7F_3/2023 24.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7F_3/2023  
 
 
Urteil vom 24. November 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Zweigstelle Flughafen, Prime Center 1, 
7. Stock, Postfach, 8058 Zürich, 
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 7B_475/2023 vom 6. September 2023. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Dielsdorf sprach A.________ am 9. März 2023 erstinstanzlich des Betrugs, der Urkundenfälschung, der Drohung, der Fälschung von Ausweisen, der rechtswidrigen Einreise, des mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts, des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz, des mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung, der missbräuchlichen Verwendung von Ausweisen und/oder Kontrollschildern sowie der vorsätzlichen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Es verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 32 Monaten, unter Anrechnung der bereits ausgestandenen Haft, sowie zur Bezahlung einer Busse von Fr. 300.--. Ferner verwies es ihn für 5 Jahre des Landes. 
Gegen dieses Urteil meldete A.________ Berufung an. Ein begründetes Urteil liegt - soweit ersichtlich - noch nicht vor. 
 
B.  
Am 28. Juni 2023 wies das Bezirksgericht Dielsdorf ein Gesuch von A.________ um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug ab. Dieser Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 17. Juli 2023 geschützt. Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 6. September 2023 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 7B_475/2023). 
 
C.  
Mit Gesuch vom 25. September und vom 11. Oktober 2023 beantragt A.________ die Revision des bundesgerichtlichen Urteils vom 6. September 2023 und infolgedessen die Entlassung aus der Haft. Zudem ersucht er mit Eingabe vom 5. Oktober 2023 um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Das Bundesgericht hat von einem Schriftenwechsel abgesehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine Beschwerde gegen ein bundesgerichtliches Urteil sieht das Gesetz nicht vor. Das Bundesgericht kann auf eines seiner Urteile nur zurückkommen, soweit ein gesetzlicher Revisionsgrund nach Art. 121 ff. BGG gegeben ist. Der Gesuchsteller muss einen solchen anrufen oder zumindest Tatsachen nennen, die von einem gesetzlichen Revisionsgrund erfasst sind. Auch für die Revision gelten die in Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG genannten Anforderungen. Die Begehren sind demnach zu begründen, das heisst, es ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern einer der in Art. 121 ff. BGG genannten Revisionsgründe bzw. eine entsprechende Rechtsverletzung vorliegen soll. Hingegen kann die Revision nicht dazu dienen, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des strittigen bundesgerichtlichen Entscheides zu verlangen. Fehlt es an einer rechtsgenüglichen Begründung, tritt das Bundesgericht auf ein Revisionsgesuch nicht ein (vgl. Urteile 1F_14/2023 vom 29. Juni 2023 E. 1.1; 5F_18/2020 vom 16. Juni 2020 E. 2; 8F_7/2020 vom 13. Mai 2020 E. 1). 
 
2.  
Hinsichtlich der im beanstandeten bundesgerichtlichen Urteil vom 6. September 2023 beurteilten Frage nach dem Ausstand bringt der Gesuchsteller vor, sein Rechtsanwalt habe im Verfahren vor dem Obergericht Zürich auf den Sachverhalt der beteiligten Richter verwiesen. Die Begründung betreffend die Befangenheit sei daher abzulehnen, zumal nicht nachgewiesen wurde, dass ein Ausstandsgesuch verlangt worden sei. Weiter macht er zusammengefasst geltend, das bundesgerichtliche Urteil ignoriere die von seinem Rechtsanwalt vorgebrachten, für eine Haftentlassung sprechenden Argumente bzw. habe sich mit diesen nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Begründung im beanstandeten Urteil sei nicht nachvollziehbar. Die positive Beurteilung des Gefängnisses Affoltern habe keine Berücksichtigung in der Urteilsbegründung gefunden. Im Urteil werde von fehlenden Zukunftsaussichten ausgegangen, was im Widerspruch zu den Ausführungen von Frau B.________ der Bewährungs- und Vollzugsdienste Zürich stehe, zumal diese festgestellt habe, dass eine erhebliche Fluchtgefahr zu verneinen sei und der Versetzung ins offene Vollzugsregime entsprochen werden könne. Unter E. 5.5 des beanstandeten bundesgerichtlichen Urteils werde zudem ausgeführt, es sei von einer Freiheitsstrafe von 32 Jahren auszugehen. Unter Berücksichtigung des richtigen Werts von 32 Monaten könne nicht gesagt werden, dass die verbüsste Haft noch nicht in grosse Nähe der zu erwartenden Freiheitsstrafe gerückt sei. Das Urteil von 6. September 2023 verletze die StPO, die BV, die EMRK und den UNO Pakt II. 
 
3.  
 
3.1. Die Ausführungen des Gesuchstellers lassen keinen Revisionsgrund erkennen. Sie erschöpfen sich im Wesentlichen in einer Wiederholung der vom Bundesgericht bereits im Beschwerdeverfahren 7B_475/2023 rechtskräftig beurteilten und verworfenen Rügen. Das Revisionsverfahren dient nicht dazu, den angefochtenen Entscheid einer neuen Prüfung zu unterziehen (vgl. dazu E. 1 hiervor). Dass sich das Bundesgericht nicht mit den in der Haftbeschwerde enthaltenen Vorbringen auseinandergesetzt habe, ist zudem nicht ersichtlich. Den vom Gesuchsteller vorgebrachten Argumenten betreffend Ausstand, Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismässigkeit der Haft hat das Bundesgericht in seiner Entscheidfindung durchaus Rechnung getragen. Dabei hat es insbesondere auch die Beurteilung des Gefängnisses Affoltern berücksichtigt (vgl. Urteil 7B_475/2023 E. 5.5). Dass es der Argumentation des Gesuchstellers nicht gefolgt ist, begründet ebensowenig einen Revisionsgrund, wie der Umstand, dass die Fluchtgefahr von den Bewährungs- und Vollzugsdiensten Zürich am 6. März 2023 anders eingeschätzt wurde.  
 
3.2. Hinsichtlich der in E. 5.5 des beanstandeten Urteils angegebenen Freiheitsstrafe von "32 Jahren" ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um einen offensichtlichen Verschrieb (32 Jahre statt 32 Monate) handelt. Dies ist zwar zu bedauern, stellt aber keinen revisionsrelevanten Mangel dar. Ausgehend vom erstinstanzlichen Urteil hat der Gesuchsteller mit einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten zu rechnen. Damit kann gemäss beanstandetem Urteil nicht gesagt werden, dass die Haft in grosse zeitliche Nähe der dem Gesuchsteller drohenden Freiheitsstrafe gerückt ist, zumal die Möglichkeit der bedingten Entlassung unberücksichtigt bleiben darf. Dass der Gesuchsteller eine andere Auffassung vertritt, begründet keine Revision.  
 
3.3. Soweit der Gesuchsteller zur Begründung seines Revisionsgesuchs auf die Ausführungen im Plädoyer von Rechtsanwalt Marc Schmid verweist, ist er schliesslich nicht zu hören. Die Begründung hat in der bundesgerichtlichen Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen (Art. 42 Abs. 1 BGG). Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 143 IV 122 E. 3.3; 141 V 416 E. 4; je mit Hinweisen). Ebensowenig ist auf die Rüge einzutreten, wonach im beanstandeten bundesgerichtlichen Urteil Bestimmungen der StPO, der BV, der EMRK und des UNO Pakts II missachtet worden seien, zumal es hier an jeglicher Begründung fehlt (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
4.  
Das Revisionsgesuch ist damit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Der Gesuchsteller wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da sich sein Begehren um Revision als aussichtslos erweist (Art. 64 BGG). Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, und Rechtsanwalt Marc Schmid, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. November 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer