8C_274/2023 14.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_274/2023  
 
 
Urteil vom 14. November 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. März 2023 (IV 2022/72). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1963, bezog ab 1. Februar 2002 zunächst eine bis 28. Februar 2003 befristete ganze, ab 1. März 2003 unter Berücksichtigung eines wirtschaftlichen Härtefalls eine halbe und ab 1. Januar 2004 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung (Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Graubünden vom 1. Oktober 2003 und vom 9. Januar 2004). Der Anspruch auf eine Viertelsrente wurde mit Verfügung der IV-Stelle des Kantons Graubünden vom 28. November 2007 nach Einholung eines Gutachtens des Zentrums für Medizinische Begutachtung ZMB, Basel, vom 29. August 2007 mit Bescheinigung einer 70%igen Arbeitsfähigkeit in Verweistätigkeiten bestätigt.  
 
A.b. Im Zuge eines weiteren Revisionsverfahrens hob die nunmehr nach einem Wohnortswechsel zuständige IV-Stelle des Kantons St. Gallen den Anspruch auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 28. Mai 2013 auf. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 16. Januar 2013 gut und wies die Sache zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurück. Diese holte ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle MEDAS Bern ZVMB vom 30. August 2016 ein. Gestützt darauf verfügte sie am 30. August 2017 erneut die Aufhebung der Rente. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 24. Oktober 2019 ab.  
 
A.c. Im Dezember 2019 liess A.________ eine Neuanmeldung einreichen. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen lehnte einen Anspruch auf Invalidenrente zunächst mit Verfügung vom 12. Juni 2020 ab. Nachdem A.________ dagegen Beschwerde erhoben hatte, widerrief sie die Verfügung und holte ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle MEDAS estimed, Zug, vom 6. Dezember 2021 ein. Mit Verfügung vom 13. April 2022 lehnte sie den Anspruch auf eine Invalidenrente ab.  
 
B.  
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 16. März 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente spätestens ab Juni 2020.  
 
Nach Beizug der vorinstanzlichen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der Beschwerdegegnerin am 13. April 2022 verfügte Ablehnung eines Rentenanspruchs bestätigte. Zur Frage steht, ob seit der am 30. August 2017 verfügten, mit kantonalem Gerichtsentscheid vom 24. Oktober 2019 bestätigten Aufhebung der Rente eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sei.  
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Rentenanspruchs massgeblichen Rechtsgrundlagen, insbesondere die Bestimmungen und Grundsätze über die Rentenrevision (Art. 17 ATSG) sowie zum Beweiswert von ärztlichen Berichten und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweis), namentlich von versicherungsexternen Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/bb), zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Gemäss Vorinstanz ist gestützt auf das voll beweiskräftige polydisziplinäre estimed-Gutachten mit internistischer, orthopädischer, neurologischer, neuropsychologischer und psychiatrischer Abklärung seit der Begutachtung durch die ZVMB im Frühjahr 2016 keine Veränderung bezüglich der Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten ausgewiesen. Sie belaufe sich auch weiterhin auf 80 %. Aus orthopädischer Sicht habe sich zwar, so das kantonale Gericht weiter, namentlich eine beginnende Arthrose an beiden Knien gezeigt. Dies bedinge eine qualitative Anpassung des Zumutbarkeitsprofils sowie zuätzliche Pausen, die mit der gutachtlichen Bescheinigung einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit um 20 % bei vollzeitlicher Präsenz berücksichtigt worden seien. Entgegen dem diesbezüglichen Einwand der Beschwerdeführerin könne der von ihr angerufene Bericht ihrer behandelnden Ärztin Dr. med. B.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. April 2021 an der Einschätzung durch den psychiatrischen Teilgutachter der MEDAS estimed nichts ändern. Mangels rentenerheblicher Veränderung des Gesundheitszustandes verzichtete das kantonale Gericht auf eine erneute Beurteilung der erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung und verwies auf den in seinem letzten Entscheid vom 24. Oktober 2019 ermittelten rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 28 %.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin erneuert zunächst ihren Einwand, dass eine Verschlechterung wegen der beidseitigen Kniearthrose eingetreten sei. Damit sei ihr die angestammte Tätigkeit als Reinigungsmitarbeiterin nicht mehr zuzumuten. Die Vorinstanz hätte die Anspruchsberechtigung bei gegebenem Revisionsgrund umfassend prüfen müssen. Zudem sei ihr die Verwertbarkeit der gutachtlich bescheinigten Restarbeitsfähigkeit angesichts ihres fortgeschrittenen Alters, der fehlenden Berufsausbildung und der mangelnden Deutschkenntnisse nicht zuzumuten. Zumindest aber sei sie nicht in der Lage, das vom kantonalen Gericht ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 39'451.- zu erwirtschaften.  
 
5.  
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Kniearthrose entkräftete das kantonale Gericht mit eingehender Begründung. Es stellte fest, dass mangels zusätzlicher Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bei Ausübung einer leidensangepassten Tätigkeit keine rentenerhebliche Veränderung eingetreten sei. Inwiefern die Vorinstanz damit offensichtlich unrichtige Feststellungen getroffen oder sonstwie Bundesrecht verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar, zumal für die Beurteilung des Rentenanspruchs allein die verbleibende Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit massgeblich ist (Art. 6 ATSG). Dass das kantonale Gericht davon ausging, ein Revisionsgrund sei nicht gegeben, und auf eine weitergehende Beurteilung insbesondere der erwerblichen Auswirkungen der unverändert gebliebenen Gesundheitsschädigung verzichtete, ist nicht zu beanstanden.  
 
Die Beschwerdeführerin beruft sich des Weiteren auf ihr fortgeschrittenes Alter, das, zusammen mit weiteren Faktoren, eine Verwertung ihrer Restarbeitsfähigkeit verhindere. Sie räumt indessen ein, dass sie nur jeweils während kurzer Zeiträume und mit geringen Pensen, seit 2015 gar nicht mehr erwerbstätig war. Demgegenüber bezog sie bereits seit 2003 nur eine "Teilrente", die nach Einleitung eines Revisionsverfahrens im Herbst 2012 mit Verfügung vom 30. August 2017 aufgehoben wurde. Wenn die Beschwerdeführerin in den letzten 20 Jahren trotz ausgewiesener Arbeitsfähigkeit von mindestens 70 % in Verweistätigkeiten nur in geringem Umfang beziehungsweise seit acht Jahren überhaupt keiner Erwerbstätigkeit mehr nachging, vermag sie daraus von vornherein nichts zu ihren Gunsten abzuleiten (Urteile 8C_231/2023 vom 6. September 2023 E. 5.2; 8C_257/2022 vom 21. Februar 2023 E. 6.3; 8C_192/2022 vom 7. Juli 2022 E. 7.2.3 mit Hinweisen). Dass die Vorinstanz die blosse Veränderung in Form des zunehmenden Alters ausser Acht liess, vermag keine Bundesrechtsverletzung zu begründen.  
 
Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unbegründet. Sie wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt. 
 
6.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. November 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo