2C_111/2023 08.05.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_111/2023  
 
 
Urteil vom 8. Mai 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiberin Wortha. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Melanie Aebli, 
 
gegen  
 
Staatssekretariat für Migration, 
Quellenweg 6, 3003 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Anerkennung der Staatenlosigkeit, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 16. Januar 2023 (F-3855/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1980) ist Kurde aus der syrischen Provinz U.________. Er besitzt keine Staatsangehörigkeit. Er lebte eine Zeit lang im Irak, bevor er im Jahr 2017 nach Syrien zurückkehrte. In Syrien hielt er sich von 2017 bis September 2020 auf. Am 16. Dezember 2020 stellte er in der Schweiz ein Asylgesuch. Dieses wurde mit Verfügung vom 28. Januar 2021 des Staatssekretariats für Migration SEM abgewiesen, da er die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle. Gleichzeitig wurde die vorläufige Aufnahme von A.________ wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs angeordnet. Die Verfügung ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. 
 
B.  
Am 25. Februar 2021 ersuchte A.________ um Anerkennung der Staatenlosigkeit. Das SEM wies das Gesuch mit Verfügung vom 29. Juli 2021 mit der Begründung ab, dass A.________ zur Gemeinschaft der Ajanib (Plural; männlicher Singular Ajnabi) gehöre, die sich in Syrien einbürgern lassen können. Dies habe er grundlos nicht getan. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Januar 2023 abgewiesen.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Februar 2023 und Beschwerdeergänzung vom 15. März 2023 beantragt A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer), das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 2023 aufzuheben und seine Staatenlosigkeit anzuerkennen, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung. 
Das SEM schloss in seiner Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3; 148 I 160 E. 1).  
 
1.2. Mit dem Urteil vom 16. Januar 2023 ist ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts angefochten, welcher der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (vgl. Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). In Bezug auf die Anerkennung der Staatenlosigkeit besteht kein Ausschlussgrund (vgl. Art. 83 BGG; Urteile 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 1.1; 2C_415/2020 vom 30. April 2021 E. 1 [nicht publiziert in BGE 147 II 421]).  
 
1.3. Die Erhebung einer Beschwerde setzt ferner voraus, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde berechtigt, da er als Staatenloser im Sinne des Übereinkommens vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen (SR 0.142.40; im Folgenden: Staatenlosen-Übereinkommen) Rechtsvorteile geniessen würde, die ihm als vorläufig Aufgenommenen nicht zukommen (vgl. Art. 2 ff. des Staatenlosen-Übereinkommens sowie Urteil 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
1.4. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3; Urteil 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 2.2.1). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, sprich willkürlich, sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2). Entsprechende Rügen unterstehen der qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht (vgl. E. 2.1 oben). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer erblickt im Umstand, dass die Vorinstanz trotz der ihr vorgelegten Beweismittel davon ausgehe, er sei Ajnabi und nicht Maktumin, eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung (Art. 9 BV). 
 
3.1. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich nur dann als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von den Gerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 146 V 88 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3; 137 III 226 E. 4.2; 136 III 552 E. 4.2).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe zum einen den Botschaftsbericht falsch wiedergegeben und einseitig zu Lasten des Beschwerdeführers gewürdigt, was zur falschen Annahme über seinen Status geführt habe. Zum anderen habe sie dem von ihm eingereichten Originaldokument vom 19. September 2021, worin bestätigt und beglaubigt werde, dass der Beschwerdeführer Maktumin sei, pauschal die Beweiskraft abgesprochen. Die Feststellung, der Beschwerdeführer sei Ajnabi, sei daher willkürlich.  
 
3.3. Die Vorinstanz stellt fest, dass Maktumin in kein Register eingetragen werden, Ajnabi hingegen schon (angefochtener Entscheid E. 7.2 f.). Sie stellt weiter fest, dass die Familie des Beschwerdeführers im syrischen Zivilregister vital records system eingetragen und jedem Familienmitglied eine Nationalnummer zugeteilt worden sei (angefochtener Entscheid E. 8.1). Sie stellt ferner fest, dass der Vater des Beschwerdeführers gemäss Aussage der Schwester Ajnabi war, seine Mutter syrische Staatsangehörige (angefochtener Entscheid E. 8.2). Eine Ehe zwischen Ajnabi und syrischer Staatsangehörigen kann registriert werden, die Kinder erhalten den Status Ajanib (angefochtener Entscheid E. 7.2). Dem Dokument der Schwester und jenem des Beschwerdeführers vom 19. September 2021, welche ihren Status als Maktumin bestätigen sollen, misst die Vorinstanz nur einen geringen Beweiswert zu, da die Dokumente sich nicht zum Eintrag im Zivilregister äussern. Gestützt darauf kommt die Vorinstanz zum Schluss, dass der Beschwerdeführer Ajnabi sei.  
 
3.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht zu erschüttern. Der Bericht der schweizerischen Botschaft in Beirut vom 18. Januar 2019, der im Verfahren der Schwester des Beschwerdeführers vor Bundesverwaltungsgericht F-6117/2019 erstellt wurde, umfasst die Eltern des Beschwerdeführers und seine Geschwister. Es ist nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz den Beschwerdeführer als Kind dieser Familie ebenfalls als davon mitumfasst betrachtet. Ebenso wenig ist es willkürlich, wenn die Vorinstanz auf den Eintrag des Beschwerdeführers im Zivilregister abstellt, nachdem dessen Existenz durch die Schweizer Botschaft mitgeteilt wurde. Allein, dass der Eintrag nicht finalisiert und von keiner syrischen Behörde bestätigt worden sei, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ändert nichts daran, dass es diesen Eintrag gemäss Schweizer Botschaft gibt. Dass nur Ajanib ins Register eingetragen werden, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Die Aussage der Schwester, der Vater sei Ajnabi, durfte die Vorinstanz vor dem Hintergrund des bestehenden Registereintrags der Familie und der syrischen Staatsangehörigkeit der Mutter als glaubwürdiger qualifizieren als die gegenteilige Aussage des Beschwerdeführers. Dass die Mutter syrische Staatsangehörige ist, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Wenn nun der Beschwerdeführer ein Dokument beibringt, das bestätigen soll, er sei Maktumin, steht dieses im Widerspruch erstens zum Registereintrag, zweitens zur Praxis, die zum Registereintrag führt, und drittens zur Folge, die eine Ehe zwischen Ajnabi und syrischer Staatsbürgerin hat. Es ist daher nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz nicht gestützt allein auf diese Dokumente zu einem anderen Schluss kommt. Insgesamt ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Damit bleibt der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt verbindlich.  
 
4.  
Streitgegenstand in der Sache bildet die Frage, ob die Verweigerung der Anerkennung des Beschwerdeführers als Staatenloser gemäss Staatenlosen-Übereinkommen bundes- und völkerrechtskonform ist. 
 
5.  
 
5.1. Das Staatenlosen-Übereinkommen definiert in Art. 1 Abs. 1 den Staatenlosen als "eine Person, die kein Staat aufgrund seiner Gesetzgebung als seinen Angehörigen betrachtet" (amtliche Übersetzung aus dem französischen, spanischen und englischen Originaltext. Gemäss dem französischen Originaltext steht der Begriff " apatride " für " une personne qu'aucun Etat ne considère comme son ressortissant par application de sa législation "). Gemäss dieser Definition fallen unter den Begriff des Staatenlosen ausschliesslich Personen, die in formeller Hinsicht keine Staatsangehörigkeit besitzen ( de iure- Staatenlose). Hingegen sind danach Personen, die formell zwar noch eine Staatsangehörigkeit besitzen, denen aber der Heimatstaat seinen Schutz nicht mehr zukommen lässt oder die den Schutz des Heimatstaates ablehnen ( de facto -Staatenlose), nicht als Staatenlose zu betrachten (BGE 147 II 421 E. 5.1; Urteile 2C_127/2022 vom 10. August 2022 E. 4.2; 2C_587/2021 vom 16. Februar 2022 E. 5.1; 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 5.1).  
 
5.2. Die schweizerischen Verwaltungsbehörden anerkennen den Status der Staatenlosigkeit im Sinne des Staatenlosen-Übereinkommens nicht bei Personen, die absichtlich ihre Staatsangehörigkeit verlieren oder nicht alles Zumutbare unternehmen, um ihre Staatsangehörigkeit zu behalten oder sie wiederzuerlangen. Zweck des Staatenlosen-Übereinkommens ist es, die Staatenlosigkeit zu reduzieren. Es dient in erster Linie dazu, Personen zu helfen, welche aufgrund ihres Schicksals benachteiligt sind und ohne Hilfe in Not wären. Es hat nicht zum Zweck, jeder Person, die dies möchte, zu ermöglichen, vom - in bestimmten Hinsichten im Vergleich zu demjenigen anderer Ausländer günstigeren - Status des Staatenlosen zu profitieren. Den Status des Staatenlosen jeder Person zuzuerkennen, welche ihre Staatsangehörigkeit aus persönlichen Gründen aberkennen lässt, würde dem von der internationalen Gemeinschaft verfolgten Ziel zuwiderlaufen. Auch würde dies bedeuten, einem missbräuchlichen Verhalten Vorschub zu leisten (BGE 147 II 421 E. 5.2 mit zahlreichen Hinweisen; Urteile 2C_ 587/2021 vom 16. Februar 2022 E. 5.2; 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 5.2).  
 
5.3. Im Lichte dieser Grundsätze ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts Art. 1 des Staatenlosen-Übereinkommens so zu interpretieren, dass als Staatenlose jene Personen gelten, die ohne eigenes Zutun ihrer Staatsangehörigkeit beraubt wurden und keine Möglichkeit haben, diese wiederzuerlangen. Demgegenüber ist dieses Übereinkommen nicht auf Personen anwendbar, die sich willentlich, mit dem einzigen Ziel, den Status des Staatenlosen zu erlangen, ihrer Staatsangehörigkeit entledigen, oder sich ohne vernünftige Gründe (" raisons valables ") weigern, trotz einer entsprechenden Möglichkeit eine verlorene Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen oder eine Staatsangehörigkeit zu erwerben (BGE 147 II 421 E. 5.3; Urteil 2C_934/2022 vom 22. März 2023 E. 6.1). Die Gründe sind dann vernünftig (" valables "), wenn sie nachvollziehbar erscheinen (vgl. BGE 147 II 421 deutschsprachige Regeste; insofern sprachlich ungenau Urteile 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 5.3 und 2C_587/2021 vom 16. Februar 2022 E. 5.3, wo von "stichhaltig" die Rede war). Es obliegt damit einem Betroffenen, der Anspruch auf eine Staatsangehörigkeit erhebt, alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um diese Staatsangehörigkeit und die diesbezüglichen Identitätspapiere zu erlangen (BGE 147 II 421 E. 5.3; Urteile 2C_587/2021 vom 16. Februar 2022 E. 5.3; 2C_330/2020 vom 6. August 2021 E. 5.2).  
 
6.  
 
6.1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer keine Staatsangehörigkeit hat. Die syrische Staatsbürgerschaft wurde den in der syrischen Provinz U.________ lebenden Kurden im Nachgang zu einer Sondervolkszählung im Jahr 1962 aberkannt. Dies betraf auch die Familie des Beschwerdeführers (angefochtener Entscheid E. 7.1, E. 8.1). Der Beschwerdeführer zählt damit zu den de iure- Staatenlosen.  
Unbestritten ist ebenso, dass es dem Beschwerdeführer als vorläufig Aufgenommenem zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund der anhaltenden Bürgerkriegssituation unzumutbar ist, nach Syrien zu reisen, um seine Staatsangehörigkeit anerkennen zu lassen. Das persönliche Vorsprechen bei den syrischen Behörden vor Ort ist aber zwingende Voraussetzung, um die Staatsangehörigkeit zu erlangen (angefochtener Entscheid E. 9.4 f.; vgl. BGE 147 II 421 E. 9.2). 
Der Beschwerdeführer besitzt somit keine Staatsangehörigkeit und hat im Moment auch keine Möglichkeit, eine solche zu erlangen. 
Zu klären bleibt folglich, ob der Beschwerdeführer ohne vernünftige Gründe auf die Wiedererlangung der Staatsangehörigkeit verzichtet hat, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, einzig mit dem Ziel, den Status des Staatenlosen zu erhalten. 
 
6.2. Die Vorinstanz verweigerte dem Beschwerdeführer die Anerkennung als Staatenloser, da es ihm gemäss dem Dekret Nr. 49 vom 7. April 2011 des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad möglich gewesen wäre, die Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen. Dennoch habe er kein Einbürgerungsgesuch gestellt, als er sich von 2017 bis 2020 in Syrien aufgehalten habe. Triftige Gründe dafür bringe er nicht vor (angefochtener Entscheid E. 10.4).  
 
6.3. Der Beschwerdeführer hingegen ist der Ansicht, unabhängig davon, ob es zu einem früheren Zeitpunkt ein Zeitfenster gegeben habe, in dem er sich hätte einbürgern lassen können, sei auf die aktuelle Situation abzustellen, in der es ihm nicht möglich sei, sich einzubürgern. Ein missbräuchliches Verhalten könne ihm nicht vorgeworfen werden.  
 
6.4. Die Bestimmung der Gründe, aus denen die Staatsangehörigkeit nicht wiedererlangt wurde, ist eine Frage des Sachverhalts. Ob es sich dabei um "vernünftige Gründe" im Sinne der Rechtsprechung handelt, ist hingegen eine Rechtsfrage (vgl. zur Abgrenzung BGE 149 II 337 E. 7.2), da deren Vorliegen Voraussetzung für die Anerkennung der Staatenlosigkeit ist. Das Bundesgericht kann daher frei überprüfen, ob die Vorinstanz das Vorliegen der vernünftigen Gründe gestützt auf den festgestellten Sachverhalt zu Recht abgelehnt hat. Was im Einzelfall vernünftige Gründe sind, hängt vom jeweiligen Kontext ab (vgl. BGE 147 II 421 E. 8).  
 
6.5.  
 
6.5.1. Aus dem angefochtenen Urteil geht in einer für das Bundesgericht verbindlichen Weise (Art. 105 Abs. 1 BGG) hervor, dass der Beschwerdeführer zunächst in Syrien lebte, bevor er in den Irak ging. Er war auf der Suche nach einem sicheren Land für seine Kinder, reiste 2017 wieder nach Syrien ein und blieb dort drei Jahre, bevor er das Land im Jahr 2020 wieder verliess. Nachdem er gerade erst auf der Flucht aus einem anderen Staat nach Syrien eingereist ist, kann ihm nicht vorgeworfen werden, dass er nicht unverzüglich Schritte unternommen hat, um die syrische Staatsangehörigkeit zu erwerben. In diesem Sinn unterscheidet sich seine Situation von derjenigen, der BGE 147 II 421 zugrunde lag, da der Beschwerdeführer im dortigen Fall bereits in Syrien ansässig war, als das besagte Dekret im Jahr 2011 in Kraft trat. Darüber hinaus ist notorisch, dass sich Syrien in dem Zeitraum, in dem sich der Beschwerdeführer dort aufhielt, im Krieg befand, was auch seine vorläufige Aufnahme belegt, sodass ihm auch nicht vorgeworfen werden kann, auf Schritte zur dauerhaften Niederlassung in Syrien verzichtet zu haben. Ferner birgt die syrische Staatsangehörigkeit das Risiko, in die Armee eingezogen zu werden, was die Vorinstanz nicht bestreitet.  
 
6.5.2. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer auf der Flucht und in Syrien mit seinen Kindern, die er schützen wollte, auf der Durchreise war, dort Krieg herrschte und der Beschwerdeführer als syrischer Staatsangehöriger damit hätte rechnen müssen, in die Armee eingezogen zu werden, ist es nachvollziehbar, dass er sich nicht um die Einbürgerung in Syrien bemühte, als er von 2017 bis 2020 die Möglichkeit dazu hatte. Damit liegen vernünftige Gründe vor, warum er sich nicht hat einbürgern lassen, als es ihm möglich war. Diese Lebenssituation wurde von der Vorinstanz nur unzureichend gewürdigt (angefochtener Entscheid E. 10). Indem die Vorinstanz allein dem SEM folgt und darauf abstellt, ob es "triftige Gründe" dafür gab, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit kein Einbürgerungsgesuch stellte, legt sie die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu restriktiv aus.  
 
6.6. Schliesslich konnte zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die fehlenden Anstrengungen zur Erlangung der syrischen Staatsangehörigkeit von der Absicht des Beschwerdeführers getragen waren, später den Status als Staatenloser zu erhalten. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die darauf schliessen lassen würden, der Beschwerdeführer habe Syrien mit der Absicht verlassen, als staatenlos anerkannt zu werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem angefochtenen Entscheid. Im Handeln des Beschwerdeführers ist keine Missbrauchsabsicht zu erkennen, zumal er seine Ausreise explizit mit dem Wunsch nach einer besseren Zukunft für seine Kinder begründete (angefochtener Entscheid E. 10.4).  
 
6.7. Da es dem Beschwerdeführer nach dem Gesagten nicht vorgeworfen werden kann, dass er während seines Aufenthalts in Syrien kein Einbürgerungsgesuch gestellt hat, und kein missbräuchliches Verhalten ersichtlich ist, verstösst die Verweigerung der Anerkennung seiner Staatenlosigkeit gegen das Staatenlosen-Übereinkommen. Die Beschwerde erweist sich folglich als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Das Staatssekretariat für Migration ist anzuweisen, den Beschwerdeführer als Staatenlosen anzuerkennen.  
 
7.  
 
7.1. Bei diesem Verfahrensausgang sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG).  
 
7.2. Da der Beschwerdeführer obsiegt, hat er Anspruch auf eine angemessene Parteientschädigung, welche das Staatssekretariat für Migration seiner Rechtsvertreterin auszurichten hat (Art. 68 Abs. 1 BGG; Urteil 2C_587/2021 vom 16. Februar 2022 E. 8.1). Das Bundesgericht hat in Bezug auf die Parteientschädigung einen grossen Ermessensspielraum und ist nicht an die eingereichte Honorarnote der Rechtsvertretung gebunden (Urteil 2C_457/2023 vom 15. September 2023 E. 6.2 mit Hinweis). Die Höhe der Parteientschädigung wird daher vom Bundesgericht als Gesamtsumme auf Grundlage von Art. 68 Abs. 2 BGG und des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht (SR 173.110.210.3) festgesetzt. Vorliegend ist der Rechtsvertretung durch das Staatssekretariat für Migration eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. Mit diesem Entscheid wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.  
 
7.3. Die Sache ist zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 BGG, Art. 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 2023 wird aufgehoben. Das Staatssekretariat für Migration wird angewiesen, den Beschwerdeführer als Staatenlosen anzuerkennen. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Das Staatssekretariat für Migration hat der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. 
 
4.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben. 
 
5.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Mai 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: A. Wortha