vorliegen von Wiederholungsgefahr konstitutiv. Erstens muss grundsätzlich das Vortatenerfordernis erfüllt sein und schwere Vergehen oder Verbrechen drohen. Zweitens muss hierdurch die Sicherheit anderer erheblich gefährdet sein. Drittens muss die Tatwiederholung ernsthaft zu befürchten sein, was anhand einer Rückfallprognose zu beurteilen ist (BGE 146 IV 326 E. 3.1; 143 IV 9 E. 2.5).  
Wird bei der Erstellung der Rückfallprognose ein psychiatrisches Gutachten in die Beurteilung miteinbezogen, ist dabei grundsätzlich keine umfassende Würdigung des Gutachtens vorzunehmen; diese ist dem Sachgericht vorbehalten (Urteil 1B_377/2022 vom 15. August 2022 E. 6.4.6 mit weiteren Hinweisen). Zur Beantwortung der Frage, ob ein Gutachten hinreichend aktuell ist, ist nicht primär auf das formelle Kriterium des Alters des Gutachtens abzustellen. Massgebend ist vielmehr die materielle Frage, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die Ausgangslage seit Erstellung des Gutachtens nicht wesentlich gewandelt hat. Neue Abklärungen sind nur dann erforderlich, wenn ein früheres Gutachten mit Ablauf der Zeit und zufolge veränderter Verhältnisse an Aktualität eingebüsst hat (vgl. BGE 134 IV 246 E. 4.3; Urteil 1B_688/2021 vom 13. Januar 2022 E. 5.3; je mit Hinweis). 
 
6.2. Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, die Vorinstanz habe für ihre Rückfallprognose zu Unrecht auf das psychiatrische Gutachten vom 4. November 2021 bzw. 23. Februar 2023 abgestellt, das sie nicht hinreichend geprüft habe. Das Gutachten sei mangelhaft und erfülle die Kriterien seiner "Checkliste zur Verwertbarkeit von Prognosegutachten", welche auf einer Zusammenfassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung basiere, nicht. So zitiere der Gutachter insbesondere keine Fachliteratur, begründe seine Schlussfolgerungen, die gestellten Diagnosen und die Behandlungsmöglichkeiten nur ungenügend und erkläre die Auswahl seiner Prognoseinstrumente nicht.  
 
6.3. Die Kritik des Beschwerdeführers erweist sich als unbegründet: Die Vorinstanz vergleicht im angefochtenen Entscheid die Befunde des psychiatrischen Gutachtens mit den in früheren Gutachten gestellten Diagnosen und stellt fest, dass sie nicht wesentlich voneinander abwichen. Zudem weist sie darauf hin, dass der Gutachter drei verschiedene Prognoseinstrumente verwendet habe, um die Rückfallgefahr zu eruieren, und kommt zum Schluss, das Gutachten erscheine zumindest "nicht völlig abwegig und unhaltbar". Damit hat sie das Gutachten entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers einer summarischen Prüfung unterzogen, die nicht zu beanstanden ist. Wie sie zutreffend festhält, ist die umfassende Prüfung des psychiatrischen Gutachtens dem Sachgericht vorbehalten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist keine Bundesrechtsverletzung auszumachen.  
 
7.  
Schliesslich ist noch zu prüfen, ob die Fortsetzung der Sicherheitshaft weiterhin verhältnismässig ist, was der Beschwerdeführer bestreitet. 
 
7.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer befinde sich im vorliegenden Strafverfahren seit ca. 17,8 Monaten in Haft. Diese Dauer komme der vom Strafgericht ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 23 Monaten nicht besonders nahe. Die Aussicht auf bedingte Entlassung müsse nicht geprüft werden, da das Strafgericht eine stationäre Massnahme angeordnet habe und nach dem psychiatrischen Gutachten mit einem längeren bzw. mehrjährigen Therapieverlauf zu rechnen sei. Es bestehe somit keine Gefahr von Überhaft.  
 
7.2. Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Punkt überhaupt mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt, kann seiner Kritik nicht gefolgt werden: Der in einem früheren Verfahren ausgestandene Freiheitsentzug von insgesamt etwa 42 Monaten ist ihm im vorliegenden Strafverfahren nicht anzurechnen, wie das Bundesgericht in seinem Urteil 1B_377/2022 vom 15. August 2022 E. 8.1.4 bereits festgehalten hat. Somit besteht nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz keine Gefahr von Überhaft.  
 
8.  
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (vgl. Art. 64 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 7B_918/2023 und 7B_919/2023 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen. 
 
4.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
5.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, dem Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, und Rechtsanwalt Martin Gärtl, Belp, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern