8C_599/2023 19.02.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_599/2023  
 
 
Urteil vom 19. Februar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Grünvogel. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Fanny Sutter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sozialhilfebehörde der Gemeinde Neunkirch, Gemeindeverwaltung, Bahnhofstrasse 1, 8213 Neunkirch, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Sozialhilfe (Grundbedarf; Wohnkosten), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 28. Juli 2023 (60/2022/34 und 60/2022/36). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1989 geborene A.________ stellte bei der Gemeinde Neunkirch am 15. Oktober 2021 einen Antrag auf Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe. Nach verschiedenen Abklärungen sprach ihm der Gemeinderat mit Beschluss vom 11. Januar 2022 bei gleichbleibenden Verhältnissen für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 Sozialhilfegelder zu. Dabei wurden der Grundbetrag auf Fr. 770.- und die anrechenbaren Wohnkosten auf Fr. 525.- festgelegt. Auf Rekurs hin änderte das kantonale Departement des Innern diesen Beschluss am 4. Juli 2022 dahingehend ab, als es den Anspruchsbeginn auf den 15. Oktober 2021 vorverlegte und den dabei bis zum 31. Dezember 2021 anwendbaren Grundbedarf mit Fr. 762.50 bestimmte. Hinsichtlich der anrechenbaren Wohnkosten hielt es fest, diese würden nach Ablauf von drei Monaten auf Monatsende nach Rechtskraft seines Entscheids Fr. 620.- betragen. 
 
B.  
Auf Beschwerde von A.________ und der Gemeinde hin änderte das Obergericht des Kantons Schaffhausen diesen Rekursentscheid dahingehend ab, als es den Anspruchsbeginn auf den 1. Januar 2022 zurückverlegte und die anrechenbaren Wohnkosten für den gesamten Zeitraum ab Anspruchsbeginn auf Fr. 525.- festlegte (Entscheid vom 28. Juli 2023). 
 
C.  
Dagegen lässt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Gemeinde Neunkirch zu verpflichten, ihm bereits ab dem 15. Oktober 2021 Sozialhilfegelder auszurichten, wobei von einem Grundbedarf von Fr. 1'006.- und Wohnkosten von Fr. 780.- monatlich auszugehen sei; eventualiter sei die Angelegenheit an das kantonale Gericht zum neuen Entscheid zurückzuweisen. In verfahrensmässiger Hinsicht wird die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beantragt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Nach Art. 95 lit. a BGG kann mit der Beschwerde insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Die Verletzung blossen kantonalen Rechts bildet demgegenüber (von den hier nicht interessierenden Fällen gemäss Art. 95 lit. c-e BGG abgesehen) keinen selbstständigen Beschwerdegrund. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der Anwendung von kantonalem Recht oder bei der Feststellung des Sachverhalts) gilt der in Art. 106 Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht, weshalb insofern eine qualifizierte Rügepflicht besteht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 304 E. 1.2; 140 III 86 E. 2; 135 V 94 E. 1; je mit Hinweisen). Bei Beschwerden, die sich, wie vorliegend, gegen ein in Anwendung kantonalen Rechts ergangenes Urteil richten (vgl. BGE 148 V 114 E. 3.1 mit Hinweisen), ist demnach anhand der massgeblichen Erwägungen des kantonalen Urteils klar und detailliert darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch dieses Urteil verletzt sein sollen. 
 
2.  
Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider läuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 145 II 32 E. 5.1; 144 I 170 E. 7.3; 142 V 513 E. 4.2, je mit Hinweisen). 
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Verfassungsrecht verletzte, indem sie den Anspruchsbeginn auf Sozialhilfe nicht wie vom Beschwerdeführer gefordert auf den 15. Oktober 2021 (Anmeldedatum), sondern auf den 1. Januar 2022 festlegte und die anrechenbaren Wohnkosten auf monatlich Fr. 525.- und den Grundbedarf auf Fr. 770.- im Monat begrenzte. 
 
4.  
 
4.1. Hinsichtlich des Anspruchsbeginns ging das kantonale Gericht von einer Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers bei der Ermittlung des zur Prüfung des Anspruchs notwendigen Sachverhalts aus. Darunter falle, dass bei der Anmeldung sämtliche Tätigkeiten anzugeben seien, welche üblicherweise entlöhnt würden, so insbesondere die vorliegend verschwiegene Geschäftsführerfunktion bei der B.________ GmbH. Denn dabei handle es sich um Umstände, mit denen die Sozialhilfebehörde nicht rechnen müsse. Nur so sei sie in die Lage versetzt, die Bedürftigkeit sachgerecht zu prüfen. Solange dies nicht der Fall sei, fehle es am anspruchsbegründenden Bedürftigkeitsnachweis im Sinne der kantonalen Sozialhilfegesetzgebung, für welchen die um Leistungen ersuchende Person beweisbelastet sei (mit Hinweis auf Art. 8 ZGB). Da die Beschwerdegegnerin nicht vor dem 1. Januar 2022 Kenntnis von dieser Tätigkeit erhalten hatte, sei die Leistungsverweigerung für die davor liegende Zeit mangels Bedürftigkeitsnachweises nicht zu beanstanden.  
 
4.2. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, verfängt nicht.  
Soweit er insbesondere betont, mit der Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit per 31. Dezember 2021 keinen Zugriff mehr auf die von der Beschwerdegegnerin später am 11. Januar respektive am 11. Februar 2022 eingeforderten Buchhaltungsunterlagen gehabt zu haben, verschliesst sich dem Gericht, was er daraus für die davor liegende Zeit zu seinen Gunsten ableiten will. Zwar diskutierte das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid auch die Geschehnisse nach dem 1. Januar 2022. Indessen zog es daraus hinsichtlich des Anspruchsbeginns keine weitergehenden für den Beschwerdeführer nachteiligen Schlüsse. Vielmehr vertrat es die Ansicht, da der Leistungsanspruch für die Zeit nach dem 1. Januar 2023 im verwaltungsinternen Rekursverfahren nicht Streitthema gewesen sei, seien ihm diesbezüglich die Hände gebunden. Ohnehin ist ein Rücktritt als Geschäftsführer aus der Unternehmung nicht automatisch gleichzusetzen mit der Unmöglichkeit, deren Buchhaltung einzureichen. Weder macht der Beschwerdeführer geltend, er habe bei der B.________ GmbH erfolglos um Zustellung dieser Unterlagen ersucht, noch ist Derartiges den Akten zu entnehmen. Betreffend die davor liegende Zeit hielt das kantonale Gericht unter anderem fest, spätestens mit der am 10. November 2021 erfolgten Aufforderung, näher zu belegen, wie der Lebensunterhalt bestritten werde, hätte der Beschwerdeführer auch über seine Geschäftsführertätigkeit berichten müssen. Dies gelte ungeachtet dessen, ob er diese - wie von ihm geltend gemacht - unentgeltlich ausübte oder nicht. Zu diesem Zeitpunkt sei er gemäss eigenen Angaben noch als Geschäftsführer tätig gewesen. Inwiefern diese Feststellung auf einer willkürlichen Beweiswürdigung beruhen oder sonst wie bundesrechtswidrig sein oder gegen verfassungsmässige Rechte verstossen soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar. 
 
5.  
 
5.1. In einem weiteren Schritt prüfte das kantonale Gericht die Wohnsituation des Beschwerdeführers und wertete diese als "familienähnliche Wohn- und Lebensgemeinschaft", was in Anwendung der vom kantonalen Departement des Innern gestützt auf § 25 Abs. 3 SHEG/SH und § 5 SHEV/SH erlassenen Richtlinien für die Bemessung der materiellen Hilfe zu den Beträgen führte, welche es für anrechenbar erachtete.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer legt wiederum nicht dar, inwieweit die dabei vorgenommene Würdigung der in den Akten liegenden Beweismittel und der Parteivorbringen willkürlich sein soll. Soweit er in diesem Zusammenhang neue Beweismittel beibringt, können diese keine Berücksichtigung finden. Aufgrund der im vorinstanzlichen Verfahren geltenden Mitwirkungspflicht wäre er gehalten gewesen, diese bereits dort einzureichen. Allein der Umstand, dass das kantonale Gericht seine Rechtsauffassung nicht geteilt hat, begründet keine Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Beweismittel einzureichen (Art. 99 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2; siehe auch Urteil 8C_167/2023 vom 17. März 2023 E. 1). Im Übrigen hat die Vorinstanz zwar möglicherweise unzutreffende Feststellungen zur räumlichen Nähe von Wohn- und Studienort getroffen, ohne diesen indessen entscheidwesentliche Bedeutung beizumessen. Vielmehr nannte sie die von ihr festgestellte Entfernung des Studienorts zur Wohnadresse als eines von mehreren Indizien, welche gesamthaft gesehen auf ein grosses Gewicht der familiären Beziehung bei der Wahl des Wohnortes hindeuten: Damit scheitert dieses Vorbringen an Art. 97 Abs. 1 letzter Teilsatz BGG, wonach eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts erst dann zu einer Korrektur des vorinstanzlichen Urteils führen kann, wenn dieser Mangel für den Ausgang des Verfahrens auch entscheidend war.  
 
6.  
Zusammengefasst ist nichts vorgetragen, was zu einer Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils führen könnte. Die Beschwerde erweist sich insgesamt als offensichtlich unbegründet, womit sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt werden kann. 
 
7.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren nicht stattgegeben werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Departement des Innern des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Februar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünvogel